Eltern
So gehen Sie mit aggressiven Kindern um
Veröffentlicht am:24.02.2022
4 Minuten Lesedauer
Wenn Kleinkinder nicht mehr weiterwissen, werden sie schnell handgreiflich – sie treten, hauen, beißen. Das Verhalten ist in dieser Entwicklungsphase völlig normal. Dennoch sollten Eltern einschreiten.
Woher kommt aggressives Verhalten bei Kindern?
Lena spuckt, Luca schubst und Leon beißt: Ab einem Alter von etwa zwei Jahren lernen Kinder, dass die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen manchmal andere sind als die eigenen. Und das führt leicht zu einem Wutanfall oder körperlichem Aggressionsverhalten mit Hauen, Treten & Co. Zunächst ein ganz natürliches Verhalten.
Denn im Krippenalter entdecken die Kinder ihre Umwelt und auch die Umgebung anderer Kinder. Wenn sie ein Spielzeug sehen, möchten sie es haben und nehmen es sich einfach. Das trifft oft auf wenig Gegenliebe beim Besitzer, der sein Eigentum verteidigt – mit Händen und Füßen.
Kleine Kinder müssen erst lernen, sich im Sozialgefüge zurechtzufinden. Sie handeln impulsiv, da sie noch keine komplexen Konfliktlösungsstrategien gelernt haben. Eine kanadische Studie zeigte auf, dass physisches, aggressives Verhalten in der Altersspanne von eineinhalb bis dreieinhalb Jahren am häufigsten vorkommt und nach dieser Zeit deutlich abebbt.
Wenn Kinder jedoch über mehrere Monate hinweg regelmäßig aggressives Verhalten oder ein sehr stark ausgeprägtes Trotzverhalten zeigen, steckt möglicherweise eine Störung des Sozialverhaltens dahinter. Diesen Kindern fällt es schwerer, ruhig zu lernen, aggressive Impulse zu kontrollieren, die eigenen Bedürfnisse angemessen durchzusetzen und sich an soziale Regeln zu halten. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass die betroffenen Kinder übermäßig oft streiten, andere tyrannisieren, grausam gegenüber Mitmenschen oder Tieren sind, schwere Wutausbrüche haben oder das Eigentum anderer zerstören.
Welche Therapie bei aggressiven Kindern?
Kinder mit anhaltendem aggressiven Verhalten brauchen die Unterstützung durch einen professionellen Psychotherapeuten – und zwar möglichst frühzeitig. Denn sonst droht das aggressive Verhalten langfristige negative Folgen für die soziale Einbindung und die schulische Laufbahn zu haben. Wichtig ist, dass die betroffenen Kinder lernen, ihr aggressives, impulsives Verhalten zu kontrollieren. Das üben sie im Rahmen einer Verhaltenstherapie.
In vielen Fällen müssen Kinder mit Auffälligkeiten im Umgang mit Aggressionen die grundlegenden sozialen Fertigkeiten neu erwerben. Das tun sie im Rahmen der Therapie zum Beispiel durch Rollenspiele. Der Therapeut leitet die Kinder dazu an, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. Das Kind lernt, die eigenen Gefühle besser zu begreifen, die Konfliktsituation richtig einzuschätzen und angemessen zu reagieren.
Was tun, wenn das Kind schlägt?
Es ist wichtig zu wissen, dass Wutanfälle und körperliches Aggressionsverhalten zur Entwicklung des Kindes dazugehören. Insbesondere im Krippenalter ist körperlich gezeigte Aggression völlig normal und nicht therapiebedürftig. Dennoch dürfen Eltern es nicht tolerieren – schließlich soll das Kind ja lernen, dass körperliche Auseinandersetzung nicht der richtige Weg ist, um Konflikte zu lösen.
Das können Eltern tun, wenn ihr Kind schlägt:
- Greifen Sie schnell ein: Wenn sich zwei Kinder hauen, sollten die Erwachsenen sofort einschreiten, sich zwischen die Streithähne stellen und die Kampfhandlung beenden.
- Begeben Sie sich auf Augenhöhe des Kindes und erklären Sie ruhig, aber im bestimmten Tonfall, dass dieses Verhalten nicht geht.
- Sprechen Sie das Kind mit seinem Namen an und berühren Sie es – das verleiht Ihren Worten Nachdruck.
- Bedenken Sie: Insbesondere bei kleinen Kindern ist ein wichtiges Ziel Ihres Einschreitens, dass die anderen Kinder in dieser Situation vor dem schlagenden Kind geschützt sind. Vergessen Sie daher – insbesondere bei Geschwisterstreitigkeiten – nicht, sich auch um die „Opfer“ der Handgreiflichkeit zu kümmern.
Was kann man vorbeugend gegen aggressives Verhalten tun?
Wenn Kinder hauen, beißen oder treten, sollten Erwachsene einschreiten – so viel ist klar. Kinder müssen lernen, dass dieses Verhalten nicht in Ordnung ist und dass sie Konflikte anders lösen können. Eltern und andere Bezugspersonen können sie dabei unterstützen und schon vorbeugend einiges tun, um aggressives Verhalten im Zaum zu halten.
Bedürfnissen Raum geben
Bei kleinen Kindern kommt es zum Beispiel häufig zu aggressivem Verhalten, wenn sie ihren Entdeckungsdrang nicht ausleben können – etwa, weil in der Wohnung zu viele Gegenstände tabu sind. Das können Eltern entschärfen, in dem sie die Anzahl der No-Gos klein halten, sprich: eine Umgebung schaffen, in der die Kinder sich sicher und möglichst frei von Verboten bewegen können.
Aktiv reagieren
Wenn ein Kind anderen wehtut, müssen Erwachsene aktiv einschreiten und Präsenz zeigen. Durch passives Verhalten besteht die Gefahr, dass aggressive Verhaltensmuster eher gefördert werden. Eltern, die auch in Konfliktsituationen auf ihr Kind eingehen, schaffen den Grundstock für Empathie.
„Nein“ sparsam einsetzen
Es ist wichtig, dass Eltern ihren Kindern Grenzen setzen. Ein „Stopp“ oder ein „Nein" ist eine solche klare Grenze. Aber sie funktioniert nur, wenn das „Nein“ nicht zu häufig fällt. Reservieren Sie dieses Wort als höchstes Warnsignal deswegen für Situationen, die für Ihr Kind gefährlich sind oder andere verletzen können – wie eben bei körperlicher Aggressivität.
Regeln klar definieren
Kinder müssen lernen, was erlaubt ist und was nicht. Eine wenig strukturierte Erziehung sowie unklare oder widersprüchliche Regeln können ein gestörtes Sozialverhalten begünstigen – und dadurch auch aggressives Verhalten. Das vermeiden Eltern, indem sie Regeln aufstellen, die nachvollziehbar sind und von allen Beteiligten auch konsequent umgesetzt werden.
Positives Verhalten belohnen
Das Kind hat den Bagger eines anderen Kindes angesteuert, aber losgelassen, als es bemerkte, dass es nicht sein Spielzeug ist – es hat die Situation einsichtig und friedvoll gelöst. Vergessen Sie nicht, Ihr Kind auch – oder gerade – in friedlichen Situationen zu loben. Dadurch bestärken Sie positives Verhalten und beugen aggressivem Verhalten vor.