Geburt
Was Schwangere alles über Wehen wissen sollten
Veröffentlicht am:04.05.2023
6 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 31.07.2024
Wehen läuten nicht nur die Geburt ein. Sie treten auch während und nach der Schwangerschaft auf. Allerdings unterscheiden sie sich in ihrer Intensität und Dauer. Auf was Schwangere achten, und welche Wehen sie besser ärztlich abklären lassen sollten, erfahren Sie hier.
Was sind Wehen?
Wehen sind Kontraktionen der Gebärmutter, bei denen sich die Gebärmuttermuskulatur im Wechsel zusammenzieht und entspannt. Wehen läuten nicht nur die Geburt ein, sondern können auch während der Schwangerschaft auftreten. Mit ihnen trainiert die Gebärmutter quasi für die Geburt.
Gegen Ende der Schwangerschaft schüttet der Körper vermehrt Östrogene aus. Hierdurch wird das wehenfördernde Hormon Oxytocin produziert. Die Gebärmutter zieht sich so immer wieder und immer stärker zusammen. Die Wehen werden intensiver, der Gebärmutterhals (Zervix) weicher – der Körper bereitet sich auf die Geburt vor.
Viele Schwangere werden in den letzten Tagen vor dem errechneten Geburtstermin ungeduldig und fragen sich, wie sie die Geburtswehen selber in Gang setzen können. Viele Empfehlungen beruhen auf Erfahrungen und sind nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht. Am besten vertrauen gesunde Frauen auf ihren Körper und die Natur – wenn das Baby so weit ist, werden die Wehen schon einsetzen.
In den Geburtsprozess selbst sollte normalerweise nicht eingegriffen werden – es sei denn, es ist medizinisch notwendig oder empfehlenswert. Gründe dafür, die Geburt einzuleiten, können zum Beispiel eine Erkrankung der Mutter oder ein vorzeitiger Blasensprung sein. Manchmal hören die Wehen während der Geburt auch plötzlich auf. Die Geburt und die Wehen können dann mit Medikamenten oder mechanischen Methoden gefördert werden.
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Welche Arten von Wehen gibt es und wie erkennt man sie?
Wie fühlen sich Wehen an? Es gibt unterschiedliche Arten von Wehen, die sich auch unterschiedlich anfühlen. Manche Frauen nehmen die Kontraktionen während der Schwangerschaft gar nicht wahr, andere spüren diese deutlich. Gegen Ende der Schwangerschaft werden die Wehen in der Regel stärker – und die Spannung immer größer. Waren das schon Senkwehen? Oder „übt“ der Körper noch?
Diese Wehen gibt es:
- Übungswehen
- Vorwehen beziehungsweise Senkwehen
- Eröffnungswehen
- Austreibungswehen und Presswehen
- Nachgeburtswehen und Nachwehen
Übungswehen
Bereits ab der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) können Übungswehen auftreten. Mit dem Zusammenziehen der Muskulatur „übt“ die Gebärmutter schon mal für die Geburt. Generell gilt: Übungswehen sind unregelmäßig, eher nicht schmerzhaft und dauern weniger als 30 Sekunden. Sie können sich als Ziehen im Bauch und/oder Rücken bemerkbar machen; der Bauch verhärtet sich. In den letzten Schwangerschaftswochen können die Übungswehen häufiger auftreten – sie bereiten den Gebärmutterhals auf die Geburt vor, machen ihn weicher, und bringen das Kind in die richtige Position. Gerade Erstgebärende können Übungswehen von „echten“ Wehen meist nicht unterscheiden. Ein warmes Bad oder eine warme Dusche können Klarheit schaffen: Übungswehen verschwinden, Geburtswehen verstärken sich.
Vorwehen beziehungsweise Senkwehen
Gegen Ende der 36. SSW dreht sich das Kind gewöhnlich mit dem Kopf nach unten und die Senkwehen bewirken, dass es immer tiefer in das mütterliche Becken rutscht. Dadurch senkt sich auch der Bauch sichtbar. Die Senkwehen machen außerdem den Gebärmutterhals weicher. Manche Schwangere nehmen die unregelmäßigen Wehen als Hartwerden des Bauches und Ziehen im unteren Rücken beziehungsweise Unterleib wahr. Andere verspüren jetzt schon einen Druck nach unten oder Schmerzen am Schambein. Viele Frauen vergleichen diese Art von Wehen in ihrer Intensität auch mit starken Menstruationsschmerzen. So oder so, Senkwehen sind oft ein Anzeichen dafür, dass die Geburt nicht mehr lange auf sich warten lässt.
Eröffnungswehen
Eine natürliche Geburt läuft in drei Phasen ab. Die Eröffnungsphase dauert bei Erstgebärenden im Schnitt zwischen 8 und 14 Stunden, bei weiteren Geburten zwischen 6 und 8 Stunden. Eröffnungswehen kommen in regelmäßigen, immer kürzer werdenden Abständen und in Wellen – sie beginnen leicht, haben einen Höhepunkt und ebben dann wieder ab. Sie halten bis zu 60 Sekunden an und bewirken, dass sich die Gebärmutter immer weiter zurückzieht (Retraktion) und der Muttermund sich immer weiter öffnet. Der Kopf des Kindes rutscht tiefer, weshalb viele Gebärende diese Wehen auch als sehr schmerzhaften Druck nach unten wahrnehmen. Treten sie alle 5 bis 10 Minuten auf, sollten Schwangere sich auf den Weg in die Geburtsklinik oder das Geburtshaus machen, beziehungsweise kann die Hebamme zur Hausgeburt gerufen werden.
Die Übergangsphase – durchhalten!
Zwischen den Eröffnungs- und den Austreibungswehen gibt es meist einen kurzen Übergang, der es allerdings in sich hat. Die Wehen werden plötzlich unregelmäßig, folgen kurz aufeinander und sind schwerer bis gar nicht zu veratmen. Es können Übelkeit oder Zittern auftreten. Viele kommen an diesem Punkt an ihre Grenzen, glauben, sie schaffen die Geburt nicht, können nicht mehr. Jetzt sind Hebamme und Begleitperson besonders als Mutmacherinnen oder Mutmacher gefragt.
Austreibungswehen und Presswehen
Hat sich der Muttermund mit etwa zehn Zentimetern vollständig geöffnet, beginnt die Austreibungsphase. Sie unterteilt sich in eine frühe Wehenphase, die bei der ersten Geburt bis zu zwei Stunden dauern kann, und eine späte Wehenphase mit Presswehen. Diese hält bei Erstgebärenden etwa 30 bis 40 Minuten an, bei weiteren Geburten 20 bis 30 Minuten. Der starke Druck des Babys auf den Damm löst in der späten Wehenphase den sogenannten Pressdrang aus. Dieser ist wie ein Reflex – die Gebärende kann nicht anders, sie muss pressen. In dieser Schlussphase werden die meisten schmerzhemmenden Botenstoffe ausgeschüttet – viele Frauen befinden sich in einer Art Trance. Mit den letzten Presswehen kommt das Baby.
Nachgeburtswehen und Nachwehen
Nach der Geburt des Kindes sorgen Nachgeburtswehen dafür, dass sich die Plazenta von der Gebärmutterwand ablöst. Sie wird zusammen mit Nabelschnurresten und Eihäuten als sogenannte Nachgeburt ausgestoßen. Die unregelmäßigen Nachwehen werden von den meisten Frauen im Gegensatz zu den Geburtswehen als deutlich weniger schmerzhaft empfunden.
Auch im Wochenbett sind Nachwehen normal. Sie werden vor allem beim Stillen durch das Hormon Oxytocin ausgelöst und helfen der Gebärmutter bei der Rückbildung. Die Intensität der Schmerzen wird dabei von Wöchnerinnen unterschiedlich wahrgenommen – von „kaum spürbar“ bis vergleichbar mit starken Menstruationsschmerzen.
Vorzeitige Wehen
Kontraktionen der Gebärmutter treten im gesamten Verlauf der Schwangerschaft auf und sind kein Grund zur Sorge. Wenn die Kontraktionen aber vor dem errechneten Geburtstermin über einen längeren Zeitraum in kurzen Abständen auftreten und mit Schmerzen im Unterleib verbunden sind, sollten sie ärztlich abgeklärt werden. Sie können muttermundwirksam sein, also den Muttermund öffnen, und somit Anzeichen für eine Frühgeburt, also eine Geburt vor Vollendung der 37. SSW, sein.
Wenn zu viel Stress oder körperliche Anstrengung die Ursachen sind, reicht es in der Regel, kürzer zu treten und Magnesiumpräparate einzunehmen, die die Gebärmutter „beruhigen“. Auch auf Geschlechtsverkehr sollte verzichtet werden, weil dieser wehenfördernd sein könnte. Liegt eine bakterielle Infektion vor, die wehenauslösend sein kann, wird mit Antibiotika behandelt.
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Wie kann man Geburtswehenschmerzen lindern?
Werdende Mütter erleben Geburtswehen sehr unterschiedlich. Individuelle Faktoren wie Erwartungen an die Geburt, Unterstützung von Begleitpersonen und Kontrollvermögen während der Geburt können das Schmerzerlebnis beeinflussen. Schwangere, die sich auf die Geburt einlassen können, sie nehmen, wie sie kommt, können manchmal besser mit Wehen- und Geburtsschmerzen umgehen. Gegen diese können auch Bewegung, bewusstes Atmen, warme Bäder oder sanftes Rückenausstreichen helfen. Eine medikamentöse Schmerzlinderung kann aber jederzeit in Anspruch genommen werden. Am häufigsten wird hier zu einer regionalen Betäubung gegriffen, der sogenannten Periduralanästhesie (PDA). Sie unterbricht die Weiterleitung der Schmerzsignale vom Rückenmark zum Gehirn. Der Vorteil der PDA ist, dass nur der Unterleib der Frau betäubt wird, sie also bei vollem Bewusstsein die Geburt erleben kann.
Vielen Frauen hilft es, die Möglichkeiten zur Schmerzlinderung vor der Geburt zu kennen. Im Nachhinein sind sie dann oft überrascht, dass der Schmerz doch nicht so eine große Rolle gespielt hat, wie sie dachten – oder wie gut sie die Schmerzen der Wehen bewältigen konnten.