Leistungen erweitern

Im Fokus: Darum senkt "Baby on time" die Frühgeburtenrate um ein Drittel

AOK-Versicherte bekommen deutlich mehr Leistungen – so wie Schwangere, die am Vorsorgeprogramm „Baby on time“ teilnehmen. Warum dieses Programm das Risiko einer Frühgeburt deutlich reduziert, erklärt Frauenärztin Dr. Theresa Friedersdorff.

Als sie noch in der Geburtsklinik in Bad Saarow arbeitete, hat Dr. Theresa Friedersdorff auf der gynäkologischen Station viele Mütter von Frühchen direkt nach der Geburt betreut. Sie hat miterlebt, welche Belastung es für junge Familien bedeutet, wenn das lang ersehnte Baby nur halb so viel wiegt wie reifgeborene Kinder. Wenn es von den Eltern getrennt im Inkubator liegen muss - statt sich bei Mama oder Papa auf dem Arm an die grelle Außenwelt gewöhnen zu können.

"Je früher das Baby auf die Welt kommt, desto dramatischer sind die Folgen für das Kind und für die Familie", sagt die Ärztin mit den hellwachen braunen Augen. 60.000 Kinder kommen pro Jahr in Deutschland zu früh zur Welt. Sie sind oft weniger belastbar als reifgeborene Kinder, können Folgeerkrankungen haben, die sie auch als Erwachsene noch einschränken.

Theresa Friedersdorff hat vor knapp zwei Jahren den Klinikjob gegen eine gynäkologische Niederlassung getauscht. Die Praxis im brandenburgischen Fürstenwalde/Spree, die die 41-Jährige übernahm, hat sie gründlich modernisiert: Helle, einladende Möbel, digitalisierte Patientenakten - und auch ihre Patientinnen behandelt sie nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen.

...Schwangere in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nahmen im ersten Halbjahr 2020 am "Baby on time"-Programm teil.

...weniger Frühgeburten erlitten diejenigen Schwangeren, die bei "Baby on time" eingeschrieben waren.

...gab die AOK Nordost im Jahr 2019 für Früherkennungsmaßnahmen und Prävention aus.

Frühgeburten sind durch gute Vorsorge oft vermeidbar

Dr. Friedersdorff weiß aus vielen Studien: Das Frauen Frühgeburten erleiden, ist durch eine gute Vorsorge oft vermeidbar. "Weil ich mir bei jeder Patientin die potentiellen Risiken früh anschaue, habe ich Gott sei Dank unter meinen Patientinnen eine geringe Frühgeburtenrate." Sie hat selbst drei Kinder, auch deshalb ein besonderes Augenmerk auf das Thema.

Beispiel bakterielle Vaginose: 10 bis 20 Prozent aller Frauen bekommen im Verlauf ihrer Schwangerschaft diese Infektion. Sie erhöht das Risiko eines vorzeitigen Blasensprungs. "Entdeckt man frühzeitig durch einen Abstrich, dass eine Patientin mit diesen Keimen infiziert ist, kann man therapeutisch handeln mit entsprechendem Antibiotikum oder einer Desinfektion der Scheide", erklärt Friedersdorff.

Versicherte der AOK Nordost erhalten im Rahmen des Vorsorgeprogramms "Baby on time" während der Schwangerschaft kostenfrei einen zusätzlichen Abstrich auf bakterielle Vaginose. Sehr sinnvoll findet das Dr. Friedersdorff, weil sich dadurch nachweislich Frühgeburten vermeiden lassen. Ihre Meinung wird von vielen Fachleuten geteilt: Der Berufsverband der Frauenärzte hat den Behandlungspfad Vaginose für das "Baby on time"-Programm zusammen mit der AOK Nordost entwickelt.

Vier Patientinnen mit Diabetes konnte sie frühzeitig „herausfischen“

Auch der Berufsverband der Diabetologen war beteiligt – und wies nachdrücklich auf einen weiteren Risikofaktor für eine Frühgeburt hin: eine nicht behandelte Schwangerschafts-Diabetes. Sie kann zu einem übermäßigen Wachstum des Kindes im Mutterleib führen. Regulär wird eine Untersuchung darauf erst in der 24. bis zum Ende der 27. Schwangerschafts-Woche durchgeführt.

"Wir haben im AOK-Programm ,Baby on time‘ die Möglichkeit, bei Schwangeren mit Risikofaktoren schon am Anfang der Schwangerschaft einen Zucker-Belastungstest durchzuführen und diesen Diabetes dadurch früher zu erfassen", erläutert Dr. Friedersdorff. Vier schwangere Patientinnen mit einer zuvor unerkannten Erkrankung habe sie bislang dank des Tests "herausgefischt" und direkt zum Diabetologen überwiesen. Für diese Frauen hat sich das Frühgeburts-Risiko deutlich gemindert, denn Schwangerschafts-Diabetes kann mit Insulin und einer Ernährungsumstellung gut behandelt werden.

355 Ärztinnen und Ärzte unterstützen das Programm

Weil sie gute Erfahrungen mit "Baby on time" gemacht hat, hat Dr. Friedersdorff allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 26 ihrer schwangeren Patientinnen in das Programm eingeschrieben - mehr als jede andere Frauenärztin in Brandenburg. Das 2014 gestartete Programm wird auch in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern angeboten. Insgesamt machen 355 Ärztinnen und Ärzte mit.

Die Fürstenwalder Frauenärztin weiß zwar aus Erfahrung, dass man auch mit der besten medizinischen Vorsorge nicht alle Frühgeburten verhindern kann. "Aber der Mensch tickt schon so, dass er weiß: wenn ich bestimmte Vorbereitungen getroffen habe, bestimmte Risiken abgewogen habe - dann ist es auch besser zu ertragen, wenn es passiert."