§ 2 SGB IX Ziff. 3. RS 2001/02, Begriffsdefinitionen

(1) Bei der Begriffsbestimmung im Absatz 1 Satz 1 orientiert sich der Gesetzgeber an der Konzeption der "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit", kurz ICF genannt, der das bio-psycho-soziale Modell der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugrunde liegt. Die WHO hat 2001 die Verwendung der ICF als Ergänzung zur "Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme" (ICD) empfohlen.

(2) Die von der WHO beschlossene Systematik dient einer standardisierten Beschreibung von Gesundheitszuständen und mit Gesundheit zusammenhängenden Aspekten und setzt dabei immer das Vorliegen eines Gesundheitsproblems voraus. ¹

(3) Die Perspektive der Behinderung fokussiert dabei auf krankheits- oder behinderungsbedingte Auswirkungen im Gefolge eines Gesundheitsproblems, d. h., auf die durch Schädigungen von Funktionen und Strukturen beeinträchtigten Aktivitäten/Teilhabe. Das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung hängt von den positiven wie negativen Einflüssen aus dem Lebenshintergrund des Betroffenen ab (Umweltfaktoren und personbezogene Faktoren).

(4) Anders als in der ICF setzt der Gesetzgeber in Absatz 1 Satz 1 die krankheits-/behinderungsbedingten Beeinträchtigungen in eine zeitliche Abhängigkeit und berücksichtigt in Satz 2 entwicklungstypische Veränderungen im Laufe eines Lebens. Eine Beeinträchtigung der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft droht, wenn die Krankheitsauswirkungen unter dem Einfluss von Kontextfaktoren die Teilhabe mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate beeinträchtigen und die Beeinträchtigungen nicht im Zusammenhang mit einem für das Lebensalter typischen Zustand stehen.

¹  Kurzfassung ICF-Praxisleitfaden 1: www.barfrankfurt.de/fileadmin/dateiliste/publikationen/icfpraxisleitfaeden/downloads/IK.ICF1Kurz.web.pdf