Gesunde Ernährung
Männerernährung: Diese Lebensmittel sind gesund
Veröffentlicht am:24.03.2022
6 Minuten Lesedauer
Dr. oec. troph. Jon Chim Bai-Habelski, Ernährungsexpertin am Urologischen Zentrum Bonn, erklärt im Interview, warum sich Männer anders ernähren als Frauen, ob es Lebensmittel gibt, die speziell für Männer gesund sind, und klärt Mythen rund um die Männerernährung auf.
Frau Dr. Bai-Habelski, ernähren sich Frauen und Männer unterschiedlich?
Ja, das tun sie. Die Nationale Verzehrstudie II des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hat das Ernährungsverhalten von knapp 20.000 Bürgerinnen und Bürgern zwischen 14 und 80 Jahren untersucht.
Die Ergebnisse waren unter anderem: Männer essen im Vergleich zu Frauen die doppelte Menge an Fleisch, Wurstwaren und Fleischerzeugnissen. Vegetarierinnen sind in der Überzahl. Männer trinken außerdem doppelt so viel Limonade wie Frauen und fast viermal so viel alkoholische Getränke.
Das hat natürlich Auswirkungen auf das Gewicht und die Gesundheit.
Genau, Männer sind häufiger übergewichtig. 66 Prozent der Männer und 51 Prozent der Frauen waren zum Zeitpunkt der Studie übergewichtig. Wird eine hohe Menge an rotem Fleisch zu sich genommen, kann das zu Erkrankungen wie zum Beispiel Dickdarmkrebs führen. Ein hoher Alkoholkonsum begünstigt die Entstehung einer Fettleber. Übergewicht ist außerdem mit dem Risiko von zahlreichen Erkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verknüpft.
Warum ernähren sich Männer ungesünder?
Männer sind stärker am Genuss orientiert. Fett ist nun mal ein Geschmacksträger und Männer essen eher das, was ihnen schmeckt, als Frauen. Frauen achten mehr auf den Kaloriengehalt und den Gesundheitswert von Nahrungsmitteln. Das ist von gesellschaftlichen Zuschreibungen abhängig: Stärke und Muskelmasse sind für den idealen Männerkörper entscheidend, bei Frauen sind es Schlankheit und Schönheit. Auch von der Werbung wird das so dargestellt.
Frauen bewerten eine gesunde Ernährungsweise positiver als Männer. Sie haben auch eine höhere Bereitschaft, etwas an ihrer Ernährung zu verändern. Weil ihr Gesundheitsbewusstsein höher ist, informieren sie sich außerdem mehr über Ernährung und haben einen Wissensvorsprung. Das merke ich auch im Beratungsalltag: Frauen sind nicht nur gut informiert, sie haben auch öfter die Rolle, sich in der Familie ums Einkaufen und Kochen zu kümmern.
Eine Studie zeigt außerdem: Männer essen schneller als Frauen.
Ja, die Ernährungswissenschaftlerin Kathleen Melanson (Universität Rhode Island) konnte in einer Laborstudie zeigen: Männer nehmen bei einer Mahlzeit pro Minute im Durchschnitt 80 Kalorien auf, Frauen nur 52. Wer eine höhere Essgeschwindigkeit hat, entwickelt eher Übergewicht. Eine weitere Untersuchung kam zu dem Ergebnis: Personen mit einem höheren Body-Mass-Index (BMI) essen schneller als Personen mit einem niedrigeren BMI. Es gibt also höchstwahrscheinlich einen Zusammenhang zwischen Essgeschwindigkeit und Übergewicht. Männer können also versuchen, bewusst langsamer zu essen, und so ihre Kalorienaufnahme reduzieren.
An welchen Ernährungsgrundregeln können sich Männer orientieren?
Prinzipiell können sich Männer und Frauen an den zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) orientieren:
- Möglichst vielfältig essen.
- Drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst am Tag.
- Vollkornprodukte bevorzugen.
- Milchprodukte täglich essen, idealerweise fermentierte Produkte wie Joghurt oder Buttermilch; ein- bis zweimal die Woche Fisch; nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurstwaren pro Woche.
- Hochwertige, pflanzliche Fette wie Olivenöl und Rapsöl bevorzugen.
- Salz und Zucker einsparen.
- Täglich 1,5 Liter Wasser oder kalorienfreie Getränke wie ungesüßten Tee trinken.
- Schonend zubereiten: Lebensmittel so lange wie nötig und so kurz wie möglich garen.
- Achtsam essen: Sich Zeit fürs Essen nehmen und langsam essen.
- Bewegung in den Alltag integrieren.
Außerdem sollten sich Männer nach ihrem individuellen Kalorienbedarf richten. Der Grundumsatz, den wir für lebenswichtige Funktionen benötigen, ist von Größe und Gewicht des Körpers abhängig. Außerdem unterscheidet sich der sogenannte Leistungsumsatz individuell nach der beruflichen Tätigkeit.
Nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt es Richtwerte: Ein männlicher Büroangestellter hat demnach einen Grundumsatz von 2400 Kilokalorien. Wer in der Industrie arbeitet und körperlich sehr aktiv ist, hat dementsprechend einen höheren Energiebedarf.
Zum Vergleich: Eine weibliche Büroangestellte hat einen Grundumsatz von 1900 Kilokalorien. Frauen haben einen höheren Fettanteil, eine geringere Muskelmasse, ein geringeres Gewicht und dementsprechend einen niedrigeren Grundumsatz als Männer.
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Gibt es bestimmte Lebensmittel oder eine Ernährungsweise, die speziell für Männer gesund ist?
Für Gemüse- und Gewürzpflanzen, die zu den Kreuzblütengewächsen zählen, wurde ein geringer vorbeugender Effekt gegen Prostatakrebs nachgewiesen. Zu diesen zählen etwa Kohlsorten, Radieschen, Steckrüben, Rettich, Kresse, Senf und Raps. Die Kreuzblütengewächse enthalten Senföle, die die Teilung von Tumorzellen hemmen.
Studien haben außerdem gezeigt, dass Männer in Asien seltener an Prostatakrebs erkranken. Deswegen wird vermutet, dass die asiatische Ernährung prostataschonend ist.
Im asiatischen Essen sind viele Sojaprodukte wie beispielsweise Tofu, Sojabohnenkeimlinge und Sojaöl enthalten. Diese Lebensmittel enthalten Phytoöstrogene, pflanzliche Stoffe, die dem Hormon Östrogen ähneln und vermutlich eine schützende Wirkung vor Prostatakrebs entfalten. Außerdem essen Asiaten weniger Fleisch und Fett und konsumieren viel Fisch – eine Ernährungsweise, die wohl vorbeugend wirkt.
Auch die mediterrane Ernährung wird empfohlen, um Krebs vorzubeugen. Mediterran bedeutet: eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukten, außerdem das Kochen mit pflanzlichen Ölen, die ungesättigte Fettsäuren enthalten (zum Beispiel Oliven- und Rapsöl). Auch Hülsenfrüchte (Erbsen, Linsen, Bohnen, Kichererbsen), die Bestandteile der mediterranen Ernährung sind, enthalten Phytoöstrogene und können, so wie Sojaprodukte, östrogenhaltige Substanzen hemmen und Prostatakrebs vorbeugen.
Idealerweise kombinieren Männer die asiatische und die mediterrane Ernährungsweise.
Gegen Haarausfall: Welche Ernährung ist für Männer empfehlenswert?
Wenn Männer unter Haarausfall leiden, kann das verschiedenste Ursachen haben. Ein Arzt sollte zunächst abklären, ob es sich um eine Erkrankung handelt oder erbliche Faktoren vorliegen. Es kann aber auch ein Mangel an Nährstoffen mit Haarausfall verbunden sein. Vor allem Zink und Eisen spielen hier eine Rolle. Diese sollten primär über eine angepasste Ernährung aufgenommen werden und bei einem gravierenden Mangel in Absprache mit dem Arzt als Nahrungsergänzungsmittel. Bei einem Zinkmangel sollten Lebensmittel wie Austern, Emmentaler, Gouda, Haferflocken, Nüsse, Hülsenfrüchte und Rindfleisch auf dem Speiseplan stehen. Eisen steckt reichlich in Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Fleisch. Dabei wird das Eisen aus tierischen Lebensmitteln besser aufgenommen. Um das Eisen aus pflanzlichen Produkten besser aufzunehmen, sollte es mit Vitamin C kombiniert werden, also beispielsweise Hülsenfrüchte mit Paprika oder Haferflocken mit Apfel gegessen werden. Allgemein gilt: Sind Mangelerscheinungen ursächlich für Haarausfall, ist eine vielseitige, ausgewogene Ernährung empfehlenswert.
1. Sind Tomaten für Männer gesund?
Einige Studien geben Hinweise darauf, dass Männer, die sich tomatenreich ernähren, seltener an Prostatakrebs erkranken als Männer, die das nicht tun. Das Problem: Es handelt sich um Studien mit einer geringen Anzahl an Studienteilnehmern. Um die Frage ausreichend zu klären, wären Untersuchungen mit viel größeren Probandenzahlen als den bisherigen nötig. Tatsache ist aber, dass Tomaten für Männer und Frauen sehr gesund sind: Sie stecken voller wichtiger Nährstoffe wie Carotinoide und Flavonoide und sind so Teil einer ausgewogenen, gesunden Ernährung.
2. Verbessern Kürbiskernpräparate Prostatabeschwerden?
Auch hier gibt es keine ausreichende Studienlage, um Kürbiskernpräparate für die Prostatagesundheit zu empfehlen. Kürbiskerne, Nüsse und Samen in die Ernährung zu integrieren, ist aber definitiv sinnvoll. Sie enthalten B- und C-Vitamine, Mineralstoffe wie Magnesium, Eisen und Zink und ungesättigte Fettsäuren und können deswegen ebenfalls zu einer vielseitigen, gesunden Ernährung beitragen. Mein Tipp: Salate mit Kürbiskernen garnieren oder Kürbiskernbrot essen.
3. Helfen Proteinshakes beim Muskelaufbau?
Männer benötigen keine zusätzlichen Proteinprodukte wie Proteinshakes, -riegel und Nahrungsergänzungsmittel. Wer viel Sport macht, hat zwar einen erhöhten Proteinbedarf, weil mehr Muskeln aufgebaut werden, dieser Bedarf lässt sich aber problemlos über Protein in natürlichen Lebensmitteln decken. Um die Aufnahme von Proteinen zu erhöhen, kombiniert man am besten verschiedene Proteinquellen miteinander. Zum Beispiel Kartoffeln mit Quark oder Naturjoghurt mit Mandelkernen.
4. Sind Feigen und Petersilie speziell für Männer gesund?
Beide Lebensmittel haben den Ruf, ein Aphrodisiakum zu sein. Dabei handelt es sich allerdings um einen Mythos, der aus dem Mittelalter stammt. Wenn man sich einbildet, Petersilie und Feigen hätten eine sexuell anregende Wirkung, dann ist das möglicherweise aufgrund des Placebo-Effektes auch so. Eine wissenschaftliche Evidenz liegt aber nicht vor.
5. Macht Ananas das Sperma süßer?
Um den Geschmack des Spermas mit Ananas zu verändern, müsste man vermutlich 1,5 bis 2 Liter Ananassaft trinken. Ananas enthält besonders viel Fruchtzucker und kann das Sperma deswegen vermutlich süßer schmecken lassen. Eine Studie, die das belegt, gibt es aber nicht.