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Eltern

Emotionale Kompetenz bei Kindern fördern

Veröffentlicht am:14.07.2023

6 Minuten Lesedauer

Die eigenen Gefühle und die Gefühle anderer zu verstehen – das müssen Kinder erst lernen. Eltern können sie dabei unterstützen, indem sie eine familiäre Atmosphäre schaffen, in der die Gefühle der Kinder ernst genommen werden und darüber gesprochen wird.

Eine Frau und ihre Tochter liegen bäuchlings nebeneinander auf dem Bett und reden lachend miteinander.

© iStock / evgenyatamanenko

Soziale, emotionale, sozial-emotionale Kompetenz – eine Begriffsklärung

Für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft brauchen Menschen soziale und emotionale Fähigkeiten. Beides ist nicht angeboren, sondern muss wie Sprechen oder Laufen in der Kindheit erlernt werden: der richtige Umgang mit Gefühlen und der Umgang mit anderen Menschen, also die emotionale und die soziale Kompetenz.

Definition soziale Kompetenz

Mit sozialer Kompetenz ist die Fähigkeit gemeint, das eigene Verhalten in Bezug auf eine Gemeinschaft auszurichten und zu bewerten. Für die soziale Kompetenz sind Konfliktfähigkeit und Kooperationsbereitschaft entscheidend. Beides versetzt uns in die Lage, nicht nur die eigenen, sondern auch die Bedürfnisse anderer zu berücksichtigen.

Sozial kompetente Menschen können

  • mit Konflikten umgehen
  • Rücksicht nehmen
  • Grenzen anerkennen
  • anderen die gleichen Rechte zugestehen wie sich selbst

Definition emotionale Kompetenz

Die emotionale Kompetenz beschreibt die Fähigkeit, die eigenen Gefühle angemessen wahrzunehmen und zu regulieren, sowie das Vermögen, Mitgefühl zu empfinden und zwischenmenschliche Beziehungen eingehen zu können.

Emotional kompetente Menschen können

  • sich die eigenen Gefühle bewusst machen
  • Gefühle ausdrücken
  • Gefühle eigenständig kontrollieren (Emotionsregulation)
  • mit negativen Gefühlen umgehen
  • Gefühle anderer erkennen und verstehen

Definition sozial-emotionale Kompetenz

Mit sozial-emotionaler Kompetenz ist das Zusammenspiel beider Fähigkeiten gemeint. Soziale und emotionale Kompetenz lassen sich nicht trennen. Soziale Fähigkeiten können sich nur auf der Basis von emotionalen wie der Empathie entwickeln und sind daher eng mit emotionaler Kompetenz verbunden. Nur wer sowohl mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen als auch mit denen anderer Menschen umgehen und sie in Beziehung setzen kann, ist in der Lage, ein für sich und andere zufriedenstellendes Leben in der Gemeinschaft zu führen.

Wie entwickelt sich die emotionale Kompetenz bei Babys und Kleinkindern?

Kommunikation ist die Grundvoraussetzung sowohl für soziale als auch für emotionale Kompetenz. Ohne Kommunikation lassen sich keine Kontakte herstellen oder Gefühle vermitteln. Schon Säuglinge verfügen über eine Grundausstattung zur Kommunikation. Das Kind hat ein Gefühl oder ein Bedürfnis, zum Beispiel Hunger, und teilt dieses Bedürfnis durch Kommunikation mit: Es schreit. Wenn die Mutter das Baby stillt, lernt es, dass auf seine Äußerungen reagiert wird. Das ist eine erste Lektion in emotionaler Kompetenz und sozialer Interaktion: Ich habe ein Bedürfnis, ich teile es mit und löse eine Reaktion aus.

Schritt 1: Emotionen durch Mimik vermitteln

Neben körperlichen Bedürfnissen wie Hunger werden im Laufe der kindlichen Entwicklung die verschiedenen Emotionen immer wichtiger. Zunächst werden sie nur durch Gesichtsausdrücke vermittelt. Ab dem dritten Lebensmonat werden Zufriedenheit und Freude durch Lächeln oder Lachen artikuliert. Ab dem siebten drücken Kinder auch Angst aus. Sie begreifen zunehmend, dass ihre Bezugspersonen ihre Gefühle anhand der Mimik einschätzen und können Gefühlsausdrücke immer besser regulieren. Parallel zum Erlernen mimischer Ausdrucksmöglichkeiten nimmt das Verständnis für emotionale Äußerungen der Mitmenschen zu, zum Beispiel tröstendes Sprechen der Mutter. Darauf können schon Babys mit einem Lächeln emotional reagieren.

Schritt 2: Emotionen durch Sprache vermitteln

Ab dem zweiten Lebensjahr entwickelt sich die Sprache und damit die Möglichkeit, Gefühle in Worten zu äußern. Die Kinder sind zunehmend in der Lage, eigene Gefühlszustände und die Gefühle anderer genau zu benennen. Das kindliche Spektrum, Emotionen mitzuteilen und mit anderen zu interagieren, wird durch Sprache erweitert. Damit wachsen auch die Möglichkeiten, emotional und sozial weiter zu lernen. Dieses Wissen können Kinder auf neue Situationen anwenden. Sie erwerben die Fähigkeit, emotionale Reaktionen vorauszusehen und Situationen, die unangenehme emotionale Reaktionen hervorrufen, zu vermeiden.

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Wie entwickelt sich die emotionale Kompetenz im Kita- und Vorschulalter weiter?

Während es beim Säugling noch ausschließlich um eigene Gefühle und Bedürfnisse geht, nehmen Kleinkinder zunehmend die Gefühle anderer wahr. Diese Wahrnehmung geht anfänglich von den eigenen Gefühlen aus: Kinder erfahren, welche Situationen welche Gefühle bei ihnen selbst auslösen, und übertragen das auf die Gefühlswelt anderer. Diese noch sehr ich-bezogene Vermischung eigener Gefühle mit den Gefühlen anderer findet ungefähr ab dem zweiten Lebensjahr bis zum vierten Lebensjahr statt.

Meine Gefühle sind nicht mit den Gefühlen anderer Menschen identisch

Ab dem vierten Lebensjahr entwickeln Kinder die Einsicht, dass nicht alle Menschen in einer ähnlichen Situation die gleichen Gefühle wie sie selbst entwickeln. Durch diese Differenzierung ist der Übergang möglich von „Wie drücke ich meine Gefühle aus, damit andere sie verstehen?“ zu „Welche Gefühle hat mein Gegenüber und wie soll ich reagieren?“ Wenn das Kind gelernt hat, dass die Gefühle anderer nicht immer genauso beschaffen sind wie die eigenen, kann es sich besser in andere einfühlen: Es entwickelt Empathiefähigkeit.

Die Gefühlswelt wird komplexer

Im Kindergarten- und Vorschulalter lernen Kinder beim Zusammenleben mit anderen komplexe Gefühle kennen, zum Beispiel Schuldgefühl, Stolz, Scham oder Neid. Diese Emotionen beziehen sich auf das Verhältnis zwischen einem selbst und anderen. Dazu bedarf es einer Einsichtsfähigkeit. Man muss erkennen, worauf man stolz ist oder wofür man sich schämt. Zunächst ist dafür die Rückmeldung von Erwachsenen wichtig – etwa Lob oder Tadel. Daraus entwickeln Kinder Maßstäbe, um die eigene Leistung selbständig einschätzen und auch ohne Rückmeldung Stolz oder Schuld empfinden zu können. Das gelingt Kindern meist ab dem frühen Schulalter.

Zwei Jungen sitzen am Waldrand, der große tröstet den kleinen.

© iStock / pankration

In Studien hat sich gezeigt, dass sich große und kleine Geschwister gegenseitig Empathie beibringen.

Wie kann ich die emotionale Kompetenz meines Kindes fördern?

Bei der emotionalen Kompetenz haben Eltern eine Vorbildfunktion. Sie leben ihren Kindern unweigerlich von Anfang an ihr eigenes emotionales Verhalten vor. Sie selbst reagieren emotional auf Ereignisse und Gefühlsäußerungen des Kindes. Dadurch lernt das Kind verbale Reaktionen, Mimik und Gestik einzuschätzen, weil die gleichen Gesichtsausdrücke oder Handbewegungen in der Regel mit bestimmten Emotionen einhergehen.

Eine familiäre Atmosphäre, in der offen mit Gefühlen umgegangen wird, ist entscheidend für die Entwicklung des kindlichen Emotionsverständnisses. Vier Aspekte sind wichtig:

  • Gutes emotionales Familienklima

    Eltern sollten sich bemühen, negative Emotionen auch in Stresssituationen zu regulieren, um das familiäre Klima nicht zu belasten. Wut ist eine normale Emotion, die eigene Wut darf aber andere nicht belasten. Das ist nicht immer leicht, aber wertvoll. Ein positives emotionales Klima fördert den familiären Zusammenhalt und hilft Kindern, Strategien zur konstruktiven Konfliktlösung zu entwickeln.

  • Einfühlungsvermögen der Eltern

    Empathie muss vorgelebt werden. Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen der Eltern beim Umgang mit den Gefühlsäußerungen der Kinder stärken die Eltern-Kind-Beziehung und fördern die Bereitschaft des Kindes, über seine Gefühle zu sprechen. Das wiederum unterstützt die emotionale Selbstwahrnehmung und die Fähigkeit, Gefühle zu benennen.

  • Kindliche Gefühle wahrnehmen und angemessen reagieren

    Versuchen Sie, eine emotionale Anspannung bei Ihrem Kind früh zu erkennen und Anteil daran zu nehmen. Vermitteln Sie ihm, dass Ihre Liebe durch negative Gefühle wie Wut nicht beeinträchtigt wird. Das Kind sollte verstehen, dass Gefühle an sich etwas Wertvolles sind – was aber nicht bedeutet, das jedes Verhalten als Reaktion auf ein Gefühl angemessen ist. Klare Regeln und Grenzen geben dem Kind Orientierung bei der eigenen Emotionsregulation.

  • Familiengespräche über Gefühle

    Ein hilfreiches Instrument zur Förderung der Empathiefähigkeit und des Umgangs mit eigenen Gefühlen sind Familiengespräche über Gefühle. Nach einem Erlebnis großer Freude, Wut oder Traurigkeit kann man sein Kind zum Beispiel fragen: „Wie hast du dich in dieser Situation gefühlt und was hat dieses Gefühl ausgelöst?“ Oder fordern Sie Ihr Kind auf, sich in die Gefühle anderer hineinzuversetzen. Das Sprechen darüber hilft Kindern, Gefühle anderer besser zu verstehen, und bereitet sie auf zukünftige Situationen vor, in denen sie angemessen reagieren können.

Wie erkenne ich eine Entwicklungsstörung bei meinem Kind?

Eine Störung der sozial-emotionalen Entwicklung eines Kindes ist schwer zu erkennen und nur im direkten Vergleich mit Gleichaltrigen zu bewerten. Ein Kind, das zum Beispiel kein Verständnis für ein weinendes anderes Kind zeigt und es nicht tröstet, ist nicht gleich entwicklungsgestört.

Wenn Sie aber wegen eines dauerhaften emotional auffälligen und unsozialen Verhaltens Ihres Kindes in der Familie oder in der Kita einen entsprechenden Verdacht haben, sollten Sie mit Ihrem Kinderarzt oder Ihrer Kinderärztin besprechen, ob eine kinderpsychologische Untersuchung sinnvoll ist. Die Ursachenforschung für auffälliges Verhalten gestaltet sich jedoch oft schwierig. Das familiäre Umfeld kann ebenso eine Rolle spielen wie die Vererbung. Sollte bei Ihrem Kind tatsächlich eine Entwicklungsstörung festgestellt werden, ist es wichtig, sich vom behandelnden Arzt oder von der Ärztin genau über das Krankheitsbild informieren zu lassen, um angemessen auf das Verhalten des Kindes reagieren und es liebevoll unterstützen zu können.

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