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Gehirn & Nerven

Migräne: So lindern Sie den Kopfschmerz

Veröffentlicht am:17.08.2021

9 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 18.03.2024

Schwere Migräneattacken sind eine große Belastung. Kathrin Behrens hat gelernt, mit ihrer Erkrankung zu leben. Dabei helfen ihr ein Kopfschmerztagebuch, bewährte Therapien und ein bewusstes, aktives Leben.

Eine Frau hat starke Kopfschmerzen und fasst sich an den Kopf, neben ihr auf dem Tisch liegen Kopfschmerztabletten.

© iStock / Mindful Media

Laufen gegen den Migräne-Kopfschmerz

Kann man Kopfschmerzen davonlaufen? Für Kathrin Behrens lautet die Antwort: Ja! Wenn die 36-Jährige durch den Forstgarten im nordrhein-westfälischen Kleve joggt, weiß sie, dass jeder Schritt in ihren schwarzen Laufschuhen sie stark macht, um die nächste Migräneattacke durchzustehen, wahrscheinlich sogar viele davon verhindert. „Beim Laufen kann ich Stress abbauen“, sagt sie. „Es fördert mein Selbstbewusstsein und lässt meine Schmerzschwelle ansteigen. Das habe ich schon nach wenigen Wochen gemerkt.“

Kathrin Behrens leidet an Migräne. Das Laufen ist für die Krankenschwester ein wichtiger Teil ihrer Therapie. Meist joggt sie an zwei Abenden in der Woche, immer in Gesellschaft. Allein war sie durch die ständigen Kopfschmerzen lange genug. „Als meine Kopfschmerzen besonders schlimm waren und ich noch keinen Weg der Linderung kannte, war ich sehr isoliert, musste Verabredungen oft absagen. Doch als ich mich der Laufgruppe im Ort anschloss, fühlte ich mich richtig aufgenommen.“

Mit 21 spürte sie das Pochen im Kopf zum ersten Mal. „Von da an traten die Migräneattacken immer häufiger und heftiger auf“, erinnert sie sich. „Irgendwann fühlte es sich an wie ein Gewitter in meinem Kopf – als würde sich ein Presslufthammer durch mein Hirn arbeiten.“

Viele Menschen kennen dieses Gefühl. Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen hierzulande. Zwölf bis 14 Prozent der Frauen und sechs bis acht Prozent der Männer leiden regelmäßig unter den pulsierenden Kopfschmerzen, die laut der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft typischerweise zwischen vier und 72 Stunden anhalten.

Schwere Migräneattacken sind eine große Belastung und vor allem mehr als nur Kopfschmerzen.

Es gibt viele Arten von Migräne

„Die internationale Kopfschmerzklassifikation unterscheidet eine ganze Reihe verschiedener Formen der Migräne. Etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten und Patientinnen berichten von einer sogenannten Aura“, sagt Dr. Charly Gaul, früherer Chefarzt der Migräne- und Kopfschmerz-Klinik Königstein und Mitbegründer des Kopfschmerzzentrums Frankfurt. „Dabei treten neurologische Reiz- oder Ausfallsymptome auf, besonders vor einer Attacke. Betroffene berichten etwa über flackernde, gezackte Linien, farbige Erscheinungen oder einseitige Sehstörungen.“

Bei den meisten Betroffenen treten die Kopfschmerzen an einzelnen Tagen im Monat auf, die Hälfte klagt über eine monatliche Migräneattacke. Mediziner und Medizinerinnen sprechen dann von episodischer Migräne, die je nach der Stärke des Schmerzes mit Akutmedikamenten behandelt wird. Dazu empfehlen sie vorbeugende Maßnahmen wie Sport und Entspannungsübungen. Auch raten sie ihren Patienten und Patientinnen, ihre Migräne-Trigger zu meiden. Solche die Migräne auslösenden Faktoren können Stress und Schlafmangel, aber auch Kälte oder histaminreiche Lebensmittel, wie Käse, Rotwein oder Schokolade sein. Die Migräne-Trigger sind individuell sehr unterschiedlich.

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Chronische Migräne

Manche Betroffene kämpfen mit mehr als 15 Kopfschmerztagen im Monat und mit heftigeren Schmerzen. Laut MigräneLiga e.V. Deutschland sind in Deutschland bis zu 1,5 Millionen Menschen von dieser chronischen Migräne betroffen. „Die Unterscheidung der beiden Migräneformen ist relevant, da sich die Behandlung unterscheidet“, sagt Dr. Gaul. Zusätzlich zu den genannten Maßnahmen sind bei chronischer Migräne unter ärztlicher Betreuung auch vorbeugende Medikamente ratsam, welche die Häufigkeit der Anfälle reduzieren können. Medizinischer Rat ist dabei sehr wichtig.

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Die Erkrankung nimmt bei einigen Patienten und Patientinnen auch einen komplizierten Verlauf, der bis zur Schmerzmittelabhängigkeit führen kann. Und dadurch zu noch mehr Beschwerden, dem sogenannten Kopfschmerz durch Schmerzmittelübergebrauch. Das hat auch Kathrin Behrens erlebt.

Die Migräneanfälle lähmten ihren Alltag und wurden immer häufiger. An ihre Leidenschaft, das Volleyballspielen, war da schon nicht mehr zu denken. Und schließlich kam die Angst dazu: Die Angst vor dem Kopfschmerz. Die Angst davor, arbeitsunfähig zu werden. Denn obwohl sie Medikamente einnahm, verschlimmerte sich die Migräne weiter. „Da habe ich angefangen, zu wirklich jedem erhältlichen Schmerzmittel zu greifen, was aber letztendlich nur zu einem unerträglichen Dauerkopfschmerz führte.“ Heute weiß sie, dass es so weit nicht hätte kommen müssen. Nach neun Jahren erhielt sie schließlich die Diagnose: chronische Migräne.

So funktioniert ein Kopfschmerztagebuch

Dann riet ihr Neurologe ihr, ein Kopfschmerztagebuch zu führen. Für Kathrin Behrens ein wichtiger Schritt zur Besserung. Seit fast sieben Jahren hält sie nun darin fest, wann ihre Attacken auftreten, wie stark sie sind, ob es Auslöser für die Migräne gab und welche Medikamente ihr dann helfen. 

In dieser Zeit hat sie viel über sich und ihre Migräne gelernt. Etwa, wie wichtig ein regelmäßiger Schlafrhythmus für sie ist. „Ich versuche immer zur selben Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen. Sieben bis acht Stunden Schlaf sind für mich ideal“, hat sie festgestellt. „Schlafe ich länger, wache ich meist mit Kopfschmerzen auf. Weniger Schlaf ist allerdings auch nicht gut. Denn dann bin ich reizbarer und kann so mögliche Migräneattacken schlechter ertragen.“

Alternativen zu Kopfschmerztabletten – im Akutfall und vorbeugend

Das Kopfschmerztagebuch hilft Kathrin Behrens, zu kontrollieren, wie häufig sie Schmerzmittel gegen ihre Migräne nimmt. Denn öfter als zehnmal im Monat sollte es nicht sein, weiß sie nun. Nach ärztlicher Absprache wurde sie auf die für sie passende Medikation eingestellt. Neben Schmerztabletten helfen laut der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft bei einer akuten Migräneattacke auch diese Maßnahmen:

  • ein abgedunkelter Raum
  • Ruhe (keine oder wenig Umgebungsgeräusche)
  • viel Schlaf
  • eine kühlende Kompresse
  • eine sanfte Kopfmassage

In der Schmerzklinik erfuhr die Migräne-Patientin zudem, wie sehr Sport die Häufigkeit und Schwere der Migräneanfälle reduzieren kann. Und sie lernte, mit autogenem Training gegen den Kopfschmerz anzugehen. Bis heute nutzt sie die Kraft ihrer Gedanken etwa zweimal die Woche, um sich zu entspannen. „Das Training verbessert die Selbstkontrolle, löst Ängste und Stress. Wenn man geübt ist, kann es sogar während einer Migräneattacke die Schmerztoleranz erhöhen.“

Eine Frau joggt durch einen Wald.

© iStock / microgen

Dem Kopfschmerz davonlaufen: Ausdauersport wie Joggen kann Migräneattacken vorbeugen.

Tipps, um Migräne vorzubeugen

Wichtig ist, dass Sie Ihre individuellen Migräne-Trigger mithilfe eines Kopfschmerztagesbuchs ausmachen.

Sind es bestimmte Lebensmittel, die die Attacken auslösen? Oder Alkohol, Medikamente, Stress und schlechter Schlaf? Wenn Sie das herausgefunden haben, können Sie versuchen, Ihre Ernährung und Lebensstil daraufhin anzupassen.

Diese Maßnahmen zur Migräne-Prophylaxe haben sich bei vielen Betroffenen bewährt:

Daneben gibt es die Möglichkeit, Migräne mit Medikamenten wie Betablockern vorzubeugen. Umstritten sind dagegen Prophylaxe-Maßnahmen aus der Homöopathie, Naturheilkunde und Traditionellen Chinesischen Medizin – hier fehlt es bislang an wissenschaftlichen Belegen.

Im Schnitt hat Kathrin Behrens noch acht Tage im Monat Migräne, je nach Stress- und Wetterlage. Doch daran hat sie sich gewöhnt. „Früher war ich total darauf erpicht, dass meine Migräne ganz verschwindet. Damit habe ich mich zusätzlich gestresst“, erinnert sie sich. „Dann habe ich verstanden, dass ich lernen muss, mit den Kopfschmerzen umzugehen. Und das hat schon sehr viel gebracht.“

Eine Botschaft, die auch Dr. Gaul den Betroffenen mitgeben möchte: „Es ist wichtig, die Krankheit anzunehmen. Denn es ist einfacher, mit einer Migräne zu leben als gegen eine Migräne.“

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