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Eltern

So funktioniert eine Kinderpatenschaft

Veröffentlicht am:26.01.2023

8 Minuten Lesedauer

Eine Kinderpatenschaft ist eine wunderbare Möglichkeit, die Entwicklung eines Kindes zu unterstützen. Neben Engagement ist vor allem die Bereitschaft, sich selbst weiterzuentwickeln, bei einer Kinderpatenschaft wichtig.

Ein Experteninterview über einen Laptop.
Porträt von Kathrin Klug

© Beate C. Koehler

Kathrin Klug ist Projektkoordinatorin der mitKids Aktivpatenschaften in Bremen. mitKids Aktivpatenschaften ist ein Projekt der Hamburger Ehlerding Stiftung. An den Standorten in Hamburg, Bremen (in Kooperation mit der Freiwilligenagentur) und in Bremerhaven (in Kooperation mit der AWO) vermitteln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sogenannte Aktivpatenschaften an Interessierte. Im Interview erklärt Kathrin Klug, welche Formen der Kinderpatenschaft es gibt.

Was ist eine Kinderpatenschaft und welche Formen gibt es?

Eine Kinderpatenschaft ist eine ganz besondere Art der Unterstützung – hier kümmert sich ein Erwachsener ausschließlich um ein Kind und bietet ihm neue Impulse. Es gibt verschiedene Formen von Kinderpatenschaften. Ein niedrigschwelliges Angebot ist beispielsweise eine Lesepatenschaft, die in der Schule stattfindet. Hier unterstützen Erwachsene Kinder dabei, ihre Leselust zu entdecken und die Lesequalität zu steigern. Diese Form der Patenschaft ist zweckgebunden. Der Zweck ist hier die Förderung der Lesefähigkeit. Viele Menschen meinen mit einer Kinderpatenschaft aber die klassische Form, bei der die Beziehung zwischen Pate oder Patin und Kind im Vordergrund steht. Um die Beziehung aufzubauen und zu stärken, verbringen die Ehrenamtlichen bei der klassischen Form der Kinderpatenschaft einmal pro Woche einen Nachmittag mit einem bestimmten Kind.

Grundsätzlich ist es so, dass eine Kinderpatenschaft überall dort unterstützt, wo Hilfebedarf besteht. Das kann bei Familien mit vielen Kindern (drei oder mehr), Alleinerziehenden, Menschen mit Migrationshintergrund oder bei bestehenden Krankheiten der Eltern gegeben sein. Es gibt aber auch Projekte, die sich konkret an trauernde Familien richten – hier ist beziehungsweise sind in der Regel die Mutter, der Vater oder die Geschwister des Kindes gestorben. Einige Patenschaften zielen wiederum konkret auf Familien ab, in denen Erwachsene unter psychischen Belastungen oder psychischen Erkrankungen leiden. Hier ist es meist zusätzlich vorgesehen, dass die Ehrenamtlichen die Kinder bei sich zu Hause betreuen, wenn ein Elternteil beispielsweise zur Behandlung in ein Krankenhaus oder in eine Kureinrichtung muss.

Wie läuft eine Kinderpatenschaft in Deutschland ab?

Bei einer klassischen Kinderpatenschaft, wie beispielsweise bei unseren mitKids Aktivpatenschaften, holen die Paten bzw. Patinnen das Kind zu Hause, vom Kindergarten oder von der Schule ab. Der Besuchstermin findet einmal in der Woche statt. Hier ist Regelmäßigkeit sehr wichtig, damit die Familien sicher planen können und die Kinder ihren Paten oder ihre Patin oft genug sehen, um eine Bindung aufbauen zu können. Den Nachmittag können die ehrenamtlichen Personen mit den Kindern frei gestalten. Was sie dann unternehmen, ist sehr unterschiedlich. In manchen Patenschaften stehen regelmäßige Legonachmittage auf dem Plan, bei anderen ist das gemeinsame Einkaufen von Lebensmitteln ein geliebtes Ritual, manche Kinder unterhalten sich mit ihrem Paten oder ihrer Patin auch einfach den ganzen Nachmittag. Ich rate den Ehrenamtlichen immer, keine großen Geschenke zu machen oder außergewöhnliche Events zu veranstalten – Kinder lernen im besten Fall, dass schöne Momente nichts oder nicht viel kosten müssen.

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Deshalb lohnt sich eine Patenschaft für Kinder und Freiwillige

Welche Vorteile hat eine Patenschaft für Kinder?

Bei beziehungsorientierten Kinderpatenschaften geht es darum, das Kind in die eigene Lebenswelt mitzunehmen. Dadurch, dass beide die gemeinsame Zeit unterwegs oder in der Wohnumgebung des Paten oder der Patin verbringen, erhalten Kinder ganz neue Impulse. Sie lernen vielleicht, dass eine Kerze auf dem Tisch das gemeinsame Essen gemütlicher gestaltet oder wie ein Hörspiel die Entspannung fördern kann. Einige Kinder sehen während der Patenschaft das erste Mal eine Bibliothek oder haben das erste Mal Pfannkuchen gegessen – diese und weitere Erlebnisse machen die Kinderpatenschaft so spannend. Die Kinder freuen sich natürlich auch über die ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie können beispielsweise ein Puzzle machen oder ein Kartenspiel spielen, ohne dass ein Geschwisterkind stört. Der Nachwuchs erhält mit den besonderen Nachmittagen zudem eine Pause von Konflikten oder belastenden Gesprächen, die vielleicht in der Familie stattfinden. Viele Kinder entwickeln sich während der Patenschaft weiter, vor allem sprachlich. Schließlich müssen sie ihre Bedürfnisse selbst erkennen und kommunizieren können – bei den Besuchsterminen sind keine Mamas oder Papas dabei, die praktisch von den Lippen ablesen, was der Nachwuchs braucht. Außerdem gewinnen die Kinder an Mut und Selbstvertrauen. Zum Beispiel dadurch, dass sie mit einer für sie recht unbekannten Person ins Kino gehen und das gut klappt. Es ist auch schön zu sehen, dass Kinder während der Patenschaft deutlich an Kompromissbereitschaft dazugewinnen – mit ihrem Paten oder ihrer Patin handeln sie des Öfteren aus, wie der Tag aussehen soll. Dabei dürfen natürlich beide nicht zu kurz kommen.

„Dadurch, dass beide die gemeinsame Zeit unterwegs oder in der Wohnumgebung des Paten oder der Patin verbringen, erhalten Kinder ganz neue Impulse.“

Kathrin Klug
Projektkoordinatorin mitKids Aktivpatenschaften Bremen

Welche Vorzüge hat eine Aktivpatenschaft?

Meiner Erfahrung nach genießen es die Patinnen und Paten sehr, noch einmal ein bisschen Kind zu sein. Sie holen voller Begeisterung die Eisenbahn vom Dachboden oder backen gemeinsam mit dem Patenkind Weihnachtskekse. Im besten Fall bedeuten die Treffen auch eine Auszeit vom Alltag für die Paten oder die Patinnen. Alleine sitzen wohl die wenigsten eine Stunde auf dem Spielplatz in der Sonne und schauen Kindern beim Schaukeln zu oder bauen Sandburgen. Mit einer Patenschaft tun Freiwillige also oft Dinge, die sie selbst glücklich machen. Die ehrenamtliche Tätigkeit ist auch sehr sinnstiftend, schließlich können sie damit Familien unterstützen, die Hilfe benötigen. Natürlich erfreuen sich die Paten und Patinnen auch daran, dass Kinder ihr Herz an sie hängen und freudestrahlend auf sie zulaufen, wenn sie abgeholt werden.

Frau hat eine Kinderpatenschaft für ein junges Mädchen inne, zusammen sind sie in der Bücherei.

© iStock / Highwaystarz-Photography

Im Rahmen einer Kinderpatenschaft bekommen die Kleinen stets neue Impulse und genießen die ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Patin oder ihres Paten.

Welche Herausforderungen bringt eine Patenschaft mit sich?

Manchmal sind es ganz alltägliche Hürden – das Kind ist nach dem Kindergarten sehr müde und nörgelig. Jetzt ist die Herausforderung, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich das Kind wohlfühlt und sich erholen kann. Manchmal gibt es aber auch tiefliegende Probleme. Kinder, die schon in Beziehungen enttäuscht wurden, tun sich manchmal schwer, eine neue Bindung aufzubauen. Sie möchten dann vielleicht nicht mit der Patin oder dem Paten mitgehen oder testen ihre Grenzen sehr stark aus. Das kann geschehen, wenn ein Kind die Erfahrung gemacht hat, dass eine lieb gewonnene Person plötzlich aus dem Leben verschwindet, beispielsweise bei einem Partnerwechsel eines Elternteils. Dann lohnt es sich meistens, dranzubleiben und den Kontakt nicht vorzeitig zu beenden. Dahinter steckt oft die Frage des Kindes: „Nimmst du mich auch, wenn ich mich anders verhalte?“

Manchmal gibt es auch Schwierigkeiten mit den Eltern. Wenn sie bemerken, dass ihr Nachwuchs besonders gern mit der neuen Bezugsperson mitgeht, kann das ein Problem für sie sein. Eltern haben dann womöglich die Befürchtung, dass der Pate oder die Patin ihnen den Rang abläuft. Eben weil es viele Herausforderungen gibt, begleiten wir unsere Patenschaften mit Patenschaftsbegleitern und Patenschaftsbegleiterinnen. Sie können bei Konflikten oder unangenehmen Situationen vermitteln. Außerdem achten wir darauf, dass Kinder und Ehrenamtliche gut zueinanderpassen. Es ist beispielsweise schön, wenn beide die gleichen Interessen haben. Das zeigt sich meist bereits bei Gesprächen im Vorfeld oder bei den ersten Besuchsterminen.

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Diese Voraussetzungen gibt es bei einer Kinderpatenschaft

Wer kann Kinderpate oder Kinderpatin werden?

Menschen, die eine Kinderpatenschaft übernehmen möchten, bringen bestenfalls Engagement und Freude im Umgang mit Kindern mit. Außerdem ist die Bereitschaft wichtig, sich selbst weiterzuentwickeln. Schließlich durchlaufen Kinder verschiedene Phasen – das Spielverhalten im Kleinkindalter ist beispielsweise anders als im Schulalter. Hier ist es nötig, die gemeinsamen Aktivitäten mit der Zeit anzupassen. Da es manchmal zu Konflikten zwischen Freiwilligen und Kindern kommen kann, ist es wichtig, dass die zukünftigen Paten oder Patinnen Konflikte lösen können. Bei manchen Kinderpatenschaften ist auch ein bestimmtes Alter vorgesehen. Hat ein Projekt das Ziel, vor allem junge Menschen mit Kindern zusammenzubringen, kann das Aufnahmealter beispielsweise bei höchstens 30 Jahren liegen. Bei vielen Initiativen liegt das Höchstalter bei 70 Jahren – schließlich müssen die Freiwilligen auch körperlich in der Lage sein, mit den Kindern mitzuhalten. Da es bei der Kinderpatenschaft um eine Eins-zu-eins-Betreuung geht, ist es mir persönlich wichtig, dass der zukünftige Pate oder die Patin keine kleinen Kinder mehr hat.

„Menschen, die eine Kinderpatenschaft übernehmen möchten, bringen bestenfalls Engagement und Freude an der Arbeit mit Kindern mit.“

Kathrin Klug
Projektkoordinatorin mitKids Aktivpatenschaften Bremen

Wie lange läuft eine Kinderpatenschaft?

Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt Projekte, bei denen die Patenschaft von vornherein auf ein Jahr festgelegt ist. Andere sind da völlig offen – sie laufen über mindestens ein Jahr, gern aber auch länger. So kommt es, dass Patenschaften über 5, 10 oder sogar 15 Jahre andauern. Die Paten oder Patinnen können so dabei zusehen, wie die Kinder heranwachsen. Übrigens ist bei vielen Patenschaften auch das Alter des Kindes entscheidend. Bei unserem Projekt mitKids fängt die Patenschaft an, wenn das Kind zwischen zwei und neun Jahre alt ist. Einfach deshalb, weil Kinder in dieser Zeit sehr beziehungs- und bindungsfähig sind.

Das sind die Zuständigkeiten und ersten Schritte bei einer Kinderpatenschaft

An wen kann ich mich wenden, wenn ich eine Kinderpatenschaft übernehmen möchte?

Es gibt verschiedene Organisationen, die Kinderpatenschaften ermöglichen. Auch das Jugendamt ist ein möglicher Ansprechpartner. Die zukünftigen Paten und Patinnen werden vor ihrem Einsatz natürlich eingehend überprüft, um die Kinder zu schützen. Häufig gibt es dazu ein Kennenlerngespräch, bei dem ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin einer Organisation in die Wohnumgebung der Freiwilligen kommt. Außerdem ist die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses erforderlich. Zu einem späteren Zeitpunkt findet dann in der Regel ein begleitetes Treffen statt – daran nimmt das Kind, der oder die Freiwillige und ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin der Organisation teil. Wer sich als Kinderpate oder Kinderpatin engagieren möchte, übernimmt ein sogenanntes Ehrenamt – eine Bezahlung ist hier nicht vorgesehen. Allerdings gibt es viele Projekte, bei denen engagierte Menschen eine Aufwandsentschädigung erhalten. Damit können sie beispielsweise die Fahrtkosten decken oder Bastelmaterialien besorgen.

Worauf können Menschen achten, die Pate oder Patin werden?

Steht fest, dass man dieses spannende Ehrenamt übernehmen kann, hilft es, sich an die eigene Kindheit zu erinnern. Was machte mir früher Spaß? Mit welchen Spielsachen beschäftigte ich mich gern? Was habe ich besonders gern gegessen? Dann ist es wichtig, einen Nachmittag in der Woche fest für die Patenschaft einzuplanen und sich am besten bereits zu überlegen, wie der Tag aussehen könnte. Ein grundsätzlich wichtiger Tipp ist, die Zuständigkeiten klar zu trennen. Eltern mischen sich bestenfalls nicht in die Nachmittagsplanung der Ehrenamtlichen ein und diese geben keine Erziehungstipps. So lassen sich viele Konflikte bereits im Vorhinein vermeiden.

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