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So lässt sich Hochbegabung feststellen

Veröffentlicht am:15.01.2024

6 Minuten Lesedauer

Eine Hochbegabung äußert sich oft vielschichtig und ist deshalb nicht immer leicht erkennbar. Es gibt aber einige Merkmale und auch Methoden, um überdurchschnittlich intelligente Menschen zu identifizieren.

Ein etwa siebenjähriger Junge sitzt an seinem Schreibtisch und macht Hausaufgaben.

© iStock / Imgorthand

Was ist eine Hochbegabung?

Hochbegabte Menschen haben oft schon als kleine Kinder überdurchschnittliche intellektuelle Anlagen: Sie können strukturierter denken, Dinge sehr genau wahrnehmen oder sich besser an Gegebenheiten erinnern als die meisten Gleichaltrigen. Fachleute sprechen auch von einer sogenannten hohen allgemeinen Intelligenz. Alternativ kann sich eine Teilbegabung in bestimmten Bereichen zeigen, wie etwa außergewöhnliche mathematische, sprachliche oder technische Fähigkeiten. Darüber hinaus gibt es verschiedene weitere potenzielle Talente, etwa in musikalischen, sportlichen, sozialen oder künstlerischen Bereichen. Wie genau sich eine Hochbegabung äußert, kann sehr komplex sein und unterscheidet sich von Person zu Person.

Eine allgemein gültige Definition von Hochbegabung für Kinder und Erwachsene gibt es daher nicht. Klassischerweise dient der sogenannte Intelligenzquotient (IQ), der sich mithilfe eines Intelligenztests ermitteln lässt, als Messgröße für kognitive Fähigkeiten und Maßstab für eine Hochbegabung. Ab welchem IQ man hochbegabt ist, ist dabei genau festgelegt: Die meisten Menschen erzielen im Test einen IQ-Wert zwischen 85 und 115. Ab einem IQ von 130 und höher sprechen Fachleute im deutschsprachigen Raum von Hochbegabung, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Nur etwa zwei oder drei von 100 Personen erreichen einen so hohen Wert.

Intelligenz ist kein Garant für herausragende schulische Leistungen oder beruflichen Erfolg

Es bedeutet lediglich, dass ein hohes Entwicklungspotenzial vorhanden ist, das sich aber erst durch die entsprechende Förderung entfalten kann.

Hochbegabung erkennen: Welche Merkmale gibt es?

Viele Menschen glauben, dass ein Kind hochbegabt ist, wenn es beispielsweise spiegelverkehrt schreiben kann. Tatsächlich ist Spiegelschrift ein normaler Schritt im Prozess des Schreibenlernens. Auch wer schnell Kreuzworträtsel löst, gilt nicht als hochbegabt. Es gibt aber viele verschiedene Anhaltspunkte, die für eine Hochbegabung sprechen. Bei Kindern etwa können unter anderem folgende Eigenschaften Hinweise geben:

  • auffällig gutes Gedächtnis
  • schnelles Erkennen komplexer Zusammenhänge
  • überdurchschnittlich hohe Auffassungsgabe
  • Interesse an komplizierten Aufgaben
  • geringes Schlafbedürfnis
  • ausgeprägter Gerechtigkeitssinn
  • großes Detailwissen
  • intensive Fantasie
  • große Neugier
  • frühes Interesse an Zahlen, Buchstaben, Symbolen oder Zeichen
  • ungewöhnlich frühes Sprechen, umfangreicher Wortschatz
  • starkes Bedürfnis nach Selbstbestimmung
  • Selbstironie oder ein besonderer Sinn für Humor
  • Orientierung an älteren Kindern

Die meisten Hochbegabten zeigen noch als Erwachsene ähnliche Eigenschaften, fallen etwa durch ihr gutes Gedächtnis oder ein ausgeprägtes Detailwissen in verschiedenen Interessensgebieten auf. Viele neigen zu Perfektionismus und erheben hohe Ansprüche an sich selbst –manchmal auch an andere. Sowohl Kinder als auch Jugendliche und Erwachsene mit Hochbegabung haben häufig Probleme mit Routineaufgaben und Wiederholungen, wirken rasch gelangweilt und unkonzentriert.

Manchen hochbegabten Kindern kann es leicht fallen, überdurchschnittliche Leistungen in der Schule zu erbringen. Andere gelten eher als „schwierige Schüler oder Schülerinnen“, haben eine negative Einstellung gegenüber der Schule und bleiben hinter den erwarteten Leistungen zurück. Entscheidend sind hier das Erkennen von Hochbegabung, Unterstützung und das Lernumfeld.

Zwei Kinder streiten sich und werden dabei handgreiflich.

© iStock / MachineHeadz

Mitunter haben hochbegabte Menschen Schwierigkeiten im Umgang mit anderen. Sie können leicht wütend werden, sich schnell ärgern oder sich weigern, auf Eltern oder andere Autoritätspersonen zu hören.

Hochbegabung: Gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern?

Der Anteil hochbegabter Mädchen und Frauen sowie Jungen und Männern ist vergleichbar hoch. Lediglich bei extrem hohen IQ-Werten ab mehr als 140 sind etwas mehr Jungen vertreten. In Bezug auf Fähigkeiten in speziellen Bereichen der Denkfähigkeit gibt es wiederum keine nennenswerten Unterschiede. Lediglich in einem einzelnen Teilbereich des räumlichen Denkens, nämlich der Fähigkeit, gedanklich Gegenstände im Raum zu drehen, zeigen Jungen im Durchschnitt bessere Leistungen als Mädchen.

Trotz der ähnlichen Verteilung wird eine Hochbegabung bei Frauen und Mädchen seltener entdeckt und gefördert.

Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen trauen sich viele Mädchen aufgrund von Erziehung und Sozialisierung weniger zu. Sowohl Lehrpersonen als auch die Mädchen selbst führen gute Leistungen Studien zufolge häufiger darauf zurück, dass sie sich angestrengt haben – und nicht darauf, dass sie besonders begabt sind. Auch passen sich Mädchen und Frauen durchschnittlich in sozialen Gruppen eher an, anstatt durch außergewöhnliche Fähigkeiten und Leistungen aufzufallen oder zu zeigen, was sie tatsächlich können. Sind sie unterfordert, ziehen sie sich zudem eher zurück als zu rebellieren. Hinzu kommt, dass viele begabte Mädchen und Frauen sich nicht auf ein Spezialgebiet konzentrieren, sondern zahlreiche verschiedene Interessen haben – und dadurch, anders als Jungen und Männer, keine Spitzenleistungen in einem bestimmten Bereich zeigen.

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Warum führt Hochbegabung manchmal zu Fehldiagnosen?

Ob ein Kind oder eine erwachsene Person hochbegabt ist, ist oft nicht leicht zu erkennen. Das ist aber wichtig, denn: Nur so lassen sich die Bedürfnisse hochbegabter Menschen besser nachvollziehen und die Begabungen entsprechend fördern. Unterbleibt eine Förderung, kann das zu Problemen führen. Bei Kindern etwa, die sich ständig unterfordert fühlen, äußert sich eine Hochbegabung manchmal durch Verhaltensauffälligkeiten: Sie zappeln oder übernehmen die Rolle des „Klassenclowns“, um wahrgenommen zu werden oder weil sie sich langweilen. Andere „träumen“ viel und wirken im Unterricht abwesend und desinteressiert. Nicht selten lautet die Diagnose dann ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) und nicht Hochbegabung. Hier ist eine differenzierte Diagnostik sehr wichtig. ADHS und Hochbegabung können sich einerseits ähnlich äußern, kommen andererseits aber manchmal gemeinsam vor.

Hochbegabte Kinder können zudem noch auf andere Weise verhaltensauffällig sein: Sie sind oftmals sehr selbstkritisch und werden dadurch womöglich ihren eigenen hohen Ansprüchen nicht gerecht, was zu Wutausbrüchen führen kann. Hochbegabung kann zu Problemen im Sozialverhalten führen. Betroffene sind zum Beispiel oft zornig, lassen sich leicht ärgern oder weigern sich, Anordnungen von Eltern oder anderen Autoritätspersonen zu folgen. Manchmal haben sie sehr genaue Vorstellungen von Abläufen, dem Verständnis oder Verhalten anderer, die dann an der Realität scheitern.

Hochbegabung wird zu dem häufig mit dem sogenannten selektiven Mutismus, also dem wiederkehrenden Schweigen in bestimmten, genau definierten Situationen, in Verbindung gebracht. Ein solcher Zusammenhang konnte bislang nicht nachgewiesen werden.

Welche Tests gibt es, um Hochbegabung zu erkennen?

Um Hochbegabung erkennen zu können, stehen verschiedene Methoden und auch Tests zur Verfügung. Die Zusammenarbeit von Eltern, Lehrpersonen und psychologischem Fachpersonal ist dabei sehr wichtig.

Die Aussagekraft von Checklisten für Hochbegabung

Vor allem im Internet sind viele Checklisten mit Merkmalen zu finden, die für eine Hochbegabung typisch sein sollen. Es gibt aber deutliche individuelle Unterschiede unter Hochbegabten. Außerdem kann sich Intelligenz durch viele verschiedene Eigenschaften äußern wie etwa Sprachverständnis, Gedächtnis oder räumliches Vorstellungsvermögen. Checklisten decken aber meist nur bestimmte Bereiche ab und nicht alle. Sie können daher zwar als erste Anhaltspunkte dienen, sind aber keine geeignete Methode, um eine Hochbegabung zweifelsfrei zu erkennen.

Professionell durchgeführte Intelligenztests

Intelligenztests (IQ-Tests) gelten als wissenschaftlich anerkanntes Verfahren, um die kognitiven Fähigkeiten objektiv einschätzen zu können. Sie fragen verschiedene Lernbereiche ab und liefern bei Kindern ab dem Schulalter zuverlässige Ergebnisse. Eine Hochbegabung bei einem jüngeren Kind lässt sich damit normalerweise nicht beurteilen.

Der IQ-Test kann helfen, Stärken, Schwächen und besondere intellektuelle Begabungen festzustellen, sodass eine passende Förderung möglich ist. Allerdings erfasst er das Können eines Menschen nicht vollständig. Wichtig ist, Intelligenztests bei einer seriösen Anlaufstelle durchführen zu lassen, zum Beispiel bei einer schulpsychologischen Beratungsstelle, niedergelassenen Psychologen und Psychologinnen oder in einer kinderpsychiatrischen Praxis.

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Beobachtung des Verhaltens

Ob Eltern, Lehrpersonen oder das Fachpersonal in der Kindertagesstätte: die Beobachtung des Verhaltens ist bei Kindern und Jugendlichen eine hilfreiche Methode, die intellektuelle Begabung abzuschätzen. Hier besteht allerdings die Gefahr, dass Beurteilungen nicht objektiv sind. Wenn ein Junge zum Beispiel gut in der Schule ist, gilt er oft schneller als begabt als ein Mädchen. Auch werden Kinder mit Migrationshintergrund oder aus ärmeren Familien tendenziell eher unterschätzt. Hinzu kommt, dass gute schulische Leistungen auf eine Hochbegabung hinweisen können, es aber nicht müssen. Es gibt auch Kinder mit Hochbegabung, die nur durchschnittliche oder sogar unterdurchschnittliche Noten haben oder nur in bestimmten Fächern sehr gut sind.

Hilfreicher ist es daher, auf Eigenschaften wie besonders einfallsreiche Problemlösungsstrategien, eine überdurchschnittlich schnelle Auffassungsgabe oder Interesse an besonders komplizierten Aufgabenstellungen zu achten.

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