Lebensmittel
Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind Auslöser für viele Darmprobleme
Veröffentlicht am:22.05.2023
7 Minuten Lesedauer
Ein Zwicken im Bauch, ausgeprägte Bauchschmerzen, Übelkeit oder Durchfall – wenn die Nahrungsaufnahme mit Beschwerden einhergeht, steckt dahinter oft eine Lebensmittel- bzw. Nahrungsmittelunverträglichkeit. Wie entstehen diese Intoleranzen?
Was ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit?
Liegt eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, auch als Lebensmittelunverträglichkeit bezeichnet, vor, ist der Körper nicht in der Lage, bestimmte Lebensmittel beziehungsweise deren Bestandteile zu verdauen oder reagiert allergisch darauf. Das führt zu vielfältigen Beschwerden, die beispielsweise den Magen-Darm-Trakt oder den Kreislauf betreffen. Eine Nahrungsmittelallergie und eine Nahrungsmittelintoleranz (nicht allergische Nahrungsmittelunverträglichkeit) äußern sich unterschiedlich, auch wenn sie beide zu den Nahrungsmittelunverträglichkeiten zählen.
- Lebensmittelintoleranz (nicht allergisch): Nehmen Betroffene für sie unverträgliche Nahrungsbestandteile auf, reagiert der Organismus darauf zwar mit verschiedenen Symptomen, das Immunsystem ist daran aber nicht beteiligt – es finden also keine immunologischen Prozesse wie eine Antikörperproduktion statt.
- Lebensmittelallergien: Bei Menschen mit einer Lebensmittelallergie reagiert das Immunsystem auf einen eigentlich harmlosen Inhaltsstoff. Es bildet sogenannte IgE-Antikörper, die allergische Symptome hervorrufen. Das kann ein leichter Juckreiz auf der Haut, eine brennende Zunge oder sogar ein lebensbedrohliches Kreislaufversagen sein. Die Beschwerden bei einer Lebensmittelallergie können also deutlich schwerwiegender ausfallen und stehen stets im Zusammenhang mit dem Immunsystem.
Welche Nahrungsmittelintoleranzen gibt es?
- Laktoseintoleranz: Von den in Europa lebenden Menschen vertragen etwa fünf bis fünfzehn Prozent keinen Milchzucker (Laktose). Bei der Laktoseintoleranz bildet der Körper zu wenig von dem Enzym Laktase oder es wirkt nicht ausreichend. Laktase spaltet den Milchzucker im Darm und macht ihn so verwertbar. Geschieht das nicht, gelangt der Milchzucker in den Dickdarm. Dort verstoffwechseln ihn die Darmbakterien – Blähungen, Durchfall und Bauchgrummeln können die Folgen sein. Bei vielen Betroffenen ist das Enzym aber noch teilweise aktiv – kleine Mengen Laktose werden dann ohne Beschwerden vertragen.
- Fruktoseintoleranz: Eine Fruchtzuckerunverträglichkeit löst ebenfalls Beschwerden wie Blähungen und Durchfall aus. Die unangenehmen Symptome entstehen, weil der Dünndarm nicht genügend Fruktose – vor allem in Obst enthalten – aufnimmt. Die Ärztin oder der Arzt stellt dann oft eine Fruktosemalabsorption, eine nicht angeborene Form fest. Grund ist hier eine Störung des Transportproteins „GLUT-5“, das Fruktose aus dem Darm ins Blut schleust. Dass die Fruktoseintoleranz von Geburt an besteht, ist sehr selten. Die sogenannte hereditäre Fruktoseintoleranz wird durch einen angeborenen Enzymdefekt hervorgerufen – er führt zum kompletten Fruktoseabbau im Körper.
Welche Nahrungsmittelunverträglichkeiten gibt es noch?
Die Histaminintoleranz, die Weizensensitivität und die Glutenunverträglichkeit zählen ebenfalls zu den Lebensmittelintoleranzen.
- Histaminintoleranz: Histamin ist eine körpereigene Substanz, die als Botenstoff an allergischen Reaktionen wie beispielsweise nach einem Insektenstich beteiligt ist. Der Organismus nimmt Histamin aber auch über Nahrungsmittel wie Wurst oder gereiften Käse auf. Menschen mit einer Histaminintoleranz können ganz unterschiedliche Beschwerden entwickeln, zum Beispiel angeschwollene Augenlider, Migräne oder Nesselsucht. Aufgrund der unterschiedlichen Symptome ist eine eindeutige Diagnose oft schwierig. Übrigens: Meist zeigen sich die Symptome innerhalb von zwei Stunden nach den Mahlzeiten.
- Weizensensitivität: Diese Lebensmittelintoleranz wurde früher als Glutensensitivität bezeichnet, was oft zu Verwechslungen mit der Glutenunverträglichkeit führte. Zwar besteht hier eine Empfindlichkeit gegenüber Weizenbestandteilen, nach dem Verzehr besteht aber nicht die Gefahr, dass sich die Darmschleimhaut krankhaft verändert. Viele Betroffene beobachten ein Nachlassen der Symptome, wenn sie nur sehr wenig weizenhaltige Lebensmittel verzehren
- Glutenunverträglichkeit: Diese Form der Lebensmittelintoleranz ist auch unter dem Namen Zöliakie bekannt. Dabei handelt es sich um eine genetisch bedingte Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten, das in vielen Getreidesorten steckt.
Welche Symptome löst eine Nahrungsmittelunverträglichkeit aus?
Bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit können ganz unterschiedliche Beschwerden auftreten. Je nachdem, ob es sich um eine allergische oder eine nicht allergische Form handelt.
Typische Beschwerden bei einer nicht allergischen Nahrungsmittelunverträglichkeit sind:
- Bauchschmerzen
- Bauchkrämpfe
- Darmgeräusche
- Appetitlosigkeit
- Übelkeit
- Druck- oder Völlegefühl
- Blähungen
- Durchfälle
Beschwerden bei einer allergischen Nahrungsmittelunverträglichkeit sind:
- Juckreiz
- Schwellung im Mund-Rachen-Bereich
- Hautausschlag
- Übelkeit
- Durchfall
- bei heftigen Reaktionen: Blutdruckabfall und Bewusstlosigkeit
Eine Intoleranz wird meist nicht umgehend diagnostiziert. Das kann daran liegen, dass solche Lebensmittelunverträglichkeiten auch unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Erschöpfung, Hautausschläge oder sogar Gelenkschmerzen verursachen können. Anders als bei einer Allergie stellen sich Durchfall oder andere Symptome bei einer Lebensmittelintoleranz meist nicht unmittelbar nach dem Essen, sondern erst nach einigen Stunden ein. Auch das führt oft dazu, dass Intoleranzen lange unentdeckt bleiben.
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Wie entsteht eine Nahrungsmittelintoleranz?
Die Ursachen einer Nahrungsmittelintoleranz können unterschiedlich sein. So kann eine Laktoseintoleranz beispielsweise genetisch bedingt sein. In seltenen Fällen liegt ein angeborener Enzymmangel, die sogenannte Alaktasie, vor. Weitaus häufiger ist allerdings eine verminderte Enzymaktivität, die auf eine genetische Veranlagung zurückgeführt werden kann – Mediziner und Medizinerinnen sprechen hier von der Hypolaktasie. Sie tritt erst allmählich in Erscheinung. Jugendliche oder Erwachsene können dabei Symptome wie Bauchschmerzen oder Durchfall entwickeln. Nur selten betrifft eine Laktoseintoleranz Kinder unter fünf Jahren. Eine Laktoseintoleranz kann auch durch eine vorliegende Erkrankung wie Colitis ulcerosa, Magen-Darm-Infekte oder Schilddrüsenerkrankungen in Erscheinung treten. Wird die zugrunde liegende Ursache behandelt, ist es möglich, dass die Laktoseintoleranz verschwindet.
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Wie diagnostiziert man eine Nahrungsmittelintoleranz?
Besteht der Verdacht auf eine Nahrungsmittelintoleranz, erkundigt sich der Arzt oder die Ärztin zunächst nach den Beschwerden und der Krankheitsgeschichte. Häufig raten Mediziner und Medizinerinnen dann zum Führen eines Ernährungstagebuches. Darin können Betroffene festhalten, wann und welche Beschwerden nach dem Verzehr von Lebensmitteln auftreten. Darüber hinaus gibt es verschiedene diagnostische Möglichkeiten. Da das Immunsystem an Reaktionen bei Lebensmittelintoleranzen nicht beteiligt ist, fällt ein typischer Allergietest negativ aus. Bei einigen Unverträglichkeiten, zum Beispiel gegenüber Fruktose, ist dagegen ein Wasserstoff-H2-Atemtest gut geeignet. Patienten und Patientinnen trinken dabei eine Fruktoselösung, anschließend wird die Atemluft analysiert. Liegt eine Fruktoseintoleranz vor, ist der Wasserstoffwert erhöht. Von Selbsttests, die unter anderem im Onlinehandel erhältlich sind, raten Mediziner und Medizinerinnen hingegen ab – sie eignen sich nicht, um eine Lebensmittelintoleranz zweifelsfrei festzustellen oder auszuschließen.
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An wen wende ich mich bei Beschwerden?
Menschen, die Beschwerden in Verbindung mit Nahrungsmitteln bei sich beobachten, sollten sich zunächst an ihren Hausarzt oder ihre Hausärztin wenden. Dieser oder diese entscheidet dann auf der Grundlage von Anamnese und körperlicher Untersuchung, ob eine Überweisung zu einer fachärztlichen Praxis sinnvoll ist. Wichtig ist es, Erkrankungen wie zum Beispiel Zöliakie, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder auch eine Allergie auszuschließen.
Die Ernährung besser nicht auf eigene Faust umstellen
Aus Angst vor erneuten Beschwerden greifen einige Menschen zu „Frei von“-Lebensmitteln. Diese enthalten beispielsweise kein Gluten oder keine Fruktose oder Laktose. Bei einer nachgewiesenen Nahrungsmittelunverträglichkeit ist ein Verzicht unter Umständen tatsächlich ratsam. So sollten Personen mit einer Zöliakie strikt auf das Klebereiweiß verzichten, da sonst eine chronische Schädigung der Darmschleimhaut droht. Eine erworbene Fruktoseintoleranz dagegen ist oft vorübergehend, nach einer Testphase vertragen Betroffene Fruchtzucker meist auch in größeren Mengen wieder.
Von einer eigenmächtigen Umstellung auf „Frei von“-Lebensmitteln oder einer Diät ist allerdings abzuraten. Zum einen kann dies die Diagnose erschweren. Zum anderen haben die speziellen Lebensmittel nicht automatisch einen höheren Gesundheitswert. Glutenfreie Produkte sind manchmal kalorienhaltiger als Produkte mit Gluten – gleichzeitig weisen sie weniger Ballaststoffe auf. Nicht zu unterschätzen ist auch der finanzielle Aspekt. Schließlich sind „Frei von“-Lebensmitteln meist deutlich teurer. Eine Nahrungsmittelintoleranz ist etwas sehr Individuelles. Wer wiederholt Beschwerden nach der Einnahme von Mahlzeiten hat, wendet sich am besten an einen Arzt oder eine Ärztin.