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Liebe & Sexualität

Tipps für besseren Sex: weniger Stress, mehr Spaß

Veröffentlicht am:05.11.2021

6 Minuten Lesedauer

Stress und Routine vermiesen oft den Spaß am Sex: ein Problem, das viele Menschen kennen. Wie können sich Partner gegenseitig unterstützen? Dr. Jörg Signerski verrät im Interview, mit welchen Tipps Paare wieder mehr Intimität genießen können.

Ein junges Paar kuschelt im Hintergrund.

© iStock / Viacheslav Peretiatko

Dr. Jörg Signerski, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und zertifizierter Sexualtherapeut

© privat

Dr. Jörg Signerski ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Zusatzbezeichnung Sexualmedizin, zertifizierter Sexualtherapeut, Supervisor (Berater) und Dozent der DGfS (Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung) sowie Leiter der Ambulanz für Sexualmedizin und Sexualtherapie.

Wie kann sich Stress auf das Liebesleben auswirken?

Stress kann sich massiv und ganz unterschiedlich auf das Liebesleben auswirken. Rein physiologisch gesehen, kann Stress beispielsweise die Hormonachse durcheinanderbringen. Durch ihn wird schließlich Cortisol freigesetzt, ein Stresshormon, das den Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Das männliche Sexualhormon Testosteron kann hingegen durch Stress abnehmen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Stress die Libido (Sexualverlangen) beeinträchtigen kann.

Etwas weitergedacht, erhöht Stress zusätzlich auch das Risiko für körperliche oder psychische Erkrankungen, die durch die damit einhergehenden Symptome das Sexualleben negativ beeinflussen.  Hier ein Patientenbeispiel: Ein Patient aus dem Managementbereich hat aufgrund seines Berufes eine Burn-out-Symptomatik (depressive Symptome mit Antriebslosigkeit, gedrückter Stimmung, Schlafstörungen). In diesem Zusammenhang hat sich auch eine sexuelle Lustlosigkeit entwickelt.

Außerdem betrachten wir die Sexualität in der Partnerschaft ja nicht isoliert. Was den einen Partner stresst, hat auch Auswirkungen auf den anderen, das System Partnerschaft als Ganzes sowie auf die sexuelle Beziehung zwischen zwei Menschen.

Ein schwules Paar kuschelt auf dem Bett.

© iStock / svetikd

Zeit für Zweisamkeit im turbulenten Alltag zu finden, ist nicht immer leicht. Planen Sie doch in der kommenden Woche eine Date Night, in der Sie sich ganz bewusst Zeit füreinander nehmen.

Manche Paare haben Sex nach Terminplan – warum?

Ganz einfach deshalb, weil es bei vielen Menschen nicht anders geht. Es gibt einen Mythos, der besagt, dass Sex spontan sein muss, aber genau das geht manchmal nicht. Stellen Sie sich vor, Sie haben kleine Kinder, dann können Sie nicht spontan Sex haben. Stattdessen müssen Sie sich verabreden und eine Date Night ist dann hervorragend geeignet, um Intimität zu leben. Das ist besser, als auf Spontaneität zu warten, denn dann geschieht häufig nichts.

Meinen Patienten gebe ich bei dem Thema gerne ein klassisches Beispiel. „Stellen Sie sich vor, Sie möchten ins Theater oder zum Fußball. Dann müssen Sie die Eintrittskarten Monate vorher buchen und trotzdem freuen Sie sich drauf.“ Beim Sex ist es nicht viel anders. Auch auf geplanten Sex können sich Paare freuen und eine Verabredung heißt ja nicht, dass es zum Sexualakt kommen muss.

Stattdessen können Paare Zweisamkeit vereinbaren und wie diese dann aussieht, entscheiden die Partner je nach Situation. Kuscheln, ein Spiel spielen, einen Spaziergang machen oder sich einfach über den Alltag unterhalten – das alles bedeutet Zweisamkeit. Mit dieser Klarstellung nehmen Partner den Druck heraus, dass zwangsweise Sex zur verabredeten Zeit stattfinden muss.

„Auch auf geplanten Sex können sich Paare freuen und eine Verabredung heißt ja nicht, dass es zum Sexualakt kommen muss.“

Dr. Jörg Signerski
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Zusatzbezeichnung Sexualmedizin, zertifizierter Sexualtherapeut, Supervisor und Dozent der DGfS (Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung) sowie Leiter der Ambulanz für Sexualmedizin und Sexualtherapie

Braucht man viel Zeit, um besseren Sex haben zu können?

Nein. Zunächst müssen wir jedoch die Frage stellen: Was ist besserer Sex? Den definiert mit Sicherheit jeder anders und auch in jeder Lebenslage unterschiedlich. Ein Quickie kann genauso befriedigend und abenteuerlich sein wie ein oder zwei Stunden lang intensive Sexualität.

Hierzu ein kleines Beispiel: Das Essen in einem Fast-Food-Restaurant kann mal ganz gut sein, ist sicherlich aber nicht vergleichbar mit einem Drei-Gänge-Menü beim Sternekoch. Sexualität ist vielfältig, sodass langer und ebenso kurzer Sex gut sein können. Menschen, die nur wenig Zeit im Alltag haben, müssen also nicht zwangsweise auf guten Sex verzichten.

Allerdings sollte der Sex selbst nicht zur Stressfalle werden. Das kann passieren, wenn Partner nur von einem Quickie zum nächsten hechten. Gerade stressgeplagte Menschen profitieren von ein wenig mehr Zweisamkeit. Schließlich wissen wir, dass beim Streicheln & Co. Oxytocin ausgeschüttet wird. Das Kuschelhormon zählt zu den Glückshormonen und hat einen sehr guten Einfluss auf Folgen von Stress.

Guter Sex trotz Stress: Was müssen beide Partner dafür tun?

Zunächst einmal ist es wichtig, dass beide Partner miteinander kommunizieren. Das muss aber nicht immer verbal geschehen. Sexualität selbst ist ein Kommunikationsmedium, das Partner nutzen können, um sich auszutauschen. Wenn beide Partner Kommunikation zulassen, ist das eine wichtige Basis für guten Sex.

Mein Partner kann schließlich nicht erraten, was ich schön finde. Wenn ich also für mich entscheide, die Sexualität in der Partnerschaft zu verbessern, führt kein Weg daran vorbei, mit meinem Partner darüber zu sprechen.

„Sexualität selbst ist ein Kommunikationsmedium, das Partner nutzen können, um sich auszutauschen.“

Dr. Jörg Signerski
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Zusatzbezeichnung Sexualmedizin, zertifizierter Sexualtherapeut, Supervisor und Dozent der DGfS (Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung) sowie Leiter der Ambulanz für Sexualmedizin und Sexualtherapie

Wie können Paare im hektischen Alltag beim Sex abschalten?

Es gibt keine Patentlösung, wie Paare ganz generell abschalten können, Rituale sind aber sehr hilfreich. Sie zeigen, dass es nun um etwas anderes geht, sie läuten gewissermaßen die Intimität ein. Wenn Paare es sich mit einem Ritual gemütlich machen, bauen sie sich wissentlich eine Brücke, um sich auf etwas Neues, in dem Fall die Zweisamkeit, einzulassen.

Paare können beispielsweise als Ritual einen Ort aufsuchen, den sie nicht mit Arbeit verbinden. Das Arbeitszimmer ist demnach kein geeigneter Rückzugsort für Zärtlichkeiten. Außerdem sollten Partner das Smartphone nicht direkt neben das Bett legen. Wenn ständig Nachrichten eintreffen, fällt es uns schließlich schwer, abzuschalten.

Welche konkreten Sextipps haben Sie für Paare im turbulenten Alltag?

Sextipps im eigentlichen Sinne gibt es hier nicht, also nicht die eine Sexstellung oder etwas Ähnliches. Dafür sind die Vorlieben der Menschen zu unterschiedlich. Wichtig ist, dass sich die Partner wohlfühlen und beide das tun, worauf sie Lust haben.

Etwas Zeit und Neugierde ist alles, was Paare brauchen, um auch im turbulenten Alltag Sexualität zu leben. Wenn genau die Zeit der kritische Faktor ist, können Paare herausfinden, wie sie sich mehr Raum für Zweisamkeit schaffen.

Hat einer der Partner beispielsweise eine stressige Arbeitswoche, steht das Wochenende für Intimität bereit. Eltern können ihre Kinder vielleicht einen Tag zu den Großeltern geben, um mehr Zeit für sich zu haben. Übrigens: Für einige Paare steht Sex nicht im Vordergrund, sondern die Zuneigung in der Partnerschaft. Daher rate ich meinen Patienten, sich mit Vorstellungen, wie der perfekte Sexalltag aussehen soll, nicht selbst unter Druck zu setzen. Intimität hat schließlich viele Gesichter und gleicht nicht unbedingt dem, was Sexualratgeber vermitteln.

„Etwas Zeit und Neugierde ist alles, was Paare brauchen, um auch im turbulenten Alltag Sexualität zu leben.“

Dr. Jörg Signerski
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Zusatzbezeichnung Sexualmedizin, zertifizierter Sexualtherapeut, Supervisor und Dozent der DGfS (Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung) sowie Leiter der Ambulanz für Sexualmedizin und Sexualtherapie

Flaute im Bett: Ist das ein Grund für ein schlechtes Gewissen?

Ein schlechtes Gewissen steht der Sache nur im Weg und ist nicht hilfreich. Vielmehr stellt sich die Frage, was hinter dem schlechten Gewissen steckt: Ist es Leistungsdruck, die Angst, den Partner zu verlieren, oder eine falsche Vorstellung davon, was „normal“ ist?

Ein einzelner Partner kann die Herausforderung „Flaute im Bett“ nicht stemmen, daran sollten beide Partner arbeiten. Sexualität ist schließlich etwas, was sie gemeinsam erleben. Paare, die das Gefühl haben, dass sie die Flaute nicht selbst überwinden können und darunter leiden, können auch eine Sexualtherapie in Anspruch nehmen.

Guter Sex durch Achtsamkeitsübungen: Geht das?

Absolut, Achtsamkeit können Paare gezielt in ihrem Sexualleben einsetzen. Die Achtsamkeit sorgt dafür, dass Liebende ins Hier und Jetzt kommen. Das Schöne ist, dass Partner gemeinsam achtsam sein können – gemeinsam achtsam küssen, gemeinsam achtsam streicheln, gemeinsam achtsam schmecken.

In der Sexualtherapie kann die Achtsamkeit sogar ein wichtiger Baustein sein. Zum Beispiel kann der Therapeut Paaren als Hausaufgabe eine Streichelübung aufgeben. Dabei streicheln sich die Partner in einem vorgegebenen Zeitintervall. Bei der Therapie erkundigt sich dann der Therapeut, wie sich das für beide angefühlt hat.

Tipps für mehr Achtsamkeit im Alltag und Stressbewältigung

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