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Kinderfotos im Internet: Was Eltern wissen müssen
Veröffentlicht am:25.03.2021
5 Minuten Lesedauer
Wenn Eltern die Fotos ihrer Kinder in den sozialen Medien teilen, spricht man von „Sharenting“. Ist doch eigentlich nichts dabei, oder? So niedlich oder lustig Kinderfotos auch sind – das Posten der Bilder kann gefährlich sein, weil sie in die falschen Hände geraten können. Zudem haben Kinder ein Recht auf Privatsphäre. Was Eltern beim „Sharenting“ unbedingt beachten sollten.
Was ist Sharenting?
Der Begriff „Sharenting“ setzt sich aus „to share“ (etwas teilen) und „Parenting“ (Elternschaft) zusammen. Gemeint ist das Phänomen, dass viele Eltern private Kinderfotos oder Videos mit ihren Kindern im Internet einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Ob auf Facebook, Instagram, WhatsApp oder in anderen sozialen Netzwerken: Prinzipiell ist es verständlich, dass Eltern gerne schöne Erlebnisse oder lustige Kinderbilder mit ihren Freunden und Verwandten teilen wollen. Sie haben dabei sicherlich nichts Böses im Sinn. Doch es gibt ernsthafte Gründe, die gegen das „Sharenting“ sprechen und es zu einem Thema machen, mit dem sich Eltern intensiv befassen sollten.
Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre:
Einmal veröffentlichte Bilder lassen sich in der Regel nicht mehr aus dem Internet löschen und sind auch Jahrzehnte später noch zugänglich. Oft sind Kinder schon in ihren ersten Lebensjahren in den sozialen Netzwerken präsent, darüber selbst entscheiden konnten sie aber nicht. Ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird dementsprechend verletzt, außerdem das Recht am eigenen Bild. Für Bilder, die Eltern lustig oder süß finden, können sich Kinder Jahre später massiv schämen. Eltern sollten sich über diese Verletzung der Privatsphäre im Klaren sein, und darüber, dass ihre Kinder ihnen das später zu Recht vorwerfen können.
Die Fotos können für Cyber-Mobbing missbraucht werden:
Besonders problematisch sind peinliche Kinderbilder, die im Netz kursieren. Sie können leicht genutzt werden, um Kinder online zu mobben und bloßzustellen. Aber auch harmlose Bilder lassen sich digital nachbearbeiten. Ihre Kinder können also langfristig großen Schaden durch Fotos im Netz nehmen. Mobbing brennt sich tief in die Seele ein und hinterlässt lebenslange Spuren.
Die Fotos können sexualisiert werden:
Es gibt Täter und Täterinnen im Internet, die gezielt nach eigentlich harmlosen Kinderbildern suchen, und diese für sexualisierte Kontexte missbrauchen. Diese werden dann unter Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern verbreitet. Es ist wichtig für Eltern, sich bewusst zu machen, dass ihre Fotos für solche Zwecke genutzt werden könnten.
Die Fotos können zu Cyber-Grooming führen:
Hat Ihr Kind bereits selbst ein Social Media-Profil, kann es über private Nachrichten sexuell belästigt werden. Cyber-Grooming meint: Personen nehmen gezielt Kontakt im Internet auf, um eine sexualisierte Beziehung aufzubauen. Werden Bilder zusammen mit sensiblen Daten wie dem Wohnort veröffentlicht, können diese Übergriffe im schlimmsten Fall auch im realen Umfeld stattfinden. Für Kinder und Eltern ist es nicht leicht, sofort zu erkennen, wer am anderen Ende sitzt.
Die Initiative jugendschutz.net von Bund und Ländern hat 2019 einen Report über Kinderbilder auf Instagram veröffentlicht. Für die Untersuchung wurden 50 Profile analysiert, 29 davon Elternprofile, 21 von Eltern geführte Kinderprofile. Das Ergebnis: Die meisten Eltern machen die Kinderbilder nicht ausreichend unkenntlich. In 94 Prozent der Fälle konnten die Kinder identifiziert werden. Die Persönlichkeitsrechte der Kinder wurden auf 49 der 50 untersuchten Profile verletzt. Beispielsweise wurden auf 62 Prozent der Profile Kinder in intimen Situationen gezeigt, also etwa schlafend oder im Badezimmer. Auf 12 Prozent der Profile fanden sich Bilder von Kindern, die etwa krank auf der Couch lagen oder die sie verängstigt beim Arztbesuch zeigen. Auch die Begleittexte zu den Bildern geben oft viele intime Details preis, beispielsweise die Toiletten- oder Essgewohnheiten der Kinder.
Knapp ein Drittel der Profile enthielten Kinderbilder, die ein erhöhtes Risiko für eine Sexualisierung bieten. Jugendschutz.net warnt, dass die Intim- und Privatsphäre der Kinder nicht nur massiv verletzt wird, sondern Kinder auch Opfer von Cyber-Mobbing, sexuellen Belästigungen im Internet und im realen Lebensumfeld werden können.
Zeigen Sie Ihr Kind so, dass es nicht direkt erkennbar ist:
Bilden Sie mit Ihrem Foto beispielsweise nur einen Ausschnitt ab, fotografieren Sie Ihr Kind mit einer Sonnenbrille oder von hinten. Die Platzierung von Emojis ist eine weitere Möglichkeit, das Gesicht nicht zu zeigen. Alternativ können Sie die Bilder unscharf machen (verpixeln).
- Achten Sie darauf, dass die Situation auf dem Bild angemessen ist:
Ihr Kind ist nackt, in Badesachen oder leicht bekleidet? Macht es gerade eine Turnübung wie einen Spagat? Solche Aufnahmen sollten auf keinen Fall ins Internet gelangen. Hat es sich mit Essen vollgekleckert oder sabbert im Schlaf? Sind im Hintergrund des Fotos Dinge zu sehen, die Ihrem Kind unangenehm sein könnten? Auch peinliche Situationen, für die sich Ihre Kinder später schämen könnten, sollten lieber nicht in die Öffentlichkeit. Beziehen Sie immer die Perspektive des Kindes mit ein, und entscheiden nicht danach, ob Sie das Foto lustig oder niedlich finden. Beziehen Sie auch die Möglichkeit mit ein, dass das Bild ungefragt geteilt wird und für die breite Öffentlichkeit zugänglich werden könnte. Wäre es dann immer noch angemessen? - Stellen Sie nicht ungefragt Fotos mit anderen Kindern online:
Auf den Bildern Ihrer Kinder befinden sich andere Kinder? Holen Sie die Erlaubnis der Eltern ein, wenn Sie sie veröffentlichen wollen. - Geben Sie keine personenbezogenen Daten preis:
Den vollständigen Name Ihres Kindes sollten Sie nie zusammen mit einem Foto posten. So verhindern Sie, dass das Foto über Suchmaschinen leicht gefunden werden kann. Laden Sie die Bilder außerdem nicht mit einer Ortsbestimmung auf Netzwerken hoch. Fremde Nutzer können so verfolgen, ob Sie sich gerade zu Hause oder im Park aufhalten. Diese sensiblen Daten, zu denen auch das Geburtsdatum zählt, gehören nicht ins Netz.
Prüfen Sie regelmäßig die Privatsphäre- und Sicherheitseinstellungen in sozialen Medien:
Wer kann auf Facebook, Instagram und Co. auf Ihre geposteten Inhalte zugreifen? Schränken Sie den Kreis auf die Kontakte aus Ihrer Freundesliste ein und nehmen Sie nicht unvorsichtig Freundschaftsanfragen von fremden Menschen an. Wenn Sie diese Privatsphäre- und Sicherheitseinstellungen nicht vornehmen und Sie diese nicht regelmäßig überprüfen (Updates können sie zurücksetzen), können Fotos Ihrer Kinder unkontrolliert ins Netz gelangen und dort kursieren.
Gehen Sie mit gutem Beispiel voran:
Kinder müssen Medienkompetenz erst erlernen. Dafür sind sie auch darauf angewiesen, dass Ihre Eltern und Großeltern – ihre größten Vorbilder – ihnen zeigen, wie sie verantwortungsvoll mit Daten im Internet umgehen. Davon profitieren sie später, wenn sie selbst Bilder ins Netz stellen.
Holen Sie sich die Zustimmung Ihres Kindes ein:
Mit älteren Kindern können Sie darüber sprechen, wie Sie in der Familie mit Fotos umgehen. Ist Ihr Kind mit dem Posten eines Bildes nicht einverstanden, respektieren Sie seine Entscheidung. Daraus lernt es, dass Sie sich nicht über seine Grenzen hinwegsetzen dürfen – und dass es Rechte hat. Das ist für Ihr Kind entscheidend, um später Gefahrensituationen als solche zu erkennen. Stellt es irgendwann fest, dass andere seine Grenzen missbrauchen, ist es bereits sensibilisiert und holt sich mit größerer Wahrscheinlichkeit Hilfe. Aber auch wenn Ihr Kind einverstanden ist, dass Sie Bilder mit ihm posten: Vergessen Sie nicht, dass es nicht in der Lage ist, die Konsequenzen seiner Erlaubnis so abzuschätzen wie ein Erwachsener. Dafür sind Sie zuständig.
Speichern Sie Kinderbilder auf einer Festplatte:
Private Bilder auf Online-Speichern bzw. Clouds abzuspeichern, birgt Risiken. Ein fremdes Unternehmen hat Zugang zu den Bildern, außerdem kann die Cloud von Fremden gehackt werden. Speichern Sie Familienbilder und -videos deswegen am besten stationär auf einer Festplatte.