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Liebe & Sexualität

Die Macht der Berührung: Warum Kuscheln gesund ist

Veröffentlicht am:25.06.2021

4 Minuten Lesedauer

Berührt zu werden ist eines der grundlegenden Bedürfnisse des Menschen. Kuscheln reduziert Stress und sogar das Immunsystem profitiert davon. Doch welche Mechanismen laufen im Körper bei einer Berührung ab und welchen Einfluss kann die soziale Isolation der Corona-Pandemie auf das „Kuschelkonto“ vieler Menschen haben?

Ein Paar kuschelt miteinander und ist sich nah. Sie wissen: Kuscheln ist gesund.

© iStock / Motortion

Körperkontakt als menschliches Bedürfnis

Körperliche Berührung gilt neben Atmen, Essen und Trinken als eines der elementaren Bedürfnisse. Schon in der frühen Kindheit sind Berührungsreize, also die Verformung unserer Körperhaut durch ein anderes soziales Wesen, die einzige Garantie für eine stabile und gesunde Entwicklung. Bleiben diese Reize aus oder fehlen sie komplett, sind Säuglinge nicht lebensfähig.

Was in der Kindheit als Basis angelegt wird, setzt sich im weiteren Leben fort: Die Berührung durch andere Menschen stärkt die Beziehung zu ihnen und ist ein soziales Bindemittel. Eine Zeit lang kann man ohne Berührungen auskommen, aber ein Leben lang darauf zu verzichten, ist praktisch unmöglich.

Wissenschaftler vermuten, dass durch fehlendes Kuscheln und menschliche Berührungen auf Dauer körperliche und seelische Krankheiten entstehen können. So sind Berührungen mitverantwortlich für körperliche Entspannung, die Regulation von Emotionen und die Stärkung der Immunabwehr.

Die „heilende Berührung“

Frühchen, bei denen die Atmung bis zu 20 Mal in der Stunde aussetzt, werden mit dem sogenannten „heilenden Touch“ behandelt. Sobald bei einem Säugling ein Atemstillstand einsetzt, berührt eine Krankenschwester das Kind an der Fußsohle. Durch diesen Körperreiz beginnt das Baby wieder zu atmen.

Oxytocin: das Bindungshormon

Das Glückshormon Oxytocin wirkt sich auf Körper und Psyche aus. Um freigesetzt zu werden, braucht es bestimmte Reize. Körperkontakt wie Kuscheln und Sex – insbesondere beim Orgasmus – sind starke Auslöser.

Seine Hauptwirkung entfaltet Oxytocin während des Geburtsprozesses, deshalb heißt es übersetzt auch „schnelle Geburt“. Oxytocin löst die Wehen aus. Künstlich hergestelltes Oxytocin dient bei der klinischen Geburtshilfe auch als „Wehentropf“, in diesem Fall sorgt es für die schnelle Einleitung oder die Steigerung der Geburtswehen.

Darüber hinaus fördert Oxytocin den Milchfluss, wenn das Baby an der Brust saugt. Das ausgeschüttete Hormon verstärkt die emotionale Bindung zwischen dem Säugling und der Mutter. Der erhöhte Oxytocinspiegel beim Stillen beruhigt die Mutter und senkt das Stresshormon Cortisol. Selbst das Baby schüttet nach dem Stillen das Hormon Oxytocin aus, denn es fühlt sich anschließend satt, ruhig und zufrieden. Bereits das Schreien vom Baby kann schon Oxytocin und damit den Milchfluss bei der Mutter auslösen.

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Angstlösende und entspannende Wirkung von Oxytocin

Untersuchungen und Erkenntnisse aus den letzten Jahren verdeutlichen immer mehr, dass Oxytocin die Bindung zwischen allen Menschen beeinflusst, nicht nur die zwischen Mutter und Kind. Es intensiviert Bindungen, verstärkt das Vertrauen zu Mitmenschen und steigert die emotionale Kompetenz. Zudem baut es Stress ab und löst Ängste. Es wird zum Beispiel ausgeschüttet, wenn sich Partner streicheln oder beim Geschlechtsverkehr. Umgangssprachlich wird es daher auch als „Kuschelhormon” bezeichnet.

Neueste Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass das durch Berührung ausgeschüttete Oxytocin auch als körpereigenes Schmerzmittel wirkt. Wissenschaftler entdeckten bei Ratten einen Bereich im Gehirn, der als Schmerz-Kontrollzentrum fungiert. Darin fanden sie auch Nervenzellen, die Oxytocin produzieren und bei Schmerz oder Entzündungen die Schmerzempfindung lindern können.

Körperliche Berührung als medizinische Behandlung

Die sogenannte Berührungstherapie gilt besonders bei der Behandlung von Frühchen als sehr erfolgreich. Zu früh geborene Babys, die in den Genuss dieser Therapie kommen, legen fast doppelt so schnell an Gewicht zu wie Kinder, die diese Behandlung nicht erhalten. Doch nicht nur Kinder profitieren von Berührungsreizen, auch bei manchem Erwachsenen wird eine Kontakttherapie eingesetzt. Allerdings als vorbeugende Maßnahme, denn Berührungsreize an sich gelten nicht als direktes Heilmittel.

Auch in der Krebstherapie zeigen verschiedene Metastudien, dass spezielle Massagen helfen können, die Nebeneffekte einer klassischen Chemotherapie oder Bestrahlung zu lindern. Eine Massagetherapie kann dabei helfen Ängste abzubauen, Schmerzen zu mindern und Depressionen bei Krebspatienten entgegenzuwirken.

Ein Paar schaut sich an und ist sich nah. Sie wissen: Kuscheln ist gesund.

© iStock / stockfour

Die Corona-Pandemie erzeugt Berührungs- und Kuscheldefizite

Sich selbst weniger berühren

Neben den Kontaktbeschränkungen tragen die empfohlenen Hygienemaßnahmen zum Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus dazu bei, dass von den eigentlich bis zu 800 stressreduzierenden Selbstberührungen pro Tag erheblich weniger stattfinden. Dabei sind diese Selbstberührungen eine wichtige Funktion unseres gesamten Organismus. Der Grund dafür: Während oder nach einer psychischen Irritation, ausgelöst beispielsweise durch große Freude oder tiefe Trauer, versucht unser Körper wieder einen Zustand des psychischen Gleichgewichts herzustellen. Eine spontane Selbstberührung bewirkt in unserem Körper offenbar eine neurobiologische Homöostase, die uns wieder zu unserem inneren Gleichgewicht verhilft. 

Weniger Berührung durch andere

Während der aktuellen Corona-Pandemie leiden besonders viele alleinstehende Menschen unter mangelndem Körperkontakt. Wer über einen langen Zeitraum alleine und isoliert lebt, kann laut Studien eine verkürzte Lebenserwartung und ein erhöhtes Krankheitsrisiko haben. Auch das hängt vermutlich mit dem mangelnden Körperkontakt zusammen, unter dem alleinstehende Menschen häufig leiden.

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Kuschelbedürfnis mit Tieren

In Studien fanden Forscher heraus, dass das Streicheln von und der Kontakt mit Haustieren und insbesondere mit Hunden die Ausschüttung von Glückshormonen, den sogenannten Endorphinen, auslöst. Wie auch beim Bindungshormon Oxytocin wird dadurch Stress abgebaut.

Menschen, die sich sehr alleine fühlen, könnten sich daher überlegen, ein Haustier anzuschaffen. Neben Hunden kommen auch andere Haustiere in Frage, zum Beispiel eine Katze oder ein Kaninchen. So können Haustiere das derzeitige Corona-bedingte „Kuscheldefizit“ lindern. Wichtig sind Anschlussgedanken dazu, wo man das Tier kauft (Tierheime freuen sich über Abnahmen) und ob und wie man den Hund oder die Katze auch nach der Pandemie bei sich hat.

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