Entspannung
Progressive Muskelentspannung: eine einfache Anleitung für PMR
Veröffentlicht am:07.07.2020
20 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 18.01.2024
Stress und Muskelverspannungen verstärken sich gegenseitig. Die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen setzt hier an: Lockere Muskeln entspannen die Nerven und erleichtern die Stressbewältigung. So funktioniert die Entspannungsmethode.
Was ist Progressive Muskelentspannung?
Muskeln entspannen und anspannen – das ist die Grundlage der Progressiven Muskelentspannung, auch progressive Muskelrelaxation (PMR) genannt. Entwickelt wurde die Entspannungsmethode vom US-amerikanischen Arzt Edmund Jacobson. Er fand heraus, dass seelische Erkrankungen mit einer Anspannung der Muskeln zusammenhängen. Die gezielte Entspannung der Muskeln verringert ihm zufolge die Aktivität von Nerven, gleichzeitig nimmt die psychische Anspannung ab.
Im Jahr 1929 veröffentlichte Jacobson seine Ergebnisse und seine Theorie der abwechselnden Anspannung und Entspannung als Therapie. Deshalb ist auch von der „Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson“ oder „Entspannung nach Jacobson“ die Rede.
Nach Jacobsons Lehre können Menschen ihre Psyche über die Muskulatur positiv beeinflussen. Daher wird die Progressive Muskelentspannung zur Entspannung und Stressbewältigung empfohlen.
Wie funktioniert die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson?
Bei den Übungen zur Progressiven Muskelentspannung richtet sich die Aufmerksamkeit auf einzelne Muskelpartien. Diese werden zunächst kräftig angespannt und anschließend wieder gelockert. Anspannung und Entspannung geschehen in einem möglichst gleichbleibenden Rhythmus.
Die PMR-Übungen führen über verschiedene Muskelgruppen des Körpers, inklusive des Gesichts. Daher kommt die Bezeichnung progressive, also voranschreitende Muskelentspannung.
Bei der PMR ist es hilfreich, lockere Kleidung zu tragen und für eine bequeme Sitz- oder Liegemöglichkeit zu sorgen, um der Muskelaktivität während der Übungen nachspüren zu können.
Was bewirkt die Muskelentspannung?
Die gesundheitsfördernde Wirkung der Progressiven Muskelentspannung ist wissenschaftlich belegt. So empfehlen Mediziner und Medizinerinnen die Methode als Therapie, um Stress zu reduzieren. Auch bei psychosomatischen Erkrankungen soll PMR helfen. Patientinnen und Patienten lernen, ihren Körper besser wahrzunehmen und Anzeichen von Belastungen frühzeitiger zu erkennen. Langfristig kann die Progressive Muskelentspannung dafür sorgen, dass Sie sich körperlich und geistig ausgeglichener fühlen.
Durch die Progressive Muskelrelaxation kann es gelingen, dass Sie
- psychische und körperliche Unruhe reduzieren,
- Schmerzen verringern,
- Stress abbauen,
- Muskelverspannungen reduzieren,
- eine ruhige, entspannte Atmung entwickeln,
- das seelische und körperliche Gleichgewicht stärken und
- zu mehr innerer Ruhe und Gelassenheit gelangen.
Darüber hinaus verlangsamt sich durch PMR der Herzschlag und die Blutgefäße weiten sich.
Bei welchen Beschwerden sind PMR-Übungen sinnvoll?
Regelmäßig durchgeführt, lernen Sie durch PMR, Ihren Körper besser zu kontrollieren. Sie werden zunehmend fähig sein, die auf natürliche Weise vorhandene Muskelanspannung bewusst zu reduzieren und sich zu entspannen.
Die Progressive Muskelentspannung ist bei diesen körperlichen und psychischen Beschwerden geeignet:
- Psychische Belastung, Stress und/oder Burnout
- Ängste und Depressionen
- stressbedingter Bluthochdruck und Herzbeschwerden
- Schlafstörungen
- Neurodermitis und Schuppenflechte
- Muskelverspannungen, Haltungsschäden und Rückenschmerzen
- Magen- und Darmstörung
- Spannungskopfschmerz und Migräne
Welche Leistungen bietet die AOK zur Stressbewältigung an?
Die Leistungen der AOK unterscheiden sich regional. Mit der Eingabe Ihrer Postleitzahl können wir die für Sie zuständige AOK ermitteln und passende Leistungen Ihrer AOK anzeigen.
Einfache PMR-Anleitung zur Muskelrelaxation mit der Faust
Ursprünglich umfassten die Übungen zur Progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen 30 Muskelgruppen. Inzwischen haben sich deutlich kürzere Anwendungen etabliert, die die gleiche Wirkung haben.
Mit der Grundübung „Entspannungsfaust“ bekommen Sie einen Eindruck davon, wie wohltuend und entspannend die Progressive Muskelentspannung sein kann. Starten Sie mit der rechten Hand und wechseln Sie anschließend die Seite.
Probieren Sie die Entspannungsfaust aus:
- Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl. Lehnen Sie Ihren Rücken an. Stellen Sie beide Füße fest auf den Boden.
- Schließen Sie Ihre Augen.
- Legen Sie Ihre Hände locker auf die Oberschenkel.
- Atmen Sie ruhig ein und aus und beobachten Sie, wie sich Ihre Bauchdecke beim Einatmen hebt und beim Ausatmen wieder senkt.
- Ballen Sie eine Hand zur Faust, bis Sie die Muskeln deutlich spüren. Atmen Sie auch beim Anspannen der Muskeln ruhig weiter, verkrampfen Sie nicht.
- Halten Sie die Anspannung für fünf bis zehn Sekunden. Falls Sie möchten, ertasten Sie mit der anderen Hand die gespannten Muskeln der Faust und des Unterarms.
- Lösen Sie mit der Ausatmung die Spannung. Öffnen Sie die Faust. Lassen Sie die Hand und den Arm etwa 30 Sekunden ruhig liegen.
- Achten Sie auf den Unterschied zwischen der Anspannung vorher und der jetzigen Entspannung. Bleiben Sie mit Ihrer inneren Aufmerksamkeit bei den Muskeln, die Sie gerade angespannt hatten.
- Wenden Sie sich nun der anderen Hand zu und verfahren Sie genauso.
Bleiben Sie nach der Übung noch eine Weile in Ihrer Position. Erlauben Sie sich, der abwechselnden An- und Entspannung nachzuspüren. Sie werden merken, dass sich der Entspannungseffekt auf den ganzen Körper ausweitet.
Passende Kursangebote der AOK
Progressive Muskelentspannung
Abschalten und loslassen: In den vielfältigen Gesundheitskursen der AOK lernen Sie unterschiedliche Techniken zur Stressbewältigung und Entspannung im Alltag.
So funktioniert PMR für den ganzen Körper:
- Legen Sie sich auf eine Matte, strecken Sie sich komplett aus und kommen Sie in Ruhe an. Nehmen Sie die Spannung aus dem ganzen Körper raus.
- Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre dominante Hand und Ihren dominanten Arm. Ballen Sie die Hand zur Faust und bringen Sie die Faust in Richtung Schulter. Spannen Sie den gesamten Arm maximal an. Halten Sie die Anspannung für fünf bis sieben Sekunden, danach lösen Sie sie schlagartig auf und lassen den Arm zurück auf die Unterlage sinken. Einen Moment nachspüren.
- Wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Arm. Ballen Sie die Hand zur Faust, der Arm bewegt sich Richtung Schulter. Spannen Sie für fünf bis sieben Sekunden den kompletten Arm maximal an. Danach loslassen und den Arm wieder auf die Matte sinken lassen. Spüren Sie kurz nach.
- Fokussieren Sie sich nun auf Ihr Gesicht. Stellen Sie sich vor, sie würden in eine saure Zitrone beißen. Spannen Sie Ihre gesamte Gesichtsmuskulatur an: Augen fest zusammenkneifen, Nase rümpfen, Zähne zusammenbeißen und die Lippen aufeinanderpressen. Halten Sie die Anspannung kurz und lassen Sie sie dann schlagartig los. Spüren Sie, wie Ihre Gesichtszüge ganz sanft und entspannt werden.
- Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit in Richtung Nacken und Halsbereich. Ziehen Sie Ihr Kinn in Richtung Brust, sodass Sie Ihren Kopf ein wenig von der Matte anheben. Gehen Sie jetzt in die maximale Anspannung der Nackenmuskulatur. Halten Sie die Anspannung für fünf bis sieben Sekunden. Dann loslassen und den Kopf in Richtung Matte zurücksinken lassen. Kurz nachspüren.
- Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit jetzt auf Ihre Schultern und den oberen Rücken. Pressen Sie Ihre Schultern so fest wie Sie können in die Matte hinein. Heben Sie dabei das Brustbein von der Matte nach oben in Richtung Decke an. Ziehen Sie die Schulterblätter in Richtung Wirbelsäule und bringen Sie Ihren oberen Rücken in die maximale Anspannung. Nach ein paar Sekunden komplett loslassen und nachspüren.
- Konzentrieren Sie sich nun auf Ihren Bauch und den unteren Rücken. Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein enges Korsett an, sodass Sie Ihren Bauchnabel nach innen ziehen müssen. Pressen Sie dabei den unteren Rücken fest in die Matte hinein. Bringen Sie den Bauch und unteren Rücken für fünf bis sieben Sekunden in die maximale Anspannung. Dann komplett loslassen und spüren, wie sich die Bauchmuskeln und der untere Rücken entspannen.
- Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit nun zum rechten Fuß und zum rechten Bein. Ziehen Sie die Zehenspitzen zu sich heran und flexen Sie den Fuß. Spannen Sie das Bein bis zur Gesäßmuskulatur an, indem Sie es ein Stück von der Matte heben. Gehen Sie in die maximale Anspannung. Nach fünf bis sieben Sekunden entspannen Sie die Muskeln wieder und lassen das Bein zurücksinken. Spüren Sie nach, wie sich das Bein anfühlt.
- Spannen Sie nun das linke Bein und den linken Fuß an. Machen Sie hier genau dasselbe wie auf der rechten Seite: Fußspitzen zu sich ziehen, Bein ein Stück vom Boden anheben und bis zum Gesäß anspannen. Halten Sie die Anspannung für fünf bis sieben Sekunden. Anschließend schlagartig loslassen und das Bein zur Matte sinken lassen. Spüren Sie kurz nach.
- Richten Sie die Aufmerksamkeit jetzt auf den gesamten Körper: Beide Arme, das Gesicht, den Nacken und Hals, die Schultern, den oberen Rücken, den Bauch und den unteren Rücken sowie beide Füße und Beine. Spannen Sie Ihre gesamte Muskulatur von Kopf bis Fuß an. Für fünf bis sieben Sekunden halten und komplett loslassen. Lassen Sie alle Muskeln im Körper weich und sanft werden. Genießen Sie den Moment des Loslassens.