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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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BSG 23.04.2013 - B 13 R 12/13 B
BSG 23.04.2013 - B 13 R 12/13 B
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. November 2012 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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Das LSG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 26.11.2012 einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.
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Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil ausschließlich Verfahrensmängel geltend.
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Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 6.3.2013 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn er hat den geltend gemachten Verfahrensmangel (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise aufgezeigt.
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Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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1. Der Kläger rügt, das LSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) verletzt, weil er das Gutachten des Dr. S. sowie die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. lediglich zur Stellungnahme und nicht - wie die Beklagte - zur Kenntnis- und Stellungnahme erhalten habe. Daraus habe er geschlossen, dass das LSG das Gutachten zugunsten des Klägers gewertet habe. Wenn das LSG das Gutachten dann aber im Urteil nicht zu seinen Gunsten gewertet habe, hätte es eines ausdrücklichen Hinweises des Gerichtes in der mündlichen Verhandlung bedurft. Dies sei nicht erfolgt.
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Mit diesem Vorbringen ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) nicht substantiiert dargetan. Denn der Kläger trägt nicht vor, er habe sich nicht zu den der Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen und Beweisergebnissen äußern können (vgl § 128 Abs 2 SGG); sein Vorhalt geht vielmehr dahin, dass das Berufungsgericht ihm vor seiner Urteilsfindung nicht ausdrücklich mitgeteilt habe, dass es die Beweise nicht in dem von ihm für richtig erachteten Sinne würdigen werde. Eine solche Pflicht zur Information über die Rechtsauffassung des Gerichts bereits vor der Entscheidung gebietet jedoch Art 103 Abs 1 GG grundsätzlich nicht (stRspr, vgl BVerfG <Kammer> vom 20.2.2008 - 1 BvR 2722/06 - Juris RdNr 26; vom 24.10.2007 - 1 BvR 1086/07 - BVerfGK 12, 346, 353; Senatsbeschluss vom 23.4.2009 - B 13 R 15/09 B - Juris RdNr 7). Besondere Umstände, die zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung ausnahmsweise einen vorherigen Hinweis des Gerichts auf seine Rechtsauffassung geboten hätten, hat der Kläger nicht dargelegt.
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Die unterschiedliche Art der Übersendung des Gutachtens Dr. S. an die Beklagte zur Kenntnis- und Stellungnahme, an den Kläger hingegen lediglich zur Kenntnisnahme, ebenso wie dies mit der Stellungnahme Dr. L. zum Gutachten Dr. S. geschehen sei, mag der Kläger als Hinweis darauf aufgefasst haben, dass "das LSG" das Gutachten Dr. S. zu seinen Gunsten werten werde. Einem derartigem Indiz kann jedoch jedenfalls nicht mehr Gewicht beigemessen werden als einer ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung geäußerten Überzeugung des Vorsitzenden. Selbst in einem solchen Fall jedoch liegt in einer gegenteiligen Entscheidung des LSG-Senats jedenfalls dann keine Gehörsverletzung (Überraschungsentscheidung), wenn der Kläger - wie hier - rechtskundig vertreten ist (BSG SozR 3-1500 § 112 Nr 2).
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Eine weitere Gehörsverletzung sieht der Kläger darin, dass das LSG - mangels eines entsprechenden Hinweises auf die beabsichtigte Beweiswürdigung - ihm keine Gelegenheit gegeben habe, bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung einen Antrag gemäß § 109 SGG auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens bei Dr. B. zu stellen.
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Wenn der Kläger damit sinngemäß geltend macht, das LSG habe seine Hinweispflicht (§ 106 Abs 1 SGG) verletzt, weil es ihn nicht auf die rechtzeitige Beantragung einer gutachterlichen Anhörung eines bestimmten Arztes gemäß § 109 SGG hingewiesen habe, ist auch mit diesem Vortrag eine Verfahrensrüge nicht hinreichend bezeichnet. Ungeachtet des Umstandes, dass keine Verpflichtung des Gerichts besteht, auf die Möglichkeit eines Antrags nach § 109 SGG hinzuweisen (vgl BSG SozR Nr 12 zu § 109 SGG), folgt aus dem ausdrücklichen Wortlaut von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, dass eine Rüge der Verletzung nach § 109 SGG im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen ist. Der Ausschluss einer Rüge der fehlerhaften Anwendung von § 109 SGG gilt umfassend und unabhängig davon, worauf der Verfahrensmangel im Einzelnen beruht (stRspr, vgl nur Senatsbeschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - Juris RdNr 8 mwN).
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2. Schließlich kann der Kläger deshalb auch nicht mit der Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) durchdringen, wenn das LSG den in der mündlichen Verhandlung gestellten hilfsweisen Beweisantrag, das psychiatrische Gutachten des Dr. B. einzuholen, abgelehnt habe, weil der Antrag verspätet gestellt worden sei. Wie unter 1. aufgezeigt, kann der Kläger von vornherein nicht mit der Verletzung von § 109 SGG in diesem Verfahren gehört werden. Dass der Kläger einen Beweisantrag auf Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen von Amts wegen nach § 103 SGG beantragt habe, hat der Kläger hingegen nicht behauptet.
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Wenn der Kläger das Ergebnis der Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) des LSG nicht teilt, kann eine Verfahrensrüge nach der ausdrücklichen Regelung von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG hierauf nicht gestützt werden. Auch die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit des Berufungsurteils kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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