Abnehmen
Die Kraft des Fastens
Veröffentlicht am:26.07.2022
5 Minuten Lesedauer
Der Alltag vieler Menschen ist prall gefüllt. Oftmals bleibt wenig Zeit dafür, gut für uns selbst zu sorgen. Eine Weile bewusst aufs Essen zu verzichten, kann dann richtig guttun. Gleichzeitig sorgt Fasten für einen gesunden Wechsel im Leben.
Warum Fasten hilfreich sein kann
Morgens noch schnell ein Schoko-Croissant vom Bäcker und los geht’s zur Arbeit. Vor dem schwierigen Telefonat mit der Kita-Leiterin in der Mittagspause nur hastig ein paar Nudeln. Kekse und Milchkaffee zwischendurch als „Nervennahrung“. Wer kennt es nicht? Der Berufs- und Familienalltag vieler Menschen ist prall gefüllt. Oftmals bleibt wenig Zeit dafür, gut für uns selbst zu sorgen.
Fasten kann dabei helfen, einen Neustart hinzulegen, Körper und Geist zu reinigen und nebenbei auch noch Krankheiten zu bekämpfen oder vorzubeugen. „Wissenschaftliche Studien belegen den vorteilhaften Effekt des Fastens“, bestätigt Professor Dr. Andreas Michalsen, Chefarzt der Naturheilkunde-Abteilung im Immanuel Krankenhaus Berlin. Insbesondere bei Erkrankungen, die durch Fehlernährung mitbedingt sind, wie Bluthochdruck, Übergewicht oder Zucker- und Fettstoffwechselstörungen. Doch auch bei rheumatischen und entzündlichen Erkrankungen, bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten und in der Prävention wird das Fasten erfolgreich eingesetzt, denn: „Ein leerer Glykogenspeicher, also der Speicher an Kohlenhydraten im Körper, kann das ‚Recycling‘ der Zellen unterstützen.“ Reduzierte Nahrungsaufnahme sorgt folglich dafür, dass sich Stoffwechselsysteme besser regenerieren und der Körper seine eigenen Selbstheilungskräfte aktiviert. Nicht zuletzt beruhige der Verzicht auch den Magen-Darm-Trakt, der von der ständigen Verdauungsarbeit entlastet werde.
Ernährung auf dem Prüfstand
Es ist jedoch nicht das einzige Rezept gegen Bluthochdruck, Übergewicht sowie Zucker- und Fettwechselstörungen. Oft nützt es auch, die Ernährung umzustellen oder zumindest ein besonderes Augenmerk darauf zu legen. Dabei hilft die Ernährungsberatung der AOK.
Den Prozess des Fastens können Bewegungs- und Entspannungsübungen unterstützen.
Fasten – Nicht für alle geeignet
„Insbesondere chronisch Kranke und Behandlungsbedürftige sollten das Fasten zumindest beim ersten Mal nur mit ärztlicher Überwachung durchführen“, betont Professor Michalsen. Generell gilt: Menschen mit einem Untergewichtsproblem oder psychischen Erkrankungen wie einer Essstörung dürfen nicht fasten. Für Schwangere und Stillende ist Fasten ebenfalls tabu, denn gerade bei ihnen ist eine ausreichende Nährstoffversorgung zwingend notwendig. Das Gleiche gilt für Kinder und Jugendliche.
Auch für gesunde Erwachsene ist es sinnvoll, sich vorab bei dem Hausarzt oder der Hausärztin zu informieren. Denn gerade zu Beginn kann es zu Nebenwirkungen wie beispielsweise Kreislaufbeschwerden, Muskelkrämpfen oder Sehstörungen kommen. Ist diese Phase jedoch überwunden, berichten viele Menschen von nachlassender Unruhe, geistiger Klarheit, Glücksgefühlen, sogar einer euphorischen Stimmung. Denn nach einer gewissen Zeit schüttet der Körper vermehrt Endorphine und Serotonin aus. So beflügelt das Fasten nicht nur unseren Körper, sondern schenkt auch seelisches Wohlbefinden und unvorhergesehene Kräfte.
Fasten: Beliebte Methoden im Vergleich
Ob frisches Obst und Gemüse, nahrhafte Molke Variationen, proteinreiche Shakes oder simples Wasserfasten: Es werden viele verschiedene Fastentechniken angepriesen. Doch welche Art des Fastens ist bei der großen Auswahl sinnvoll? „Medizinisch nutzen wir meist das sogenannte Heilfasten“, sagt Professor Michalsen. „Dabei kommt es vor allem darauf an, die Kalorien weitgehend zu reduzieren, es ist aber keine Null-Diät.“
Heilfasten: Nur Flüssiges
Ursprünglich basiert das Heilfasten auf der Buchinger-Methode – nach dem Arzt Otto Buchinger (1878–1966), der sein Lebenswerk der Fastenmedizin widmete. Bei diesem Programm wird die Kalorienzufuhr auf ungefähr 200 bis 300 Kilokalorien zurückgefahren. Auf dem Speiseplan steht ausschließlich Flüssignahrung – Wasser, Säfte und Kräutertee. Das Besondere an dieser Form des Fastens: Nicht nur die eingeschränkte Nahrungsaufnahme spielt eine wichtige Rolle, das Programm schließt auch Bewegungs- und Entspannungsübungen mit ein, welche die wohltuende Wirkung des Fastens auf psychologischer Ebene verstärken sollen.
Schleimfasten: gut für den Magen
Alternativ zur Buchinger-Methode empfiehlt Professor Michalsen für magenempfindliche Menschen das Schleimfasten, denn „Säfte können durch die Fruchtsäure bei einem empfindlichen Magen Beschwerden auslösen“. Aus etwa 80 Gramm Haferflocken und einem Liter Wasser lässt sich in diesem Fall stattdessen ein magenschonender Porridge zubereiten, den die Fastenden über den Tag hinweg verspeisen.
Das Semmelfasten mit 400 Kilokalorien
Als Klassiker des Heilfastens gilt die Mayr-Methode. Sie geht auf den Arzt Franz Xaver Mayr (1875–1965) zurück. Dabei nehmen die Fastenden über den Tag verteilt circa 400 Kilokalorien in Form von klein geschnittenen Semmeln oder Brotstücken mit etwas Milch – pflanzlich oder tierisch, je nach Belieben – zu sich. Zentral bei dieser Form des Fastens ist das intensive Kauen der Nahrung (30- bis 40-mal pro Bissen), was die Verdauung fördert und sättigend wirkt.
Intermittierendes Fasten – für jeden Tag
Immer populärer ist in den vergangenen Jahren das sogenannte Intervallfasten geworden. Zu den gängigsten Formen zählt zum Beispiel die 16:8-Methode (oder 14:10). Dabei ist die Nahrungsaufnahme für acht Stunden wie gewohnt erlaubt, während man 16 Stunden lang fastet. Man verzichtet beispielsweise auf das Frühstück oder isst früh zu Abend. Laut Professor Michalsen wirkt diese Methodik nicht so stark wie das Heilfasten, denn die Gesamtkalorien werden dabei nicht so deutlich reduziert. Dennoch eignet sich das Intervallfasten seiner Erfahrung nach zur Gewichtsabnahme, wenn man es dauerhaft durchführt.
Der große Vorteil: Die Methode lässt sich meist leicht und unkompliziert in den Berufs- und Familienalltag integrieren. „Wer Resultate sehen möchte, sollte diese Art der Ernährung langfristig mindestens fünf Tage durchziehen, ein bis zwei Tage in der Woche darf man auch schummeln“, sagt der Mediziner.
Passende Artikel zum Thema
Gesund Fasten – Tipps und Anleitung
Während sich Intervallfasten für die meisten leicht in den Berufs- und Familienalltag einplanen lässt, ist es beim Heilfasten laut Professor Michalsen von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Einige seiner Patienten nehmen sich beispielsweise sogar dafür Urlaub. Allen anderen empfiehlt er: „Fangen Sie am Freitag an zu fasten, dann hat man den zweiten und dritten Tag frei und ist über die schwierige Zeit hinweg.“
Erfolgreich fasten:
- Für eine Heilfastenkur plant man am besten fünf bis zehn Tage ein.
- Dazu kommen ein Vorbereitungstag und im Anschluss drei Tage, um das Essverhalten langsam wieder zu normalisieren.
- Am Vorbereitungstag wird die Kalorienzufuhr auf etwa 1.000 Kilokalorien begrenzt – diese Kalorien sollten pflanzlich/vegetarisch sein.
- Kaffee, Alkohol und Nikotin sind über die gesamte Zeit hinweg tabu.
Appetit austricksen:
Insbesondere beim Heilfasten haben viele Menschen dennoch innerhalb der ersten beiden Tage ein Verlangen nach bestimmten Nahrungsmitteln. Das liegt vor allem daran, dass zunächst der Hormonhaushalt durcheinandergerät. Laut Professor Michalsen hilft dagegen am besten:
- Warmer Tee und/oder Gemüsebrühe (schluckweise) – erzeugt ein wohliges Gefühl im Bauch.
- Bittertropfen oder Bitterspray – bremst durch den bitteren Geschmack die Naschlust.
- Bewegung, zum Beispiel eine Stunde spazieren gehen – lenkt ab und unterstützt eine stabile Psyche.
Darmreinigung:
Um die Darmbewegung zu reduzieren und damit den Hunger besser kontrollieren zu können, sollte am ersten Tag des Heilfastens eine Darmreinigung stattfinden. Dazu 1 Liter Wasser mit 30 bis 40 Gramm Glaubersalz (bei Bedarf mit Zitronensaft verfeinert) innerhalb von 20 Minuten trinken. Nach 30 Minuten sollte man eine weitere Flüssigkeitsmenge von 0,5 bis 1 Liter (Wasser oder Tee) aufnehmen.