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BFH 25.07.2011 - I B 10/11
BFH 25.07.2011 - I B 10/11 - Richterablehnung nach Beendigung der Instanz - Verletzung rechtlichen Gehörs
Normen
§ 51 Abs 1 S 1 FGO, § 76 Abs 1 S 1 FGO, § 96 Abs 2 FGO, Art 103 Abs 1 GG, § 42 Abs 1 ZPO, § 42 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 8. Dezember 2010, Az: 8 K 4073/07, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Mit der Ablehnung kann nur das Ziel verfolgt werden, den abgelehnten Richter an einer weiteren Tätigkeit in dem betreffenden Verfahren zu hindern. Ein Rechtschutzbedürfnis für eine Richterablehnung besteht daher nicht mehr, wenn keine Entscheidung des Richters mehr aussteht .
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2. NV: Eine Pflicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und zu Hinweisen auf das voraussichtliche Ergebnis der Beweiswürdigung besteht nur, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützen und dem Rechtsstreit damit eine Wendung geben will, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste .
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3. NV: Das Urteil des FG beruht nicht auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs, wenn das FG zwar einen zur Wahrung rechtlichen Gehörs erforderlichen Hinweis unterlässt, seine Entscheidung aber alternativ begründet hat, und der Hinweis hinsichtlich der anderen (die Entscheidung selbständig tragenden) Begründung nicht erforderlich war .
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen.
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1. a) Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht zunächst geltend, aus der Beweiswürdigung im Urteil des Finanzgerichts (FG) ergebe sich die Voreingenommenheit der Richter. Das FG führe darin u.a. aus, dass es den Kläger für unglaubwürdig erachte und davon überzeugt sei, dass der Kläger die Unwahrheit sage. Diese Voreingenommenheit gründe im vorangegangenen Verfahren 8 K 4077/07. In diesem Verfahren sei der ehemalige Geschäftspartner des Klägers, D, als Zeuge vernommen worden, der die Gelegenheit genutzt habe, sich ausgiebig über den Kläger, mit dem er im Streit liege, auszulassen. Die wesentlichen Aussagen des Zeugen seien unwahr gewesen und ins Blaue gegangen. Das FG habe jedoch dessen Bekundungen als wahr angenommen und die Klage abgewiesen. Tatsächlich habe D gelogen. Es stehe zu vermuten, dass das FG sich von diesem Zeugen habe beeindrucken lassen und dessen Einschätzung über den Kläger übernommen habe. Das FG habe nicht berücksichtigt, dass es sich bei den Aussagen des D um Schutzbehauptungen gehandelt habe.
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b) Sollten diese Ausführungen als Rüge der Befangenheit zu verstehen sein, ist diese mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen in seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Mit der Richterablehnung kann nur das Ziel verfolgt werden, den abgelehnten Richter an einer weiteren Tätigkeit in dem betreffenden Verfahren zu hindern. Ein Gesuch auf Richterablehnung kommt deshalb nicht mehr in Betracht, wenn der Richter seine richterliche Tätigkeit im konkreten Verfahren beendet hat (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. November 2000 V B 105/00, BFH/NV 2001, 609; vom 14. Mai 1996 VII B 257/95, BFH/NV 1996, 904; vom 24. November 1994 X B 146-149/94, BFH/NV 1995, 692). Kein Rechtschutzbedürfnis für ein Ablehnungsgesuch besteht deshalb grundsätzlich dann, wenn --wie hier-- keine Entscheidung des Richters mehr aussteht, wenn also die Instanz mit allen Nebenentscheidungen beendet ist und auch eine Änderung der Entscheidung nicht mehr in Betracht kommt (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 692, m.w.N.).
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Dessen ungeachtet ist der Umstand, dass das FG den Kläger als unglaubwürdig und seine Aussagen als unglaubhaft gewürdigt und dies im Einzelnen begründet hat, nicht geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter aufkommen zu lassen.
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2. Das FG war auch nicht verpflichtet, vor Verkündung des Urteils das Ergebnis seiner Beweiswürdigung dem Kläger mitzuteilen (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO). Die Entscheidung, wie die Tatsachen und Beweise im jeweiligen Streitfall zu würdigen sind, wird erst in der Beratung nach Schluss der mündlichen Verhandlung getroffen. Eine Pflicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und zu Hinweisen auf das voraussichtliche Ergebnis der Beweiswürdigung besteht nur, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützen und damit dem Rechtsstreit eine Wendung geben will, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1991 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188; BFH-Urteil vom 17. Februar 1998 VIII R 28/95, BFHE 186, 29, BStBl II 1998, 505; Senatsbeschluss vom 14. Juni 1999 I B 127/98, BFH/NV 1999, 1609; BFH-Urteil vom 23. Februar 2000 VIII R 80/98, BFH/NV 2000, 978). Dieser Ausnahmefall war vorliegend nicht gegeben. Ein Kläger muss --insbesondere bei einander widersprechenden Zeugenaussagen-- damit rechnen, dass das FG die Tatsachen und Beweise zu seinen Lasten würdigt. Eine Pflicht, vor Verkündung des Urteils hierauf hinzuweisen, besteht nicht.
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3. Die Rüge des Klägers, das FG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör auch deshalb verletzt, weil es sein Urteil ohne vorherigen Hinweis auf die Aussage des Zeugen D in dem das Jahr 2005 betreffenden Klageverfahren des Klägers gestützt und die Akte 8 K 4077/07 beigezogen habe, kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil das Urteil des FG nicht auf der Aussage des D oder dem Inhalt der Akte 8 K 4077/07 beruht. Das FG hat sein Urteil, hinsichtlich der streitigen Einkünfte bestehe ein Besteuerungsrecht Deutschlands, alternativ begründet, aber nur für eine Begründung die Aussagen des D herangezogen. Das FG hat angenommen, dass der Kläger abkommensrechtlich im Streitjahr in Deutschland ansässig gewesen sei und hat sich dazu ergänzend auf die Aussage des D gestützt, nach der der Kläger neben der streitgegenständlichen selbständigen Tätigkeit auch (Mit-)Gesellschafter und (Mit-)Geschäftsführer einer im Streitjahr aktiven (inländischen) GmbH gewesen sei. Das FG hat aber alternativ die Klage auch dann als unbegründet erachtet, wenn der Kläger abkommensrechtlich im Streitjahr in der Schweiz ansässig gewesen sein sollte, weil dann die Einkünfte einer inländischen selbständigen Einrichtung des Klägers zuzurechnen wären. Bei dieser das Urteil des FG selbständig tragenden Begründung hat sich das FG weder auf die Aussage des D noch den Inhalt der Akte 8 K 4077/07 gestützt.
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4. Die Rüge, das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen, ist nicht schlüssig erhoben.
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Die schlüssige Darlegung des Verfahrensmangels einer Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfordert Angaben, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines --insoweit maßgeblichen-- Rechtsstandpunkts hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, schließlich, welches Ergebnis die Beweiserhebung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93). An solchen Darlegungen der Beschwerde fehlt es im Streitfall schon deshalb, weil der Kläger nicht angibt, weshalb er, obwohl in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertreten, nicht von sich aus einen Beweisantrag gestellt hat.
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