Geburt
Wochenbettzeit ist Kennenlernzeit – aber auch Schonzeit
Veröffentlicht am:21.04.2023
7 Minuten Lesedauer
Die Geburt ist geschafft, Mutter und Baby sind wohlauf – jetzt beginnt das Wochenbett. Doch was erwartet die frischgebackenen Eltern in dieser Zeit? Mit diesen Tipps kommen alle gut durch die ersten Wochen.
Was ist das Wochenbett und warum ist es so wichtig?
Das Wochenbett, auch Puerperium genannt, beginnt unmittelbar nach der Geburt und dauert in der Regel sechs bis acht Wochen – bei einem Kaiserschnitt zwei Wochen länger. In dieser Zeit erholt sich der Körper der Mutter von den Strapazen der Schwangerschaft und der Geburt; eventuelle Geburtsverletzungen verheilen und bei stillenden Frauen pendelt sich das Stillen ein. Viel Ruhe und Zeit zum Kennenlernen ist im Wochenbett das Wichtigste. Die Eltern müssen sich nicht nur in ihre neuen Rollen einfinden, sondern auch lernen, die Bedürfnisse des Babys zu deuten. Und auch der Säugling selbst muss erst einmal in der neuen Umgebung ankommen.
Einige Eltern verzichten in den ersten Wochen nach der Geburt sogar komplett auf Besuche. Sie wollen ihr Baby vor zu vielen Reizen schützen und sich ganz auf das sogenannte „Bonding“, also die Bindung zum Baby, konzentrieren. Das Gefühl von Geborgenheit, Körperwärme und Zuwendung sind dabei Faktoren, die nicht nur das Urvertrauen des Babys aufbauen, sondern sich auch positiv auf die Eltern auswirken. Bonding fördert bei der Mutter zum Beispiel die Milchbildung, vermindert das Schmerzgefühl und sorgt für emotionale Ausgeglichenheit.
Was passiert im Wochenbett mit dem Körper?
Der Spruch „Im Wochenbett muss alles fließen – Blut, Milch und Tränen“ kommt nicht von ungefähr: Während der Schwangerschaft hat sich der Körper der Frau darauf eingerichtet, dass sich das Baby in der Gebärmutter gut entwickeln kann. Nach der Geburt muss die Gebärmutter sich wieder zurückbilden, mit dem Wochenfluss wird abgestorbenes Material und Wundgewebe ausgeschwemmt, die Milchbildung kommt in Gang. Und dann sind da auch noch all die Eindrücke und Emotionen, die die Mutter erst einmal verarbeiten muss.
Die Hormone stellen sich um
Nach der Geburt sinken der Östrogen- und Progesteronspiegel. Bei der stillenden Mutter steigt der Prolaktinspiegel, der für den Milchfluss verantwortlich ist. Die vermehrte Prolaktinproduktion verhindert in den meisten Fällen einen Eisprung und das Einsetzen eines Menstruationszyklus nach der Geburt – wobei Stillen kein sicheres „Verhütungsmittel“ ist. Bei Frauen, die nicht stillen, kommt es normalerweise nach etwa sechs Wochen wieder zu einer Menstruationsblutung.
Achtung: Der Abfall des Östrogenspiegels kann vorübergehenden Haarausfall verursachen, das sogenannte postpartale Effluvium. Bewahren Sie in diesem Fall Ruhe. Der Hormonhaushalt reguliert sich nach einigen Monaten wieder – und damit auch der Haarverlust.
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Die Gebärmutter bildet sich zurück
Die Gebärmutter hat sich während der Schwangerschaft um das Zwanzigfache vergrößert und schrumpft nun wieder auf ihre normale Größe. Begünstigt wird dies durch die Nachwehen, den Östrogen- und Progestonabfall und – bei stillenden Frauen – das Hormon Oxytocin. Die Produktion dieses Hormons wird durch den Saugreiz des Babys angekurbelt. Gerade in den ersten Tagen nach der Geburt sind Nachwehen normal. Das Zusammenziehen der Gebärmutter beschleunigt auch den Wochenfluss (Lochien). Die Blutung kommt aus der Wunde, die nach der Geburt durch die Ablösung des Mutterkuchens, der Plazenta, von der Gebärmutterwand entstanden ist. Die Wunde wird mit der Rückbildung der Gebärmutter immer kleiner und ist in der Regel bis zum Ende des Wochenbetts verheilt.
Was braucht man für das Wochenbett?
Für Wochenbetteinlagen gibt es mittlerweile viele Anbieter und große Preisunterschiede. Tipp: Inkontinenzeinlagen sind günstiger und reichen – je nach Stärke der Blutung – auch aus. Stilleinlagen sind besonders zu Beginn der Stillzeit empfehlenswert, wenn Säugling und Milchproduktion noch nicht im Rhythmus sind. Brustwarzensalbe hilft bei wunden Brustwarzen. Kühlpads für Brust und Intimbereich lindern gerade nach der Geburt Schmerzen und Spannungsgefühle. Ein mit Wasser gefüllter Messbecher mit Ausgießer neben der Toilette hilft beim schonenden Abwaschen von Blutresten und Urin – und kühlt zudem. Alle Produkte sind entweder in der Apotheke oder in Drogeriemärkten erhältlich.
So sieht der Wochenfluss aus und so lange dauert er
In den ersten Tagen nach der Geburt ist der Wochenfluss am stärksten und hat eine dunkelrote Farbe. Gegen Ende der zweiten Woche gehen die Lochien auf Menstruationsstärke zurück; das Blut wird brauner. Kleine Blutkoagel, Ansammlungen von geronnenem Blut, sind in dieser Phase häufig. Ab der dritten Woche treten dann nur noch Schmierblutungen auf, die bis zum Ende des Wochenbetts in einen cremigen, gelblichen bis weißlichen Ausfluss übergehen. Der Wochenfluss darf nicht übel riechen – sonst liegt vermutlich eine Infektion vor.
Was ist ein Wochenflussstau?
Wenn der Wochenfluss plötzlich aufhört, kann es sich um einen Wochenflussstau handeln. Ein größerer Blutkoagel, der das Abfließen verhindert, aber auch ein verengter Muttermund nach einem Kaiserschnitt können die Ursache sein. In jedem Fall sollte ein Wochenflussstau ärztlich abgeklärt werden, da eine Entzündung der Gebärmutterschleimhaut oder -muskulatur und sogar eine lebensbedrohliche Blutvergiftung (Sepsis) die Folge sein können. Lassen Sie sich bei hohem Fieber oder Schüttelfrost direkt ins Krankenhaus fahren.
Blase und Darm nach der Geburt
Der erste Toilettengang nach der Geburt kann aufgrund der Geburtsverletzungen mit Schmerzen verbunden sein und auch später können im Wochenbett noch Probleme mit Blase und Darm auftreten. Ob verstärkter Harndrang durch das Ausschwemmen von schwangerschaftsbedingten Wassereinlagerungen oder unkontrollierter Urinabgang beim Niesen oder Lachen – all das ist normal. Der Beckenboden muss erst wieder aktiv in Form gebracht werden. Rückbildungsübungen helfen dabei.
Viele Wöchnerinnen leiden zudem unter vergrößerten oder tiefergetretenen Hämorrhoiden. Entsprechende Salben können Juckreiz und Schmerzen lindern.
Tränen im Wochenbett
Die hormonelle Veränderung kann Auslöser für den sogenannten Babyblues sein, unter dem rund 75 Prozent der Mütter nach der Geburt leiden. Diese leichte Form einer Depression hält aber in der Regel nur kurz an. Auch der Partner oder die Partnerin kann unter Babyblues leiden, sich ängstlich, erschöpft und traurig fühlen. Laut Experten und Expertinnen sind etwa fünf bis zehn Prozent der Väter davon betroffen. Achtung: Dauert das Stimmungstief länger als zwei Wochen, kann eine Wochenbettdepression (Postpartale Depression) vorliegen, die fachärztlich behandelt werden muss. Bei Unsicherheiten in Bezug auf die neuen Aufgaben oder die Vaterrolle können Organisationen wie „Frühe Hilfen“ oder Verbände wie „pro familia“ helfen.
Thrombose im Wochenbett
Geschwollene und schmerzende Beine im Wochenbett können wie in der Schwangerschaft auch ein Alarmsignal sein – eine Venenthrombose könnte vorliegen. Neben Embolien zählen sie mit 0,1 Prozent zu den häufigsten lebensbedrohlichen Komplikationen im Wochenbett. Bei einer Thrombose verstopft ein Blutgerinnsel eine Vene, bei einer Embolie wird der Pfropf mit dem Blutstrom fortgeschwemmt verschließt an einer anderen Stelle im Körper ein Gefäß. Beschwerden sollten deshalb immer ärztlich abgeklärt werden. Das gilt insbesondere bei Thrombosefällen in der Familie, bei übergewichtigen Bluthochdruckpatientinnen oder bei Frauen mit hoher Gerinnungsneigung. Bestimmten Frauen mit erhöhtem Thromboserisiko wird in der Regel zu vorbeugenden Maßnahmen geraten.
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Was sollte man im Wochenbett machen beziehungsweise nicht machen?
Das Wochenbett dient in erster Linie der Erholung von Mutter und Kind von der Geburt. Wann wer wieder wie fit ist, ist von Frau zu Frau verschieden. Einige Grundsätze gelten allerdings für jede Wöchnerin beziehungsweise für jedes Wochenbett – egal, um das wievielte Kind es sich handelt:
- Auf Vollbäder, Schwimmbadbesuche und Tampons sollte während des Wochenflusses verzichtet werden – und: Geschlechtsverkehr wenn nur mit Kondom. Sonst können Bakterien in die Gebärmutter gelangen.
- Kurze Spaziergänge, Kreislauf- oder Beckenbodenübungen sowie andere sportliche Aktivitäten sind nach Absprache mit der Hebamme zu empfehlen.
- Dammschnitt- oder Kaiserschnittnarben müssen behutsam gepflegt werden: Nur Wasser, kein Duschgel verwenden und am besten an der Luft trocknen lassen.
- Gesunde und ausgewogene Ernährung: Ballaststoffe helfen, einer Verstopfung vorzubeugen. Ein möglichst weicher Stuhlgang verhindert starkes Pressen, das eine Dammrisswunde noch mehr belasten würde.
- Weiche, bequeme Slips tragen – in den ersten Tagen reichen auch die Krankenhaushöschen.
- Sich Zeit als Paar nehmen: Beziehungsprobleme nach der Geburt sind keine Seltenheit. Jeder beziehungsweise jede muss sich erst einmal im neuen Lebensabschnitt zurechtfinden. Gerade der Schlafmangel und das Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse zerren an den Nerven. Sich eine Auszeit zum Kuscheln oder Reden zu nehmen, wenn das Baby zum Beispiel schläft, kann helfen, den Übergang zur Elternschaft zu meistern.
Was macht die Hebamme nach der Geburt und wer zahlt sie?
Jede Frau hat nach der Geburt Anspruch auf eine sogenannte Nachsorgehebamme. Sie macht bis zum zehnten Tag nach der Geburt täglich einen Hausbesuch – wenn gesundheitlich notwendig auch zwei. Dabei kontrolliert sie die Rückbildung der Gebärmutter, die Entwicklung des Babys, den Heilungsprozess des Nabels sowie bei einem Kaiserschnitt die Narbe. Außerdem beantwortet die Hebamme alle Fragen rund um das Wochenbett und das Muttersein. Bei Bedarf steht sie gesetzlich versicherten Frauen in den ersten zwölf Lebenswochen des Babys mit insgesamt 16 Hausbesuchen zur Verfügung – bei Frühchen noch länger. Bei Ernährungsfragen ist die Hebammenberatung in der Regel bis zu neun Monate nach der Geburt möglich, bei Stillfragen bis zum Ende der Abstillphase. Die Kosten hierfür werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Privatversicherte erkundigen sich am besten vorab nach ihren Leistungsansprüche bei ihrer Krankenkasse. Generell gilt: Im ersten Lebensjahr des Babys darf die Hebamme bei Fragen und Unsicherheiten jederzeit angerufen werden.
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