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BVerfG 09.12.2024 - 2 BvR 2189/22
BVerfG 09.12.2024 - 2 BvR 2189/22 - Nichtannahmebeschluss: Verfassungsbeschwerde gegen Urteil des VerfGH Berlin vom 16.11.2022 (154/21 ua - Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Berliner Bezirksverordnetenversammlungen im September 2021) unstatthaft - zu den Voraussetzungen eines Homogenitätsverstoßes (Art 28 Abs 1 GG)
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 28 Abs 1 GG, § 90 Abs 1 BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 25. Januar 2023, Az: 2 BvR 2189/22, Ablehnung einstweilige Anordnung
vorgehend BVerfG, 25. Januar 2023, Az: 2 BvR 2189/22, Ablehnung einstweilige Anordnung
vorgehend Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, 16. November 2022, Az: 154/21, Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Urteil des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin vom 16. November 2022, mit dem die Wahlen zum 19. Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Berliner Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September 2021 für ungültig erklärt wurden. In der Folge kam es schließlich am 12. Februar 2023 zu einer Wahlwiederholung.
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2. Mit Beschluss vom 25. Januar 2023 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts den zeitgleich mit Erhebung der Verfassungsbeschwerde von den Beschwerdeführenden gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. In der am 17. Mai 2023 veröffentlichten Begründung des Beschlusses hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei unbegründet, da die in der Hauptsache erhobene Verfassungsbeschwerde nicht statthaft sei. Bei Wahlen im Verfassungsraum eines Landes werde der subjektive Wahlrechtsschutz grundsätzlich durch das jeweilige Land allein und abschließend gewährt, soweit - wie vorliegend - die Anforderungen des Homogenitätsgebots des Art. 28 Abs. 1 GG gewahrt seien (vgl. BVerfGE 165, 296 329 ff. Rn. 108 ff.> - Wiederholungswahl Berlin - eA).
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II.
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1. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2023 hat der damalige Berichterstatter die Beschwerdeführenden vor dem Hintergrund des Senatsbeschlusses vom 25. Januar 2023 um Mitteilung gebeten, ob an der Verfassungsbeschwerde festgehalten werden solle.
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2. Die Beschwerdeführenden haben mit Schriftsatz vom 2. November 2023 erwidert, dass der Senat sich nicht mit dem von ihnen erhobenen Einwand der Willkür nach Art. 20 Abs. 3, Art. 3 GG befasst habe. Darüber hinaus habe er im Rahmen des Eilverfahrens noch nicht hinreichend berücksichtigt, dass das "angedachte Kriterium der systematischen Verletzung des Art. 28 Abs. 1 GG (…) bei an Legislaturperioden von vielen Jahren gebundenen Wahlen der Sache nicht gerecht" werde. Eine solche systematische Verletzung durch ein Landesverfassungsgericht könnte erst nach vielen Jahren festgestellt werden. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts käme dann zu spät. Zudem haben die Beschwerdeführenden einen Antrag auf Ablehnung des damaligen Berichterstatters gestellt.
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III.
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1. Die Verfassungsbeschwerde ist durch die Kammer (a) nicht zur Entscheidung anzunehmen, da sie unzulässig ist (b).
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a) Die Befugnis der Kammer zur Entscheidung über die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde ergibt sich aus § 93b Satz 1 Alt. 1 BVerfGG. Dies gilt unabhängig davon, dass über den gleichzeitig gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung der Senat entschieden hat. Denn das Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz und das Verfahren über die Hauptsache sind selbständige, voneinander getrennte Verfahren (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. März 2012 - 1 BvR 2492/08 -, Rn. 24 m.w.N.).
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b) Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie schon nicht statthaft ist. Es besteht kein Anlass, von der Beurteilung durch den Senat im Beschluss vom 25. Januar 2023 abzuweichen (vgl. auch entsprechend zur Freien und Hansestadt Hamburg BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Februar 2024 - 2 BvR 321/23 -, Rn. 6 ff.). Insbesondere gebieten die Ausführungen der Beschwerdeführenden im Schriftsatz vom 2. November 2023 keine abweichende Bewertung oder ergänzende Begründung.
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Das Vorbringen, der Senat habe sich nicht hinreichend mit dem Einwand der Willkür nach Art. 20 Abs. 3, Art. 3 GG befasst, übergeht, dass der Senat ausdrücklich auch einen Verstoß gegen das Willkürverbot als grundsätzlich nicht statthafte Rüge genannt hat (vgl. BVerfGE 165, 296 332 f. Rn. 116>).
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Der weitere Einwand, das Abstellen auf eine systematische Verletzung von Art. 28 Abs. 1 GG führe dazu, dass eine solche Verletzung erst zu spät korrigiert werden könne, geht über eine rechtspolitische Kritik nicht hinaus. Zudem verkennt er, dass nach den Maßstäben des Senats auf eine Gesamtbetrachtung der Verfassungspraxis in einem Land abzustellen ist. Eine Verletzung des Homogenitätsgebots geht damit zwar über eine einzelne Verfassungs- oder Rechtsverletzung hinaus. Es ist jedoch keine "systematische Verletzung von Art. 28 Abs. 1 GG" erforderlich. Vielmehr kommt ein Homogenitätsverstoß in Betracht, wenn eine systematische Verfassungs- oder Rechtsverletzung gerügt wird. Sie ist erst anzunehmen, wenn die Praxis von der Norm andauernd beziehungsweise systematisch und in einer Weise abweicht, die die Geltung der normativen Gewährleistungen grundsätzlich infrage stellt (vgl. BVerfGE 165, 296 343 Rn. 137>).
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2. Der Antrag auf Ablehnung des vormaligen Berichterstatters bedarf keiner Entscheidung, weil dieser nicht mehr Mitglied des Bundesverfassungsgerichts und damit insbesondere auch nicht der zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde berufenen Kammer ist (vgl. BVerfGE 131, 239 252>; 133, 377 405 Rn. 67>).
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3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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