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Gesundheitsmagazin

Ernährungsformen

„Ketogen leben“: Was bringt der komplette Verzicht auf Kohlenhydrate?

Veröffentlicht am:27.06.2023

11 Minuten Lesedauer

Die ketogene Ernährungsform verspricht schnellen Abnehmerfolg. Die sogenannte Keto-Diät, die auch bei verschiedenen Erkrankungen helfen soll, zeichnet sich durch fast vollständigen Verzicht auf Kohlenhydrate aus. Die Ernährungsumstellung sollte zuvor ärztlich abgeklärt werden.

Viele fettreiche Lebensmittel wie Nüsse, Lachs und Avocado auf einer Arbeitsplatte.

© iStock / Roxiller

Was zeichnet Keto-Diäten aus?

Ketogene Diäten enthalten wenig Kohlenhydrate, aber viele Fette. Dazu zählen im weitesten Sinne Low-Carb-Diäten wie die Atkins-Diät, wobei die verschiedenen ketogenen Ernährungstherapien (KET) den Verzehr von Kohlenhydraten zum Teil noch stärker einschränken. Je nach Programm entfallen auf Kohlenhydrate nur rund vier Prozent des täglichen Gesamtenergiebedarfs. Fette liefern bis zu 90 Prozent der täglichen Kalorienmenge, sechs bis acht Prozent kommen aus Eiweißen. Zum Vergleich: Wer sich klassisch ernährt, nimmt – bezogen auf die Gesamtenergie – 55 Prozent an Kohlenhydraten, 30 Prozent an Fett und 15 Prozent an Eiweißen auf. Bei einer klassischen ketogenen Diät beträgt das Verhältnis der energieliefernden Nährstoffe 4:1. Das bedeutet, es entfallen vier Gewichtseinheiten Fett auf eine Gewichtseinheit Kohlenhydrate und Proteine. Auch ein Verhältnis von 3:1 ist in einer dementsprechenden Verteilung möglich.

Prinzip Ketose: Was passiert dabei?

Ernährt man sich nach einer ketogenen Diät, verbraucht der Körper zuerst freie Glucose im Blut, anschließend Glykogen (ein energiereiches Kohlehydrat) in der Leber und in den Muskeln und danach erst die Fettdepots. Diese Stoffwechsellage – die dem beim Fasten erwünschten Zustand ähnelt – wird auch Ketose genannt, was den ketogenen Diäten ihren Namen gegeben hat. Die Ketose tritt nach mehreren Tagen ein. Dabei werden Fettsäuren in der Leber zu sogenannten Ketonkörpern abgebaut.

Keto-Diät: bitte nur nach ärztlicher Absprache

Die ketogenen Ernährungstherapien (KET) sind verschreibungspflichtig, denn sie erfordern ein umfangreiches Behandlungsprogramm, das von einem Arzt oder einer Ärztin sowie einer qualifizierten Ernährungsfachkraft begleitet werden muss. Nur so wird sichergestellt, dass eine für den Patienten oder die Patientin geeignete Berechnung des Energie-, Protein- und Nährstoffanteils erfolgt und tatsächlich eingehalten wird. Auskunft darüber kann ein Ernährungsprotokoll geben, das die Ernährungsfachkraft regelmäßig mit dem Patienten oder der Patientin auswertet. Die ärztliche Überwachung der KET ist unter anderem deshalb sinnvoll, weil bei allen Keto-Diäten kohlenhydratfreie Supplemente, also besondere Nahrungsergänzungsmittel für die Zufuhr von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, erforderlich sind – eine Überdosierung, wie sie ohne ärztliche Beratung passieren könnte, soll so vermieden werden.

Adipöser Mann bespricht seine ketogene Diät mit seiner Ärztin.

© iStock / AnnaStills

Die Ernährungsumstellung auf eine ketogene Diät sollte immer ärztlich begleitet und keinesfalls allein durchgeführt werden.

Ketogene Lebensmittel: Was ist erlaubt, was nicht?

Bei Keto-Diäten stehen Lebensmittel auf dem Speiseplan, die viel Fett und viel Eiweiß, aber wenig Kohlenhydrate enthalten. Wer sich für eine Keto-Diät entscheidet, sollte auf einen hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren bei der Ernährung achten. Die Fettzufuhr muss bei allen Mahlzeiten sichergestellt sein – und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist sehr wichtig, auch um Nierensteinen vorzubeugen. Je nach Umsetzungsform eignen sich einige Lebensmittel mehr, andere weniger, daher folgen hier grobe Empfehlungen zur Lebensmittelauswahl:

Zu den wichtigsten Fettquellen gehören:

  • fettreiche Fleisch- und Fischsorten
  • Öle, zum Beispiel Olivenöl, Avocadoöl, Rapsöl, Kokosöl, Leinöl, aber auch besonders fetthaltige Lebensmittel wie Butter und Sahne
  • Kerne und Nüsse (Paranüsse, Macadamianüsse und Haselnüsse)
  • Käse und hochwertige Wurstwaren

Benötigtes Eiweiß bekommt man vor allem aus tierischen Quellen, wie aus:

  • Fleisch
  • Fisch
  • Eiern

Natürlich gibt es auch Gemüse und Obst in dieser Ernährungsform, allerdings sind diese auf kohlenhydrat- und stärkearme Sorten beschränkt. Obst spielt wegen der enthaltenen Fruktose aber eher eine untergeordnete Rolle. Ebenfalls auf dem Speiseplan stehen grünes Blattgemüse (Spinat, Brokkoli) und Salate.

Grundsätzlich hängt es jedoch von der individuellen Umsetzungsform, den ärztlichen Empfehlungen und der regelmäßigen Auswertung des Ernährungsprotokolls ab, welche Lebensmittel zum Erfolg der ketogenen Ernährungstherapie beitragen und welche Nahrung der Patient oder die Patientin lieber vermeiden sollte.

Doc Felix klärt auf: Sind Keto-Diäten eigentlich gesund?

Helfen ketogene Diäten beim Abnehmen?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät von kurzfristigen Diäten aller Art ab, weil diese nicht zu nachhaltigen Erfolgen führen. Um eine langfristige Gewichtsabnahme zu gewährleisten, sollten Abnehmwillige lieber auf eine gesunde Kombination aus Ernährungsumstellung, oft auch Verhaltensänderung und vor allem mehr Bewegung setzen.

Grundsätzlich gilt: Neben einer vollwertigen Ernährung helfen schon 30 bis 60 Minuten Bewegung pro Tag, um das Gewicht langfristig in den Griff zu bekommen. Bei der Auswahl der optimalen Lebensmittel ist die Kenntnis der jeweiligen Energiedichte wichtig. Denn: Lebensmittel mit hoher Energiedichte enthalten pro Portion mehr Kalorien (Energie) als solche mit niedriger Dichte. Demzufolge sollten Lebensmittel mit niedriger und mittlerer Energiedichte (bis 225 Kalorien pro 100 Gramm) Basis unserer täglichen Ernährung sein. Chips und Pommes haben beispielsweise eine hohe Energiedichte. Obst, Gemüse und fettarmes Fleisch wie Putenbrust haben eine eher niedrige Energiedichte.

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Welche Risiken gibt es bei der Keto-Diät?

Wer sich längere Zeit ketogen ernährt, verliert nicht nur Körperfett, sondern riskiert auch, Muskeln abzubauen, denn der Körper nutzt auch Proteine aus den Muskeln als Energiequelle. Doch das ist nicht der einzige Nachteil. Bei Sportlern und Sportlerinnen kann es zu allgemeiner Leistungsschwäche, Müdigkeit und schlechter Regeneration kommen. Wichtige Lebensmittelgruppen wie Obst, manche Gemüsesorten, aber auch Hülsenfrüchte, Getreideprodukte oder Kartoffeln, fallen weg. Dies kann zu Defiziten bei der Versorgung mit Vitaminen oder Mineralstoffen bis hin zum Nährstoffmangel führen.

Ketogene Diäten sollten keinesfalls langfristig angewandt werden, da eine einseitige, unausgewogene Ernährung auf Dauer das Krankheitsrisiko erhöht. Studien haben gezeigt, dass sowohl ein extrem niedriger als auch ein sehr hoher Anteil an Kohlenhydraten in der Nahrung das Sterblichkeitsrisiko erhöht. Bei unsachgemäßenr Durchführung der ketogenen Ernährungstherapie kann es zudem zu Essstörungen kommen.

Bei welchen Krankheiten setzen Ärzte auf eine ketogene Ernährung?

Ketogene Diäten wurden vor über 100 Jahren zur Behandlung von Epilepsie entwickelt. Mittlerweile gibt es wirksame Medikamente. Dennoch stellen solche Diäten eine Möglichkeit dar, falls Patienten und Patientinnen – vor allem Kinder – nicht auf Pharmakotherapien ansprechen. Auch Betroffene seltener Stoffwechselerkrankungen wie einem GLUT1-Defekt oder einem Pyruvat-Dehydrogenase-Mangel profitieren nach ärztlichem Rat von ketogenen Diäten. Tierversuche liefern außerdem Hinweise, dass Entzündungsreaktionen im Gehirn gebremst werden. Ob sich die Daten auf Menschen übertragen lassen, ist ungewiss. Andere Forschergruppen untersuchen derzeit, ob Low-Carb-Diäten vom Atkins-Typ die Kognition verbessern und vielleicht sogar vorbeugend gegen die Alzheimer-Krankheit wirken. Auch hier ist es noch zu früh, um zu beurteilen, ob die Ernährungsprogramme tatsächlich Effekte zeigen.

Ketogene Diät als Prävention gegen Krebs?

Von einigen Krebszellen weiß man, dass sie für ihr Wachstum und ihre Teilung mehr Kohlenhydrate benötigen als normale Zellen. Immer wieder wird Tumorpatienten und -patientinnen daher empfohlen, Zucker zu meiden und sich ketogen zu ernähren. Eine kohlenhydratarme und gleichzeitig sehr fettreiche Ernährungsweise kann laut Forschung helfen, Krebszellen am Wachstum zu hindern. Durch die geringe Zufuhr von Kohlenhydraten schüttet der Körper zudem weniger Insulin aus, das ebenfalls das Wachstum von Krebszellen begünstigen kann.

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