Gesunde Ernährung
Wie hochverarbeitete Lebensmittel unsere Gesundheit gefährden
Veröffentlicht am:29.11.2024
7 Minuten Lesedauer
Fertiggerichte wie Tiefkühlpizza oder Doseneintöpfe gehören zum Alltag in vielen deutschen Haushalten. Doch bei solchen hochverarbeiten Lebensmitteln ist Vorsicht geboten: Was bequem, günstig und (leider) oft lecker ist, ist selten gesund.
Was sind hochverarbeitete Lebensmittel
Zahlreiche Produkte im Supermarktregal sind industriell hergestellt und haben viele Verarbeitungsschritte durchlaufen. Das heißt, sie sind hochverarbeitet. Wann genau ein Lebensmittelprodukt nicht nur mehr „verarbeitet“, sondern „hochverarbeitet“ ist, definiert unter anderem die NOVA Food-Klassifikation, die vier Kategorien benennt:
1. Unverarbeitete (frische) bis gering verarbeitete Lebensmittel
Darunter fallen Obst und Gemüse, Fleisch und Fisch (frisch oder gefroren), Nüsse, Pilze, Trockenfrüchte, Eier oder Milch. Verarbeitung auf dieser Stufe bedeutet das Entfernen ungenießbarer oder unerwünschter Teile wie Pflanzenstängel oder Knochen, das Zerkleinern oder das Haltbarmachen durch Trocknen oder Gefrieren.
2. Leicht verarbeitete Zutaten
Das sind unter anderem Öle, Butter, Zucker, Stärke oder Salz. Die meisten dieser Zutaten werden aus Lebensmitteln der ersten Stufe gewonnen, zum Beispiel durch Mahlen, Pressen oder Raffinieren. Sie werden in der Regel nicht einzeln verzehrt, sondern den Lebensmitteln der ersten Stufe zur Geschmacks- und Konsistenzverbesserung in kleinen Mengen zugesetzt.
3. Verarbeitete Lebensmittel
Sie werden gekocht, gebacken, fermentiert oder konserviert angeboten, enthalten aber nur wenige Zutaten; dazu gehören zum Beispiel Brot, Nudeln, Dosentomaten oder Käse.
4. Hochverarbeitete Lebensmittel
Diese haben mehrere Verarbeitungsschritte durchlaufen und enthalten meist viele Zutaten und Zusatzstoffe. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Wurstwaren, viele Backwaren, Tütensuppen, Softdrinks, Chips, viele Süßigkeiten und die meisten Fertiggerichte wie Tiefkühlpizza.
Lebensmittel der Kategorie 1 sollten die Basis der täglichen Ernährung bilden und hochverarbeitete Lebensmittel reduziert werden. Als Faustregel gilt: Je weniger verarbeitet, je frischer und je natürlicher ein Lebensmittel ist, desto besser ist es für den Körper.
Übrigens haben hoch verarbeitete Lebensmittel meist auch eine schlechte Ökobilanz. Sie benötigen zum Beispiel viel Energie bei der Herstellung und haben meist viel Verpackung.
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Warum sind hochverarbeitete Lebensmittel ungesund?
Hochverarbeitete Lebensmittel enthalten in der Regel viele Kalorien, viel Salz und/oder Zucker und zahlreiche Zusatzstoffe. Demgegenüber gehen wichtige Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe bei der industriellen Fertigung verloren. Die Folge: Hochverarbeitete Lebensmittel haben oft viele Kalorien, also eine hohe Energiedichte mit einem geringen Nährwert.
Das ist aber nur ein Aspekt. Wissenschaftliche Studien bringen einen hohen Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel mit zahlreichen chronischen Erkrankungen in Verbindung. Eine im Frühjahr 2024 publizierte Studie hat Zusammenhänge zwischen dem Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel und insgesamt 32 gesundheitsschädlichen Folgen untersucht und dabei die Daten von mehr als 10 Millionen Menschen weltweit ausgewertet. Das Ergebnis: Ein hoher Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln ist mit einem erhöhten Krankheitsrisiko verbunden – das gilt besonders für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselkrankheiten, aber auch das Risiko für psychische Probleme steigt. Daraus ergibt sich, dass die Lebenserwartung durch den starken Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel beeinträchtigt werden kann.
Bedenkliche Inhaltsstoffe und Zusatzstoffen
Die gesundheitlichen Risiken hochverarbeiteter Lebensmittel liegen zum einen darin, dass sich bei der Verarbeitung unterschiedliche gesundheitsschädliche Stoffe bilden können, zum Beispiel Transfettsäuren. Solche Fettsäuren kommen natürlicherweise nicht in tierischen Fetten vor und Lebensmittel dürfen in der EU höchstens zwei Gramm Transfettsäuren pro 100 Gramm Fett enthalten. Außerdem stehen Zusatzstoffe wie Emulgatoren und künstliche Süßstoffe im Verdacht, Entzündungen im Körper zu fördern. Natürlich ist es nicht so, dass alle, die viele Fertiggerichte verzehren, wegen deren Inhalts- und Zusatzstoffen früher oder später erkranken. Wohl aber legen die Studien nahe, dass die Wahrscheinlichkeit für Adipositas, Bluthochdruck oder Typ-2-Diabetes steigt.
Wie hochverarbeitete Lebensmittel Übergewicht begünstigen
Grundsätzlich tragen alle Nahrungsmittel zur Energiezufuhr bei, ob verarbeitet oder nicht. Entscheidend ist nicht das einzelne Lebensmittel, sondern die gesamte Ernährungsweise. Wenn alles in allem mehr Kalorien aufgenommen als verbraucht werden, entsteht Übergewicht. Hochverarbeitete Nahrungsmittel und Übergewicht hängen aber insofern zusammen, als dass Fertiggerichte oft nicht nur viele Kalorien, sondern auch Geschmacksverstärker und Aromen enthalten. Solche Zusatzstoffe machen hochverarbeitete Lebensmittel besonders schmackhaft und verleiten zu einer übermäßigen Kalorienaufnahme. Diese wird zusätzlich dadurch gefördert, dass Fertiggerichte so praktisch und bequem sind: Nichts muss lange zubereitet oder geschält werden – alles ist sofort oder schnell verzehrfertig.
Hochverarbeitete Lebensmittel: nur ein Risikofaktor unter vielen
Hochverarbeitete Lebensmittel sind bei der komplexen Entstehung von chronischen Krankheiten nur ein möglicher Einflussfaktor. Auch Bewegungsmangel, Rauchen, Alkoholkonsum oder individuelle Veranlagungen können eine Rolle spielen. Einige Fachleute sind außerdem der Ansicht, dass die wissenschaftliche Datenlage noch nicht ausreicht, um generell vor dem Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel zu warnen. In jedem Fall ist weitere Forschung notwendig, um die Vorgänge besser zu verstehen. Andererseits sind die Zusammenhänge zwischen hochverarbeiteten Lebensmitteln und chronischen Erkrankungen schon jetzt eng genug, um es sinnvoll erscheinen zu lassen, ihren Verzehr einzuschränken.
Hochverarbeitete Lebensmittel und das Problem mit dem Palmöl
Viele industrielle Lebensmittelproduzenten setzen bei ihrer Palette an hochverarbeiteten Lebensmitteln, vom Keks bis zum verzehrfertigen Eintopf auf leicht zu verarbeitendes und billiges Fett. Oder in anderen Worten: auf Palmöl.
Palmöl ist fast immer mit negativen ökologischen Auswirkungen verbunden: Für die riesigen Palmölplantagen wird in den Erzeugerländern wertvoller Regenwald zerstört. Und auch für die Gesundheit ist Palmöl nicht ideal. Hier geht die sonst übliche Gleichung nicht auf, wonach tierisches Fett tendenziell „schlechtes“ und pflanzliches tendenziell „gutes“ Fett ist. Palmöl (wie auch Kokosöl) enthält viel mehr gesättigte Fettsäuren als zum Beispiel Raps- oder Olivenöl. Außerdem entstehen bei der Raffination von Palmöl Schadstoffe, von denen einige im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Hier geht es vor allem um den 3-MCPD-Fettsäureester. Palmöl sollte daher nur in geringen Mengen verzehrt werden – hochverarbeitete Lebensmittel können aber sehr viel davon enthalten.
Nicht alle hochverarbeiteten Lebensmittel sind gleich „schlecht“
Ein Kritikpunkt am NOVA-System und seiner Definition von hochverarbeiteten Nahrungsmitteln ist, dass zu viele unterschiedliche Lebensmittel dabei über einen Kamm geschert werden ohne besondere Unterscheidung nach den Inhaltsstoffen. Manche Lebensmittel, die als „hochverarbeitet“ gelten, haben außerdem nur wenige Zutaten, andere eine lange Liste an künstlichen Zusatzstoffen. Als besonders bedenklich gelten hochverarbeitete tierische Produkte wie zum Beispiel Hähnchen-Nuggets oder Würstchen sowie mit Süßstoff oder mit Zucker gesüßte Softdrinks.
Anders sieht es bei Produkten aus Getreide oder Hülsenfrüchten aus, einschließlich solcher Getränke wie Hafer- oder Sojadrinks. Getreide und Hülsenfrüchte sind in der Regel nicht roh verzehrbar und müssen verarbeitet werden. Es ist nicht immer nachvollziehbar, warum eine Weiterverarbeitung, die auf künstliche Zusatzstoffe verzichtet, sie zu einem schlechteren Lebensmittel machen sollte. Allerdings wird Hafer- und anderen Drinks oft Zucker zugesetzt. Beim Kauf sollten Sie darauf achten, ob und wie viel Zucker ein Produkt enthält und lieber Drinks ohne Zuckerzusatz kaufen.
Letzten Endes kommt es auf die Verbraucher und Verbraucherinnen selbst an: Ein Blick auf die Verpackung verrät die Zutaten und Zusatzstoffe. Oft gilt: Je weniger, desto besser. Und dass die Tiefkühlpizza mit Formschinken ungesünder sein könnte als zum Beispiel hochverarbeiteter Hummus, kann man sich denken. Ein bisschen Eigeninitiative beim Einkaufen ist also gefragt und generell kann man sagen: Eine ausgewogene Ernährung senkt das Risiko für ernährungsmitbedingte Krankheiten – und wer sich sonst gesund mit viel frischem Gemüse und Obst ernährt, der darf auch mal in die Chipstüte greifen.
Hochverarbeitete Lebensmittel und pflanzliche Ersatzprodukte
Es gibt viele gute Gründe, weniger Fleisch und mehr pflanzliche Produkte zu essen: Das ist gut für die eigene Gesundheit, die Umwelt und das Klima. Allerdings kommen in vielen Haushalten, die ihren Fleischkonsum reduzieren oder ganz auf Fleisch und tierische Erzeugnisse verzichten wollen, nicht nur mehr Nüsse, Hülsenfrüchte oder Ratatouille auf den Tisch, sondern alle möglichen Fleischersatzprodukte wie vegetarische oder vegane Schnitzel, Frikadellen, Döner, Aufschnitt oder „Fleischfrei“-Salate. Ergänzt wird dieses Angebot unter anderem durch pflanzliche Milchersatzdrinks und veganen Käse.
Diese Ersatzprodukte werden auf der Basis von Soja, Weizen- oder Erbsenprotein oder aus anderen pflanzlichen Ausgangsstoffen hergestellt und sind in der Regel hochverarbeitete Lebensmittel. Demgegenüber ist zum Beispiel ein „normales“ Schnitzel ein nicht weiterverarbeitetes Lebensmittel – wenn auch meist kein Naturprodukt: In der konventionellen Fleischerzeugung kann von „Natur“ nur bedingt die Rede sein. Eine gute vegane Alternative zu verarbeiteten Fleischersatzprodukten ist zum Beispiel ein Kürbis- oder Sellerieschnitzel mit Karotten-Kartoffel-Püree und grünen Bohnen. Vielleicht noch eine Zitronensauce dazu und alles ist nicht nur lecker, sondern auch ganz natürlich.
Da immer mehr Menschen in Deutschland auf vegane oder vegetarische Ersatzprodukte zurückgreifen, stellt sich die Frage, ob dies einen Einfluss auf ernährungsmitbedingte Krankheiten hat. Mit dieser Frage – und allgemein mit den Vor- und Nachteilen einer pflanzlichen Ernährung – beschäftigt sich die COPLANT-Studie unter der Leitung des Max Rubner-Instituts am Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel. Derzeit wird noch nach Freiwilligen gesucht, die an der Studie teilnehmen möchten.
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