Pflegegrade und Pflegebegutachtung im Überblick
Inhalte im Überblick
Was sind Pflegegrade?
Die fünf Pflegegrade zeigen an, wie selbstständig eine Person ist. Dabei orientiert sich der Pflegegrad nach der Schwere der Beeinträchtigung sowie Fähigkeiten und Selbstständigkeit der zu pflegenden Person. Entsprechend dem Hilfebedarf wird der Pflegebedürftige in einen der fünf Pflegegrade eingeteilt. Seit 2017 haben die Pflegegrade das bisherige System der Pflegestufen abgelöst.
Pflegegrad 1
Pflegebedarf: geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegebedürftige des Pflegegrads 1 können sich in der Regel noch gut selbst versorgen und haben nur einen geringen Bedarf an Unterstützung. Geringfügig Hilfsbedürftige werden bei alltäglichen Beeinträchtigungen wie der Hygiene oder hauswirtschaftlichen Versorgungen unterstützt.
Punkte: 12,5 bis unter 27
Pflegegrad 2
Pflegebedarf: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Mit Pflegegrad 2 haben Versicherte in der Regel Anspruch auf Pflegegeld und eine häusliche Pflege durch Angehörige oder eine Pflegesachleistung durch einen ambulanten Pflegedienst.
Punkte: 27 bis unter 47,5
Pflegegrad 3
Pflegebedarf: schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Mit anerkanntem Pflegegrad 3 stehen Bedürftigen Leistungen wie Pflegegeld und Pflegesachleistungen aus der Pflegeversicherung zu, um die Pflege im Alltag zu unterstützen. Meist benötigen die pflegebedürftigen Personen mehrmals täglich Unterstützung bei der Selbstversorgung.
Punkte: 47,5 bis unter 70
Pflegegrad 4
Pflegebedarf: schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Mit Pflegegrad 4 sind Pflegebedürftige erheblich auf fremde Hilfe angewiesen und erhalten daher bei anerkanntem Pflegegrad entsprechende Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die zu pflegende Person ist häufig durch eine eingeschränkte Mobilität gekennzeichnet und die alltägliche Hilfe muss fast vollständig übernommen werden. Teilweise sind selbstständiges Essen und Trinken noch möglich. Personen des Pflegegrads 4 sind meist noch in der Lage, einen Notruf zu bedienen.
Punkte: 70 bis unter 90
Pflegegrad 5
Pflegebedarf: schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 5 sind sehr stark auf die Hilfe anderer angewiesen und können daher umfangreich Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Die zu pflegende Person ist immobil. Person der Pflegegrads 5 können oft auch noch den Notruf bedienen.
Punkte: 90 bis 100
Passende Informationen
Leistungen der AOK Pflegeversicherung
Hier erfahren Sie, welche Pflegeleistungen ein Pflegebedürftiger in einem bestimmten Pflegegrad beanspruchen kann.
Unterstützung durch die AOK-Pflegeberatung
Informationen rund um die Pflege und organisatorische Hilfe erhalten Pflegebedürftige und deren Angehörige in der Pflege
Pflege richtig organisieren
Was bedeutet es, pflegebedürftig zu sein? Wer stellt den Pflegegrad fest? Wie sind Pflegeleistungen zu beantragen? Die A
Pflegegrad beantragen
Um einen Pflegegrad zu erhalten, müssen zunächst Pflegeleistungen beantragt werden. Den Antrag stellt die pflegebedürftige oder eine bevollmächtigte Person bei der zuständigen AOK-Pflegekasse. Tipp: Zögern Sie den Antrag auf Pflegeleistungen nicht hinaus. Denn das Antragsdatum ist entscheidend für den Leistungsbeginn.
Weiterführende Informationen wie Sie Pflegeleistungen beziehungsweise einen Pflegegrad beantragen, finden Sie auf der Seite „Pflege organisieren“.
Die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit
Nachdem der Antrag auf Pflegeleistungen gestellt wurde, beauftragt die AOK-Pflegekasse den Medizinischen Dienst (MD), die Pflegebedürftigkeit einzuschätzen. Diese Begutachtung erfolgt durch ein bundesweit standardisiertes Verfahren, das ermöglicht, alle antragstellenden Personen gleich zu behandeln. Der Gutachter oder die Gutachterin ermittelt dabei nicht die Schwere der Behinderung oder Erkrankung, sondern wie selbstständig der oder die Pflegebedürftige noch ist, welche Fähigkeiten noch vorhanden sind und wie viel personelle Unterstützung im Alltag notwendig ist.
Der MD kommt zu der betroffenen Person nach Hause, um ein möglichst realistisches Bild der Situation zu erhalten. Der MD schlägt dafür einen Termin vor. Vorteilhaft ist es, wenn außer der pflegebedürftigen Person auch eine Vertrauensperson anwesend ist. Nach diesem Termin erstellt der MD das Gutachten, auf dessen Grundlage die AOK-Pflegekasse den Pflegegrad feststellt. Das Gutachten und der Leistungsbescheid werden von der Pflegekasse automatisch zugesandt. Wenn die pflegebedürftige Person zustimmt, gilt die Empfehlung notwendiger Rehabilitationsmaßnahmen im Gutachten als Leistungsantrag. Steht das Ergebnis der Begutachtung aufgrund eindeutiger Aktenlage bereits fest, kann die Begutachtung im Wohnbereich des Versicherten ausnahmsweise unterbleiben.
Tipps für die Begutachtung
Bei dem Termin sollte eine Vertrauensperson des oder der Pflegebedürftigen anwesend sein. Darüber hinaus können Sie im Vorfeld bereits wichtige Dokumente zusammenstellen:
- Medikamente oder Medikationsplan sowie genutzte Hilfsmittel, die täglich benötigt werden,
- vorhandene Arzt- und Krankenhausberichte der letzten zwölf Monate,
- die Pflegedokumentation, falls Sie ein Pflegedienst versorgt.
- Kommt bereits regelmäßig eine Pflegeperson vorbei, sollte auch diese vor Ort sein.
Kriterien in der Pflegebegutachtung
Die Einstufung in einen Pflegegrad richtet sich danach, wie selbstständig ein Mensch ist und über welche Fähigkeiten er noch verfügt. Der Fokus liegt dabei auf seinen verbliebenen Ressourcen. Das beurteilt der Medizinische Dienst (MD) mithilfe von sechs Modulen. Für jedes dieser Module wurden bestimmte Kriterien festgelegt:
- Mobilität
Beispiele für die Kriterien: wie selbstständig ist die Person, kann sie alleine im Bett die Position wechseln, sicher sitzen, sich innerhalb der Wohnung fortbewegen, Treppen steigen - Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Beispiele für die Kriterien: wie gut kann die Person sich im Alltag orientieren und daran teilnehmen, sich räumlich und zeitlich zurechtfinden, selbst Gespräche führen - Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Beispiele für die Kriterien: ist die Person nachts unruhig, ängstlich oder depressiv, wehrt sie sich gegen pflegerische Maßnahmen - Selbstversorgung
Beispiele für die Kriterien: kann die Person sich noch allein waschen, ankleiden, essen und trinken, die Toilette benutzen - Selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen
Beispiele für die Kriterien: kann die Person ärztlich angeordnete Maßnahmen selbstständig ausführen, Medikamente einnehmen, den Blutzuckerspiegel messen und bewerten oder Arztbesuche wahrnehmen - Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakt
Beispiele für die Kriterien: ist die Person in der Lage, ihren Tagesablauf selbst zu gestalten, sich zu beschäftigen oder mit anderen Menschen in Kontakt zu treten
Für jedes Kriterium vergibt der MD Punkte und dokumentiert so, wie selbstständig jemand ist. Am Ende des Moduls wird die Summe gebildet. Jedes Modul wird unterschiedlich gewichtet. Aus der Anzahl der gewichteten Punkte ergibt sich schließlich der Pflegegrad. Je weniger selbstständig die Person ist, desto höher sind Punktzahl und damit auch der Pflegegrad.
Sonderregelungen bei Pflegegraden
Keine Bewegungsfähigkeit der Arme und Beine
Für Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, beide Arme und beide Beine zu benutzen, gibt es eine Sonderregelung: Sie erhalten grundsätzlich immer den höchsten Pflegegrad, auch wenn das Gesamtergebnis der Begutachtung unter 90 Punkten liegt.
Kinder und Kleinkinder
Für Kinder unter zwölf Jahren gelten bei der Einstufung andere Maßstäbe als bei Erwachsenen. Die Pflegebedürftigkeit wird anhand der altersentsprechenden Entwicklung im Vergleich mit gesunden Kindern festgestellt. Kleinkinder bis 18 Monate werden pauschal einen Pflegegrad höher eingestuft und nur altersunabhängige Module bewertet.
Bei abgelehntem Pflegegrad: Widerspruch einlegen
Wenn Sie der Auffassung sind, dass ein Bescheid nicht angemessen ist, können Sie dagegen Widerspruch einlegen. Bitte prüfen Sie zunächst, in welchem Bereich eine gesundheitlich bedingte Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der persönlichen Fähigkeiten vorliegt, die in dem Erstgutachten nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Damit können Sie Ihren Widerspruch begründen. Bitte richten Sie Ihren Widerspruch an die AOK-Pflegekasse.
Falls Sie Anlass zur Beschwerde über die Tätigkeit des Medizinischen Dienstes haben, können Sie die Beschwerdestelle des Medizinischen Dienstes in Ihrer Region aufsuchen. Eine unabhängige Bewertung Ihrer Beschwerde bekommen Sie bei der vom jeweiligen Medizinischen Dienst benannten Ombudsperson. Die Ombudsperson ist in jedem Fall unabhängig tätig. Sie können sich mit Ihrem Anliegen vertrauensvoll an sie wenden.
Pflegegrad erhöhen: Wechsel von einem Pflegegrad in einen anderen
Steigt die Pflegebedürftigkeit, müssen auch die Maßnahmen und Leistungen zur Unterstützung der zu pflegenden Person angepasst werden. Dies geschieht jedoch erst nach einem schriftlichen Höherstufungsantrag. Um in einen höheren Pflegegrad eingestuft zu werden, stellen Sie deshalb einen Antrag auf Pflegeleistungen bei Ihrer AOK-Pflegekasse. Dafür nutzen Sie übrigens dasselbe Formular wie beim ersten Antrag. Haben Sie den Höherstufungsantrag eingereicht, besucht der MD erneut die betreffende Person und erstellt ein neues Gutachten.
Pflegegrad erhöhen: Den Antrag auf Pflegeleistungen Ihrer AOK finden Sie unter „Formulare und Anträge“.
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