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Bonding: Warum die Eltern-Kind-Bindung so wichtig ist

Veröffentlicht am:19.12.2023

6 Minuten Lesedauer

Kaum ist ein Baby geboren, sucht es nach Nähe. Der Herzschlag, der Geruch und die Wärme der Eltern geben ihm Sicherheit. Was eine gute Eltern-Kind-Bindung von Geburt an bewirken kann und warum sie so wichtig für die Entwicklung des Babys ist, lesen Sie hier.

Eine Mutter hält ihr Neugeborenes zärtlich im Arm, Körperkontakt stärkt die Eltern-Kind-Bindung.

© iStock / Mikolette

Was ist Bonding?

Viele Monate warten werdende Eltern auf den Moment, in dem sie ihr Baby endlich im Arm halten können. Unmittelbar nach der Geburt beginnt die Kennenlernphase und im optimalen Fall das sogenannte Bonding. Dieser Begriff stammt aus dem Englischen und bedeutet „Bindung“. Dabei entsteht ein emotionales Band zwischen Eltern und Kind. Durch zärtliche Berührungen, intensiven Körperkontakt, Fürsorge und Liebe wächst eine innige emotionale Beziehung heran. Diese zarte, stetig wachsende Verbindung ist aber nicht auf die ersten Tage nach der Geburt beschränkt – sie entwickelt sich über viele Monate hinweg. Das Baby zeigt dabei von der Natur bestimmte Verhaltensweisen, um Vater und Mutter sein Bedürfnis nach Nähe mitzuteilen. Anfangs macht es durch Schreien auf sich aufmerksam. Später gehören Rufen, Anklammern oder gezieltes Suchen nach Nähe zum Bindungsverhalten.

Warum ist die Eltern-Kind-Bindung so wichtig?

Ein Säugling, der auf der Brust der Mutter oder des Vaters liegt – bei dem Begriff Bonding haben viele Menschen automatisch dieses Bild im Kopf. Tatsächlich ist der enge Körperkontakt direkt nach der Geburt wichtig, um sich gegenseitig zu beschnuppern und die Bindung zu stärken. So fühlt sich das Baby sicher, erfährt Liebe und Zuwendung. Das Bonding, insbesondere in den ersten Lebensmonaten, trägt aber nicht nur kurzfristig zum Wohlbefinden des Kindes bei, es unterstützt auch langfristig die Entwicklung des Babys. Eine gute Eltern-Kind-Beziehung gilt als Schlüsselfaktor für die spätere Beziehungsfähigkeit und die Entwicklung von Selbstvertrauen. Wenn Babys spüren, dass sie sich in einer verlässlichen, sicheren Umgebung befinden, können sie leichter Urvertrauen aufbauen. Urvertrauen ist ein Grundvertrauen in andere Menschen und die Umgebung. Das Vertrauen in andere Menschen ist wiederum ein wichtiger Faktor für die Fähigkeit, sich auf Beziehungen einzulassen. Eine Untersuchung hat beispielsweise gezeigt, dass Kinder, die eine vertrauensvolle Bindung zu ihrer Mutter haben, im Vorschulalter engere Freundschaften eingehen.

Wie entwickelt sich die Bindung zwischen Eltern und Kind im ersten Lebensjahr?

Die liebevolle Bindung zwischen Eltern und Kind wächst über viele Jahre und verläuft in mehreren Etappen. Es gibt also nicht den einen Moment, den Eltern verpassen können — Bonding ist ein langer Prozess mit vielen Gelegenheiten, dem Kind das zu geben, was es braucht.

Vorbindungsphase in den ersten zwei Lebensmonaten:

  • Das Baby lernt enge Bezugspersonen wie Mutter oder Vater kennen. Es erfährt, dass sie auf die Signale wie Schreien reagieren und seine Bedürfnisse erfüllen können.
  • In diesen zwei Monaten ist enger Körperkontakt wichtig, denn er vermittelt Sicherheit und Geborgenheit. Sich zeitweise zu trennen, muss das Baby erst allmählich lernen.

Beginnende Bindungsphase ab dem dritten Lebensmonat:

  • Nun bindet sich das Baby an eine Person, zu der intensiver Kontakt besteht. Auf fremde Menschen reagiert das Baby anders – es streckt ihnen beispielsweise nicht die Arme entgegen.
  • Am Ende dieser Phase (ungefähr zwischen sechs und acht Monaten) beginnt das typische „Fremdeln“. Dabei wendet das Kind den Kopf von anderen ab, klammert sich an die Bezugsperson oder fängt beim Anblick von Fremden an zu weinen. Der Säugling kann deutlich zwischen nahestehenden und fremden Personen unterscheiden.
  • Um Nähe zu erleben, benötigt das Baby nun nicht mehr ausschließlich engen Körperkontakt. Auch Blickkontakt oder Ansprache können helfen.

Eindeutige Bindung ab etwa siebtem Lebensmonat:

  • Die geistigen und emotionalen Fähigkeiten reifen heran. Dadurch spürt das Baby eine Distanz zwischen sich und beispielsweise der Mutter oder dem Vater deutlicher.
  • Es zeigt durch Weinen, Festklammern oder Armeausstrecken sein Bedürfnis nach Nähe. Die Sicherheit, vermittelt durch die Bezugspersonen, ist für ein Baby insbesondere dann wichtig, wenn es seine Umgebung entdeckt.

Woran erkennt man eine gelungene Eltern-Kind-Bindung?

Es gibt verschiedene Anzeichen für ein gelungenes Bonding. Kinder mit einem sicheren Bindungsmuster sind selbstbewusster als unsicher gebundene Babys. Selbstständig und ohne übermäßige Angst beginnen sie Erkundungstouren in ihrer Umgebung oder beschäftigen sich spielerisch mit Alltagsgegenständen wie den Schubladen einer Kommode. Dabei fällt auf: Sicher gebundene Kinder wirken ausgeglichen, neugierig und scheuen keine neuen Erfahrungen. Das liegt daran, dass sie von Anfang an eine verlässliche Person an ihrer Seite hatten.

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Welche Anzeichen gibt es für eine gestörte Eltern-Kind-Bindung?

Manchmal gelingt es nicht, eine gute Eltern-Kind-Bindung aufzubauen. Das ist beispielsweise bei Kindern der Fall, die vernachlässigt werden oder sozial isoliert heranwachsen. Daraus kann eine Bindungsstörung entstehen. Betroffene Kinder können ein ängstliches oder unsicheres Verhalten zeigen. Es kann ihnen allgemein schwerfallen, soziale Kontakte aufzubauen. Mediziner und Medizinerinnen sprechen hier von einer sogenannten gehemmten Bindungsstörung. Die ungehemmte Form liegt hingegen vor, wenn ein Kind zwar gezielt den Kontakt zu anderen Personen sucht, daraus aber keine vertrauensvollen Beziehungen entstehen. Vielmehr steckt eine wahllose Suche nach Aufmerksamkeit dahinter. Doch Vorsicht: Nicht jedes schüchterne oder introvertierte Kind ist automatisch unsicher gebunden – der individuelle Charakter spielt hier eine wichtige Rolle.

Nicht nur Eltern, auch Großeltern können wichtige Bindungspersonen sein

Bei der kindlichen Entwicklung profitieren Babys von mindestens einer Bindungsperson. Oft ist das die Mutter oder der Vater – oder natürlich beide. Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch zum Beispiel Oma oder Opa eine wichtige Bezugsperson sein können. Kann sich das Kind auf zwei oder mehr Bindungspersonen verlassen, erleichtert das den Alltag. Zum Beispiel, wenn die Eltern etwas alleine unternehmen möchten.

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Innige Beziehung trotz Intensivstation: So gelingt eine liebevolle Bindung

Viele Eltern machen sich Sorgen, keine enge Bindung zu ihrem Kind aufbauen zu können, wenn ihr Baby beispielsweise nach der Geburt zunächst auf der Intensivstation behandelt werden muss. Dadurch kann, zusätzlich zur bereits angespannten Situation, ein großer Druck auf Eltern entstehen. Doch keine Sorge, die ersten Stunden nach der Geburt sollten nicht überschätzt werden und ihr Verlauf ist nicht ausschlaggebend für die Bindungsqualität zwischen Bezugsperson und Neugeborenem. Auch bei einem schwierigen Start in das Leben und mit einer zeitlich begrenzten Trennung vom Baby entwickeln sich innige Beziehungen zwischen Eltern und Kind. Um diese Entwicklung zu fördern, dürfen Eltern sich in den Kliniken zum Beispiel täglich an der Pflege ihres Babys beteiligen. Auch das sogenannten „Känguruhen“ hilft dabei, dem Kind möglichst viel elterliche Wärme zu geben. Dabei wird das nackte Baby für eine gewisse Zeit auf den unbekleideten Oberkörper der Eltern gelegt. Zusätzlich zu diesen Kuschelstunden erhalten Eltern von frühgeborenen oder kranken Babys in Kliniken in der Regel psychologische Unterstützung und Beratung, um die Eltern-Kind-Bindung trotz der schweren Anlaufphase gut gelingen zu lassen.

Zwei Väter kümmern sich um ihr Neugeborenes, um das Bonding zu stärken.

© iStock / SolStock

In den ersten zwei Lebensmonaten ist enger Körperkontakt zum Baby wichtig, das vermittelt Geborgenheit und stärkt das Bonding.

Tipps für ein gelungenes Bonding

Direkt nach der Geburt lernen Eltern ihre Babys kennen und können meist gar nicht die Augen von ihrem Nachwuchs lassen. Das ist gut so, denn viel Zuwendung, Sicherheit und Kommunikation stärken bereits jetzt die Eltern-Kind-Bindung.

Eltern-Kind-Bildung stärken: Drei Bonding-Tipps für die Zeit nach der Geburt.

  1. Das Auflegen auf die Brust: Durch das Auflegen, am besten Haut auf Haut, hört der Nachwuchs den Herzschlag, nimmt den Geruch der Eltern und die Körperwärme wahr. Mütter und Väter können sich beispielsweise bei der Kreißsaalbesichtigung erkundigen, wie das Krankenhaus erste Bonding-Versuche unterstützt.
  2. Das Stillen: Beim Stillen erhält das Baby praktisch ein Rundum-Paket. Dazu zählen Wärme, Körperkontakt und Nahrung. Stillen kann sich deshalb ebenfalls positiv auf die Mutter-Kind-Bindung auswirken. Wenn das Stillen nicht geplant oder möglich ist, können Eltern ihrem Baby die Flasche geben – am besten legen sie ihr Baby dabei eng an den nackten Oberkörper an.
  3. Mit dem Baby sprechen: Eine vertraute Stimme vermittelt ebenfalls Sicherheit. Mit ruhiger Stimme können Eltern dem Säugling beispielsweise von dem eingerichteten Kinderzimmer oder den Plänen für die Zukunft erzählen – intensiver Blickkontakt verstärkt die positive Atmosphäre zusätzlich.

Haben Mütter den Eindruck, dass sie keine Bindung zu ihrem Kind aufbauen können oder empfinden sie keine Freude an dem Kontakt mit dem Nachwuchs, kann das auf eine postpartale Depression, auch als Wochenbettdepression bezeichnet, hindeuten. Der Entbindungspfleger oder die Hebamme, der Kinderarzt oder die Kinderärztin können Unterstützungsangebote vermitteln. Ein Familienentbindungspfleger oder eine Familienhebamme kann die Entwicklung einer gelungenen Mutter-Kind-Bindung beispielsweise unterstützen.

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