Expertenforum - Beurteilung Werkstudent mit zweiter Tätigkeit

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  • 01
    Beurteilung Werkstudent mit zweiter Tätigkeit

    Liebes Expertenforum,

    wir beschäftigen in unserem Unternehmen eine Werkstudentin, welche einer weiteren Tätigkeit nachgeht. Die Werkstudentin ist bei uns bereits seit einem Jahr tätig. Die Beschäftigung beim zweiten Arbeitgeber übt sie ebenfalls bereits seit mindestens einem Jahr aus. Um die 20-Wochenstundengrenze zu prüfen, reicht die Studentin monatlich ihre Stundennachweise des zweiten Arbeitgebers bei uns ein. Nun ist uns aufgefallen, dass sie beim anderen Arbeitgeber sowohl nachts als auch teilweise am Wochenende arbeitet. Nun stellt sich uns die Frage, wie wir diesen Fall behandeln müssen. Beim zweiten Arbeitgeber würde ja das Werkstudentenprivileg entfallen, richtig? Ist die Konsequenz daraus dann, dass auch wir sie sv-pflichtig abrechnen müssen, oder behält sie bei uns das Werkstudentenprivileg, da sie in unserem Unternehmen weder in den Abend- oder Nachtstunden noch am Wochenende arbeitet.

  • 02
    RE: Beurteilung Werkstudent mit zweiter Tätigkeit

    Guten Tag,
     
    Voraussetzung für die Versicherungsfreiheit eines Studenten ist, ob dieser für die Anwendung der Vorschriften über die Versicherungsfreiheit der von Studenten ausgeübten Beschäftigungen zum Personenkreis der ordentlichen Studierenden gehört.

    Hierunter fallen diejenigen Studenten, die an einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule immatrikuliert sind und deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen wird.
    Werden mehrere Beschäftigungen nebeneinander ausgeübt, ist zunächst zu prüfen, ob der Mitarbeiter seinem Erscheinungsbild nach als „ordentlicher Studierender“ oder als „Arbeitnehmer“ anzusehen ist. 
     
    Beträgt die wöchentliche Arbeitszeit nicht mehr als 20 Stunden, besteht Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungsfreiheit, unabhängig davon, ob es sich um eine oder mehrere befristete oder unbefristete Beschäftigung(en) handelt; die Höhe des Arbeitsentgelts ist für die Annahme der Versicherungsfreiheit ohne Bedeutung.

    Die wöchentlichen Arbeitszeiten von nebeneinander ausgeübten Beschäftigungen sind zusammenzurechnen. Ergibt die Zusammenrechnung, dass die wöchentlichen Arbeitszeiten insgesamt mehr als 20 Stunden betragen, ist nicht mehr vom Erscheinungsbild eines ordentlichen Studierenden auszugehen. Bei nebeneinander ausgeübten Beschäftigungen ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob bei einer oder mehrere Beschäftigung(en) gegebenenfalls die Merkmale einer geringfügigen Beschäftigung (geringfügig entlohnt oder kurzfristig) vorliegen.

    Vom Erscheinungsbild eines Studenten ist dann nicht mehr auszugehen, wenn eine derartige Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden ohne zeitliche Befristung ausgeübt wird oder auf einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen befristet ist; in diesen Fällen tritt die Zugehörigkeit zum Kreis der Beschäftigten in den Vordergrund.

    Die 26-Wochen-Regelung soll eine auf der Grundlage des Werkstudentenprivilegs grundsätzlich einzuräumende Versicherungsfreiheit ausschließen. Voraussetzung für die Anwendung der 26-Wochen-Regelung ist daher, dass trotz Überschreitens der 20-Wochenstunden-Grenze Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudentenprivilegs dem Grunde nach zunächst einzuräumen wäre, weil das Überschreiten der 20-Stunden-Grenze durch Beschäftigungszeiten am Wochenende oder in den Abend- und Nachtstunden bedingt ist oder in die vorlesungsfreie Zeit (Semesterferien) fällt.

    Ein Überschreiten der 20-Stunden-Grenze unter Fortgeltung des Werkstudentenprivilegs soll jedoch kein Dauerzustand bzw. ein im Jahr überwiegender Zustand sein. Zu diesem Zweck tritt die 26-Wochen-Regelung an. Sie führt im Ergebnis dazu, dass ein Student, der im Laufe eines Jahres (nicht Kalenderjahres) mehrmals eine Beschäftigung mit einer „wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden“ ausübt, vom Erscheinungsbild nicht mehr als ordentlich Studierender, sondern als Beschäftigter anzusehen ist, wenn die „Zusammenrechnung der Beschäftigungszeiten mehr als 26 Wochen“ ergibt.

    Der Jahreszeitraum zur Statusbestimmung ist in der Weise zu ermitteln, dass vom voraussichtlichen Ende der zu beurteilenden Beschäftigung ein Jahr zurückgerechnet wird. Anzurechnen sind „alle Beschäftigungen in diesem Zeitraum“, in denen – „unabhängig von der versicherungsrechtlichen Beurteilung“ – die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20 Stunden beträgt.
    Die Arbeitszeit bei einer Beschäftigung im Rahmen der 20-Wochenstunden-Grenze kann allerdings während der Vorlesungszeit auf über 20 Wochenstunden ausgeweitet werden. Dies setzt jedoch voraus, dass es sich um eine im Voraus befristete Zeit handelt.

    Außerdem darf das Überschreiten der 20-Wochenstunden-Grenze nur durch Beschäftigungszeiten am Wochenende oder in den Abend- und Nachtstunden erfolgen. Dabei dürfen diese Beschäftigungszeiten im Laufe eines Jahres 26 Wochen nicht überschreiten.

    Sofern die Studentenbeschäftigung bei dem zweiten Arbeitgeber sozialversicherungspflichtig ist (dies können wir nicht beurteilen, dauns alle relevanten Daten fehlen), kann auch bei Ihnen keine Werkstudententätigkeit ausgeübt werden. Dann wären beide Beschäftigungsverhältnis versicherungspflichtig (Beitragsgruppen 1111)
    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Expertenteam
     

  • 03
    RE: Beurteilung Werkstudent mit zweiter Tätigkeit

    Liebes Expertenteam,

    die Werkstudentin arbeitet beim zweiten Arbeitgeber in der Betreuung. Macht es hier einen Unterschied bei der Beurteilung, ob sie in den Abend- oder Nachtstunden aktiv arbeitet oder mehr als Aufsicht fungiert. Sie schläft nachts in der Einrichtung und ist als Ansprechpartner vor Ort, falls etwas vorfallen sollte?

  • 04
    RE: Beurteilung Werkstudent mit zweiter Tätigkeit

    Wenn es sich bei der Werkstudentin dann dennoch um eine sv-pflichtige Beschäftigung handelt, muss sie komplett sv-pflichtig abgerechnet werden, oder behält sie in den vorlesungsfreien Zeiten doch noch ihr Werkstudentenprivileg und kann in dieser Zeit dann als Werkstudent abgerechnet werden?

  • 05
    RE: Beurteilung Werkstudent mit zweiter Tätigkeit

    Guten Tag,
     
    das Werkstudentenprivileg darf der Arbeitgeber nur anwenden, wenn der bei ihm beschäftigte Student den größeren Teil der Zeit und Arbeitskraft für das Studium aufwendet. Das Studium muss der Schwerpunkt der Arbeitsleistung und der Studentenjob darf nur eine Nebensache sein. Das heißt: Während der Vorlesungszeit dürfen Studierende nur maximal 20 Stunden in der Woche arbeiten.
     
    Bei Studierenden, die mehrere Beschäftigungen nebeneinander ausüben, prüft der Arbeitgeber zunächst, ob insgesamt mehr als 20 Stunden in der Woche gearbeitet wird. Beträgt die wöchentliche Arbeitszeit nicht mehr als 20 Stunden, besteht Versicherungsfreiheit.
    Arbeitet der Student insgesamt mehr als 20 Stunden in der Woche, findet das Werkstudentenprivileg keine Anwendung mehr.
     
    Arbeiten Studierende am Wochenende und in den Abend- und Nachtstunden, kann auch bei einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden Versicherungsfreiheit bestehen.
    Dafür muss die Beschäftigung allerdings zeitlich befristet sein und nicht über einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen (182 Kalendertage) ausgeübt werden. Die 26-Wochen-Regelung soll eine auf der Grundlage des Werkstudentenprivilegs grundsätzlich einzuräumende Versicherungsfreiheit ausschließen. Voraussetzung für die Anwendung der 26-Wochen-Regelung ist daher, dass trotz Überschreitens der 20-Wochenstunden-Grenze Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudentenprivilegs dem Grunde nach zunächst einzuräumen wäre, weil das Überschreiten der 20-Stunden-Grenze durch Beschäftigungszeiten am Wochenende oder in den Abend- und Nachtstunden bedingt ist oder in die vorlesungsfreie Zeit (Semesterferien) fällt.
     
    Sofern die Studentenbeschäftigung bei dem zweiten Arbeitgeber sozialversicherungspflichtig ist (dies können wir nicht beurteilen, da uns alle relevanten Daten fehlen), kann auch bei Ihnen keine Werkstudententätigkeit ausgeübt werden. Dann wären beide Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich sozialversicherungspflichtig (Beitragsgruppen 1111), es sei denn, eine der Beschäftigungen erfüllt die Voraussetzungen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung.
     
    Die relevanten Arbeitszeiten beim zweiten Arbeitgeber hat der Beschäftigte zur Beurteilung nachzuweisen. Arbeitsrechtlich ist hier zu klären, ob die Bereitschaftszeit als Arbeitszeit gewertet werden muss.

    Der Beschäftigte hat nach § 28o SGB IV die Pflicht dem Arbeitgeber die zur Durchführung des Meldeverfahrens und der Beitragszahlung erforderlichen Angaben zu machen und, soweit erforderlich, Unterlagen vorzulegen; dies gilt bei mehreren Beschäftigungen sowie bei Bezug weiterer in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtiger Einnahmen gegenüber allen beteiligten Arbeitgebern.
     
    Liegen die Voraussetzungen als Werkstudent nicht vor, ändert sich auch in den Semesterferien bei einer laufenden Beschäftigung der Status nicht. Lediglich ausschließlich in den Semesterferien ausgeübte Beschäftigungen wären aufgrund des Werkstudentenprivileg neu zu beurteilen.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam

  • 06
    RE: Beurteilung Werkstudent mit zweiter Tätigkeit

    Hallo liebes Expertenteam,

    darf die Werkstudentin beim zweiten Arbeitgeber auf unbestimmte Zeit in den Abend- oder Nachtstunden sowie am Wochenende arbeiten solange sie die 20 Stunden-Grenze nicht überschreitet und behält weiterhin ihr Werkstudentenprivileg?

  • 07
    RE: Beurteilung Werkstudent mit zweiter Tätigkeit

    Guten Tag,
     
    so lange die 20-Stunden Grenze in der Addition der Beschäftigungen nicht überschritten wird, ist eine Abrechnung als Werkstudent möglich. Die Arbeitszeit kann hier auch während der Abend- oder Nachtstunden sowie am Wochenende erfolgen.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam

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