Eltern
Was tun, wenn Kinder Heimweh haben?
Veröffentlicht am:18.09.2023
5 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 25.04.2024
Ob nach dem Umzug in eine andere Stadt, im Auslandssemester oder auf Klassenfahrt: Heimweh kann jeden und jede treffen. Was hinter dem Gefühl steckt und welche Tipps Eltern und Kindern helfen, das Heimweh zu lindern.
Was ist Heimweh und wie entsteht es?
Wenn jemand von Heimweh spricht, können die meisten Menschen nachvollziehen, wovon die Rede ist. Jede Person verbindet den Begriff automatisch mit der Sehnsucht nach einem Ort, an dem sie sich zu Hause fühlt oder früher zu Hause gefühlt hat. Tatsächlich beschreibt Heimweh viel mehr als das Sehnen nach einem geografischen Ort. Heimweh ist mit tiefen Emotionen verbunden. Der Duden definiert Heimweh als die „große Sehnsucht nach der fernen Heimat oder einem dort wohnenden geliebten Menschen, bei dem man sich geborgen fühlte“. Bleibt diese Sehnsucht ungestillt, verfallen Betroffene oft in einen melancholischen Zustand.
Zwischen dem 17. und dem frühen 20. Jahrhundert galt Heimweh sogar als eine medizinisch beschriebene Krankheit.
Heute verstehen Forschende Heimweh als Stress und funktionale Beeinträchtigungen, die durch eine tatsächliche oder zu erwartende Trennung von der Heimat oder Bezugsobjekten und -personen verursacht werden. Heimweh ist meist ein ganz normales Gefühl. Nur wirklich schwere Formen lassen sich als tatsächliche Anpassungsstörungen mit Angstzuständen und depressiver Verstimmung klassifizieren.
Heimweh: Diese Symptome treten auf
Viele Menschen haben manchmal Heimweh. Das Gefühl ist weit verbreitet und muss nicht zwangsläufig zu Beeinträchtigungen führen. Bei sehr starkem Heimweh können einige Betroffene jedoch unter tiefer Traurigkeit bis hin zu depressiven Verstimmungen, Einsamkeit und Angstgefühlen. In seltenen Fällen hat der heimwehbedingte Stress sogar Auswirkungen auf die Gesundheit und beeinträchtigt körperliche, kognitive oder psychische Funktionen. Diese Symptome können einzeln, gleichzeitig und in unterschiedlich starker Ausprägung auftreten und sich gegenseitig bedingen:
- Schlafstörungen
- Appetitlosigkeit
- Verdauungsprobleme
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Konzentrationsschwierigkeiten
Wer ist besonders von Heimweh betroffen?
Heimweh tritt in allen Kulturen, Ethnien, Altersklassen und Kontexten auf. Ein Risikofaktor ist die geografische Distanz zu dem Ort, den eine Person als Heimat empfindet. Je weiter Betroffene von ihrem Sehnsuchtsort entfernt sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit, an Heimweh zu leiden. Studien mit Kindern und Jugendlichen zeigen: Die eigene Kontrolle über den Aufenthaltsort könnte das potenzielle Auftreten von Heimweh beeinflussen. Wenn Kinder und Jugendliche bei der Wahl von Ferienlager oder Universität nicht mitreden konnten, litten sie eher an Heimweh, als wenn sie selbst über ihren Aufenthaltsort entschieden hatten.
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Klassenfahrt & Co.: Starkes Heimweh bei Kindern
Ob bei der besten Freundin, bei Oma und Opa oder im Ferienlager: Irgendwann haben die meisten Kindern den Wunsch, auswärts zu schlafen. Was sie zunächst freudig und aufgeregt erwarten, sieht in der Realität häufig anders aus. Wenn die Schlafenszeit näher rückt, das Kind sich wehtut oder die Erwartungen nicht erfüllt werden, ist es der natürliche Instinkt des Kindes, nach seinen Bezugspersonen zu verlangen. Besonders abends, wenn es keine Ablenkung mehr gibt und die Kinder alleine im Bett liegen, setzt häufig die Melancholie ein. Heimweh ist nichts Außergewöhnliches oder Negatives, sondern ganz normal. Daher ist es wichtig, auf solche Situationen vorbereitet zu sein.
Heimweh bei Kindern vorbeugen
Stehen eine Nacht auswärts oder eine längere Abwesenheit, zum Beispiel eine Klassenfahrt, an? Kindern hilft, genau zu wissen, was sie erwartet. In erster Linie ist es sinnvoll, sie auf die Trennung vorzubereiten und mit ihnen darüber zu sprechen. Nehmen Sie sich Zeit, die Fragen Ihres Kindes zu beantworten und Sorgen aus dem Weg zu räumen. Das Kind wird etwa wissen wollen, wie weit weg der Schlafplatz von zu Hause ist, wo Sie in der Nacht sein werden oder ob Sie im Notfall zur Stelle sein könnten. Lassen Sie sich auch auf „Was wäre, wenn“-Fragen ein: „Was, wenn ich mich verletze?“, „Was, wenn ich weinen muss?“, „Was, wenn ich es nicht auf die Toilette schaffe?“ Besonders Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter können diese Fragen Kummer bereiten. Je beruhigender Ihre Antworten sind, desto weniger Gedanken wird sich Ihr Kind machen. Versuchen Sie auch, die Vorfreude zu steigern, indem Sie beispielsweise mit Ihrem Kind über die Erlebnisse sprechen, bei denen es Spaß haben wird.
Älteren Kindern, etwa ab dem Grundschulalter, kann es helfen, im Vorhinein mehr über die neue Umgebung zu erfahren. Zum Beispiel wenn eine Klassenfahrt ansteht: Gehen Sie gemeinsam die Orientierungsbroschüren durch, schauen Sie sich die Website der Unterkunft ans oder suchen Sie im Internet nach Fotos des Ortes. Das bewirkt eine gewisse Vertrautheit – und verringert dadurch die Angst. Auch der Überblick über die Zeit der Abwesenheit kann älteren Kindern Bedenken nehmen. Kalender sind während der Trennung somit nützliche Hilfsmittel, um den konkreten Zeitraum einschätzen zu können.
Auswärtsübernachtungen vorbereiten
Ein vertrauter Gegenstand, etwa ein Kuscheltier oder ein Foto, gibt Kindern Geborgenheit und kann Heimweh mindern. Gemeinsames Kofferpacken sorgt für Sicherheit. Denken Sie daran, sich mit der Gastfamilie, den Großeltern oder Lehrern und Lehrerinnen abzusprechen. Teilen Sie ihnen eventuelle Vorlieben, Interessen und Abneigungen mit und klären Sie ab, was im Notfall passieren soll.
Heimweh-Brief für Kinder
Für diesen Fall können Sie bereits im Vorfeld einen Heimweh-Notfall-Brief verfassen. In diesem schreiben Sie alles auf, was Ihr Kind beruhigen und bestärken könnte, wenn es das Gefühl hat, allein zu sein und nach Hause zu wollen. Diesen Brief geben Sie entweder direkt Ihrem Kind oder der Bezugsperson mit, die vor Ort sein wird.
Tipps gegen Heimweh bei Kindern: Was hilft?
Trotz guter Vorbereitung kann Ihr Kind Heimweh bekommen. Das Auswärtsschlafen oder eine Reise muss dann nicht immer abgebrochen werden. Häufig lassen sich Kinder von der Gastfamilie oder Lehrern und Lehrerinnen ablenken. Auch ein kurzes Telefonat kann helfen, Ihr Kind zu beruhigen und wieder aufzumuntern. Am besten lassen Sie das Kind von seinen positiven Erlebnissen berichten und erzählen ihm keine Geschichten von zu Hause, die die Sehnsucht noch verstärken könnten. Bestärken Sie Ihr Kind, sich an seine Bezugspersonen vor Ort zu wenden. Auch das Lieblingskuscheltier kann helfen, akutes Heimweh zu bekämpfen, etwa abends.
Heimweh zu bewältigen stärkt das Selbstvertrauen von Kindern und hilft ihnen, Selbstständigkeit zu entwickeln. Lässt sich Ihr Kind jedoch weder durch Personen vor Ort noch von Ihnen am Telefon beruhigen, hört nicht auf zu weinen oder kann nicht einschlafen, sollten Sie Ihr Kind abholen – egal wie spät es ist. Nur so stellen Sie sicher, dass Ihr Kind weiterhin Vertrauen zu Ihnen hat und Auswärtsübernachtungen nicht dauerhaft mit Ängsten in Verbindung bringt. Achten Sie darauf, nicht zu thematisieren, dass Sie Ihr Kind vorzeitig abholen. Es sollte sich nicht dafür schämen oder das Gefühl entwickeln, jemanden enttäuscht oder Umstände bereitet zu haben.
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