Beziehung
Sind getrennte Schlafzimmer gut für die Beziehung?
Veröffentlicht am:02.08.2022
5 Minuten Lesedauer
Ein gemeinsames Schlafzimmer symbolisiert eine funktionierende Partnerschaft. Doch wenn man mit dem Partner nicht in einem Bett schlafen kann, sind getrennte Betten oder Schlafzimmer ein guter Weg, um wieder erholsamen Schlaf zu haben.
Inhalte im Überblick
- Wie wichtig ist ein gemeinsames Schlafzimmer für eine gute Beziehung?
- Aus welchen Gründen entscheiden sich Paare dazu, getrennt zu schlafen?
- Was ist dran am Beziehungskiller getrennte Schlafzimmer?
- Wie spricht man das Thema getrennte Schlafzimmer am besten an?
- Was kann ich tun, wenn ich keinen Platz für zwei getrennte Schlafzimmer habe?
- Wie kann man dafür sorgen, dass Nähe und Intimität nicht verloren gehen?
- Wie können Eltern ihren Kindern die getrennten Schlafzimmer erklären?
Christine Geschke ist Diplom-Psychotherapeutin und Paartherapeutin und behandelt in ihrer Hamburger Praxis Psychologicum unter anderem Klienten und Klientinnen mit Beziehungsproblemen.
Wie wichtig ist ein gemeinsames Schlafzimmer für eine gute Beziehung?
Gemeinsame Schlafzimmer in der Partnerschaft ist ein Thema, an dem sich die Geister scheiden. Es gibt Paare, die Verfechter des gemeinsamen Schlafens sind und die es als Teil des gemeinsamen Wertekonzepts verstehen. Andere wiederum sagen: Nein, wir zwangsverpflichten uns nicht, sondern wir brauchen ab und zu ein bisschen Abstand voneinander und finden es genauso wichtig, dass man auch mal für sich sein darf. Nach meiner Erfahrung hat jedes Paar eine eigene Nähe-Distanz-Gleichung: Manche brauchen die physische Nähe, das Kuscheln, um sich verbunden zu fühlen. Andere haben aber ein größeres Autonomiebedürfnis, fühlen sich deshalb aber nicht minder verbunden mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin.
Manchmal ist es auch einfach gesünder, getrennt zu schlafen. Wenn der Schlaf regelmäßig gestört wird, wirkt sich das irgendwann auch auf die Gesundheit beider aus – dann besser getrennt schlafen.
Nach außen hin werden getrennte Schlafzimmer aber nicht gerne kommuniziert, den Eindruck habe ich schon. Es wird unterstellt, dass dieses Paar sich nicht mehr viel zu sagen hat, häufiger streitet und sowieso schon lange keinen Sex mehr hat. Diesen Zuschreibungen möchte man sich nicht aussetzen.
Wie viele Paare getrennt schlafen, ist deshalb schwer zu sagen. Die Dunkelziffer ist durchaus hoch, vermute ich.
„Nach meiner Erfahrung hat jedes Paar eine eigene Nähe-Distanz-Gleichung: Manche brauchen das gemeinsame Schlafen, um sich verbunden zu fühlen. Andere haben ein größeres Autonomiebedürfnis, fühlen sich aber nicht minder verbunden mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin.“
Dr. Christine Geschke
Diplom-Psychologin und Paartherapeutin
Aus welchen Gründen entscheiden sich Paare dazu, getrennt zu schlafen?
Dafür gibt es die unterschiedlichsten Gründe. Allen voran eben das Schnarchen. Der Partner oder die Partnerin ist dadurch gestört und es ist irgendwann nicht mehr aushaltbar. Aus einem Leidensdruck heraus entscheidet man sich dann für getrenntes Schlafen. Was auch ganz häufig vorkommt, sind unterschiedliche Tagesrhythmen, zum Beispiel durch Schichtarbeit oder persönliche Präferenz. Der eine steht gerne ganz früh auf oder muss wegen der Arbeitszeiten sehr früh raus und der andere schläft eben länger und arbeitet dann entsprechend später. Das können also ganz pragmatische Themen sein, die den Entschluss reifen lassen. Frustration und Aggression können sich anstauen, wenn man für dieses Problem keine Lösung findet – dann sind getrennte Schlafzimmer sinnvoll.
Was ist dran am Beziehungskiller getrennte Schlafzimmer?
Wenn Paare getrennt schlafen, kann das Ausdruck eines Entfremdungsprozesses sein. Wenn man viel streitet und sich emotional voneinander entfernt, dann passiert es oft, dass man sich schließlich auch in unterschiedlichen Räumen aufhalten und schlafen möchte.
Getrennte Schlafzimmer können aber auch hilfreich für die Beziehung sein, vor allem in Hinblick auf die Sexualität. Zu viel Nähe, das weiß man aus der Forschung, sorgt dafür, dass der Partner oder die Partnerin zum Selbstverständnis wird. Leider ist es nicht das, was Sexualität inspiriert. Einerseits besteht in einer Beziehung natürlich der Wunsch nach Verbundenheit und Sicherheit, der durch viel Nähe befriedigt wird. Dann gibt es aber kaum Raum für Neugierde und Abenteuertrieb. Und das überträgt sich in den sexuellen Bereich. Getrennte Schlafzimmer können also manchmal dabei helfen, dass der Partner oder die Partnerin wieder zu etwas Besonderem wird. Das kann der Sexualität behilflich sein und sorgt eher dafür, dass man zusammen bleibt.
Wie spricht man das Thema getrennte Schlafzimmer am besten an?
Das Wichtigste ist, dass vorneweg eine Wertschätzung formuliert wird. Sie sollten nicht mit der Tür ins Haus fallen: „Ich halte das alles nicht mehr aus und möchte getrennte Schlafzimmer.“ Das verletzt den anderen beziehungsweise die andere wahrscheinlich. Es ist wichtig zu betonen, dass die physische Nähe und das Zusammensein wertgeschätzt werden. Dann kann man vorsichtig das Thema getrennte Schlafzimmer einleiten. Sonst kann es schnell als Vorwurf verstanden werden.
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Was kann ich tun, wenn ich keinen Platz für zwei getrennte Schlafzimmer habe?
So geht es sicherlich den meisten – Wohnraum ist knapp. Deshalb ist es eine Herausforderung, die Schlafsituation gerecht zu lösen.
Bei Schnarchen kann man es ja zuerst mit Ohropax probieren. Man kriegt nicht mehr so viel mit und ist mehr für sich. Und der oder die andere wiederum weiß, dass er den Partner oder die Partnerin nicht stört. Wenn das nicht hilft, kann man auf das Sofa ausweichen. Das sollte natürlich kein ganz normales Sofa sein. Sonst entsteht eine Art der Ungerechtigkeit, da derjenige, der ausweicht, eine deutlich schlechtere Schlafqualität hat. Um dem entgegenzuwirken, ist es ganz wichtig, dass man im Wohnzimmer einen adäquaten Schlafplatz einrichtet: Es sollte ein wirklich gutes Schlafsofa gekauft werden, auf dem man genauso gut schlafen kann wie im Bett.
Wenn der Partner oder die Partnerin an einer Schlafstörung leidet und es deshalb in der Nacht zu Störungen kommt, sollte man sich dafür Hilfe suchen und die Störung behandeln.
Wie kann man dafür sorgen, dass Nähe und Intimität nicht verloren gehen?
Indem man auf jeden Fall ein persönliches Gespräch führt. Das ist immer hilfreich, um sich gegenseitig etwas verständlich zu machen. Dabei kann das Paar sich versichern, dass es tatsächlich um die Schlafqualität geht und nicht darum, sich von dem oder der anderen zu distanzieren. Getrennte Schlafzimmer sollten nicht einfach von einer Person beschlossen werden.
Statt des gemeinsamen Einschlafens sollten Sie dann Rituale einführen, die diese Art von Nähe ersetzen. Man nimmt sich zum Beispiel vor dem Zubettgehen noch mal Zeit, auf dem Sofa miteinander zu kuscheln oder Ähnliches. Hauptsache, es geht nicht jeder mit einem „Gute Nacht“ seiner oder ihrer Wege. Dann kann es tatsächlich passieren, dass eine schleichende Entfremdung entsteht.
Wie können Eltern ihren Kindern die getrennten Schlafzimmer erklären?
Kinder sind ja durchaus verständig. Deshalb sollte man sie auch ernst nehmen und mit ihnen ein liebevolles Gespräch führen, in dem man erklärt, warum man sich dafür entscheidet, getrennte Schlafzimmer zu haben. Wichtig ist, herauszustellen, dass es eben nichts damit zu tun hat, dass Mama und Papa sich womöglich trennen wollen. Kinder haben dafür ein Gespür und empfinden es als bedrohlich, wenn sie die Vorstellung haben, dass die Eltern sich trennen könnten. Wenn es dann keine Erklärung gibt, macht ihnen das vielleicht Angst. Es ist auch wichtig zu betonen, dass die Kinder damit nichts zu tun haben und alles in Ordnung ist.