Expertenforum - Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

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  • 01
    Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    Sehr geehrte Experten,

    was ist zu beachten, wenn für ca. ein halbes Jahr ein Praktikant mit Wohnsitz in AUT beim Arbeitgeber in Bayern zu beschäftigten ist. Wo muss er seine Steuern zahlen und welche Aufgaben hat der deutsche Arbeitgeber in der Entgeltabrechnung?

    Bzgl. Sozialversicherung gehe ich davon aus, dass die selben Rechtsvorschriften wie für inländische Praktikanten gelten (Pflichtpraktikum = sv frei, freiw. = je nachdem, sv-frei aufgrund PGR 110 oder sv-pflichtig 1111 bei deutscher Krankenkasse).

    Danke vorab für eine Auskunft,

    Gruß

    TOM_MGG

  • 02
    RE: Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    Sehr geehrter Fragesteller,


    wir dürfen im Folgenden Ihre Frage aus lohnsteuerlicher Sicht beantworten. Hinsichtlich sozialversichderungsrechtlicher und eventuell arbeitsrechtlicher (Vergütungspflicht des Praktikums, Mindestlohn etc.) Aspekte möchten auf die Fachexperten SV und Arbeitsrecht verweisen.


    Der geschilderte Sachverhalt wird steuerlich durch das Deutsch-Österreichische Doppelbesteuerungsabkommen geregelt. Nach dessen Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 Buchstabe a gilt der Praktikant als "ansässig" in Österreich (auch, wenn während des Praktikums ganz oder teilweise in Deutschland gewohnt würde), da die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich bestehen bleiben.


    Gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA darf das vom deutschen Arbeitgeber gezahlte Arbeitsentgelt in Deutschland besteuert werden. Davon abweichend gilt bei sogenannten "Grenzgängern" gemäß Art. 15 Abs. 6 DBA das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates (hier: Österreich). Der Praktikant ist "Grenzgänger", wenn sein Hauptwohnsitz in Österreich und auch der Arbeitsort in Deutschland jeweils nicht als 30 Kilometer von der deutsch-österreichischen Grenze entfernt liegen und außerdem nicht mehr als 45 Arbeitstage kalenderjährlich oder mehr als 20 % der tatsächlichen Arbeitstage Tätigkeiten außerhalb der Grenzzone (also in Deutschland, weiter als 30 Kilometer von der östlichen Grenze entfernt) erbracht werden.


    Bei Erfüllung der Vorraussetzungen für die Grenzgänger-Regelung entfällt das deutsche Besteuerungsrecht. Diese Vorraussetzungen sind dann arbeitgeberseits zu dokumentieren.


    Ansonsten (außerhalb der Anwendbarkeit der Grenzgänger-Regelungen) wird Lohnsteuer nach den allgemeinen Regeln erhoben und abgeführt.


    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Fachexperte Steuerrecht

     

  • 03
    RE: Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    Vielen Dank, die Grenzgängerregelung kann per se ausgeschlossen werden, da sich der Betrieb mehr als 30km von der Grenze entfernt befindet.

    Ist das Thema der beschränkten Steuerpflicht hier noch von Relevanz?

    könnten Sie im Anschluss daran diesen Eintrag in die Kategorie Sozialversicherung für die sv-rechtliche Beurteilung / Bewertung verschieben, oder ist dort von mir ein neuer Beitrag zu eröffnen?

    Danke vorab,

    Grüße

    TOM_MGG

  • 04
    RE: Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    Sehr geehrter Fragesteller,


    bei Nichtanwendbarkeit der Grenzsteuer-Regelung ergibt sich die beschränkte Einkommenssteuerpflicht des Praktikanten in Deutschland (bezogen auf die vom deutschen Arbeitgeber gezahlte Vergütung) aus Art. 15 Abs. 1 DBA.


    Für die Lohnsteuer gilt gemäß § 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b EStG Steuerklasse I. Zur Teilnahme am ELSTAM-Verfahren ist beim Betriebstätten-Finanzamt des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer (oder mit dessen Vollmacht durch den Arbeitgeber) die Zuteilung der Steuer-ID zu beantragen. Ebenfalls beim Betriebstätten-Finanzamt des Arbeitgebers beantragt werden können Bescheinigungen zur Berücksichtigung von Lohnsteuerfreibeträgen (soweit relevant) oder die Einordnung als unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig (soweit arbeitnehmerseits gewünscht).


    Zur Beantwortung der SV-rechtlichen Fragestellung haben wir Ihre Frage an die Fachexperten SV weitergeleitet.


    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Fachexperte Steuerrecht

  • 05
    RE: Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    Sehr geehrter Fragesteller,


    Ihre Anfrage haben wir an die Fachexperten SV weitergeleitet.


    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Fachexperte Steuerrecht

  • 06
    RE: Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    Hallo TOM_MGG,

    entscheidend dafür, ob für einen Arbeitnehmer - sozialversicherungsrechtlich - die ausländischen oder die deutschen Rechtsvorschriften gelten, ist in erster Linie der Ort, an dem die Arbeit tatsächlich ausgeübt wird. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, in welchem Staat der Arbeitnehmer wohnt. Auch der Firmensitz des Arbeitgebers ist grundsätzlich nicht von Bedeutung.
     
    Demzufolge können wir Ihre Vermutung bestätigen, dass in Ihrem Fall die deutschen Rechtsvorschriften (wie für „inländische Praktikanten“) anzuwenden sind.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam
     

  • 07
    RE: Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    Vielen Dank. letzte Frage hierzu: In der Annahme, dass das Praktikum als sv-pflichtig in DE für diesen Praktikanten abgerechnet werden muss. Der Praktikant muss sich eine deutsche Krankenkasse suche und uns melden für die Beitragsabführung sowie DEUV. Was ist aber, wenn der Praktikant "zu Hause", also in AUT, zum Doktor gehen müsste. Ginge das mit der deutschen Krankenkassen-Karte und Abrechnung via deutscher Krankenkasse, oder gibt es da Regelungen zu beachten. Danke vorab,

    Grüße

    TOM_MGG

  • 08
    RE: Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    Hallo TOM_MGG,
     
    Arbeitnehmer, die in Deutschland gesetzlich krankenversichert sind und aus den Staaten der europäischen Union kommen, können mit der deutschen Krankenversichertenkarte direkt in ihrem Heimatland (hier: Österreich) zum Arzt gehen und sich behandeln lassen. Der Arzt rechnet dann unter Vorlage der Karte die Leistungen mit der deutschen gesetzlichen Krankenkasse ab.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam
     

  • 09
    RE: Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    vielen Dank, noch eine letzte Frage: In der Annahme, dass ein Pflichtpraktikum vorliegt, und somit SV-Freiheit in DE, wo ist der Praktikant dann krankenversichert bzw. auch unfallversichert? In Österreich, oder sind hier anderweitige Regelungen in DE dann zu beachten?

    Danke für eine (hoffentlich letzte) Auskunft ;-),

    Grüße

    TOM_MGG

  • 010
    RE: Beschäftigung eines Praktikanten aus dem österreichischen Ausland

    Hallo TOM_MGG,
     
    davon ausgehend, dass es sich in Ihrem Sachverhalt um ein in einer Studien- bzw. Prüfungsordnung vorgeschriebenes Zwischenpraktikum handelt, das während eines Hochschulstudiums absolviert wird, ist dieses kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungsfrei. Sofern Arbeitsentgelt gezahlt wird, ist allerdings eine Meldung mit dem Personengruppenschlüssel „190“ zu erstellen sowie die Insolvenzgeldumlage und die Umlagen U1 (ggf.) und U2 abzuführen.

    Ob und ggf. in welcher Höhe Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu entrichten sind, sollte mit der zuständigen Berufsgenossenschaft des Praktikumsbetriebes geklärt werden.

    Für eingeschriebene Studenten aus dem EU-Ausland (z. B. Österreich) gilt das Wohnstaatenprinzip.
    Somit ist die in Österreich existierende Krankenversicherung grundsätzlich ausreichend.
    Gegebenenfalls ist für die Zeit des Aufenthalts in Deutschland eine private Zusatzversicherung anzuraten.

    Wir empfehlen in einem solchen Fall, einen entsprechenden schriftlichen Nachweis der ausländischen Universität zur „Verpflichtung des Praktikums“ zu den Entgeltunterlagen zu nehmen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Expertenteam

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