BVerfG 24.03.2015 - 1 BvR 2880/11 - Beschränkung der Steuerbefreiung des § 1 Abs 1 Nr 3 S 2 Buchst b GrEStG auf
amtliche Baulandumlegung verfassungsgemäß - struktureller Unterschied
gegenüber freiwilliger Umlegung rechtfertigt Ungleichbehandlung
Normen
Artikel 3, Artikel 100, Artikel 101, §§ 45ff BauGB, § 11 Abs 1 S 2 Nr 1 BauGB, § 79 Abs 1 S 1 Halbs 1 BauGB, § 1, § 1
Vorinstanz
vorgehend BFH, 7. September 2011, Az: II R 68/09, Urteil
Leitsatz
Es ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, dass der Erwerb von
Grundeigentum anlässlich einer amtlichen Umlegung nach den §§ 45 ff.
Baugesetzbuch von der Grunderwerbsteuerausgenommen, der Übergang von
Grundeigentum im Rahmen einer freiwilligen Baulandumlegung hingegen
grunderwerbsteuerpflichtig ist.
Gründe
A.
- 1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem
allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, dass der Übergang von Eigentum im
Rahmen freiwilliger Baulandumlegungen grunderwerbsteuerpflichtig ist,
während Eigentumserwerbe anlässlich einer amtlichen Umlegung nach den §§ 45
ff. Baugesetzbuch (BauGB) von der Besteuerung ausgenommen sind.
I.
- 2
1. Ziel der Baulandumlegung ist es, den Zuschnitt von
Grundstücken neu zu ordnen, um eine plangerechte und zweckmäßige bauliche
Nutzung zu ermöglichen (zum Hintergrund BVerfGE 104, 1 f.).
- 3
a) Das Baugesetzbuch sieht in den §§ 45 ff. mit der Umlegung ein
hoheitliches Verfahren zur Neuordnung der Eigentumsverhältnisse an
Grundstücken vor. Eine amtliche Umlegung muss von der Gemeinde in eigener
Verantwortung angeordnet und durchgeführt werden (§ 46 Abs. 1 BauGB). Sie
wird nach Anhörung der Eigentümer durch einen Beschluss eingeleitet, in dem
das Umlegungsgebiet zu bezeichnen ist und die darin gelegenen Grundstücke
einzeln aufzuführen sind (§ 47 Abs. 1 BauGB). Mit der Bekanntmachung des
Umlegungsbeschlusses wird die Verfügbarkeit über die betroffenen Grundstücke
eingeschränkt (vgl. § 51 BauGB) und die Eigenschaft der
Grundstückseigentümer als Beteiligte am Umlegungsverfahren begründet (vgl. §
48 Abs. 1 BauGB). Nach welchen Maßstäben bei einer amtlichen Baulandumlegung
die Grundstücke aufzuteilen und wie Ansprüche der Eigentümer auszugleichen
oder abzufinden sind, wird im Einzelnen in den §§ 55 ff. BauGB vorgegeben
(vgl. dazu BVerfGE 104, 1 2 f.>). Das Umlegungsverfahren endet mit
dem durch Beschluss aufzustellenden Umlegungsplan (§ 66 Abs. 1 BauGB). Mit
der Bekanntmachung der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans wird der
bisherige Rechtszustand durch den im Umlegungsplan vorgesehenen neuen
Rechtszustand ersetzt (§ 72 Abs. 1 BauGB).
- 4
b) Eine freiwillige Neuordnung der Grundstücksverhältnisse
(freiwillige Baulandumlegung), insbesondere im Rahmen eines städtebaulichen
Vertrags mit der Gemeinde nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB, kommt in
Betracht, wenn die Grundstückseigentümer bereit und in der Lage sind, durch
vertragliche Lösungen eine plangerechte Grundstücksneuordnung
herbeizuführen. Regelmäßig ist es eine Frage der örtlich eingeführten
Praxis, ob und wie eine solche freiwillige Umlegung durchgeführt wird;
maßgebliche Faktoren sind dabei die Mitwirkungsbereitschaft der Beteiligten,
finanzielle Interessen und die Verfahrensdauer (vgl. Reidt, in:
Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 46 Rn. 5). Die
Gemeinden können sich durch städtebauliche Verträge im Sinne des § 11 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 BauGB an einer freiwilligen Umlegung beteiligen, indem sie sich
mit den Grundstückseigentümern über eine dem Bebauungsplan entsprechende
Neuordnung der im Plangebiet gelegenen Grundstücke vertraglich einigen (vgl.
Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch,
Stand August 2013, § 11 Rn. 51).
- 5
c) Amtliche und freiwillige Umlegungen werden im Baugesetzbuch
hinsichtlich der Befreiung von nichtsteuerlichen Abgaben und Auslagen gleich
behandelt. § 79 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz BauGB sieht vor, dass Geschäfte
und Verhandlungen, die der Durchführung oder Vermeidung der Umlegung dienen,
einschließlich der Berichtigung der öffentlichen Bücher, frei von Gebühren
und ähnlichen nichtsteuerlichen Abgaben sowie von Auslagen sind.
- 6
2. Änderungen der Eigentumszuordnung bei inländischen
Grundstücken, wie sie durch Grundstücksneuordnungen im Wege einer amtlichen
oder freiwilligen Umlegung bewirkt werden können, unterliegen grundsätzlich
der Grunderwerbsteuer. In § 1 Abs. 1 bis Abs. 3a des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) sind die Rechtsvorgänge zivilrechtlicher
oder öffentlich-rechtlicher Natur aufgeführt, die Gegenstand der
Grunderwerbsteuer sind. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG gehört zu den
besteuerbaren Rechtsvorgängen der Übergang des Eigentums zwar auch dann,
wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft
vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Allerdings sieht §
1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG für Eigentumsübergänge aufgrund von
Baulandumlegungen im Regelfall eine Steuerbefreiung vor.
- 7
§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG lautet auszugsweise
wie folgt:
§ 1 Erwerbsvorgänge
(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge,
soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:
1. (…)
2. (…)
3. der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung
begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner
Auflassung bedarf. Ausgenommen sind
a) (…)
b) der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem
Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung, wenn der neue
Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet
gelegenen Grundstücks Beteiligter ist,
…
II.
- 8
1. Die Beschwerdeführer erwarben im Zuge einer freiwilligen
Baulandumlegung jeweils als Miteigentümer Grundstücke von einer Gemeinde und
übertrugen im Gegenzug Teilflächen ihnen gehörender Grundstücke auf die
Gemeinde. Das zuständige Finanzamt behandelte diese Erwerbsvorgänge als
grunderwerbsteuerpflichtig und setzte gegen die Beschwerdeführer
Grunderwerbsteuer fest. Die hiergegen erhobenen Einsprüche blieben
erfolglos.
- 9
2. Das Finanzgericht wies die Klage der Beschwerdeführer ab. Die
Steuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG beschränke
sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auf das hoheitliche
Umlegungsverfahren nach dem Baugesetzbuch und könne nicht auf die
freiwillige Umlegung erstreckt werden. Dies führe nicht zu einem
Gleichheitsverstoß. Es handele sich nämlich um strukturell unterschiedliche
Neuordnungsverfahren, die nicht von Verfassungs wegen steuerlich gleich
behandelt werden müssten.
- 10
3. Mit ihrer Revision rügten die Beschwerdeführer die
Grunderwerbsteuerpflicht freiwilliger Umlegungen als gleichheitswidrig und
beantragten die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht.
- 11
Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück. Der
Grundstückserwerb aufgrund freiwilliger Baulandumlegung sei nicht nach § 1
Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG von der Grunderwerbsteuer
ausgenommen. Der eindeutige und keiner erweiternden Auslegung zugängliche
Wortlaut der Norm umfasse lediglich Grundstückserwerbe im amtlichen
Umlegungsverfahren im Sinne der §§ 45 ff. BauGB. Auch die
Entstehungsgeschichte und der Gesetzeszweck sprächen für dieses
Auslegungsergebnis.
- 12
Die Beschränkung der Grunderwerbsteuerfreistellung auf die
amtliche Umlegung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die amtliche
Umlegung nach §§ 45 ff. BauGB und die auf Grundlage des § 11 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 BauGB vorgenommene freiwillige Umlegung unterschieden sich sowohl in
rechtlicher als auch wirtschaftlicher Weise. Das amtliche Umlegungsverfahren
sei das wichtigste öffentlich-rechtliche Instrument der im Baugesetzbuch
geregelten Bodenordnung. Es erfasse die Fälle, in denen die planende
Gemeinde die Grundstücks- und Eigentumsverhältnisse notfalls durch
hoheitlichen Zwang umgestalten müsse, um erforderliche städtebauliche Neu-
und Umstrukturierungen durchsetzen zu können. Diesem Zweck diene das
amtliche Umlegungsverfahren nach §§ 45 ff. BauGB, das seinem Wesen nach ein
förmliches und zwangsweises Grundstückstauschverfahren darstelle, bei
welchem dem Surrogationsprinzip und dem Prinzip des gruppeninternen
Lastenausgleichs durch die wertgleiche Landabfindung Rechnung getragen
werde.
- 13
Der wesentliche Unterschied zur freiwilligen Umlegung sei, dass
diese auf dem einvernehmlichen Abschluss eines öffentlich-rechtlichen
Vertrages beruhe, der regelmäßig vor der Erstellung eines Bebauungsplans
abgeschlossen werde. Der Umstand, dass beide Umlegungsverfahren gelegentlich
ineinander übergingen oder die freiwillige Umlegung die amtliche Umlegung
faktisch verdränge, führe nicht dazu, dass beide Umlegungsverfahren als
wesentlich gleich zu behandeln seien. Vielmehr unterschieden sie sich
maßgeblich dadurch, dass beim Umlegungsverfahren nach §§ 45 ff. BauGB die
Umlegung gegebenenfalls auch zwangsweise durchgesetzt werden könne, während
dies bei der freiwilligen Umlegung gerade nicht der Fall sei.
- 14
Die Merkmale "hoheitlicher Zwang" einerseits und
"Freiwilligkeit" andererseits seien geeignete Anknüpfungspunkte für die
Bestimmung des Steuergegenstandes; denn sie bezeichneten mit Blick auf die
angesprochenen Umlegungsverfahren Unterschiede von solcher Art und solchem
Gewicht, dass sie die unterschiedliche Belastung rechtfertigten. Der
Gesetzgeber habe sich in § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG
entschieden, nur solche Umlegungsverfahren von der Grunderwerbsteuer
auszunehmen, die außerhalb des normalen Marktgeschehens stünden. Auf
freiwilliger Basis geschlossene Grundstückstauschverträge bewegten sich
dagegen gerade innerhalb des normalen Marktgeschehens, weil kein
Vertragspartner zu einem solchen Vertragsschluss gezwungen werden könne. Es
möge zwar sein, dass die an einem entsprechenden Tauschvertrag beteiligte
Gemeinde den Vertrag lediglich nutze, um ein aufwendiges Verfahren zu
vermeiden. Dennoch stehe bei einvernehmlichen Verträgen die Freiwilligkeit
des Vertragsschlusses im Vordergrund.
III.
- 15
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine
Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
- 16
1. Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, da das
Grunderwerbsteuergesetz die freiwillige Umlegung - anders als die amtliche
Umlegung - mit Grunderwerbsteuer belaste, obwohl kein grunderwerbsteuerlich
relevanter Unterschied zwischen den beiden Umlegungsformen bestehe.
- 17
Beide Formen der Umlegung seien bereits insofern gleich, als
sie die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse bezweckten. In
verfahrensrechtlicher Hinsicht bestünden keine steuerlich relevanten
Unterschiede; weder die Einleitung noch der Abschluss des Verfahrens seien
taugliche Differenzierungsmerkmale. Zudem seien die Merkmale
"Freiwilligkeit" und "hoheitlicher Zwang" keine geeigneten Anknüpfungspunkte
für die Bestimmung des Steuergegenstands. Dem Merkmal der "Freiwilligkeit"
sei nur eine begrenzte Bedeutung beizumessen: Freiwillige
Umlegungsvereinbarungen unterschieden sich nämlich von sonstigen auf
freiwilliger Basis abgeschlossenen Grundstückstauschverträgen dadurch, dass
sie in aller Regel im Zusammenwirken mit der planenden Gemeinde und zumeist
vor Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans, der das Recht zur Bebauung
erst begründe, beurkundet würden. Weiterhin bestehe nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs im Falle der Einigkeit aller übrigen
Grundstückseigentümer über die Umlegung eine Pflicht der Gemeinde zur
Beteiligung an der privaten Neuordnung der Grundstücke. Mithin könnten
freiwillige Baulandumlegungen auch nicht dem normalen Marktgeschehen
zugeordnet werden.
- 18
Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai
2001 (BVerfGE 104, 1) ergebe sich als Ausfluss des Art. 14 Abs. 1 GG ein
Vorrang der freiwilligen gegenüber der hoheitlichen Umlegung. Aus der
Subsidiarität des amtlichen Umlegungsverfahrens erwachse die Verpflichtung
der Gemeinde, sich an der freiwilligen Umlegung zu beteiligen. Diese
verfassungsrechtlich gebotene Mitwirkungspflicht der Kommune dürfe
steuerrechtlich nicht benachteiligt werden. Im Übrigen bestehe auch im
Hinblick auf eine Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
kein relevanter Unterschied zwischen beiden Umlegungsformen.
- 19
Verwaltungsvereinfachungs- oder Lenkungsziele könnten die
grunderwerbsteuerliche Ungleichbehandlung von freiwilliger und amtlicher
Umlegung nicht rechtfertigen. Zum einen erfordere die Feststellung, ob ein
Grundstückstauschvertrag die Merkmale des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB
erfülle oder lediglich ein sonstiger Grundstückstauschvertrag sei, keinen
erheblichen Verwaltungsaufwand. Zum anderen würden Lenkungsziele mit der
Steuerfreistellung der Erwerbsvorgänge im Rahmen der amtlichen Umlegung
ersichtlich nicht verfolgt.
- 20
Schließlich habe der Gesetzgeber mit der Kodifizierung des
städtebaulichen Vertrags in § 11 BauGB das Ziel verfolgt, kooperatives
Verwaltungshandeln zu erleichtern. Dem widerspreche es jedoch, wenn sich aus
dem Abschluss von Verträgen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB
steuerliche Nachteile ergäben und die Beteiligten damit letztlich gezwungen
seien, trotz erzielter Einigung das verwaltungsaufwendige und zeitintensive
Verfahren der amtlichen Umlegung durchzuführen.
- 21
2. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei verletzt, weil der
Bundesfinanzhof seiner Pflicht aus Art. 100 Abs. 1 GG zur Aussetzung des
Verfahrens und Einholung einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung nicht
nachgekommen sei.
IV.
- 22
Zur Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der
Finanzen namens der Bundesregierung, die Bayerische Staatsregierung, der
Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts, der Deutsche Städtetag zusammen
mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Notarverein, die
Bundesnotarkammer, die Bundessteuerberaterkammer, der Deutsche Anwaltverein,
die Bundesrechtsanwaltskammer, der Bundesverband für Wohnen und
Stadtentwicklung e.V. und der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs-
und Grundeigentümer e.V. Haus & Grund Deutschland Stellung genommen.
- 23
Die Bundesregierung, die Bayerische Staatsregierung, der
Deutsche Notarverein, die Bundessteuerberaterkammer und der Deutsche
Anwaltverein halten die Verfassungsbeschwerde für unbegründet; hingegen
sehen der Verband Haus & Grund Deutschland und die
Bundesrechtsanwaltskammer in der beanstandeten Vorschrift einen Verstoß
gegen den Gleichheitssatz.
- 24
Der Deutsche Städtetag zusammen mit dem Deutschen Städte- und
Gemeindebund, der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V. und die
Bundesnotarkammer haben sich weitgehend auf die Beantwortung der vom
Bundesverfassungsgericht an sie zur Rechtspraxis bei Baulandumlegungen
gerichteten Fragen beschränkt.
- 25
1. Nach Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen bestehen
zwischen der freiwilligen Umlegung durch einen städtebaulichen oder rein
privatrechtlichen Vertrag und der amtlichen Umlegung nach den §§ 45 ff.
BauGB so weitgehende strukturelle Unterschiede, dass eine gesetzliche
Differenzierung bezüglich der Grunderwerbsbesteuerung auf jeden Fall
gerechtfertigt sei. Die amtliche Umlegung trage dem Umstand Rechnung, dass
eine Gemeinde die städtebauliche Grundstücksneuordnung nicht in jedem Fall
einvernehmlich mit den Eigentümern regeln könne und erfülle damit auch die
Funktion, einen entgegenstehenden Willen von Eigentümern bei der
Baulandumlegung rechtlich zu überwinden. Demgegenüber liege der freiwilligen
Umlegung ein konsensualer Vertrag zugrunde, der gerade die willentliche
Mitwirkung aller Eigentümer erfordere.
- 26
Der rechtliche Unterschied zwischen den beiden Umlegungsarten
spiegle sich auch darin wider, dass § 59 BauGB der Umverteilung bei der
amtlichen Baulandumlegung einen festen und objektiven Maßstab vorgebe, mit
dem Ziel, dass kein Eigentümer einen wirtschaftlichen Gewinn oder Verlust
mache; marktähnliche Kauf- oder Tauschelemente sollten hiernach gerade nicht
Bestandteil der Baulandumlegung sein. Der städtebauliche Vertrag als
rechtsgeschäftliche Grundlage der freiwilligen Umlegung kenne demgegenüber
keine dem § 59 BauGB vergleichbare enge Festlegung der Äquivalenz der
wechselseitigen Grundstückszuteilungen. Das Gebot der Angemessenheit von
Leistung und Gegenleistung in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB verlange anders als §
59 BauGB keine strenge Wertgleichheit der Leistungen.
- 27
Auch unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begegne die steuerliche Differenzierung
zwischen freiwilliger und amtlicher Umlegung keinen Bedenken. Zwar bringe
der Grundstückseigentümer, der sich an einer amtlichen Baulandumlegung
beteilige, durch sein Grundeigentum ebenfalls wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit zum Ausdruck; er wende sich dabei aber - anders als bei
der freiwilligen Umlegung - nicht an den Markt.
- 28
Gegen die Annahme faktischen Zwangs zur Mitwirkung an einer
freiwilligen Umlegung spreche schon, dass aus der Praxis nicht bekannt sei,
dass die freiwillige Umlegung dort weit häufiger vorkomme als die amtliche
und das Scheitern einer freiwilligen Umlegung zwangsläufig die Durchführung
des amtlichen Verfahrens zur Folge habe.
- 29
2. Der Deutsche Notarverein sieht in der unterschiedlichen
Struktur der beiden Umlegungsarten einen sachlichen Differenzierungsgrund,
der ihre ungleiche Behandlung bei der Grunderwerbsteuer rechtfertige. Ohne
diese Differenzierung würde die Gestaltungspraxis versuchen,
privatrechtliche Tauschverträge als freiwillige Umlegungen zu qualifizieren,
um in den Genuss der Grunderwerbsteuerbefreiung zu gelangen.
- 30
3. Die Bundessteuerberaterkammer geht zwar davon aus, dass in
der Praxis sowohl bei der amtlichen als auch bei der freiwilligen Umlegung
ein Zusammenwirken von Eigentümern und Gemeinde üblich sei; dennoch handele
es sich nach der bestehenden Rechtslage um strukturell unterschiedliche
Neuordnungsverfahren, die grunderwerbsteuerlich nicht gleich behandelt
werden müssten.
- 31
4. Der Deutsche Anwaltverein ist ebenfalls der Auffassung, dass
die intensive Beteiligung der Grundstückseigentümer am amtlichen
Umlegungsverfahren nichts daran ändere, dass bei der amtlichen anders als
bei der freiwilligen Umlegung eine Bodenneuordnung auch ohne Einverständnis
und gegen den Willen der Beteiligten durchgeführt werden könne. Obgleich die
vertragliche Umlegung ihren Ausgangspunkt in der beabsichtigten Neuordnung
der Grundstücksverhältnisse habe, beruhe sie doch auf Freiwilligkeit und
Einvernehmen und sei damit durchaus mit einem sonstigen
grunderwerbsteuerpflichtigen Grundstückstauschvertrag vergleichbar. Überdies
sei die Mitwirkung an einer freiwilligen Umlegung trotz der sich daraus
ergebenden steuerlichen Folgen nicht nur nachteilig, da hierbei die
Grundstückseigentümer auf den vertraglichen Inhalt viel intensiver Einfluss
nehmen könnten als auf den Inhalt des Umlegungsplans.
- 32
5. Demgegenüber geht der Verband Haus & Grund Deutschland
von der Begründetheit der Verfassungsbeschwerde aus, weil beide
Umlegungsarten die gleichen bauordnungsrechtlichen Ziele verfolgten und sich
aus § 79 BauGB ergebe, dass der Gesetzgeber jedenfalls hinsichtlich der
Kosten eine Gleichbehandlung wolle. Aus der Verwobenheit der beiden
Umlegungsarten folge, dass auch eine freiwillige Umlegung nicht allein auf
privatautonomen Entscheidungen eines Grundstückseigentümers beruhen könne.
Von einer Bodenneuordnung betroffene Grundstückseigentümer seien häufig
geneigt, einer freiwilligen Umlegung zuzustimmen, um langwierige
Abstimmungsprozesse oder Baubeschränkungen zu verhindern. Insoweit sei eine
freiwillige Umlegung dem normalen Marktgeschehen entzogen.
- 33
6. Nach Auffassung der Bundesrechtsanwaltskammer rechtfertigt
allein die Option, die amtliche Umlegung einseitig-hoheitlich durchsetzen zu
können, nicht den steuerlichen Nachteil bei einer freiwilligen Umlegung, da
sie in Ansehung des Art. 14 Abs. 1 GG die vorrangige Form der Bodenordnung
sei und dem gleichen Zweck diene wie die amtliche Umlegung. Aus
Typisierungs- und Vereinfachungserfordernissen sei nicht entscheidend, ob
Grundstücke hoheitlich oder freiwillig umgelegt worden seien, sondern dass
überhaupt eine Umlegung stattgefunden habe, die dem Leitbild der §§ 45 ff.
BauGB entspreche. Dass ein Umlegungsplan gegebenenfalls einseitig-hoheitlich
von der Gemeinde vollzogen werden könne, während ein Umlegungsvertrag unter
Umständen gerichtlich durchgesetzt werden müsse, betreffe die nachrangige
Frage der Vollziehung und habe mit den Gründen der Steuerbefreiung nach § 1
Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG nichts zu tun. Nach dem Wortlaut der
Befreiungsvorschrift sei es spätestens nach der Aufnahme der freiwilligen
Umlegung in den Katalog zulässiger städtebaulicher Verträge (vgl. § 11 Abs.
1 Satz 2 Nr. 1 BauGB) bei verfassungskonformer Interpretation naheliegend,
die Steuerbefreiung auch auf die freiwillige Umlegung zu erstrecken.
- 34
7. Der 4. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts
bezeichnet die amtliche Umlegung als ein förmliches und zwangsweise
durchsetzbares gesetzliches Tauschverfahren, bei dem die in den §§ 45 ff.
BauGB enthaltenen Vorgaben strikt einzuhalten seien. Demgegenüber beließen
einvernehmliche Umlegungsregelungen den Beteiligten einen deutlich größeren
Gestaltungsraum, als er ihnen nach den bindenden Regelungen der §§ 45 ff.
BauGB zustehe.
- 35
8. Den meisten Stellungnahmen zufolge, die auf entsprechende
Fragen des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtspraxis bei Baulandumlegungen
eingehen, wird die amtliche Umlegung jedenfalls dann als eindeutig
vorzugswürdig gegenüber der freiwilligen angesehen, wenn aufgrund einer
großen Anzahl betroffener Grundstückseigentümer einvernehmliche Regelungen
mit allen Beteiligten nur schwer oder überhaupt nicht zu erzielen seien.
Dies sei häufig der Fall. Eine nicht nur wegen ihrer
Grunderwerbsteuerbefreiung zunehmend häufiger praktizierte Form der
Baulandumlegung sei die vereinbarte amtliche Umlegung, bei der sich die
Grundstückseigentümer zunächst untereinander und mit der Gemeinde darauf
verständigten, mittels eines städtebaulichen Vertrags die gewollten
Ergebnisse des Bodenordnungsverfahrens festzulegen, und bei der sie
vereinbarten, den Vollzug der Neuordnung der Grundstücksverhältnisse danach
im hoheitlichen Verfahren durchzuführen. Eine Reihe von Stellungnahmen weist
schließlich darauf hin, dass das Scheitern der Verhandlungen über eine
freiwillige Umlegung nicht automatisch die Einleitung eines hoheitlichen
Umlegungsverfahrens zur Folge habe; es komme vielmehr auf die Umstände des
jeweiligen Einzelfalles an, die dazu führen könnten, dass die Gemeinde ganz
auf die Bodenneuordnung verzichte.
B.
- 36
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht
begründet.
I.
- 37
Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des
Art. 3 Abs. 1 GG, dass § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG lediglich
Grundstückserwerbe im amtlichen Umlegungsverfahren nach den §§ 45 ff. BauGB
von der Grunderwerbsteuer ausnimmt, aber Erwerbsvorgänge anlässlich einer
freiwilligen Umlegung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer
unterwirft.
- 38
1. a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz
gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich
und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche
Belastungen und ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 121, 108 119>;
121, 317 370>; 126, 400 416>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats
vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 306 Rn.
121>). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger
Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis
gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE
116, 164 180>; 121, 108 119>; 121, 317 370>; 126, 400
416>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL
21/12 -, NJW 2015, S. 303 306 Rn. 121>). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1
GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen
jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem
Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher
Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur
nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen
bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 157>; 93, 319 348 f.>;
107, 27 46>; 126, 400 416>; 129, 49 69>; 132, 179
188 Rn. 30>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 -
1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 306 Rn. 121>).
- 39
Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den
die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen
Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen
unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das
Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen
Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1
30>; 122, 1 23>; 126, 400 416>; 129, 49 68>;
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW
2015, S. 303 306 Rn. 122>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers
kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE
88, 87 96>; 111, 176 184>; 129, 49 69>; BVerfG, Urteil
des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303
306 Rn. 122>). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen
Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche
Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88,
87 96>; 129, 49 69>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17.
Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 306 Rn. 122>) oder je
mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87
96>; 124, 199 220>; 129, 49 69>; 130, 240 254>;
132, 179 188 f. Rn. 31>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17.
Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 306 Rn. 122>).
- 40
Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der
Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz
nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet
werden (vgl. BVerfGE 117, 1 30>; 121, 108 120>; 126, 400
417>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 5. November 2014 - 1 BvF
3/11 -, juris, Rn. 41; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember
2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 306 Rn. 123>). Der
Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weit reichenden
Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als
auch bei der Bestimmung des Steuersatzes (vgl. BVerfGE 123, 1 19>;
stRspr). Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal
getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am
Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des
steuerrechtlichen Ausgangstatbestands, vgl. BVerfGE 117, 1 30 f.>;
120, 1 29>; 121, 108 120>; 126, 400 417>; BVerfG,
Urteil des Ersten Senats vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 -, juris, Rn. 41;
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW
2015, S. 303 306 Rn. 123>). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen
sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 117, 1 31>; 120, 1 29>; 126,
400 417>; 132, 179 189 Rn. 32>; BVerfG, Urteil des Ersten
Senats vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 -, juris, Rn. 41), der die
Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen
an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung (vgl. dazu
BVerfGE 117, 1 32>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember
2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 306 Rn. 123>).
- 41
b) Ausgehend hiervon ist die grunderwerbsteuerliche
Ungleichbehandlung von freiwilliger und amtlicher Umlegung innerhalb der
Gleichheitsprüfung nicht an einem strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstab zu
messen. Die zur Grunderwerbsteuerpflicht führende Teilnahme an einer nach §
11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB als städtebaulicher Vertrag oder in sonstiger
Weise vertraglich geregelten Umlegung erfolgt grundsätzlich freiwillig und
ist damit für den Steuerschuldner verfügbar. Die Besteuerung von
Grundstücksübertragungsvorgängen im Sinne des § 1 GrEStG entfaltet im
Vergleich zu der hier in Rede stehenden Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 1
Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG auch weder freiheitseinschränkende
Wirkung noch weist sie eine Nähe zu den Diskriminierungsverboten des Art. 3
Abs. 3 GG auf. Diese Befreiung erreicht schließlich auch kein solches
Ausmaß, dass die Differenzierung einen strengeren Prüfungsmaßstab
erforderte. Der Gesetzgeber verfügt bei der Ausgestaltung der
Befreiungstatbestände von der Grunderwerbsteuer somit über einen
beträchtlichen Spielraum.
- 42
2. Gemessen an diesem großzügigen Prüfungsmaßstab bestehen
zwischen dem Erwerb eines Grundstücks im amtlichen Umlegungsverfahren nach
den §§ 45 ff. BauGB und dem Grundstückserwerb im Wege der freiwilligen
Baulandumlegung Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie
eine unterschiedliche Behandlung bei der Grunderwerbsteuer rechtfertigen
können (a). Dies gilt auch dann, wenn der Belastungsgrund der
Grunderwerbsteuer in der Abschöpfung einer bestimmten, sich in der
Vermögensverwendung äußernden Leistungsfähigkeit liegen sollte (b).
- 43
a) Die Grunderwerbsteuer ist eine Rechtsverkehrsteuer (vgl.
BFH, Beschluss vom 26. Januar 2000 - II B 108/98 -, BFH/NV 2000, S. 1136
1137>; BFHE 206, 374 378>; BFH, Urteil vom 9. April 2008 - II
R 32/06 -, DStRE 2008, S. 1152 1153>; Fischer, in: Boruttau,
Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl. 2011, Vorbemerkungen Rn. 131 und 135 f.;
Desens, in: Festschrift für Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Bd. 2, 2013,
S. 2069 2073 f.>). Durch die Besteuerung von Verkehrsvorgängen wird
die private Vermögensverwendung belastet (vgl. BVerfGE 93, 121
134>).
- 44
Anders als bei der amtlichen Umlegung ist die Teilnahme an
vertraglichen Umlegungen grundsätzlich freiwillig. Dies rechtfertigt es, im
Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Spielraums die hierauf beruhenden
Grundstückserwerbsvorgänge als Teilnahme am Rechtsverkehr und damit
grunderwerbsteuerpflichtig zu bewerten, die Veränderungen in der
Grundstückszuordnung als Folge einer amtlichen Umlegung hingegen nicht.
- 45
aa) Die amtliche Umlegung nach den §§ 45 ff. BauGB schränkt die
verfassungsrechtlich gewährleistete Verfügungsfreiheit des Eigentümers ein.
Die mit einem teilweisen oder gänzlichen Verlust des bisherigen konkreten
Grundstücks und der Neuzuteilung verbundene Änderung der
Eigentumsverhältnisse kann notfalls auch gegen den Willen einzelner
Eigentümer erfolgen (vgl. BVerfGE 104, 1 9>).
- 46
Die Inhaber von Rechten an den betroffenen Grundstücken sind
hier nicht gleiche Partner eines Vertrags, sondern Beteiligte eines
Verwaltungsverfahrens (vgl. § 48 Abs. 1 BauGB). Unbeschadet einzelner auf
ein kooperatives Mitwirken der Beteiligten angelegter Regelungen (vgl. § 56
Abs. 2, § 59 Abs. 4 Nr. 1, 2 und 3, § 62 Abs. 1, § 73 Nr. 3, § 76 BauGB)
stellt die amtliche Umlegung nach ihrer gesetzlichen Konzeption ein
förmliches und zwangsweises Grundstückstauschverfahren dar (vgl. Breuer, in:
Schrödter, Baugesetzbuch, 7. Aufl. 2006, § 45 Rn. 6; Grziwotz, in:
Spannowsky/Uechtritz, Beck'scher Online-Kommentar Öffentliches Baurecht,
Stand September 2014, § 72 Rn. 6; Otte, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand September 2011,
§ 45 Rn. 3; Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, Baugesetzbuch, 7. Aufl.
2013, § 11 Rn. 22 f.). Die Gemeinde ordnet die Umlegung an, die dann nach
Anhörung der Eigentümer durch einen Beschluss der Umlegungsstelle
eingeleitet wird (§ 46 Abs. 1, § 47 Abs. 1 BauGB). Der Umlegungsbeschluss
ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung gegenüber allen Beteiligten. Mit seiner
Bekanntmachung unterliegen die Grundstücke des Umlegungsgebiets der
Verfügungs- und Veränderungssperre nach § 51 BauGB sowie dem Vorkaufsrecht
nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB (vgl. Reidt, in:
Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 47 Rn. 3; Jäde,
in: Jäde/Dirnberger/Weiß, Baugesetzbuch, 7. Aufl. 2013, § 47 Rn. 7). Die
Änderung der Eigentumszuordnung vollzieht sich bei der amtlichen Umlegung
ebenfalls nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen, indem mit der
Bekanntmachung des Zeitpunkts der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans (vgl.
§ 71 Abs. 1 Satz 1 BauGB) der bisherige Rechtszustand durch den in dem
Umlegungsplan vorgesehenen neuen Rechtszustand ersetzt wird (vgl. § 72 Abs.
1 Satz 1 BauGB), ohne dass es dazu einer Eintragung ins Grundbuch bedarf
(vgl. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, §
72 Rn. 2; Otte, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch,
Stand Dezember 2007, § 72 Rn. 4). Die nachfolgende Eintragung des
Eigentumsübergangs im Grundbuch dient nur noch dessen Berichtigung (vgl. §
74 BauGB).
- 47
bb) Die freiwillige Umlegung ist hingegen kein von der Gemeinde
- auch gegen den Willen der betroffenen Eigentümer - eingeleitetes
Verwaltungsverfahren, sondern eine vertragliche Vereinbarung, die eine
einvernehmliche Neuordnung der Grundstücksverhältnisse zum Gegenstand hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnet die
freiwillige Umlegung Raum für Regelungen solcher Art, die einseitig im
Umlegungsplan des förmlichen Umlegungsrechts nicht getroffen werden könnten
(vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2001 - BVerwG 4 B 24.01 -, NVwZ 2002,
S. 473 474>; siehe auch Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß,
Baugesetzbuch, 7. Aufl. 2013, § 11 Rn. 23 ff.). Demgemäß seien etwa
Vereinbarungen möglich, die von den Vorgaben in §§ 55 ff. BauGB abweichende
Verteilungsmaßstäbe und Kostentragungsregelungen vorsähen (vgl. BVerwG,
Urteil vom 6. Juli 1984 - BVerwG 4 C 24.80 -, NJW 1985, S. 989; BVerwG,
Beschluss vom 13. Dezember 1994 - BVerwG 4 B 216.94 - Buchholz 316 § 59
VwVfG Nr. 11). Auch der Eigentumsübergang an den betroffenen Grundstücken
erfolgt hier durch Rechtsgeschäft nach Auflassung (§ 925 BGB) und Eintragung
im Grundbuch (§ 873 BGB).
- 48
cc) Beide Umlegungsarten weisen danach in städtebaulicher
Hinsicht zwar eine gleiche Zielrichtung auf. Ihre Unterschiede bezüglich des
zugrunde liegenden Verfahrens und der Freiwilligkeit der Teilnahme daran
sind jedoch von solchem Gewicht, dass der Gesetzgeber sie im Hinblick auf
den Charakter der Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer unterschiedlich
behandeln darf. Gemessen an dem hier anzulegenden, großzügigen Maßstab liegt
ein tragfähiger Sachgrund für die grunderwerbsteuerliche Ungleichbehandlung
jedenfalls darin, dass der die Grunderwerbsteuer auslösende Wechsel in der
Eigentumszuordnung (vgl. BFHE 206, 374 378> m.w.N.) bei der
freiwilligen Umlegung auf einer privatautonomen Entscheidung des
Grundstückseigentümers beruht, während er bei der amtlichen Umlegung auch
gegen den Willen des Eigentümers durchgesetzt werden kann. Wer im Rahmen
einer freiwilligen Umlegung ein Grundstück erwirbt, nimmt aufgrund eigenen
Entschlusses am Markt teil (in diesem Sinne auch BTDrucks 9/2114, S. 5) und
wird dadurch grunderwerbsteuerpflichtig. Hingegen würde die Belastung mit
Grunderwerbsteuer bei einem amtlichen Umlegungsverfahren nicht an das
Ergebnis einer autonomen Entscheidung anknüpfen, sondern an die Neuordnung
der Grundstücke durch Verwaltungsakt, die auch gegen den Willen des
Eigentümers durchgesetzt werden kann.
- 49
dd) Die in diesem Verfahren eingeholten Stellungnahmen haben
auch nicht ergeben, dass freiwillige und amtliche Umlegung in der kommunalen
Praxis weitgehend als beliebig austauschbar behandelt werden und deshalb
keine Differenzierung gerechtfertigt sei. Sie werden offenbar vielmehr als
Instrumente der Bodenordnung mit deutlich unterschiedlichem Rechtscharakter
und dementsprechend je eigenen Vor- und Nachteilen wahrgenommen und nach
Maßgabe der örtlichen Grundstücks- und Eigentumsstrukturen bewusst
eingesetzt. So wird die freiwillige Umlegung nach den insoweit weitgehend
übereinstimmenden Angaben in aller Regel nur bei absehbar konsensual zu
lösenden Verteilungsfragen in Betracht gezogen. Schließlich führt nach
diesen Erkenntnissen das Scheitern einer freiwilligen Umlegung auch
keineswegs immer und selbstverständlich zu einer amtlichen Umlegung.
- 50
b) Die im Gesetz vorgesehene grunderwerbsteuerliche
Ungleichbehandlung freiwilliger und amtlicher Grundstücksumlegungen wäre
auch dann gerechtfertigt, wenn man den Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer
in der Abschöpfung einer sich in der Vermögensverwendung äußernden
Leistungsfähigkeit sähe.
- 51
Nach der im Gesetzgebungsverfahren verschiedentlich zum
Ausdruck gekommenen Vorstellung des Gesetzgebers soll die Grunderwerbsteuer
die sich im Erwerbsvorgang offenbarende Leistungsfähigkeit erfassen (vgl.
BTDrucks 8/2555, S. 7 und 9/251, S. 12 mit Verweis auf das Gutachten der
Steuerreformkommission 1971, Abschnitt IX Verkehrsteuern, Rn. 106). Es
bedarf hier keiner Entscheidung der im steuerrechtlichen Schrifttum und in
der finanzgerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beurteilten Frage, ob
die Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer hiernach auch am
Leistungsfähigkeitsprinzip zu messen ist (vgl. dazu Fischer, in: Boruttau,
Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl. 2011, Vorbemerkungen Rn. 137 ff.; Drüen,
in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Januar 2012, § 3 AO Rn. 50a; Englisch, in:
Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 18 Rn. 4, jeweils m.w.N. und BFH,
Urteil vom 9. April 2008 - II R 32/06 -, DStRE 2008, S. 1152 1153
f.>). Denn auch im Falle einer an Leistungsfähigkeitsaspekten
orientierten Grunderwerbsbesteuerung wäre es nicht geboten, die freiwillige
Umlegung und die gesetzliche Umlegung grunderwerbsteuerlich gleich zu
behandeln.
- 52
Sollte mit der Grunderwerbsteuer die durch Nachfrage und
Konsumbereitschaft zum Ausdruck kommende vermutete Zahlungsfähigkeit des
Steuerschuldners erfasst werden (vgl. P. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof,
HStR V, 3. Aufl. 2007, § 118 Rn. 247), könnte dieser Schluss ohnehin nur für
die Beteiligung an einer freiwilligen Umlegung gezogen werden. Die Teilnahme
an einem solchen (Umlegungs-)Vertragsverhältnis, die eine freiwillige
Vermögensdisposition zur Folge hat, vermag typisierend Zahlungsfähigkeit zu
indizieren. Beruht ein Grundstücksverkehrsvorgang hingegen nicht auf
freiwilligen Vermögensdispositionen, sondern auf Hoheitsakten, die gegenüber
dem Betroffenen gegebenenfalls auch mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden
können, so kann daraus nicht geschlossen werden, dass in ihm typischerweise
Zahlungskraft zum Ausdruck kommt. Auch unter
Leistungsfähigkeitsgesichtspunkten besteht daher ein Unterschied zwischen
Eigentumsübergängen bei freiwilligen Umlegungen und bei Umlegungen nach den
Vorschriften der §§ 45 ff. BauGB, der eine entsprechende Differenzierung in
der Besteuerung rechtfertigt.
II.
- 53
Der Bundesfinanzhof hat, indem er die Sache nicht nach Art. 100
Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat, nicht gegen das Recht
auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, weil
er die beanstandete Regelung nicht für verfassungswidrig gehalten hat (vgl.
BVerfGE 117, 330 356>).
- 54
Die Entscheidung ist mit 6 : 2 Stimmen ergangen.