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Schwangerschaft

Schwangerschaftsdiabetes – Tipps für werdende Mütter

Veröffentlicht am:31.01.2022

6 Minuten Lesedauer

Schwangerschaftshormone schwächen die Wirkung des Insulins, wodurch die Blutzuckerwerte zeitweise ansteigen. Bei Betroffenen mit einer vor der Schwangerschaft bereits bestehenden Diabetesneigung besteht dann ein Risiko für einen Schwangerschaftsdiabetes.

Eine Schwangere testet ihren Blutzucker, da sie unter Schwangerschaftsdiabetes leidet.

© iStock / ReMa

Porträt von Prof. Dr. Michael Ritter, Chefarzt der Klinik für Angiologie, Diabetologie und Endokrinologie am Helios Klinikum Berlin-Buch.

© T. Oberländer, Helios

Prof. Dr. Michael Ritter ist Chefarzt der Klinik für Angiologie, Diabetologie und Endokrinologie am Helios Klinikum Berlin-Buch. Der Blutzucker-Experte spricht im Interview darüber, welche Folgen Schwangerschaftsdiabetes haben kann. Außerdem verrät er, wie Sie einen hohen Blutzucker in den Griff bekommen können.

Was bedeutet Schwangerschaftsdiabetes für Mutter und Kind?

In der Regel bemerken Schwangere keine Symptome – deshalb ist eine konsequente Vorsorgeuntersuchung auf Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) so wichtig. Mediziner nennen das „Screening“. Wird Schwangerschaftsdiabetes übersehen oder nicht ausreichend behandelt, steigt bei werdenden Müttern das Risiko für verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen. Dazu zählen:

  • Harnwegsinfekte
  • schwangerschaftsinduzierter Bluthochdruck
  • Präeklampsie (schwangerschaftsinduzierter Bluthochdruck und vermehrte Eiweißausscheidung über die Niere = Proteinurie)
  • Dammrisse während der Geburt
  • Frühgeburt

Erhöhte Zuckerwerte können aber nicht nur der Gesundheit der Mutter zusetzen, sondern auch für die Kinder Probleme verursachen. So führt Schwangerschaftsdiabetes in vielen Fällen dazu, dass Babys zu groß oder schwer werden. Dann müssen sie unter Umständen per Kaiserschnitt auf die Welt kommen. Trotz des hohen Geburtsgewichts sind die Organe, vor allem die Lunge, weniger gut ausgebildet, wodurch nach der Geburt Anpassungsschwierigkeiten, in Bezug auf die Atmung, drohen. In dem Fall verlegen Mediziner die Babys häufig auf die Intensivstation. Das hohe Geburtsgewicht kann aber noch weitere Probleme mit sich bringen: Die Babys können sich aufgrund ihrer Größe oder ihres Gewichts bei der Geburt an der Schulter verletzen.

Eine Schwangere mit Schwangerschaftsdiabetes isst viel frisches Gemüse.

© iStock / puhimec

Schwangere können mit ihrer Ernährung Einfluss auf ihre Blutzuckerwerte nehmen. Ausgewogen und bunt mit reichlich Vollkornprodukten sollte sie sein.

Was sind Langzeitfolgen für Mutter und Kind?

Werdende Mütter mit einem Gestationsdiabetes besitzen ein höheres Risiko, einen Typ-2- Diabetes zu entwickeln. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit tatsächlich ist, hängt auch davon ab, ob die Frau andere Risikofaktoren mitbringt. Dazu zählt zum Beispiel Übergewicht. Bei einer erneuten Schwangerschaft tritt nicht selten wieder Gestationsdiabetes auf. Daneben gibt es auch Langzeitfolgen für das Kind. Durch den vorliegenden Schwangerschaftsdiabetes hat der Nachwuchs ein gesteigertes Risiko für späteres Übergewicht und für einen Typ-2-Diabetes.

Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass Mediziner Schwangerschaftsdiabetes frühzeitig erkennen und behandeln. Schwangere können aktiv mithelfen, ihre Blutzuckerwerte zu optimieren, indem sie ihre Ernährung umstellen beziehungsweise anpassen. Dabei stehen eine Zuckerreduktion und ein mediterraner Ernährungsstil im Mittelpunkt.

Folgendes macht den mediterranen Ernährungsstil besonders:

  • viel Gemüse und etwas Obst
  • Hülsenfrüchte
  • Vollkornprodukte
  • Olivenöl als Speisefett
  • zwei Fischportionen pro Woche
  • sparsamer Umgang mit Milchprodukten und Fleisch

Außerdem beeinflussen Schwangere mit Bewegung ihre Blutzuckerwerte positiv. Bei Problemen in der Schwangerschaft wie Frühgeburtstendenzen sollten werdende Mütter sicherheitshalber vorab Rücksprache mit ihrem Gynäkologen halten.

Wie können Schwangere Langzeitfolgen verhindern?

Um die akuten Risiken in der Schwangerschaft, während der Geburt sowie die Langzeitfolgen für Mutter und Kind zu verhindern, führt der Arzt nach der Diagnose ein Aufklärungsgespräch. Außerdem vermittelt er eine Ernährungsberatung und übergibt der werdenden Mutter ein Blutzuckermessgerät. Mit dem Gerät soll die Schwangere regelmäßig, meistens viermal täglich, ihre Blutzuckerwerte kontrollieren. Diese Werte bespricht der Arzt anschließend mit seiner Patientin und legt gemeinsam mit dem Gynäkologen das weitere Vorgehen fest.

Können Schwangerschaft und Geburt trotz Diagnose normal verlaufen?

Unbedingt! Selbst wenn Mediziner eine Insulintherapie bei einer Patientin einleiten, das ist bei etwa 20 Prozent der Patientinnen mit Schwangerschaftsdiabetes der Fall, können Schwangerschaft und Geburt ansonsten völlig normal verlaufen. Frauen können spontan, also auf normalem Weg, entbinden. Letztendlich ist Schwangerschaftsdiabetes allein kein Grund für Gynäkologen, einen Kaiserschnitt durchzuführen.

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Wie sollte die Ernährung nach der Diagnose Schwangerschaftsdiabetes aussehen?

Schwangere sind gut beraten, wenn sie abwechslungsreich essen. Vor allem Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte gehören auf den täglichen Speiseplan. Bei den Kohlenhydraten, die in Getreideprodukten stecken, gibt es eine Besonderheit. Wenn Schwangere sich hier für Vollkornprodukte entscheiden, sorgen sie dafür, dass der enthaltene Zucker nur langsam ins Blut übergeht. Deshalb sind Vollkornnudeln und Vollkornreis besonders empfehlenswert.

Meinen Patientinnen gebe ich bei Schwangerschaftsdiabetes folgende Tipps:

  • Süßigkeiten und zuckerreiche Getränke vermeiden.
  • Fettarme Milchprodukte auf den Speiseplan setzen.
  • Gesättigte Fette, vor allem die in tierischen Lebensmitteln, begrenzen (zum Beispiel nur zwei Fleischmahlzeiten pro Woche).
  • Salzhaltige (Fertig-)Mahlzeiten komplett vom Speiseplan streichen.

„Schwangere brauchen bei gelegentlich erhöhten Zuckerwerten nicht in Panik zu geraten. Entscheidend ist für die Mutter und das Kind, dass die Zuckerwerte insgesamt nicht zu hoch liegen.“

Prof. Dr. Ritter
Chefarzt der Klinik für Angiologie, Diabetologie und Endokrinologie am Helios Klinikum Berlin-Buch

Schwangere brauchen bei gelegentlich erhöhten Zuckerwerten nicht in Panik zu geraten: Entscheidend ist für die Mutter und das Kind, dass die Zuckerwerte insgesamt nicht zu hoch liegen. Neben der gesunden Ernährung spielt die Bewegung eine wichtige Rolle. Spricht von geburtshilflicher Seite nichts dagegen, sollten sich Schwangere regelmäßig bewegen, denn damit können sie ihre Zuckerwerte sehr günstig beeinflussen.

Vor allem auch in den ersten drei Jahren nach der Schwangerschaft ist es wichtig, dass Frauen auf eine gesunde Ernährung und genügend Bewegung achten, um einem späteren Typ-2-Diabetes vorzubeugen.

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Wie sieht die Nachsorge bei Schwangerschaftsdiabetes aus?

Mediziner beenden eine Insulintherapie fast in jedem Fall nach der Entbindung. Es ist allerdings wichtig, dass Frauen die nachfolgenden Kontrollen wahrnehmen. Die frischgebackenen Mütter finden sich dafür sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt beim betreuenden Diabetologen ein und führen einen Blutzuckerbelastungstest (OGTT) durch.

Alle ein bis zwei Jahre übernimmt dann der Hausarzt weitere Kontrollen. Wie oft er den Zuckerwert kontrolliert, hängt auch von dem Ergebnis des OGTT ab. Ganz wichtig: Ich rate meinen Patientinnen stets dazu, daran zu denken, dass ein erhöhtes Risiko für einen erneuten Schwangerschaftsdiabetes und später für Typ-2-Diabetes besteht. Dieses Risiko können die Mütter mit regelmäßigem Sport, einem normalen Körpergewicht und auch Stillen positiv beeinflussen. Ich empfehle, über mindestens sechs Monate, bei Übergewicht zwölf Monate lang zu stillen.

Bemerkenswerterweise lassen sich bis zu 15 Jahre nach der Geburt noch günstige Effekte für die Mutter durch das Stillen nachweisen. Außerdem belegten Wissenschaftler, dass es ein Zeitfenster gibt, in dem die Lebensstil-Veränderungen maßgeblich dazu beitragen, einen chronischen Diabetes zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern. Laut den Forschern sind positive Veränderungen in den Bereichen Bewegung und Ernährung innerhalb der ersten drei Jahre nach der Schwangerschaft besonders vielversprechend.

„Das Risiko für Diabetes Typ 2 können Mütter mit regelmäßigem Sport, einem normalen Körpergewicht und Stillen positiv beeinflussen.“

Prof. Dr. Ritter
Chefarzt der Klinik für Angiologie, Diabetologie und Endokrinologie am Helios Klinikum Berlin-Buch

Schwangerschaftsdiabetes frühzeitig erkennen: Vorsorgeleistungen der AOK

Die AOK setzt sich dafür ein, dass es Ihnen und Ihrem Kind während der Schwangerschaft gut geht. Dafür übernimmt die AOK die Kosten, die im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen entstehen. Ihr Arzt gibt Ihnen zwischen der 24. und der 27. Schwangerschaftswoche die Möglichkeit, sich auf Schwangerschaftsdiabetes testen zu lassen. Dieses Angebot besteht aus einem Vortest und einem Diagnosetest. Bei dem Vortest trinken Sie ein Glas Wasser mit Zucker und geben anschließend Blut ab. Auf diese Weise kann Ihr Arzt Ihren Blutzucker bestimmen. Nur wenn der erste Test auffällig war, folgt der zweite, bei dem Sie nüchtern sein müssen.

Falls der Test ergibt, dass Sie Schwangerschaftsdiabetes haben, können Sie sich gezielt für Ihre Gesundheit einsetzen. Hierfür bieten wir Ihnen die AOK-Ernährungsberatung an.

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