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Gesundheitsmagazin

Schwangerschaft

Das bedeutet eine Frühgeburt für Eltern und Kind

Veröffentlicht am:14.04.2023

5 Minuten Lesedauer

Jährlich kommen in Deutschland rund 800.000 Babys zur Welt, etwa 64.500 davon sind Frühchen. Doch wann spricht man von einer Frühgeburt? Wodurch wird sie verursacht – und welche Folgen kann sie nach sich ziehen?

Ein Erwachsener nimmt behutsam Kontakt zu einem Frühchen auf, welches auf einer weißen Decke liegt und nach der Hand greift.

© iStock / manonallard

Bis wann sind Neugeborene Frühchen?

Neugeborene werden als Frühchen oder Frühgeborene bezeichnet, wenn sie vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen. In Deutschland trifft das auf zwischen sieben und acht Prozent aller Lebendgeborenen zu. Der Großteil von ihnen wiegt bei der Geburt weniger als 2.500 Gramm. Abhängig davon, in welcher Schwangerschaftswoche sie geboren werden, können Frühchen nur bedingt selbstständig atmen, trinken oder ihre Körpertemperatur regulieren. Daher müssen sie häufig auf einer Frühgeborenenstation intensivmedizinisch betreut und in einem Inkubator (Brutkasten) versorgt werden. Zwar ist der körperliche Kontakt zwischen Eltern und Kind dabei in der Regel ausdrücklich erwünscht, jedoch gibt es auch Fälle, in denen der Gesundheitszustand des Neugeborenen dies nicht zulässt.

Es gibt verschiedene Einteilungen von Frühgeborenen – in der Regel nach Geburtsgewicht oder nach Gestationsalter. Der Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ teilt in vier Gruppen ein:

  • Späte Frühgeborene sind Kinder, die zwischen der 34. und 37. Schwangerschaftswoche geboren werden. Von reif geborenen Kindern unterscheiden sie sich im Hinblick auf Gewicht und Größe nur wenig, jedoch fehlt ihnen wichtige Entwicklungszeit.
  • Frühgeborene mit sehr niedrigem Geburtsgewicht sind Frühchen, die bei der Geburt weniger als 1.500 Gramm wiegen. In den meisten Fällen werden sie vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren.
  • Frühgeborene mit extrem niedrigem Geburtsgewicht wiegen bei ihrer Geburt weniger als 1.000 Gramm und werden meist vor der 29. Schwangerschaftswoche geboren.
  • Sogenannte untergewichtige Termingeborene sind reif geborene Babys, die bei ihrer Geburt weniger als 2.500 Gramm wiegen.

Wie wirkt sich eine Frühgeburt auf den Mutterschutz aus?

Der Mutterschutz beginnt sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und endet normalerweise acht Wochen nach der Geburt. Wobei sich der Zeitraum dem tatsächlichen Geburtstermin anpasst, also immer 14 Wochen beträgt. Bei Frühgeburten verlängert sich der Mutterschutz nach der Geburt auf 12 Wochen und besteht damit insgesamt 18 statt 14 Wochen. Die Verlängerung gilt übrigens auch bei Mehrlingsgeburten, bei Neugeborenen mit einem zu niedrigen Geburtsgewicht oder bei Babys mit einer Behinderung.

Welche Ursachen stecken hinter einer Frühgeburt?

Es gibt verschiedene Gründe dafür, weshalb ein Kind zu früh zur Welt kommt. Mögliche Ursachen sind Komplikationen während der Schwangerschaft, wie zum Beispiel:

  • Gebärmutterfehlbildungen
  • Muttermundschwächen
  • Störungen der Plazenta
  • vorzeitiges Springen der Fruchtblase
  • Infektion der Geburtswege

Relevant sind aber auch:

  • Alter der Mutter (unter 18 oder über 35 Jahre)
  • Erkrankungen des Kindes (z.B. Fehlbildungen)
  • Lebensstil der Mutter (etwa Konsum von Alkohol, Tabakerzeugnissen oder Drogen, starkes Über- oder Untergewicht, starke körperliche Arbeit)
  • medizinische Vorgeschichte der Mutter (zum Beispiel eine bereits durchgemachte Frühgeburt, künstliche Befruchtung)

Bestimmte Vorerkrankungen der Mutter können ebenfalls eine Frühgeburt begünstigen. Dazu gehören körperliche Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Nieren- oder Leberfunktionsstörungen sowie verschiedene Herzleiden. Aber auch psychische oder psychosoziale Probleme wie Konflikte im Privatleben, berufsbedingte Belastungen oder finanzielle Schwierigkeiten können vorzeitige Wehen auslösen und so eine Frühgeburt verursachen.

Risiko einer Frühgeburt steigt mit Anzahl der Föten

Bereits bei Zwillingsschwangerschaften ist die Rate der Frühgeburten merklich erhöht. Drillinge, Vierlinge oder weitere Mehrlinge kommen fast immer zu früh zur Welt. In diesen Fällen wird es in der mütterlichen Gebärmutter meist zu eng.

Überlebenschancen von Frühchen: Wann ist ein Baby lebensfähig?

Dank medizinischer Fortschritte und Möglichkeiten haben sich die Überlebenschancen von Frühgeborenen in den letzten Jahrzehnten stetig verbessert. Statistisch gesehen überleben 60 Prozent der Frühchen mit einem Geburtsalter von 24 Schwangerschaftswochen, 90 Prozent derer mit einem Geburtsalter von 28 Schwangerschaftswochen. In Deutschland werden alle Kinder, die die 24. Schwangerschaftswoche erreichen, auch intensivmedizinisch betreut. Bei Kindern, die noch früher zur Welt kommen, wird nach intensiver Aufklärung und Beratung gemeinsam mit den Eltern die Entscheidung getroffen, ob eine intensivmedizinische Betreuung erfolgen soll. Gerade bei ihnen ist das Risiko für dauerhafte körperliche oder geistige Beeinträchtigungen sehr hoch. Bei Neugeborenen, die vor der 32. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen, sind bis zu 40 Prozent von medizinischen Problemen betroffen. Wie gravierend diese sind, ist – wie auch die Überlebenschance – vom individuellen Entwicklungsstand abhängig. In der Regel gilt: Je früher und unreifer ein Kind geboren wird, desto höher ist das Risiko, dass es bleibende Beeinträchtigungen davonträgt.

Ein Frühchen wird intensivmedizinisch betreut und jemand streichelt den Babyfuß.

© iStock / Jana Richter

In Deutschland wird jedes Frühchen, dass die 24. Schwangerschaftswoche erreicht, intensivmedizinisch betreut.

Gibt es Spätfolgen bei Frühchen?

Um ihre Entwicklungsdefizite gegenüber Gleichaltrigen aufzuholen, benötigen viele Frühgeborene ungefähr acht Jahre, wobei der Entwicklungsunterschied mit den Jahren stetig kleiner wird. Kam es bei oder nach der Geburt nicht zu Hirnblutungen, sind die Frühgeborenen im Alter von 8 Jahren in der Regel auf dem gleichen Stand wie Termingeborene. Zuvor können Verhaltensauffälligkeiten auftreten wie beispielsweise Aufmerksamkeitsstörungen oder Probleme im Sozialverhalten.

Bei Frühgeborenen mit sehr niedrigem oder extrem niedrigem Geburtsgewicht kann es zu folgenden Entwicklungsstörungen kommen:

  • Bewegungsstörungen
  • Krampfanfälle
  • Blind- (Amaurosis) oder Taubheit (Surditas)
  • Störungen der geistigen Entwicklung

Auch um solche Spätfolgen rechtzeitig zu erkennen, sind die Kinder-Vorsorgeuntersuchungen da. Je früher sie erkannt werden, desto größer sind die Chancen, Beeinträchtigungen ganz oder zumindest teilweise auszugleichen.

Im späteren Leben sind Frühgeborene häufiger auf therapeutische Unterstützung wie Physiotherapie oder Logopädie angewiesen. Dabei spielt vor allem die Geburtswoche eine große Rolle: Je später ein Kind geboren wurde, desto kleiner ist das Risiko von Spätfolgen.

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Lässt sich einer Frühgeburt vorbeugen?

Um einer Frühgeburt bestmöglich vorzubeugen, ist es ratsam, Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wahrzunehmen und auf eine gesundheitsfördernde Lebensführung zu achten. Dazu gehören beispielsweise eine an die Schwangerschaft angepasste Ernährung sowie der Verzicht auf Alkohol und Tabakerzeugnisse. Wer unter psychosozialen Belastungen leidet, kann therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen und so das Risiko einer möglichen Frühgeburt senken. Da auch Infektionen in der Scheide oft Frühgeburten auslösen, raten Frauenärztinnen und Frauenärzte den vaginalen pH-Wert regelmäßig selbst zu messen. Spezielle Teststreifen gibt es in der Apotheke. Doch auch eine gut verlaufende Schwangerschaft und gesunde Lebensführung sind keine Garantie für eine termingerechte Geburt. Bei circa 50 Prozent aller Frühgeburten ist keine eindeutige Ursache erkennbar.

Was bedeutet eine Frühgeburt für die Eltern?

Für Eltern ist eine Frühgeburt ein großer Einschnitt, der viele Herausforderungen mit sich bringt. Besonders in der Anfangszeit kann es sehr belastend sein, das eigene Kind nicht halten zu dürfen oder es umgeben von Maschinen und Schläuchen im Inkubator zu sehen. Gerade Frühchen-Mütter kämpfen zudem oft mit Schuldgefühlen – aber auch Väter können emotionale Unterstützung gebrauchen. Frühchen-Eltern werden deshalb bereits während der Krankenhauszeit von Kinderkrankenpflegekräften, Medizinerinnen und Medizinern sowie Fachkräften aus der Geburtshilfe betreut. Diese geben auch Anleitungen für die anschließende Zeit zuhause und stehen ihnen weiterhin zur Seite – gemeinsam mit Hebammen, Therapeutinnen und Therapeuten, ambulanten Kinderkrankenpflegediensten, Frühfördereinrichtungen sowie Familienhilfen.

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