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Geburt

Inkontinenz nach Geburt: Das können Sie tun

Veröffentlicht am:19.04.2022

5 Minuten Lesedauer

Etwa 23 Prozent aller Frauen haben nach einer vaginalen Entbindung Schwierigkeiten damit, den Urin zu halten. Ein Tabuthema, über das betroffene Frauen oft nicht oder nur ungern sprechen. Dabei können die Beschwerden geheilt oder zumindest gelindert werden.

Eine junge Mutter hält ihr Baby im Arm und küsst es auf die Stirn.

© iStock / Mikolette

Welche Arten von Harninkontinenz gibt es?

Wenn Sie unfreiwillig Urin verlieren, nennen das Mediziner Harninkontinenz oder Blasenschwäche. Anders als häufig vermutet, handelt es sich dabei nicht ausschließlich um eine Sache des Alters. Vor allem nach der Geburt können Frauen unter einer Harninkontinenz leiden.

Zu den häufigsten Harninkontinenz-Arten zählen:

  • Belastungsinkontinenz: Der Verschlussmechanismus der Harnröhre ist beeinträchtigt und es kommt bei Druckanstieg im Bauchraum zu ungewolltem Abgang von Urin. Sie bemerken den ungewollten Harnverlust je nach Schweregrad zum Beispiel beim Husten, Niesen oder beim Sport.
  • Dranginkontinenz: Aus unterschiedlicher Ursache wie zum Beispiel einer Infektion oder einer neurologischen Erkrankung kommt es zu einer Sensibilisierung der Harnblase. Die Blase zeigt sich überaktiv. Der sehr ausgeprägte Harndrang und der ungewollte Verlust von Urin können vor allem in den Nachtstunden belastend sein.

Wenn Sie nach einer Geburt unter unfreiwilligem Harnverlust leiden, kommt vor allem eine Belastungsinkontinenz infrage.

Blasenschwäche nach Geburt: Häufig liegt es am Beckenboden

Die Beckenbodenmuskulatur bildet den Boden der Bauchhöhle und unterstützt die Harnröhre, die Blase und den After in ihrer Funktion. So kann ein zu schlaffer Beckenboden einen unkontrollierten Urinabgang begünstigen. Dass manche Frauen nach der Geburt Probleme mit ihrer Blase haben und andere nicht, führen Experten auf verschiedene Gründe zurück. Dabei spielt zum Beispiel eine von Natur aus schwächere Beckenbodenmuskulatur neben dem Alter und Gewicht eine Rolle.

Diese Faktoren sind mit einem erhöhten Inkontinenzrisiko nach der Geburt verbunden:

  • eine lange Austreibungsphase während der Geburt
  • fortgeschrittenes Alter der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt
  • eine bereits bestehende Inkontinenz in der Schwangerschaft
  • erhöhter BMI der Mutter vor der Schwangerschaft und zum Zeitpunkt der Geburt
  • starke Gewichtszunahme während der Schwangerschaft
  • Schwangerschaftsdiabetes
  • ein hohes Geburtsgewicht des Kindes

Gut zu wissen

Eine Geburt ist eine Belastung für den Körper – die Muskulatur und das Bindegewebe werden stark gedehnt.

Das kann zur Folge haben, dass der Beckenboden nach der Geburt nicht mehr so fest ist. Da die Beckenbodenmuskulatur den Verschluss der Harnröhre reguliert, kann dadurch eine Inkontinenz begünstigt werden.

Suchen Sie das Gespräch mit Hebamme und Gynäkologin

Wenn Sie unkontrolliert Urin verlieren, sollten Sie das vertrauensvolle Gespräch mit Ihrer Hebamme und Ihrem Gynäkologen suchen. Es handelt sich um ein sehr häufiges Problem und kann in den meisten Fällen gut behandelt werden.

Nach einem ausführlichen Gespräch zu Schwangerschaft und Geburtsverlauf sowie eventuell bestehenden Vorerkrankungen wird Sie der Gynäkologe um eine genaue Beschreibung der Symptome bitten.

Zur Basisdiagnostik gehören folgende Untersuchungsverfahren:

  • Harnuntersuchung (unter anderem zum Ausschluss einer Infektion der harnableitenden Organe)
  • die Bestimmung von Restharn mittels Ultraschall
  • die gynäkologische Tastuntersuchung von Beckenbodenmuskulatur und die Beurteilung eventuell abgesenkter Organe wie Scheide, Gebärmutter oder Blase
  • Hustentest (Husten mit voller Blase, um eine Belastungsinkontinenz zu sehen)
  • Vorlagenwiegetest (Husten, Treppensteigen, Kniebeugen, auf der Stelle hüpfen mit voller Blase)

Meist kann schon so eine Diagnose gestellt werden. Ist eine weitere Abklärung erforderlich, können sich weitere Untersuchungsverfahren wie beispielsweise urodynamische Messungen zur Untersuchung der funktionellen Abläufe der Blasenfunktion oder auch bildgebende Verfahren anschließen.

Eine junge Frau mit Inkontinenz sitzt auf einer Toilette.

© iStock / mheim3011

Sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt oder Ihrer Hebamme, wenn Sie nach der Geburt unter Inkontinenz leiden. Sie werden Sie dazu beraten, wie eine Behandlung aussehen kann.

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Wie wird eine Inkontinenz nach der Geburt behandelt?

Liegt eine Belastungsinkontinenz vor, so steht die Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur ganz oben auf der Liste. Dafür erhalten Sie eine Verordnung für eine physiotherapeutische Behandlung, in der Sie Übungen erlernen, die der Kräftigung der Muskeln und des Bindegewebes im Bereich des Halteapparates des Beckenbodens dienen. Diese sollten Sie dann auch zu Hause alleine weiter ausführen. Der von der Geburt stark in Anspruch genommene Beckenboden sollte jedoch nicht zu früh oder falsch angesprochen werden, da sich sonst die Inkontinenz verstärken kann. Ihr Arzt oder Ihre Hebamme wird Sie dazu beraten, wann der richtige Zeitpunkt für den Beginn der Übungen ist.

Daneben sollte auch ein Augenmerk auf mögliche Lebensstil-Veränderungen gelegt werden. Dazu zählen beispielsweise eine Verringerung von Übergewicht oder der Verzicht auf das Heben schwerer Gegenstände. Für einige Frauen kommt auch eine Pessartherapie infrage. Ein Pessar stützt die Harnröhre und die Blase bei körperlicher Aktivität und wird von den Frauen selbst eingeführt und auch wieder entfernt. Führen konservative Verfahren nicht zum gewünschten Erfolg, so können auch operative Verfahren in Erwägung gezogen werden.

Hebammen oder Physiotherapeuten können dabei helfen, Ihren Beckenboden nach der Geburt wieder fit zu machen. Mit der AOK-Hebammensuche finden Sie schnell und einfach Hebammen in Ihrem Umfeld.

Die AOK unterstützt Sie dabei

Das können Sie selbst bei Blasenschwäche nach der Geburt tun

  • Reden Sie darüber: Über 70 Prozent aller Frauen, die im ersten Jahr nach der Geburt unter einer Inkontinenz leiden, fragen ihren Arzt nicht um Rat. Womöglich deshalb, weil es ihnen peinlich ist oder sie denken, das gehört irgendwie zum Muttersein dazu. Sie sollten sich jedoch unbedingt an Ihren Gynäkologen wenden, wenn Sie nach dem Wochenfluss unwillkürlich Urin verlieren. So können die Therapie schnell eingeleitet und Ihre Lebensqualität erhöht werden. Übrigens: In vielen Fällen verschwindet eine Belastungsinkontinenz nach der Behandlung wieder.
  • Trainieren Sie Ihren Beckenboden: Einmal professionell angeleitet, können Sie die Übungen auch ganz einfach zu Hause durchführen. Um Ihr Wissen wieder aufzufrischen, eignen sich Videos. Aber haben Sie Geduld: Der Beckenboden braucht häufig drei bis sechs Monate, bis er spürbar gekräftigt ist.
Diplom Sportmanagerin und Personal Trainerin Andrea Bodor zeigt Ihnen wirkungsvolle Übungen für Ihren Beckenboden nach der Geburt.

  • Bauen Sie überflüssige Pfunde ab: Zusätzliche Kilos können den Druck auf das Harnsystem erhöhen. Mit einer gesunden Ernährung und einer moderaten Bewegung, zum Beispiel in Form von regelmäßigen Spaziergängen oder Schwimmen, bleiben Sie fit und reduzieren Ihr Gewicht.
  • Machen Sie kleine Lebensstil-Veränderungen: Chronischer Husten, das Heben schwerer Gegenstände, harntreibende Getränke, zum Beispiel grüner Tee oder Kaffee, und Stress haben eines gemeinsam: Sie unterstützen den Harndrang beziehungsweise den unkontrollierten Verlust von Urin. Bis Ihre Beckenbodenmuskulatur wieder fit ist, bietet es sich daher an, vorübergehend auf diese Getränke zu verzichten. Zudem sollten Stress und das Tragen schwerer Gegenstände vermieden werden.

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