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BFH 29.11.2011 - IV E 9/11
BFH 29.11.2011 - IV E 9/11 - Bestimmung des Streitwerts eines Rechtsmittelverfahrens bei späterem Änderungsbescheid über gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung - Unbeachtlichkeit tatsächlicher einkommensteuerlicher Auswirkungen
Normen
§ 3 Abs 2 GKG, § 34 GKG, § 40 GKG, § 47 Abs 1 S 1 GKG, § 52 Abs 1 GKG, § 66 Abs 8 GKG, § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO, § 68 FGO, § 5a Abs 4 S 3 EStG 2002, § 16 Abs 4 EStG 2002
Leitsatz
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1. NV: Der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens bestimmt sich nach den Anträgen des Rechtsmittelführers im Zeitpunkt der Einlegung der Revision. Es kommt nicht darauf an, ob das FA im Laufe des Revisionsverfahrens zugunsten des Rechtsmittelführers und späteren Kostenschuldners einen Änderungsbescheid erlassen hat, der zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist und an den der Rechtsmittelführer seinen Revisionsantrag angepasst hat .
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2. NV: Im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung bemisst sich der Streitwert nach der typisierten einkommensteuerlichen Bedeutung für die Gesellschafter, wobei diese grundsätzlich mit 25 % des streitigen Gewinns oder Verlustes anzusetzen ist. Auf die tatsächlichen steuerlichen Auswirkungen bei den einzelnen Gesellschaftern kommt es nicht an .
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3. NV: War im Streit, ob ein nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG dem Gewinn hinzuzurechnender Unterschiedsbetrag als laufender Gewinn oder als steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn zu qualifizieren ist, so kommt es für die Bemessung des Streitwerts auch nicht darauf an, ob der Kostenschuldner bei Erfolg seiner Revision den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG hätte in Anspruch nehmen können .
Tatbestand
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I. Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) begehrte als ehemaliger Kommanditist einer Schiffsbeteiligung GmbH & Co. KG im Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) IV R 42/10, den auf ihn entfallenden, nach § 5a Abs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem Gewinn hinzuzurechnenden Unterschiedsbetrag nicht als laufenden Gewinn, sondern als nach § 16 Abs. 4 EStG tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn festzustellen. Der anteilige Unterschiedsbetrag wurde vom Finanzamt (FA) mehrfach geändert. In seinem Gewinnfeststellungsbescheid 2006, der ursprünglich Gegenstand des Revisionsverfahrens war, hatte das FA den Unterschiedsbetrag in Höhe von 27.608,02 € festgestellt; einschließlich eines Anteils des Kostenschuldners am laufenden Gewinn aus dem Betrieb eines Handelsschiffes in Höhe von 45,71 € beliefen sich die festgestellten laufenden Einkünfte des Kostenschuldners aus Gewerbebetrieb auf insgesamt 27.653,73 €. Dem entsprechend hat der Kostenschuldner bei Einlegung seiner Revision beantragt, einen Unterschiedsbetrag in Höhe von 27.608,02 € als Veräußerungs- oder Aufgabegewinn festzustellen. In der mündlichen Verhandlung vor dem BFH hat der Kostenschuldner seinem Antrag nach Maßgabe des im Laufe des Revisionsverfahrens geänderten Feststellungsbescheids 2006 vom 28. Januar 2011 einen Unterschiedsbetrag in Höhe von 25.465,49 € zugrunde gelegt.
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Nach Abweisung der nunmehr gegen den Änderungsbescheid vom 28. Januar 2011 gerichteten Klage durch den BFH hat die Kostenstelle des BFH mit Kostenrechnung vom … September 2011 die Gerichtskosten für das Verfahren vor dem BFH angesetzt. Dabei wurde ein Streitwert in Höhe von 25 % von 27.653,73 € (= 6.913 €) zugrunde gelegt. Der hiergegen gerichteten Erinnerung des Kostenschuldners wurde nicht abgeholfen. Der Kostenbeamte war u.a. der Ansicht, bei Umqualifizierung des vom FA festgestellten laufenden Gewinns in Höhe von 27.653,73 € in einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn hätte aufgrund des Freibetrags des § 16 Abs. 4 EStG kein Gewinn versteuert werden müssen. Dies rechtfertige es, bei der Bemessung des Streitwerts statt des vom Kostenschuldner begehrten Prozentsatzes (10 %) einen höheren Satz von 25 % anzuwenden. Der niedrigere Satz komme nur in Betracht, wenn lediglich ein Progressionsnachteil streitig sei.
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Der Kostenschuldner hält an seiner Erinnerung fest und trägt ergänzend vor, dass auch die Bezugsgröße zu hoch angesetzt worden sei; der Streitwert dürfe nur auf der Grundlage eines Unterschiedsbetrags in Höhe von 25.465,49 € bemessen werden.
Entscheidungsgründe
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II. Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
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1. Der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens bestimmt sich nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes --GKG--). Nach § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet. Sind wie hier die Kosten für das Revisionsverfahren streitig, ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Einlegung der Revision maßgebend (vgl. auch BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2005 VII E 10/05, BFH/NV 2006, 345, dort für das Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision). Es kommt insoweit nicht darauf an, dass das FA im Laufe des Revisionsverfahrens einen Änderungsbescheid mit einem niedriger festgestellten Unterschiedsbetrag erlassen hat, der nach § 68 der Finanzgerichtsordnung zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist und an den der Kostenschuldner seinen Revisionsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem BFH angepasst hat. Vielmehr ist als Ausgangsgröße des Kostenansatzes der bei Einlegung der Revision streitbefangene Unterschiedsbetrag in Höhe von 27.608,02 € zugrunde zu legen. Dass die Kostenstelle stattdessen von einem Wert von 27.653,73 € ausgegangen ist, der auch den (unstreitigen) Anteil des Kostenschuldners am laufenden Gewinn aus dem Betrieb eines Handelsschiffes in Höhe von 45,71 € enthält, wirkt sich --wie unter II.3. noch näher ausgeführt-- auf die Höhe der zu erhebenden Gerichtskosten nicht aus.
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2. Der von der Kostenstelle des BFH bei der Bestimmung des Streitwerts berücksichtigte Prozentsatz (25 %) ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BFH bemisst sich im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung der Streitwert des § 52 Abs. 1 GKG nach der typisierten einkommensteuerlichen Bedeutung für die Gesellschafter, wobei diese grundsätzlich mit 25 % des streitigen Gewinns oder Verlustes anzusetzen ist; die tatsächlichen steuerlichen Auswirkungen bei den einzelnen Gesellschaftern werden nicht ermittelt (z.B. BFH-Beschluss vom 4. September 2008 I E 5/08, BFH/NV 2008, 2041, m.w.N.). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob --wie es die Kostenstelle des BFH in ihrem an den Kostenschuldner gerichteten Schreiben gesehen hat-- der Kostenschuldner bei Erfolg seiner Revision hinsichtlich eines als Veräußerungsgewinn zu qualifizierenden Unterschiedsbetrags den Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG hätte in Anspruch nehmen können oder tatsächlich in Anspruch genommen hat. Der Senat sieht keinen Anlass, für den Streitfall von den für das Gewinnfeststellungsverfahren entwickelten Grundsätzen abzuweichen. Deshalb ist auch vorliegend die einkommensteuerliche Bedeutung der Sache für den Kostenschuldner typisierend mit 25 % des (zum Zeitpunkt der Einlegung der Revision) streitbefangenen Unterschiedsbetrags zu bemessen.
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3. Soweit die Kostenstelle --wie unter II.1. ausgeführt-- den Ausgangswert ihrer Streitwertberechnung um 45,71 € zu hoch bemessen hat, wirkt sich dieser Fehler auf die Höhe der Gerichtskosten nicht aus. Nach richtiger Berechnung ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 25 % von 27.608,02 € = 6.902 € (gegenüber bisher 6.913 €). Nach Anlage 2 zu § 34 GKG beläuft sich die Gebühr bei einem Streitwert von 6.001 € bis zu 7.000 € auf 151 €. Damit ergeben sich nach Nr. 6120 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) jedenfalls Gerichtskosten in Höhe von 755 € (5 x 151 €). Der angefochtene Kostenansatz erweist sich deshalb im Ergebnis als zutreffend.
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4. Nach § 66 Abs. 8 GKG ist das Verfahren gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
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