AOK Hessen
Nebenjob Kümmerin: Wie Frauen im Alltagstrubel die eigene Gesundheit im Blick behalten
Veröffentlicht am:12.11.2024
8 Minuten Lesedauer
Frauen stehen oft unter hohem Druck, eigenen wie fremden Erwartungen gerecht zu werden und verschiedene Rollen einzunehmen. Welche Lösungsansätze gibt es für Frauen, um die eigene Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu stärken?
Alles, überall, immer: Zeit für die eigene Gesundheit finden
Frauen können heute alles werden – und müssen dabei alles gleichzeitig sein. Es reicht nicht, im Job Erfolg zu beweisen – sie müssen meist dafür sorgen, dass die Familie gut umsorgt und der Haushalt geregelt ist.
Die gesellschaftlichen und auch eigenen Erwartungen betreffen dabei Frauen jeden Alters und mit unterschiedlichen Lebenswegen und Wünschen. Ob als junge Mutter, berufstätige Tochter oder alleinstehende Frau: Jede Frau erlebt Druck auf ihre Weise. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: den Stress, diese vielen Rollen unter einen Hut zu bringen.
Um Frauen dabei zu unterstützen, ihre Gesundheit zu erhalten und zu verbessern, befragte die AOK Hessen 1.000 Frauen im Alter von 18 bis 69 Jahren in ihren vielfältigen Lebenssituationen. Die Umfrage zeigt: Für 60 % der Befragten nimmt das Thema „Gesundheit“ einen herausragenden Stellenwert ein. Viele Anforderungen, Einstellungen, Belastungen und Bedürfnisse stehen jedoch im Weg.
Umso wichtiger sind individuelle Lösungsansätze für Frauen jeder Altersgruppe mit unterschiedlichen Herausforderungen – sei es für Frauen, die sich gerade noch orientieren und die Grundsteine für ihr Leben legen, Frauen mittleren Alters, die versuchen, Beruf und Familie sowie soziale Kontakte zu vereinbaren, oder ältere Frauen, die vielleicht selbst gesundheitlich eingeschränkt sind und dennoch Aufgaben wie Pflegearbeit bewältigen.
Ab ins eigene Leben: Wie junge Frauen ersten Verpflichtungen und dem ständigen Vergleichen trotzen können
Plötzlich eigenständig zu leben, bedeutet mehr als nur Freiheit – es bringt auch finanzielle Verbindlichkeiten, neue Herausforderung und damit verbundene Unsicherheiten mit sich. Zum Beispiel kann es schwierig sein, genug Geld für die Miete, Lebensmittel und Rechnungen aufzubringen. Dazu kommen neue Verantwortungen: den Alltag allein zu meistern, sich im Studium oder ersten Job zu beweisen und trotzdem Zeit für Freunde und Familie zu finden. Und als wäre all das nicht schon anstrengend genug, bekommt man in den sozialen Medien idealisierte Lebenswege präsentiert. Andere Frauen scheinen alles wunderbar hinzukriegen: Karriere, Studium, Styling, gesunde Ernährung, Sport – und das Ganze nahezu mühelos. Kein Wunder, dass rund 52 Prozent der befragten hessischen Frauen zwischen 18 und 34 eine Auszeit von allem bräuchten.
Resilienz und Achtsamkeitstraining steigern das Wohlbefinden
Wenn alles zu viel wird, kann das gesundheitliche Folgen haben. Sport und Bewegung kommen zu kurz, für eine ausgewogene Ernährung fehlen Zeit oder Muße. Wie Studien zeigen, kann das gerade bei Frauen psychischen Stress zusätzlich begünstigen. Sind anstrengende Lebensumstände zu belastend, kann dies außerdem einen extremen Erschöpfungszustand bis hin zu Burnout zur Folge haben. Ursache kann eine lang andauernde Über- oder Unterforderung sein, ebenso wie ständiger Zeitdruck oder die Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse. Entgegen weit verbreiteten Annahmen kann Burnout jede und jeden treffen – egal ob Ärztin mit Bereitschaftsdienst, überarbeiteter Student oder Hausfrau bzw. -mann. Mögliche Anzeichen sind Erschöpfung, Überforderung, Magen-Darm-Probleme sowie eine verringerte Leistungsfähigkeit.
Um nicht nur körperlich, sondern auch mental gesund zu bleiben, ist es wichtig, die eigenen Gefühle ernst zu nehmen. Jeder sollte sich Zeit für Selbstfürsorge einräumen und Unterstützung suchen, wenn sie gebraucht wird. Ein erster Schritt kann ein Resilienztraining sein. Es unterstützt dabei, sich von schwierigen Situationen nicht entmutigen zu lassen, sondern gestärkt aus ihnen hervorzugehen. „Resiliente Menschen haben – vereinfacht ausgedrückt – eine Art Grundvertrauen, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt und dass sie ihre Ziele erreichen können.“, sagt Dr. Angela Smith, Leiterin des medizinischen Kompetenzcenters der AOK Hessen. „Kurz gesagt: Raus aus Selbstmitleid und Opferrolle und Schritt für Schritt – ohne sich dabei zu überfordern – auf das Ziel hinarbeiten.“ Auch Kurse zur Achtsamkeit, Stressbewältigung oder Entspannung können dazu beitragen, die eigene Gesundheit wieder in den Vordergrund zu stellen.
Digital Detox für ein realistischeres Selbstbild
Ebenso wichtig ist es, mit sich im Reinen zu sein und sich selbst zu akzeptieren. Die sozialen Medien bewirken hier mit unrealistischen Standards häufig das Gegenteil: Rund ein Drittel der jungen Frauen in Hessen fühlt sich von gesellschaftlichen Vorstellungen wie Schönheitsidealen, Rollenbildern und Erfolgserwartungen unter Druck gesetzt. Eine Zeit lang in Form von Digital Detox auf diese Einflüsse zu verzichten, kann daher schon Positives bewirken. Außerdem kann es helfen, sich mit anderen dazu auszutauschen oder sich Erfahrungsberichte anzuhören. So merkt man schnell: Wir sitzen alle im selben Boot. Im Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ spricht beispielsweise die Bodybuilderin Sophia Thiel darüber, wie sie den Weg zurück zu einem gesünderen Verhältnis zu ihrem Körper und damit auch sich selbst schaffte.
Trotz Job und Familie wieder Zeit für sich finden
Wenn der Tag vollgepackt ist mit Terminen und endlosen To-do-Listen, bleibt einem für sich selbst kaum Zeit. Besonders für Mütter ist es oft eine tägliche Gratwanderung, zwischen Job und Familie alles im Gleichgewicht zu halten. Der Tag im Büro war anstrengend – und sobald sie die Arbeit hinter sich lassen, warten die nächsten Verantwortlichkeiten. Die Erwartungen – sowohl von anderen als auch an sich selbst – sind riesig. Man möchte eine liebevolle Mutter sein und zugleich im Beruf alles geben. Das bedeutet nicht selten, dass die eigenen Bedürfnisse nach hinten geschoben werden. Und auch hier leisten die sozialen Medien ihren Beitrag: Mütter sind mit makellos inszenierten Momfluencern konfrontiert, die Job und Muttersein problemlos meistern.
Aber auch ohne Kinder ist der Alltag anspruchsvoll: Den beruflichen Anforderungen gerecht zu werden, Freundschaften zu pflegen, eine funktionierende Beziehung zu führen sowie die Familie nicht zu vernachlässigen, kann ein Balanceakt sein. Online berichten währenddessen beruflich erfolgreiche Influencerinnen von ihrem harten Arbeitsalltag, während sie perfekt gestylt auf dem Weg ins Fitnessstudio sind oder sich ihr aufwendiges, gesundes Abendessen zubereiten.
Stressbewältigung durch Me-Time
Diese Herausforderungen zu meistern und dabei Zeit für sich zu finden, ist ein enormer Balanceakt. Die Folge: Ein Drittel der Frauen in Hessen zwischen 35 und 49 fühlt sich gestresst und ausgelaugt. Schlafprobleme, Erschöpfung und ungesunde Angewohnheiten wie eine unausgewogene Ernährung sind keine Seltenheit. Doch die nötigen Auszeiten, um diesen Problemen entgegenzuwirken, kommen häufig zu kurz. Genauso wie Momente, in denen frau einfach mal gar nichts tut. „Dabei sind das die kostbaren Oasen im Alltag, in denen wir Kraft tanken können. Ganz im Hier und Jetzt sein – anstatt in Gedanken bereits bei den nächsten To-dos – hilft bereits, Stress zu reduzieren. Und was nicht mehr auf die To-do-Liste passt, auch mal streichen oder delegieren, denn: In fast allen Fällen ist unsere Gesundheit wichtiger als diese letzten Arbeitspakete, die wir unbedingt noch erledigen wollen“, so Dr. Smith.
Zeit für sich selbst ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Sie ist wichtig, um Kraft zu tanken und den Kopf freizubekommen. Nur so bleibt Energie für die Arbeit und die Familie. Diese Me-Time im Alltag zu finden, ist oft leichter gesagt als getan. Da hilft es, kleine Routinen für sich einzubauen, die guttun und entspannen – und dabei helfen, Stress langfristig abzubauen.
Ein entspannter Moment könnte schon eine kurze Atempause zwischendurch sein – etwa mit einer geführten Entspannungsübung, die einfach im Büro gemacht werden kann. Auch ein festes Hobby, wie Yoga, eine Sportart oder eine kreative Tätigkeit, schafft Ausgleich und gibt Energie. Me-Time bedeutet nicht zwangsläufig, Zeit allein zu verbringen. Auch gemeinsam mit den Lieben lassen sich entspannende Rituale in den Alltag integrieren. Das kann ein gemeinsamer Spaziergang nach dem Abendessen sein oder ein Wochenende mit fester „Bildschirm-aus-Zeit“. Gerade bewusst Zeit miteinander zu verbringen, hilft oft, Stress abzubauen.
Wer unter Schlafproblemen leidet, kann mit einem Schlaftraining lernen, einen gesunden Schlaf zu fördern.
Mehr Unterstützung, mehr Quality-Time
Generell ist es wichtig, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und auch zu äußern – und sich Unterstützung zu holen, wenn es einem nicht gut geht. Das Online-Selbsthilfeprogramm moodgym bietet beispielsweise Hilfe zur Vorbeugung oder Verringerung von depressiven Symptomen. Für Angehörige von Frauen, die von einer Depression betroffen sind, kann es sinnvoll sein, den Familiencoach Depression in Anspruch zu nehmen. Dieser hilft dabei, Verständnis aufzubringen und die Beziehung zu stärken, damit der Alltag zusammen bestritten werden kann.
Wenn das Pflegen von Angehörigen zu viel wird, gibt es viele Anlaufstellen, die Unterstützung bieten. Sich Hilfe zu holen, bedeutet nicht, pflegebedürftige Familienmitglieder im Stich zu lassen – ganz im Gegenteil: Es garantiert noch einmal mehr eine gute Versorgung der Angehörigen. So kann beispielsweise die Zeit mit den Eltern wieder mehr mit Gesprächen und einem freudvollen Miteinander gefüllt werden.
Den Lebensstil anpassen – für ein erfülltes Leben
Ab einem gewissen Alter kommt meist zu den alltäglichen Aufgaben noch etwas dazu: körperliche Beschwerden. Die AOK-Umfrage zeigt, dass 57 Prozent der befragten Frauen in Hessen zwischen 50 und 69 Jahren häufig durch Schmerzen zusätzlich im Alltag belastet werden. Das ist frustrierend, weil sie das Leben ausbremsen. Gleichzeit ist der Druck hoch, alles weiter zu schaffen: für die Familie da zu sein, im Beruf zu bestehen und sich Freundschaften zu widmen. Das wird besonders herausfordernd, wenn zusätzlich Angehörige Pflege oder Unterstützung benötigen. Man möchte sich kümmern und tut es auch gern, obwohl der eigene Körper Signale sendet, dass eine Pause nötig wäre. Eigene Beschwerden werden zu oft ignoriert. Umso wichtiger ist es, nun die eigene Gesundheit zu priorisieren.
Auch bei chronischen Schmerzen oder Einschränkungen gibt es Möglichkeiten, aktiv und gesund zu bleiben. Neue Energie können spezielle Kurse für Bewegung oder gesunde Ernährung bringen. „Auch im fortgeschrittenen Alter hilft ein gesunder Lebensstil, ungünstige Entwicklungen aufzuhalten und die Risiken für viele Erkrankungen zu reduzieren. Selbst bei eingeschränkter Mobilität bleiben meistens viele Möglichkeiten, aktiv zu bleiben. Und für eine gesunde Ernährungsweise ist es sowieso nie zu spät“, sagt Dr. Angela Smith.
Entlastung durch Unterstützung
Ganz egal, in welchem Alter oder in welcher Lebenssituation – viele Frauen stehen täglich unter Druck. Doch es gibt viele Wege, das Wohlbefinden in den Mittelpunkt zu rücken und das Leben entspannter zu gestalten. Dazu gehört auch, das Umfeld für die eigene Situation zu sensibilisieren. Ob im Job, in der Partnerschaft oder in der Familie – helfende Hände bedeuten oft eine große Entlastung. Daher ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben und Unterstützung aktiv einzufordern – denn die Verantwortung liegt nicht bei den Frauen allein. Es ist wichtig, sich immer wieder klarzumachen: Niemand muss alles allein schaffen, und in der Regel wird nicht erwartet, dass man alle Aufgaben ohne Hilfe bewältigt. Jede Unterstützung erleichtert den Alltag. Sie schafft Raum für das, was wirklich zählt: Zeit für sich und die eigenen Bedürfnisse. Wenn es zum Beispiel um die Pflege von Angehörigen geht, gibt es viele Hilfsangebote, die im Alltag entlasten können. Der AOK-Pflegenavigator hilft dabei, passende Unterstützung zu finden, damit man als Angehörige nicht alles selbst übernehmen muss.
Mit Selbstfürsorge, aktiver Unterstützung und Offenheit gegenüber Veränderungen können Frauen gestärkt aus Herausforderungen hervorgehen – und langfristig ein gesundes Leben führen. Die AOK Hessen steht dabei mit verschiedenen Leistungen und Angeboten zur Seite, um die Gesundheit von Frauen zu fördern, zu stärken und zu erhalten.