Gehirn & Nerven
Essentieller Tremor: Wenn Hände oder Kopf unkontrollierbar zittern
Veröffentlicht am:21.02.2025
4 Minuten Lesedauer
Wenn bei jemandem die Hände oder der Kopf zittern, denken viele Menschen sofort an Parkinson. Tremor kann aber mehrere Ursachen haben. Wie entsteht er? Und wie kann er behandelt werden? Erfahren Sie mehr darüber.
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© iStock / LaylaBird
Tremor: Wenn die Hände zittern
Suppe löffeln, ein Glas Wasser halten, die Schuhe zubinden oder den Schlüssel ins Schloss stecken – solche Tätigkeiten, die Fingergeschick erfordern, sind für Menschen eine große Herausforderung, deren Hände zittern. Der medizinische Fachbegriff lautet Tremor. Ihre Lebensqualität ist dadurch erheblich eingeschränkt. In den meisten Fällen entwickelt sich das Zittern langsam über Jahre oder Jahrzehnte. Es kann neben den Händen auch andere Regionen des Körpers betreffen: die Arme, den Kopf, die Beine oder die Stimme. Das betreffende Körperteil führt eine Bewegung aus, die sich rhythmisch wiederholt.
Eigentlich ist Zittern eine ganz natürliche Reaktion des Körpers bei Kälte, Schmerzen, Angst oder Schüttelfrost. Es kann auch im Rahmen von Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Multipler Sklerose auftreten. Hinter einem Tremor können sich verschiedene neurologische Bewegungsstörungen verbergen. Unterschiede gibt es, beim Auftreten des Zitterns: in einer Ruhephase, beim Halten von Gegenständen oder wenn die Hände, Arme oder Beine aktiv sind. Entsprechend wird in Ruhe-, Halte- und Aktionstremor unterschieden. Der Ruhetremor tritt zum Beispiel auf, wenn der Arm auf dem Tisch abgelegt ist, er ist typisch für Morbus Parkinson.
Verschiedene Formen des Tremors
Beim Tremor werden verschiedene Formen unterschieden. Zu den häufigsten gehört der essentielle Tremor, der beidseits bei aktiven Bewegungen auftritt und deutlich sichtbar ist. Typisch sind sechs bis acht Zitterbewegungen pro Sekunde. Vor allem, wenn die Hände nach vorne gestreckt oder Gegenstände gehalten werden. Die genaue Ursache ist bisher noch nicht vollständig geklärt.
Im Gegensatz dazu ist der physiologische Tremor kaum wahrnehmbar und das sehr schnelle und feine Zittern wird meist nicht als störend empfunden. In der Regel muss er auch nicht therapiert werden.
Menschen mit einem essentiellen Tremor werden irrtümlicherweise oft für ängstlich und alkoholabhängig gehalten. Das kann dazu führen, dass sie sich aus Scham immer mehr aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Mit zunehmendem Alter steigt auch die Zahl der Erkrankten, bei den über 65-Jährigen sind es 4,6 Prozent. Der essentielle Tremor ist eine langsam fortschreitende Erkrankung, für die es bisher keine Heilung gibt.
Hilfe im Alltag
Einfache Tricks und Helfer können den Alltag für Menschen mit einem essentiellen Tremor etwas erleichtern. Dazu gehört der Verzicht auf Substanzen wie Koffein. Es kann dazu beitragen, dass sich die Symptome verstärken. Ebenso verstärkt Stress oftmals die Symptome. Ein Hilfsmittel zum Essen ist ein „Tremorlöffel“ und zum Schreiben gibt es einen speziellen „Tremorstift“. Beide haben ein spezielles Design. „Tremorstifte“ liegen durch die ergonomische Form besser in der Hand, bei „Tremorlöffeln“ ist der Rand erhöht, damit kein Essen herunterfällt. Bei anderen Modellen sind im Griff Bewegungssensoren eingebaut, die blitzschnell die Zitterbewegung der Hände ausgleichen können.
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Was sind die Ursachen des essentiellen Tremors?
Bei 60 Prozent der Betroffenen gibt es Hinweise auf eine Vererbung der Erkrankung. Bekannte Risikofaktoren beim essentiellen Tremor sind:
- Verändertes Gen: Die vererbte Variante ist als familiärer Tremor bekannt. Sie ist eine sogenannte autosomal-dominante Erkrankung. Um sie weiterzugeben, muss nur ein Elternteil ein verändertes Gen haben.
- Bei jedem Elternteil mit einem veränderten Gen liegt die Wahrscheinlichkeit, selbst zu erkranken, bei 50 Prozent.
- Das Alter spielt ebenfalls eine Rolle. Der essentielle Tremor tritt häufiger bei Menschen ab 40 Jahren auf, kann aber auch in der Kindheit erstmals auftreten.
Wie wird ein Tremor diagnostiziert?
Ein Patient oder eine Patientin sollte die Umstände, unter denen das Zittern auftritt oder sich bessert, dem behandelnden Arzt oder der Ärztin genau schildern. Meistens reicht eine anschließende körperliche Untersuchung für die Diagnose aus. Es können außerdem noch einige Blutwerte kontrolliert werden, um andere Ursachen für das Zittern auszuschließen. Eine weitere Methode in der neurologischen Diagnostik für komplexere Fälle ist die Elektromyographie, kurz EMG, sowie eine polygraphische Tremoranalyse.
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Behandlung des essentiellen Tremors
Um das Zittern zu unterdrücken und den essentiellen Tremor zu behandeln, kommt entweder eine medikamentöse oder eine nicht medikamentöse Therapie infrage. Besonders häufig werden Betablocker verschrieben, darunter Propranolol und Medikamente aus der Klasse der Antiepileptika. Damit kann das Zittern zwar nicht geheilt, aber in vielen Fällen deutlich verringert werden. In schweren Fällen, die nicht auf Medikamente ansprechen, wird im Einzelfall auch die tiefe Hirnstimulation angewendet. Die elektrische Stimulation wird durch eine Elektrode an das Gehirn abgegeben, die im Thalamus implantiert wird. Neuere Behandlungsverfahren, die spezialisierte Zentren anbieten, umfassen den fokussierten Ultraschall.