Kinder
7 Tipps, die Trotzphase beim Kind zu überstehen
Veröffentlicht am:26.06.2020
5 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 10.05.2022
Auch wenn Wutanfälle beim Kleinkind Eltern viele Nerven kosten: Die Trotzphase ist wichtig für die Entwicklung des Kindes. Wie die Autonomiephase verläuft und wie Eltern sie durchstehen können.
Ab wann beginnt die Trotzphase?
Sie stehen mit Ihrem Kleinkind an der Supermarktkasse. Es entdeckt einen leckeren Schokoriegel, nimmt ihn an sich und lässt ihn nicht wieder los. Sie nehmen ihm den Riegel weg – und plötzlich ist das Gezeter groß: "Ich will aber!", tönt es lauthals und das Heuldrama nimmt seinen Lauf …
Kommt Ihnen die Situation bekannt vor? Dann ist Ihr Kind vermutlich zwischen zwei und vier Jahren alt und befindet sich mitten in der Trotzphase. Diese sogenannte Autonomiephase kann aber auch schon mit 18 Monaten anfangen und bis zum Alter von sechs Jahren anhalten – das ist von Kind zu Kind verschieden.
Tipps, wie Eltern mit der Trotzphase umgehen können
Auch wenn es Nerven kostet – versuchen Sie, sich in Ihr Kind hineinzuversetzen und zu verstehen, dass es gerade seine Gefühle nicht anders ausdrücken kann als durch einen Wutanfall. Gleichzeitig ist es wichtig, ihr Kind während dieser Phase aktiv zu begleiten und ihm auch zu zeigen, wie es seine Gefühle ausdrücken, benennen und mit ihnen umgehen kann. Gar nicht so leicht, das stimmt. Mit diesen sieben Tipps gelingt es besser:
1. Kind ausprobieren lassen
Ihr Kind darf sich natürlich nicht in Gefahr begeben, aber wenn es mal ohne Regenjacke bei schlechtem Wetter rausgehen will, lassen Sie es: Ihr Kind wird schnell selbst merken, dass das keine gute Idee ist und das nächste Mal selbst die Regenjacke anziehen. Gehen Sie anschließend auf die Bedürfnisse Ihres Kindes ein – und zeigen Sie ihm in diesem Zuge auch Ihr Verständnis für seine Situation.
2. Handeln bei aggressivem Verhalten
Machen Sie Ihrem Kind deutlich, dass Schlagen, Beißen und Treten nicht in Ordnung sind und dass dieses Verhalten nicht toleriert wird. Seien Sie bestimmt und gucken Sie Ihrem Kind in die Augen, damit es versteht, dass Sie es ernst meinen. Schreien Sie es aber nicht an, sondern erklären Sie ruhig, warum das so ist. Tipp: Richten Sie im Kinderzimmer eine „Wutecke“ ein, in der es nach Herzenslust mit Softbällen werfen oder gegen die Kissen schlagen darf.
3. Klare Grenzen und Regeln setzen
Sagen Sie konsequent „Nein“ bei den Dingen, die Ihr Kind nicht machen darf. So lernt es mit der Zeit, besser mit Frustration und negativen Gefühlen umzugehen. Bitten Sie auch andere Bezugspersonen, die aufgestellten Regeln durchzusetzen. Damit das gut gelingt, sollte dem Kind erklärt werden, warum es gewisse Grenzen gibt.
4. Sich selbst gut zureden
Stress, Lärm, Zeitdruck – in der Autonomiephase Ihres Kindes werden die Nerven ganz schön strapaziert. Versuchen Sie trotzdem geduldig zu bleiben und schenken dem Trotzanfall, wenn es die Situation zulässt, möglichst wenig Aufmerksamkeit. Meistens beruhigen sich die Kinder von allein. Tipp: Machen Sie sich immer wieder klar: Es ist nur eine Phase, die auch wieder aufhört. Allerdings kann sie später im Schulalter nochmal auftreten, wenn Ihr Kind neue Eindrücke noch nicht gut verarbeiten kann.
5. Ruhig bleiben
Bewahren Sie immer Ruhe, auch wenn es schwerfällt. Denn selbst losschreien und wütend werden hilft Ihrem Kind nicht. Dabei kann helfen, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass Kinder in ihrer Autonomiephase nicht rumschreien, weil sie ihre Eltern ärgern wollen. Es befindet sich in der emotionalen Entwicklung und lernt erst noch, mit den eigenen Gefühlen umzugehen. Es ist also nichts Persönliches.
6. Sich von anderen nicht verunsichern lassen
Sprüche wie „schlecht erzogen“ sind nicht angebracht und zeugen davon, dass andere sich durch das trotzige Verhalten gestört fühlen oder nicht wissen, dass Trotzphasen normal sind. Sprechen Sie mit anderen Eltern und sie werden auf viel Verständnis stoßen. Vielleicht hilft es Ihnen, beim nächsten Supermarktbesuch dem Kind klar zu sagen, dass sie jetzt bezahlen und sich auf den Heimweg machen. In der Regel folgt das Kind Ihnen dann.
7. Auf Termine vorbereiten
Reißen Sie Ihr Kind nicht abrupt aus seinem Spiel heraus. Geben Sie ihm Zeit, sich darauf vorzubereiten, dass es beispielsweise jetzt gleich mit zum Einkaufen oder zum Arzt gehen soll.
Darum sind Trotzreaktionen wichtig für Kinder
In der Trotzphase beginnt das Kind allmählich, Aufgaben und Regeln zu hinterfragen oder sich zu weigern, Dinge zu machen. Zum Beispiel Schuhe und Jacke anzuziehen oder ins Bett zu gehen. Die Trotzreaktion kann dabei so heftig sein, dass die Kleinen regelrecht ausrasten, schreien und manchmal auch um sich schlagen.
Aber keine Sorge: Sie als Eltern haben nichts falsch gemacht oder das Kind schlecht erzogen. Ihr Kind hat bei trotzigem und aggressivem Verhalten auch nicht gleich eine seelische Störung. Die Autonomiephase ist ganz normal und sogar wichtig für die Entwicklung des Kindes.
Häufig verbirgt sich hinter Wutanfällen schiere Verzweiflung und Hilflosigkeit – zum Beispiel, weil das Kind gewisse Dinge noch nicht kann oder Eltern ihm Grenzen setzen. Das Kind weiß noch nicht, wie es mit diesen Gefühlen umgehen soll – und dann platzt die ganze Wut von einem Moment auf den anderen aus ihm heraus.
Auslöser von Wutanfällen: Warum ist mein Kind plötzlich trotzig?
Wenn ein Kleinkind in der Trotzphase ist, kann alles Mögliche zum Auslöser eines Trotzanfalls werden. Es gibt jedoch bestimmte Situationen, in denen Kinder schneller zu Ausbrüchen neigen. Zum Beispiel, wenn Ihr Kind …
- … hungrig, durstig oder müde ist.
- … einfach selbst Sachen ausprobieren möchte wie Schuhe zu machen, Jacke anziehen oder Brot schmieren.
- … von jetzt auf gleich aus dem Spielen gerissen wird.
- … noch nicht versteht, warum es bestimmte Regeln oder Verbote gibt.
Extreme Trotzphase: Wann die Wutanfälle zu einem Problem werden
Wenn Kinder monatelang ein extremes Trotzverhalten an den Tag legen, sich aggressiv verhalten und sich einfach nicht beruhigen lassen, kann eine Störung des Sozialverhaltens dahinterstecken. Betroffene Kinder setzen sich unter anderem über soziale Regeln hinweg, streiten sich sehr häufig, tyrannisieren andere Menschen und quälen teilweise sogar Tiere.
In diesen seltenen Fällen gelingt es den Kindern dann nicht, ihre aggressiven Impulse im Laufe ihrer Entwicklung zu kontrollieren. Es ist wichtig, den Kindern einen angemessenen Umgang mit Emotionen wie Wut und Traurigkeit zu vermitteln. So können sie ihre Gefühle auch später im Jugend- und Erwachsenenalter besser kontrollieren.
Darum ist es ratsam, dass Eltern mit Kindern, die längerfristig ein auffälliges aggressives Verhalten zeigen, einen Psychotherapeuten aufsuchen. Je früher das geschieht, desto größer ist die Chance, positiv auf die Entwicklung der Kinder einzuwirken.