Expertenforum - Pausenabzug bei Bereitschaftszeiten

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  • 01
    Pausenabzug bei Bereitschaftszeiten

    Guten Tag,

    wir müssen hin und wieder zusätzliche Einsatzkräfte auf Stand by bereithalten, die im Bedarfsfall für eine ganze oder auch nur teilweise Schicht zum Einsatz kommen.

    Es ist jedoch auch möglich das sie nicht benötigt werden.


    Allein das bereithalten für den Einsatzfall soll natürlich vergütet werden.

    Wie schaut es hierbei mit dem Pausenabzug aus? Greift für folgende Fälle überall das Arbeitszeitgesetz (>6h 30 Minuten, >9h 45 Minuten) oder muss man hier noch etwas beachten?


    Ausgangslage: Schicht von 8Std

    Variante 1: Mitarbeiter arbeitet die volle Schicht beim Kunden => klar, regulärer Pausenabzug von hier 30 Minuten

    Variante 2: Mitarbeiter wird nach einer Stunde "Bereitschaft" zum Einsatz beordert und verbringt 6 Std. beim Kunden und steht anschließend nochmal 1 Std. auf Standby bereit

    Variante 3: Der Kollege wird gar nicht benötigt

  • 02
    RE: Pausenabzug bei Bereitschaftszeiten

    Sehr geehrter Fragesteller,


    vielen Dank für Ihre Frage.


    Für die Beantwortung der Frage, ob in den von Ihnen geschilderten Varianten zwei und drei Pausenzeiten anzusetzen sind, ist maßgeblich, ob es sich bei der Bereithaltung um Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaftsdienst handelt. Beim Bereitschaftsdienst zählt Arbeitszeit rechtlich die gesamte Zeitdauer der Bereithaltung als Arbeitszeit; beim Rufbereitschaftsdienst nur die Zeiten der aktiven Inanspruchnahme, also die Zeiten der Arbeitsleistung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Bereitschaftsdienst dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitgeber den Aufenthaltsort verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf sofort die Arbeit aufzunehmen, vorgibt. Rufbereitschaft hingegen setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, sich während dieser Zeit auch um persönliche und familiäre Angelegenheiten zu kümmern oder sozialen Kontakten nachzugehen. Ein bestimmter Aufenthaltsort wird bei der Rufbereitschaft durch den Arbeitgeber also nicht vorgegeben. Allerdings legt der Arbeitgeber bei der Rufbereitschaft in der Regel auch fest, innerhalb welcher Zeitspanne der Arbeitnehmer seine Arbeit aufnehmen muss. Ist diese Zeitspanne zu kurz bemessen, kommt sie der Festlegung eines bestimmten Aufenthaltsortes gleich. Die Zeitspanne wird dann insgesamt als Bereitschaftsdienst (und nicht als Rufbereitschaft) angesehen. Die Rechtsprechung geht in der Regel davon aus, dass bei einer Vorgabezeit von 10 bis 20 Minuten (gemeint ist die Zeitspanne bis zur Arbeitsaufnahme) von einem Bereitschaftsdienst auszugehen ist; bei einer Vorgabezeit von mindestens 30 Minuten dagegen Rufbereitschaft angenommen wird.


    Sie müssten also anhand der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall prüfen, ob bei Ihnen Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst vorliegt. Sollte Bereitschaftsdienst anzunehmen sein, müssen dem Mitarbeiter bezogen auf die gesamte Zeitdauer der Bereithaltung Pausen gemäß § 4 ArbZG gewährt werden. Der Bereitschaftsdienst „an sich“ stellt keine Pausenzeit dar, weil sich der Mitarbeiter hier ständig für die Arbeitsaufnahme bereithält. Pausenzeiten sind dagegen dadurch gekennzeichnet, dass der Mitarbeiter im Voraus weiß, für die Dauer der Pause gerade nicht zur Arbeitsleistung herangezogen zu werden.


    Sollte es sich dagegen um Rufbereitschaftszeiten handeln, bleiben diese bei der Berechnung der Pausenzeiten unberücksichtigt.


    Wenn Sie weitere Fragen haben, stehen wir gern zur Verfügung.


    Mit freundlichen Grüßen


    Ihr Fachexperte Arbeitsrecht

  • 03
    RE: Pausenabzug bei Bereitschaftszeiten

    Guten Tag,

    vielen Dank für die ausführliche Darstellung des Sachverhalts.

    2 Fragen haben sich aktuell noch ergeben:


    a) zur Rufbereitschaft

    Gehe ich richtig in der Annahme, dass - sofern der AN aus der Rufbereitschaft zum Einsatz beordert wird - für die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit Pausen gem. Arbeitszeitgesetz anzusetzen sind? (Bsp. Rufbereitschaft für die Dauer von 12h, er wird zu einem Einsatz beordert welcher 7h dauert => Pausenabzug von 30 Minuten?)


    b) unterschiedliche Vergütung für Zeitintervalle:

    1. Bereitschaftsdienst gem. ihrer Beschreibung

    Ist es zulässig die Bereitschaftszeit, welche die Kollegen ohne Auftrag auf dem Firmengelände verbringen mit einem niedrigeren Stundenlohn anzusetzen als jene Zeit, die sie während ihres (Bereitschafts-)Dienstes "im Kundenauftrag" (Bsp. Patiententransport) unterwegs sind?

    2. Rufbereitschaft gem. Ihrer Beschreibung

    Auch hier analog die Frage ob bei der Vergütung zwischen den Zeiten der reinen Rufbereitschaft (= Bereithalten auf Abruf, ohne das Einsatz kam) und aufkommenden Einsätzen (wo der Kollege tatsächlich Arbeitsleistung erbracht hat) unterschiedliche Stundensätze Anwendung finden dürfen.

  • 04
    RE: Pausenabzug bei Bereitschaftszeiten

    Sehr geehrter Fragesteller,


    vielen Dank für Ihre Fragen.


    Im Falle einer Rufbereitschaft müssen für die Dauer der tatsächlichen Arbeitsleistung Pausen gewährt werden, bei tatsächlicher Arbeitsleistung von 7 Stunden also 30 Minuten Pausen.


    Bei Bereitschaftsdienst kann vergütungsseitig zwischen der tatsächlichen Arbeitsleistung und der Dauer der Bereithaltung differenziert werden. Allerdings muss bezogen auf die Gesamtarbeitszeit (also Bereithaltung und tatsächlicher Arbeitsleistung) jedenfalls der gesetzliche Mindestlohn oder etwaige Branchenmindestlöhne eingehalten werden. Sofern auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet, muss natürlich geprüft werden, ob der Tarifvertrag eine entsprechende Differenzierung zulässt.


    Auch bei der Rufbereitschaft kann für die Vergütung zwischen den unterschiedlichen Zeiten unterschieden werden. Dauer der Bereithaltung kann also anders als die tatsächliche Arbeitsleistung vergütet werden.


    Sollten Sie weitere Fragen haben, stehen wir gern zur Verfügung.


    Mit freundlichen Grüßen


    Ihr Fachexperte Arbeitsrecht

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