Expertenforum - Abgrenzung Haupt- bzw Nebenberufliche selbständige Tätigkeit

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  • 01
    Abgrenzung Haupt- bzw Nebenberufliche selbständige Tätigkeit

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    eine ANin arbeitet 10 Stunden/Woche im Angestelltenverhältnis. Zusätzlich arbeitet sie. 10 Stunden/Woche selbstständig. Der selbstständige Gewinn ist ungefähr das 1,5-fache des Angestelltengehaltes.

    a) Wie ist die Konstellation hinsichtlich der krankenversicherungspflichtig zu beurteilen, da es sowohl auf die wirtschaftlichen Bedeutung also auch auf den zeitlichen Umfang ankommt?

    b) Wie wäre die ANin in der Gehaltsabrechnung zu behandeln, wenn tatsächlich eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit vorliegt und das gesamte Einkommen unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Erhält die ANin anteiligen Zuschuss zur KV/PV?

    Vielen Dank für Ihre Unterstützung

    Mit freundlichen Grüßen

    Sieburg

     

  • 02
    RE: Abgrenzung Haupt- bzw Nebenberufliche selbständige Tätigkeit

    Hallo BSieburg,
     
    zunächst ist in Ihrem Sachverhalt vordergründig zu prüfen, inwiefern bei der betreffenden Person die Voraussetzungen einer „nebenberuflichen“ oder einer „hauptberuflichen“ selbstständigen Erwerbstätigkeit vorliegen.
     
    § 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) V schließt Personen, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, von der Krankenversicherungspflicht als Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V aus. Dadurch wird vermieden, dass ein hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätiger in einer sozialversicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung grundsätzlich krankenversicherungspflichtig wird.
     
    Entscheidend für die Hauptberuflichkeit ist, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und vom zeitlichen Umfang her die übrige Erwerbstätigkeit deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt.
     
    Dabei stellt die Beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer ein Indiz für den Umfang einer selbstständigen Tätigkeit dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der mit der Leitungsfunktion verbundene Zeitaufwand dem Selbstständigen als Arbeitgeber genauso zuzurechnen ist, wie das wirtschaftliche Ergebnis der von ihm (evtl.) beschäftigten Arbeitnehmer.
     
    Nach wie vor gelten die vom GKV-Spitzenverband (GKV-SV) in seinen „Grundsätzlichen Hinweisen“ zur Abgrenzung einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit getroffenen Aussagen, nach denen eine mehr als halbtags ausgeübte selbstständige Tätigkeit anzunehmen ist, wenn der Zeitaufwand mehr als 20 Stunden wöchentlich beträgt. Bei einem Zeitaufwand von nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich ist die Annahme einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit dann nicht ausgeschlossen, wenn die daraus erzielten Einnahmen die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts bilden.
    Hinsichtlich der Frage, wie eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit einzuordnen ist, wenn sie neben einer anderen Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, hat der GKV-SV in seinen Grundsätzlichen Hinweisen ebenfalls Ausführungen getroffen, nach denen die Prüfung, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Umfang her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt, nicht schematisch, sondern im Rahmen einer Gesamtschau vorzunehmen ist.
     
    Eine abschließende und verbindliche Beurteilung der Frage der hauptberuflichen Selbstständigkeit ist von der für den Mitarbeiter „zuständigen“ Krankenkasse im Rahmen einer Einzelfallentscheidung vorzunehmen.
     
    Dafür benötigt die Krankenkasse eine schriftliche Anfrage mit Anlagen. Als Anlagen sollten vom Arbeitgeber alle relevanten Dokumente, die das Beschäftigungsverhältnis betreffen (Arbeitsvertrag, eventuelle Zusatzvereinbarungen) und vom Mitarbeiter die Nachweise, die im Zusammenhang mit der Selbstständigkeit stehen (Gewerbeanmeldung bzw. Ummeldung von haupt- auf nebenberufliche Selbstständigkeit, Einkommensnachweise aus der selbstständigen Tätigkeit etc.) beigefügt werden.
     
    Liegt aufgrund der Prüfung durch die Krankenkasse keine hauptberufliche Selbstständigkeit vor, wird der Arbeitnehmer neben der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung grundsätzlich auch kranken- und pflegeversicherungspflichtig.
    Krankenversicherungsbeiträge aus den Einnahmen der selbstständigen Tätigkeit sind in einem solchen Fall nicht zu entrichten.
     
    Steht dagegen die Selbstständigkeit gegenüber dem Beschäftigungsverhältnis im Vordergrund, besteht keine Kranken- und Pflegeversicherungspflicht.
     
    In einem solchen Fall lautet der Beitragsgruppenschlüssel „0110“.
     
    Der Krankenversicherungsschutz würde in einem solchen Fall (weiterhin) im Rahmen einer freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung fortgesetzt werden können.
     
    Anspruch auf einen Zuschuss des Arbeitgebers zu den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 257 SGB V und § 61 SGB XI haben Beschäftigte dann, wenn sie wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. Diese Regelung gilt nur für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer.
     
    Demzufolge besteht in Fällen der von Ihnen beschriebenen Art kein Anspruch auf den Beitragszuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung gegenüber dem Arbeitgeber, da sie nicht zum dort genannten Personenkreis gehören.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam

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