Eltern
So funktioniert der berufliche Wiedereinstieg nach der Babypause
Veröffentlicht am:01.02.2022
6 Minuten Lesedauer
Nach der Elternzeit stellt sich für viele Eltern die Frage, wann sie wieder in den Beruf zurückkehren sollen. Nicht selten kommen dabei auch Zweifel und Ängste auf. Laut Berufsberaterin Katrin Wilkens ist mit einer guten Planung aber alles machbar.
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Katrin Wilkens ist Job-Profilerin, Journalistin und Autorin.
In ihrer Agentur „i-do“ berät sie seit 2011 Eltern nach der Babypause und hilft ihnen beim Wiedereinstieg in das Berufsleben.
Was gilt es beim Wiedereinstieg in den Job nach der Elternzeit zu beachten?
Zunächst einmal muss man sich überlegen, wann man als Elternteil in den Job zurückkehren möchte und wie – also mit der gleichen oder einer reduzierten Stundenanzahl. Hier würde ich unterscheiden zwischen Männern und Frauen. Frauen legen meist recht früh einen Zeitplan fest, wann sie wieder anfangen wollen zu arbeiten. Bei Männern ist das etwas anders, unter anderem, weil sie oft mehr Geld verdienen und somit Hauptverdiener sind. Eine Möglichkeit ist es, wenn beide gleichzeitig in Elternzeit gehen, zum Beispiel für eine Zeit lang in Teilzeit arbeiten. So können Arbeit, Haushalt und Kindererziehung gerecht aufgeteilt werden. Das erleichtert eine Wiederkehr in den Job ungemein.
Generell ist das Problem nicht, nach der Geburt des Kindes ein bis drei Jahre Pause zu machen und dann in den alten Beruf zurückzukehren – nicht selten schlittern vor allem Frauen nach dem Wiedereinstieg in eine uninteressante Tätigkeit, vor allem wenn sie in Teilzeit arbeiten möchten. Eltern sollten daher frühzeitig miteinander und mit ihrem Arbeitgeber über Elternzeit und die Wiederkehr in den Job reden, damit das nicht passiert. Das Teilzeitmodell hat dabei nicht nur Vorteile, es kann auch negative Folgen mit sich bringen, wie zum Beispiel geringere Rentenansprüche im Alter. Über den sogenannten Rentenausgleich sollten Paare sich daher ebenfalls frühzeitig gemeinsam Gedanken machen, nicht erst dann, wenn das Kind da ist.
Den konkreten Wiedereinstieg in den Job können Eltern ungefähr ein halbes Jahr nach der Geburt ihres Babys untereinander und dann mit dem Arbeitgeber besprechen. Zu dem Zeitpunkt haben sich zu Hause alle aneinander gewöhnt und jeder weiß, was die veränderten Lebensbedingungen mit sich bringen. Zudem muss geklärt werden, wer wie lange zu Hause bleiben möchte. Einige wollen drei Jahre beim Kind bleiben, andere deutlich weniger.
„Über die Elternzeit und die Rückkehr in den Job sollten Eltern offen miteinander und ebenso mit ihren Vorgesetzen sprechen.“
Katrin Wilkens
Job-Profilerin, Journalistin und Autorin sowie Inhaberin der Agentur „i-do“
Welche Probleme können in der Elternzeit aufkommen?
Das Finanzielle spielt eine wichtige Rolle: Es klingt vielleicht ein bisschen spaßbefreit, aber tatsächlich ist ein Finanzplan sehr sinnvoll. So können wichtige Fragen beantwortet werden: Wie viel Geld haben wir, wie viel Geld brauchen wir im Monat und wie viel Geld können oder müssen wir auf die hohe Kante legen – auch für unvorhergesehene Ereignisse? Wie lange können wir uns Teilzeitarbeit überhaupt leisten?
Das zweite Thema ist: Wie teilen wir die reine Hausarbeit sowie andere To-dos auf? Dazu gehören auch Behördengänge, Anträge oder Arzttermine. Das muss nicht unbedingt heißen, dass alles halbe-halbe gesplittet wird, aber beide Seiten sollten die Arbeitsteilung im Idealfall als gerecht empfinden. Nicht selten ist die Situation mit einem Neugeborenen überfordernd, da spielen Routinen und eine feste Aufgabenverteilung eine wichtige Rolle.
Und das dritte wäre: Wo bleibt bei all dieser Organisation und dem Wiedereinstieg eine kleine Insel für uns als Paar? Zweisamkeit ist für Paare mit Kindern etwas, worüber sich beide Seiten Gedanken machen sollten.
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Kann man Eltern die Angst nehmen, als Working Mom/Dad überfordert zu sein?
Ich bin mir nicht sicher, ob man ihnen wirklich die Angst nehmen muss oder ob man ihnen nicht von Anfang an sagen sollte, dass sie sehr schlaflose Jahre erwarten. Mir hat immer ein gutes Freundesnetzwerk geholfen: Die Möglichkeit, die Kinder auch mal schnell abgeben zu können und gut versorgt zu wissen, war eine große Hilfe. Ein Au-pair oder die Großeltern können ebenfalls behilflich sein.
Aber machen wir uns nichts vor – all diese guten Hausgeister können uns am Ende nicht vor der großen Last der schlaflosen Nächte retten. Da muss man den eigenen Perfektionismus und Überanspruch etwas runterschrauben. Es wird nicht alles perfekt laufen, nicht immer alles tipptopp geputzt sein – an diesen Stellen kann man lieber etwas sparen und die Energie anders nutzen.
Wie genau können feste Routinen den Wiedereinstieg erleichtern?
Zum einen sind Routinen für Kinder wahnsinnig wichtig und diese sollten möglichst auch konsequent eingehalten werden, denn nur mit festen Gewohnheiten können Kinder sich frei entfalten, sich geborgen fühlen und „funktionieren“. Eltern helfen Routinen schlichtweg beim Organisieren des Familienalltags. Sie sollten sich einmal die Woche zusammensetzen und besprechen, wer welche Aufgaben – wie etwa den Wocheneinkauf oder einen anstehenden Arztbesuch – übernimmt.
Dabei muss nicht jede Woche gleich ablaufen: Es kann gut sein, dass der Vater in der einen Woche sagt, dass er zu platt ist, um all seine Pflichten wahrzunehmen. In der darauffolgenden Woche könnte es der Mutter dann genauso gehen. Auch hier ist eine offene Kommunikation die beste Lösung.
Welche Wünsche haben Eltern in der Regel, bevor sie wieder anfangen zu arbeiten?
Ein großer Wunsch und gleichzeitig eine der größten Unsicherheiten ist die Vereinbarkeit: Wie bringe ich Job und Familie unter einen Hut? Mit einem Kind denkt man zudem anders als ohne: Das bedeutet, dass die Frage nach dem Sinn der Arbeit ein zweites großes Thema ist. Es muss sich für mich als Elternteil schließlich auch lohnen, dass ich einen Großteil der emotional sehr wertvollen Zeit mit meinem Kind weggebe und anderen zur Verfügung stelle. In der Zeit kann ich nicht bei meinem Kind sein und es wird fremdbetreut. Die meisten Eltern, so auch ich nach meinen drei Elternzeiten, freuen sich jedoch in der Regel wieder darauf, in den Job zurückzukehren und die Kinder in der Kita betreuen zu lassen.
Zuletzt besteht ein Wunsch nach Spaß und Erholung bei den meisten Eltern, bevor sie wieder in den Job zurückkehren. Wer über einige Jahre hinweg ein kleines Kind betüddelt hat, der möchte auch ein wenig Egoismus zeigen: Urlaub machen, sich Me-Time nehmen und nicht immer nur für andere da sein.
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Was hilft Eltern bei der Rückkehr in den Job: Welche Tipps geben Sie ihnen?
Am wichtigsten ist das positive Gefühl, dass das eigene Kind gut versorgt ist. Ein schlechtes Gewissen oder ungutes Gefühl ist nie förderlich, wenn es darum geht, glücklich in den Job zurückzukehren. Tatsächlich ist Homeoffice da eine gute Möglichkeit, um etwas Druck aus dem Alltag rauszunehmen. Das Arbeiten von zu Hause aus kann sich gleichzeitig aber auch negativ auswirken, wenn man die eigenen vier Wände gar nicht mehr verlässt. Hier ist eine gute Mischung sicher das Beste
„Ein gutes Gefühl, was die Kinderbetreuung angeht, ist für arbeitende Eltern das Wichtigste.“
Katrin Wilkens
Job-Profilerin, Journalistin und Autorin sowie Inhaberin der Agentur „i-do“
Wer nicht im Homeoffice arbeitet, freut sich über einen Chef, der Verständnis zeigt und familienfreundliches Arbeiten ermöglicht. Niemandem ist geholfen, wenn einen das schlechte Gewissen plagt, weil man mit einem kranken Kind zu Hause bleiben muss. Müttern rate ich zudem besonders dazu, Privates und Berufliches zu trennen. Kuschelbilder mit den Kleinen haben auf der Arbeit nicht unbedingt etwas zu suchen. Diese machen einen Mitarbeiter vielleicht sympathisch, aber sorgen nicht unbedingt für Respekt.
Mein Tipp: Sehen Sie vor allem zu, dass Sie Ruheinseln in Ihrem Terminkalender planen, als wäre es ein festes Date – für sich selbst und für die Zeit als Paar. Schrauben Sie Ihren eigenen Perfektionismus runter, die Elternzeit ist für Kind und Eltern da, nicht, um produktiv zu sein oder beruflich voranzukommen. Fokussieren Sie sich bei der Erziehung auf die wichtigen Dinge, seien Sie für Ihr Kind und dessen Bedürfnisse da. Alles zu 100 Prozent perfekt zu machen ist unrealistisch. Vergessen Sie dabei, falls vorhanden, die größeren Geschwister nicht. Auch diese wollen betreut werden. Es geht nicht nur um das neue Kind.