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Gehirn & Nerven

Wie gefährlich ist ein Schädel-Hirn-Trauma?

Veröffentlicht am:20.11.2024

7 Minuten Lesedauer

Ein Unfall, ein Sturz oder ein Schlag auf den Kopf kann zu einem Schädel-Hirn-Trauma und bleibenden Schäden führen. Was sind die Symptome? Warum ist eine schnelle Behandlung wichtig?

Eine junge Frau fasst sich vor Schmerzen an die Schläfen. Ihre Augen sind geschlossen. Neben ihr hockt ein junger Mann, der seine linke Hand auf ihre Schulter gelegt hat. Mit der rechten Hand hält er ein Handy an sein rechtes Ohr, um Hilfe zu rufen. Im Hintergrund sind verschwommen parkende Autos zu sehen.

© iStock / Motortion

Was ist ein Schädel-Hirn-Trauma?

Ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) entsteht durch eine Gewalteinwirkung auf den Kopf. Dabei wird der Schädelknochen verletzt und die Funktion des Gehirns ist gestört. Auch ein Schädelbruch, eine Hirnschwellung oder Blutungen im Gehirn können die Folge sein. Die Ursache ist häufig ein Sturz, ein Verkehrsunfall, ein Unfall im Haushalt oder beim Sport. Bestimmte Sportarten, zum Beispiel Fußball, Eishockey, Boxen und Motorsport sowie Wintersportarten wie Skifahren und Snowboarden bergen ein hohes Risiko für Kopfverletzungen. Auch im Reitsport kann es durch Stürze oder das Ausschlagen des Pferdes zu einer Kopfverletzung kommen. Je nach Schwere der Verletzung kann ein Schädel-Hirn-Trauma zu bleibenden Schäden oder sogar zum Tod führen. In Deutschland ist das Schädel-Hirn-Trauma bei Menschen vor dem 40. Lebensjahr die häufigste Todesursache. Mehr als die Hälfte von ihnen hatte einen Verkehrsunfall.

Doch nicht jede Kopfverletzung führt automatisch zu einem Schädel-Hirn-Trauma. Selbst nach mehrfachen Schädelbrüchen kann das Gehirngewebe unverletzt bleiben. Umgekehrt können Hirnverletzungen auftreten, obwohl der Schädelknochen nicht gebrochen ist. Gewissheit kann nur eine Untersuchung im Krankenhaus schaffen.

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Welche Symptome können beim Schädel-Hirn-Trauma auftreten?

Das Gehirn ist ein sensibles Organ, das durch den Schädelknochen geschützt wird. Wenn dieser Knochen jedoch verletzt wird, können verschiedene Körperfunktionen gestört sein. Typische Symptome beim Schädel-Hirn-Trauma sind:

  • (starke) Kopfschmerzen
  • Schwindelgefühl
  • Schluckstörungen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Lähmungserscheinungen
  • eine gestörte Wahrnehmung
  • Erinnerungslücken
  • Sprach- und Bewusstseinsstörungen
  • Bewusstlosigkeit
  • Koma
  • Krampfanfälle
  • klare Flüssigkeit (Gehirnflüssigkeit) tritt aus Mund, Nase und Ohren aus

Die Symptome können sofort nach dem Unfall oder Sturz auftreten, aber auch Stunden oder zwei Tage danach. Ein Bluterguss kann nach einem Schädel-Hirn-Trauma auch erst nach Wochen oder Monaten Beschwerden verursachen.

Drei Schweregrade beim SHT

Durch äußere Gewalt sind verschiedene Verletzungen am Schädel möglich. Beim Schädel-Hirn-Trauma wird der Schweregrad üblicherweise nach dem Punktwert in der Glasgow-Coma-Skala (GCS) eingeteilt. Der Patient oder die Patientin bekommt Punkte für bestimmte Reaktionen. Kriterien sind

  • das Augenöffnen,
  • die verbale Reaktion auf Ansprache
  • und die motorische Reaktion.

Danach erfolgt die Einteilung in drei Schweregrade:

Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades: Das leichte Schädel-Hirn-Trauma (Commotio cerebri) wird im Volksmund auch Gehirnerschütterung genannt. Manchmal kommt es zu einer kurzen Bewusstlosigkeit, die nicht länger als fünf Minuten andauert. Allgemeine Beschwerden wie Kopfschmerz, Schwindel oder Übelkeit, können einige Wochen anhalten und bilden sich dann wieder zurück. Das leichte Schädel-Hirn-Trauma wird bei 80 Prozent der Patientinnen und Patienten diagnostiziert.

Schädel-Hirn-Trauma 2. Grades: Bei einem mittelschweren Schädel-Hirn-Trauma sind Betroffene länger als fünf Minuten und höchstens 30 Minuten bewusstlos. Die Symptome bilden sich innerhalb eines Monats zurück.

Schädel-Hirn-Trauma 3. Grades: Die Bewusstlosigkeit hält beim schweren Schädel-Hirn-Trauma über 30 Minuten an. In der Regel führt dies zu Spätfolgen.

Ein Patient, der drei bis acht Punkte erreicht, hat ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Neun bis zwölf Punkte gelten als mittelschwere Hirnverletzung und zwölf bis fünfzehn Punkte werden als leichtes Schädel-Hirn-Trauma eingestuft.

Gehirnerschütterung bei Kindern

Einen Augenblick nicht aufgepasst und das Baby ist von der Wickelkommode gefallen oder das Kind von der Schaukel. Kinder stürzen häufig und schlagen mit dem Kopf auf. Wenn sie sich am Kopf verletzt haben, sollten Eltern besonders aufmerksam sein und ihr Kind im Blick behalten. Denn möglicherweise hat es eine Gehirnerschütterung. Sie ist die häufigste Kopfverletzung im Kindesalter. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind eine Gehirnerschütterung hat, sollten Sie den Rettungsdienst über die 112 anrufen.

So wird die Diagnose beim Schädel-Hirn-Trauma gestellt

Am Unfallort befragt der Notarzt oder die Notärztin den Verletzten beziehungsweise die Verletzte. Sind sie bewusstlos und nicht ansprechbar, können auch Zeugen befragt werden. Wichtig ist, die lebenswichtigen Funktionen zu erhalten. Um das Ausmaß der Kopfverletzung festzustellen, erfolgt eine sorgfältige ärztliche Untersuchung des Kopfes im Krankenhaus.

  • Brüche des Schädels lassen sich durch eine Röntgenuntersuchung diagnostizieren.
  • Um festzustellen, ob das Gehirn geschädigt ist, wird ein Computer-Tomogramm (CT) des Schädels angefertigt.
  • Bei schweren Schädel-Hirnverletzungen wird die Magnetresonanztomographie (MRT) angewendet. Damit kann der Arzt oder die Ärztin Schädigungen, Quetschungen und Durchblutungsstörungen erkennen.
  • Möglicherweise können danach noch weitere Untersuchungen notwendig sein, um Verengungen und Verletzungen von Blutgefäßen sowie Störungen von Blutgefäßen zu erkennen.

Welche Gehirnverletzungen gibt es?

Grundsätzlich unterscheidet die Medizin bei einem Schädel-Hirn-Trauma zwischen primären und sekundären Schäden:

  • Primäre Schäden: In diesem Fall verursacht das Trauma unmittelbare Schäden am Gehirn.
  • Sekundäre Schäden: Diese entstehen nach dem Trauma. Ist das Gehirn verletzt, kann es anschwellen. Dadurch wird der Druck im Kopf erhöht, was wiederum die Durchblutung des Gehirns beeinträchtigen und zu weiteren Schäden führen kann. Auch Blutungen außerhalb des Gehirns können den Druck erhöhen. Zudem besteht die Gefahr, dass Teile des Gehirns gegen die unnachgiebigen Schädelknochen gedrückt werden, was zu Einklemmungen führen kann.

Wie leistet man bei Kopfverletzungen Erste Hilfe?

Schnelles Handeln am Unfallort kann schlimme Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas vermeiden. Sind Sie Zeuge oder Zeugin eines Unfalls oder Sturzes einer Person, die eine Kopfverletzung erlitten hat, sollten Sie zuerst prüfen, ob die betroffene Person bewusstlos oder ansprechbar ist. Bei Verdacht auf eine schwere Kopfverletzung sollten Sie sofort den Notruf (112) rufen. Beobachten Sie anschließend bis zum Eintreffen des Notarztes oder der Notärztin, ob sich der Zustand verändert. Wird beziehungsweise ist die verletzte Person bewusstlos, bringen Sie sie in die stabile Seitenlage. Verdrehen Sie hierbei nicht unnötig die Halswirbelsäule. Es könnte eine begleitende Verletzung der Halswirbelsäule vorliegen. Prüfen Sie regelmäßig die Atmung und den Puls. Führen Sie notfalls Reanimierungsmaßahmen durch. Versorgen Sie stark blutende Kopfwunden mit einem Druckverband.

Eine junge Ärztin sitzt auf der Bettkante eines Patienten, der sich nach einer Operation erholt. Sie hält ein Tablet in der Hand, auf dem ein Gehirnscan zu sehen ist und erklärt das Ergebnis. Der Mann tippt mit Daumen und Zeigefinder der rechten Hand auf den Bildschirm.

© iStock / gorodenkoff

Mithilfe bildgebender Verfahren kann im Krankenhaus festgestellt werden, ob und wie stark das Gehirn nach einem Sturz oder Unfall verletzt wurde.

Wie wird ein Schädel-Hirn-Trauma behandelt?

Die Therapie hängt davon ab, wie schwer das Schädel-Hirn-Trauma ist. Je früher sie beginnt, desto besser ist die Prognose. Das oberste Ziel ist, das Leben des Patienten oder der Patientin zu retten. Am Unfallort kommt es zunächst darauf an, bei schweren Kopfverletzungen die lebenswichtigen Funktionen zu erhalten.

Bei Gehirnblutungen und Schädelbrüchen ist häufig eine Operation notwendig. Betroffene mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma befinden sich in der akuten Phase im Koma, damit sich das Gehirn besser erholen kann. Im Krankenhaus werden sie intensiv überwacht. Manchmal wird auch eine Sonde gelegt, um zu verhindern, dass der Druck im Gehirn aufgrund einer Schwellung oder Blutung weiter steigt. Mit der Gabe von Antibiotika sollen Betroffene vor Infektionen geschützt werden.

Bei Anzeichen auf eine Gehirnerschütterung sollten sich Betroffene in einer Rettungsstelle vorstellen. Dort wird entschieden, ob weitere Untersuchungen und eine anschließende Behandlung notwendig sind.

Nach einem Schädel-Hirn-Trauma kann es zum Beispiel zeitversetzt zu einer Blutung zwischen der harten Hirnhaut und dem Schädelknochen (epidurales Hämatom) oder zwischen der harten Hirnhaut und dem Gehirn (subdurales Hämatom) kommen. Bei einem subduralen Hämatom ist eine Vene verletzt und es kommt zu Einblutungen zwischen zwei Schichten der Hirnhäute. Ein epidurales Hämatom entsteht meist durch eine arterielle Einblutung zwischen Schädeldecke und Hirnhaut – durch den hohen Druck in den Arterien entwickelt sich ein solches Hämatom sehr schnell. Sie können direkt nach der Gewalteinwirkung auf den Kopf oder verzögert eintreten.

Bei Blutungen ist es wichtig, das Gehirn von dem erhöhten Druck zu entlasten, die Blutung schnell zu entfernen, da diese auf das empfindliche Gehirn drückt und die Situation schnell lebensbedrohlich wird. Die Druckentlastung erfolgt in der Regel über die chirurgische Öffnung des Schädelknochens, das oft schon geronnene Blut wird entfernt und bei epiduralen Hämatomen die blutende Arterie verschlossen. So hat das Gehirn mehr Platz, sich auszudehnen. Gegebenenfalls muss das Blut über eine Drainage abgeleitet werden. Anschließend werden Drainagen eingelegt, um das Blut aus kleinen Nachblutungen abzuleiten.

Bei älteren Menschen kann es zu einer chronischen Subduralblutung kommen. Dabei treten einige Tage nach dem Trauma neurologische Störungen auf, die sich in der Folge immer weiter verstärken. Die Therapie ist auch in diesem Fall eine Öffnung des Schädels und die Einlage einer Drainage in die Blutung, die in der Regel über ein kleines Bohrloch erfolgt.

Bei schweren Schädel-Hirn-Traumen kommt es zudem zu einem Anschwellen des Gehirns. Um den Sauerstoffverbrauch des Gehirns zu reduzieren, werden die Betroffenen in Narkose versetzt und kontrolliert beatmet. Zur Drucksenkung wird der Oberkörper leicht hochgelagert und ein ausreichend hoher Blutdruck auf der Intensivstation sichergestellt. Bei einer schweren Schwellung erfolgt möglicherweise eine großflächige Entfernung des Schädelknochens, um dem geschwollenen Gehirn mehr Platz zu verschaffen. Dieser wird dann eingefroren und kann später wieder eingesetzt werden.

Welche Langzeitfolgen können auftreten?

Eine Folge der Schädel-Hirn-Verletzung kann zum Beispiel ein Krampfleiden sein. Solche epileptischen Anfälle treten noch nach längerer Zeit auf. Außerdem kann es zu Schwindelanfällen kommen. Viele Patienten und Patienten klagen nach einem leichten Schädel-Hirn-Trauma noch längere Zeit über Kopfschmerzen oder Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen. Spätfolgen sind aber nicht zu erwarten.

Durch die Gewalteinwirkung auf den Kopf kann jedoch eine neurologische Schädigung entstehen, die eine rehabilitationsmedizinische Maßnahme erfordert. Frühestens danach kann beurteilt werden, ob bleibende Schäden zurückbleiben. Eine vollständige Rehabilitation ist unter Umständen nicht möglich. Betroffene sind dann auf ständige Hilfe angewiesen.

Liegen schwere Schädigungen des Gehirns vor, können bleibende psychische Veränderungen die Folge sein. Dazu gehören zum Beispiel Wutanfälle. Auch Sprachstörungen und Störungen der Feinmotorik sind mögliche Langzeitfolgen.

Etwa ein Drittel der Patienten und Patientinnen (30 bis 40 Prozent) mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma verstirbt, zwei bis 14 Prozent bleiben in einem posttraumatischen vegetativen Zustand, also im Koma. Zwischen zehn Prozent und dreißig Prozent bleiben schwer oder mittelgradig behindert. Sieben bis 27 Prozent erholen sich gut.

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