Medizinisches Cannabis auf Rezept

Patienten und Patientinnen mit einer schwerwiegenden Erkrankung können medizinisches Cannabis auf Rezept bekommen – allerdings nur in eng begrenzten Ausnahmefällen. Erfahren Sie mehr über die aktuellen Regelungen.
Ein Arzt sitzt im Sprechzimmer. Er kann bei verschiedenen Krankheiten Cannabis auf Rezept verschreiben. © AOK

Inhalte im Überblick

    Das Wichtigste zur Verordnung von medizinischem Cannabis in Kürze

    Der Arzt oder die Ärztin prüfen Nutzen und Risiko des Produkts für die Patientinnen und Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung. Eine Krankheit gilt als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder, wenn sie aufgrund starker Gesundheitsprobleme die Lebensqualität dauerhaft und nachhaltig beeinträchtigt. 

    In bestimmten Fällen muss die AOK dem Einsatz von medizinischem Cannabis zustimmen. Das ist der Fall bei:

    • Fertigarzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon,
    • Cannabis in Form von getrockneten Blüten und bei
    • Extrakten in standardisierter Qualität.

    Hierfür ist ein ärztlich begründeter Antrag von einem Vertragsarzt oder einer Vertragsärztin erforderlich. Geht es um Cannabis in Form von getrockneten Blüten, bedarf es zusätzlich einer besonderen ärztlichen Begründung. 

    Davon ausgenommen sind Versicherte, die sich in einer spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) befinden. Diese erhalten medizinisches Cannabis ohne vorherige Genehmigung durch die Krankenkasse. Auch bestimmte Facharztgruppen können Cannabis ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse verordnen.

    Wann Sie medizinisches Cannabis erhalten können

    Der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin entscheidet, ob eine Behandlung mit cannabishaltigen Produkten für den einzelnen Patienten oder die Patientin angezeigt und sinnvoll ist. Stehen zum Erreichen des Therapieziels mehrere gleichwertige Produkte zur Verfügung, soll die wirtschaftlichere Alternative gewählt werden. Vor der Erstverordnung stellt der Arzt oder die Ärztin für den Patienten oder die Patientin einen hinreichend medizinisch begründeten Antrag auf Kostenübernahme bei der AOK. Die AOK übernimmt die Kosten für eine Therapie mit medizinischem Cannabis, wenn grundsätzlich alle der folgenden drei Bedingungen zutreffen:

    1. Es handelt sich um eine schwerwiegende Erkrankung.
    2. Andere Therapien stehen nicht zur Verfügung beziehungsweise können im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des Arztes oder der Ärztin und unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen nicht angewendet werden. Dabei wird der Krankheitszustand der zu behandelnden Person stets berücksichtigt.
    3. Es liegt eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome vor.

    Verordnung ohne Genehmigung der Krankenkasse möglich

    Ärzte und Ärztinnen mit einer bestimmten Qualifikation können medizinisches Cannabis auch ohne Genehmigung der Krankenkasse verordnen. Die Vorgaben zur Verordnung nach § 31 Abs. 6 SGB V und Abschnitt N der AM-RL sind in jedem Fall einzuhalten, sowohl bei Antragsstellung als auch wenn der Facharzt oder die Fachärztin ohne vorherige Genehmigung eine Verordnung ausstellt.

    Konkret gilt das für folgende Fachärzte und Fachärztinnen für:

    • Allgemeinmedizin
    • Anästhesiologie
    • Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie
    • Innere Medizin
    • Innere Medizin mit den Schwerpunkten Angiologie, Endokrinologie und Diabetologie, Gastroenterologie, Hämatologie und Onkologie, Infektiologie, Kardiologie, Nephrologie, Pneumologie sowie Rheumatologie
    • Neurologie
    • Physikalische und Rehabilitative Medizin
    • Psychiatrie und Psychotherapie

    Darüber hinaus können auch Ärzte und Ärztinnen anderer Fachrichtungen medizinisches Cannabis ohne Genehmigung der Krankenkasse verordnen, wenn sie eine der folgenden Zusatzbezeichnungen haben:

    • Geriatrie
    • Medikamentöse Tumortherapie
    • Palliativmedizin
    • Schlafmedizin
    • Spezielle Schmerztherapie

    Es steht grundsätzlich allen Ärztinnen und Ärzten offen, weiterhin freiwillig eine Genehmigung bei der Krankenkasse einzuholen, sofern Unklarheiten bei den Voraussetzungen bestehen.

    Für welche Verordnungen von Cannabis kann die AOK die Kosten übernehmen?

    Für AOK-Versicherte kann der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin Fertigarzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon und Cannabis in Form von Extrakten in standardisierter Qualität oder getrockneten Blüten verordnen.

    Alle Arzneimittel müssen einen Mindest-THC-Gehalt von 0,2 Prozent haben. Demzufolge sind reine CBD-Produkte von der Erstattung ausgeschlossen. THC steht für Tetrahydrocannabinol, einen Inhaltsstoff von Cannabis. CBD ist die Abkürzung für Cannabidiol.

    Medizinisches Cannabis auf Rezept: Änderungen bei der ambulanten Versorgung

    Um belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse über den medizinischen Einsatz von Cannabis zu erhalten, war die Versorgung der Patienten und Patientinnen mit medizinischem Cannabis zunächst an eine fünfjährige Begleitstudie geknüpft. Diese Studie endete planmäßig zum 31. März 2022.

    Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Ergebnisse der Begleitstudie ausgewertet. Seit dem 30. Juni 2023 gelten bei der Verordnung von medizinischem Cannabis dementsprechend geänderte Regeln:

    • Die erstmalige Verordnung von Cannabis bedarf einer Genehmigung durch die Krankenkasse. Dasselbe gilt bei einem grundlegenden Therapiewechsel. Ausnahmen bestehen für Fachärzte und Fachärztinnen mit den oben genannten Fachrichtungen und Zusatzbezeichnungen.
    • Folgeverordnungen, Dosisanpassungen oder Wechsel der Cannabisextrakte in standardisierter Form oder innerhalb der getrockneten Blüten sind jederzeit ohne Genehmigung durch die Krankenkasse möglich.
    • Therapien mit Cannabis, die bereits vor Inkrafttreten der neuen Regelungen begonnen haben, bleiben weiterhin anerkannt.
    • Vor einer Behandlung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten muss der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin prüfen, welche anderen cannabishaltigen Fertigarzneimittel verfügbar sind, die sich gleichermaßen zur Behandlung eignen könnten. Grundsätzlich sind diese zu bevorzugen.
    • In den ersten drei Monaten wird der Erfolg der Therapie engmaschig dokumentiert, anschließend in regelmäßig Abständen. Schwerwiegende Nebenwirkungen oder ein ausbleibender Behandlungserfolg sollen damit frühzeitig erkannt werden.
    • Im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) bedarf es keiner Genehmigung durch die Krankenkasse mehr.
    • Bei der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) gilt eine verkürzte Genehmigungsfrist von drei Tagen. Für Folgebehandlungen nach einer stationär begonnenen Cannabistherapie galt diese verkürzte Frist bereits.
    • Alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte dürfen Cannabis verordnen, also auch Hausärztinnen und Hausärzte.

    Weitere Informationen dazu finden Sie in den FAQs des Gemeinsamen Bundesausschusses.

    Mögliche Nebenwirkungen einer Therapie mit Cannabis

    Medizinisches Cannabis ist stark wirksam. Die Einnahme von Cannabisprodukten kann zu unerwünschten Reaktionen führen. Eine sehr häufige Nebenwirkung ist Müdigkeit. Weitere häufige Nebenwirkungen sind unter anderem:

    • Schläfrigkeit
    • Schwindel
    • Übelkeit
    • Mundtrockenheit
    • Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
    • Gleichgewichtsstörungen
    • verschwommenes Sehen
    • Desorientierung
    • Lethargie und Depression oder euphorische Stimmung (gegebenenfalls als gewünschte Nebenwirkung)
    • Appetitsteigerung und Gewichtszunahme
    • Durchfall

    Darüber hinaus kann es zu weiteren Nebenwirkungen kommen, die aber eher gelegentlich oder selten auftreten. Betroffene sollten sich dazu vor der Anwendung eingehend vom behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin aufklären lassen.

    Aktualisiert: 07.02.2025

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