Gehirn & Nerven
Bei einem Schock richtig handeln
Veröffentlicht am:23.01.2024
5 Minuten Lesedauer
Ein Schock kann unterschiedliche Ursachen haben. Man unterscheidet insgesamt vier Schockformen. An welchen Symptomen Sie einen Schock erkennen und welche Erste-Hilfe-Maßnahmen richtig sind.
Was ist ein Schock und was sind typische Symptome?
Ein Schock ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der entsteht, wenn der Körper nicht mehr mit ausreichend Blut und Sauerstoff versorgt wird. Es kommt zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und Sauerstoffbedarf, das eine Unterversorgung der Organe zur Folge hat. Ohne schnelle medizinische Behandlung führt ein Schock zu einem fortschreitenden Herz-Kreislauf-Versagen und somit zum Tod.
Wie kann man einen Schock erkennen? Typische Anzeichen für einen Schock sind ein oder mehrere der folgenden Symptome:
- Blutdruckabfall
- beschleunigter Herzschlag (Gefühl von Herzrasen)
- schneller, aber schwacher Puls
- flache Atmung
- blasse, kühle, schweißnasse, marmorierte Haut (Ausnahme: Beim hyperdynamen septischen Schock ist die Haut warm und gerötet)
- Frieren und/oder Zittern
- bläuliche Lippen und/oder Fingernägel
- Bewusstseinsstörungen wie Benommenheit oder Schläfrigkeit
- Bewusstseinsveränderungen wie Unruhe, Nervosität, Angst oder Verwirrtheit
Die Ursachen für einen Schock sind vielfältig und werden nach der Form des Schocks unterschieden.
Erste Hilfe beim Schock – so verhalten Sie sich richtig
- Notruf wählen (112)
- Bewusstsein kontrollieren: Sprechen Sie die betroffene Person an, fassen Sie sie an – rütteln Sie zum Beispiel vorsichtig an ihrer Schulter.
- Bei Bewusstlosigkeit: Rufen Sie laut um Hilfe, damit andere Menschen in der Nähe den Notfall erkennen und helfen können. Kontrollieren Sie die Atmung. Ist diese normal, bringen Sie die betroffene Person in die stabile Seitenlage und decken Sie sie zu, zum Beispiel mit einer Jacke oder einem großen Schal. Wenn keine Atemgeräusche und Brustkorbbewegungen wahrnehmbar sind, beginnen Sie sofort mit einer Herz-Lungen-Wiederbelebung (30 Mal Herzdruckmassage, 2 Mal beatmen) und führen Sie diese bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes fort. Achtung: Bei Säuglingen und Kindern gibt es bei Wiederbelebungsmaßnahmen Besonderheiten zu beachten.
Welche vier Schockformen gibt es?
Ein Schockzustand kann verschiedene Ursachen haben: starke innere oder äußere Blutungen, extremer Flüssigkeitsverlust etwa bei schweren Durchfallerkrankungen, eine Vergiftung, eine schwere allergische Reaktion beispielsweise nach einem Insektenstich, eine schwache Herzleistung oder Stoffwechselentgleisungen, zum Beispiel eine ausgeprägte Hyperglykämie bei Diabetikern und Diabetikerinnen. In fast allen Fällen zeigt sich schon zu Beginn einer Schockreaktion, dass das Herzminutenvolumen stark abnimmt: Das Herz pumpt pro Minute weniger Blut als notwendig in den Kreislauf.
In der Medizin unterscheidet man folgende Formen eines Schocks:
Hypovolämischer Schock
Bei einem hypovolämischen Schock, auch Volumenmangelschock genannt, ist die Kreislauffunktion durch einen schweren Flüssigkeits- oder Blutverlust gestört. Dieser Zustand wird unter anderem durch erhebliches Erbrechen und/oder Durchfall (bei infektiöser Gastroenteritis), ungenügende Flüssigkeitsaufnahme, oder starke Blutungen ausgelöst. Bei einem extremen Blutverlust spricht man auch von einem hämorrhagischen Schock.
Distributiver Schock
Die häufigste Schockform ist der distributive Schock. Er ist die Folge eines sogenannten relativen Volumenmangels: Eigentlich ist im Körper ausreichend Flüssigkeit und Blut vorhanden, allerdings schlecht verteilt. Dazu kann es kommen, wenn sich die Gefäße erweitern und dadurch der Blutdruck abfällt. Oder, weil die Gefäßwände plötzlich stärker durchlässig sind und das Blut beziehungsweise seine Zellen in umliegendes Gewebe dringt. Es gibt drei Unterformen des distributiven Schocks:
- Ein anaphylaktischer Schock ist die schwerste Form einer allergischen Reaktion auf Lebensmittel wie Erdnüsse, auf Insektenstiche oder Medikamente wie Antibiotika oder Schmerzmittel. Der Schockzustand kann innerhalb von wenigen Minuten nach dem Kontakt mit dem Allergieauslöser auftreten. Von dieser allergischen Reaktion sind mehrere Organe bzw. ganze Organsysteme betroffen: Atemwege, Haut, Herz-Kreislauf-System und Magen-Darm-Trakt. Anzeichen für einen drohenden „Allergieschock“ sind ein starker Blutdruckabfall, Luftnot und Orientierungslosigkeit. Das kann durch die Gabe von Medikamenten aus einem Anaphylaxie-Notfall-Set verhindert werden. Viele Allergiker und Allergikerinnen tragen eine solche Erste-Hilfe-Ausrüstung bei sich, die auch von Laien genutzt werden kann.
- Der septische Schock bezeichnet das Kreislaufversagen bei einer Blutvergiftung, der sogenannten Sepsis. Entzündungen, etwa eine Wundinfektion oder auch Blinddarmentzündung, lösen im Körper eine Abwehrreaktion aus. Es wird nicht nur der Erreger, sondern hierdurch auch das körpereigene Gewebe angegriffen – das führt unbehandelt zum Organversagen.
- Bei einem neurogenen Schock sind schwere Verletzungen und/oder Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie eine schwere Rückenmarksverletzung oder ein Schädel-Hirn-Trauma Ursache des Blutdruckabfalls, der mit einem verlangsamten Herzschlag einhergehen kann.
Kardiogener Schock
Von einem kardiogenen Schock spricht man, wenn das Herz nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Sauerstoff und Blut durch den Körper zu pumpen. Die häufigste Ursache dafür ist ein Herzinfarkt. Aber auch Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelentzündungen oder Herzklappenerkrankungen können zu einer Kontraktionsschwäche des Herzens führen.
Obstruktiver Schock
Ein obstruktiver Schock kann unter anderem durch eine Lungenembolie oder einen Spannungspneumothorax ausgelöst werden. Letzteres bedeutet, dass Luft im Raum zwischen Lungen- und Rippenfell eingedrungen ist und nicht mehr entweichen kann, was den Blutfluss zum Herzen behindert. Eine weitere Ursache kann eine Herzbeuteltamponade sein, also wenn starker Druck auf das Herz ausgeübt wird, zum Beispiel durch einen Tumor oder eine (Stich-)Verletzung. Bei dieser Schockform kommt es immer zu einer Einengung oder einem Verschluss von größeren Blutgefäßen, wodurch der Blutkreislauf gestört oder unterbrochen wird. Der obstruktive Schock kommt allerdings relativ selten vor.
Was ist ein psychischer Schock?
Der psychische Schock ist keine Schockform im medizinischen Sinne. Er beschreibt vielmehr eine akute psychische Belastungsreaktion oder eine Ausprägung der posttraumatischen Belastungsstörung. Auslöser können einschneidende Erlebnisse sein, wie zum Beispiel Kriegsereignisse, schwere Unfälle sowie körperliche oder sexuelle Gewalt. Der psychische Schock kann sich auch körperlich äußern. Zu seinen Symptomen zählen Verwirrtheit, blasse Haut und schnelle, flache Atmung. Im Akutfall (psychischer Zusammenbruch) gilt:
- Notruf tätigen (112)
- den Betroffenen oder die Betroffene abschirmen und beruhigen
- Kreislauf stabilisieren – auf den Rücken legen und Beine hochlagern
Behandlung eines Schocks – was passiert im Krankenhaus?
Kündigt der Rettungsdienst einen Schockpatienten oder eine Schockpatientin an, wird in der Notaufnahme der sogenannte Schockraum (Reanimationsraum) vorbereitet. Ein Team aus mehreren Fachdisziplinen bespricht und koordiniert mögliche diagnostische und therapeutische Schritte. Weil die Schockursachen bei Einlieferung des Patienten oder der Patientin meist nicht klar sind, ist die Erstdiagnose oftmals ein undifferenzierter Kreislaufschock. Bei jedem Schockpatienten und jeder Schockpatientin werden deshalb immer auch folgende Maßnahmen vorbereitet:
- Beatmungsmöglichkeiten
- Medikamente und Instrumente für Atemwegs- und/oder Gefäßzugänge (zum Beispiel Arterienkatheter oder Venenkatheter)
- kreislaufstabilisierende Medikamente wie Noradrenalin
- Blut- und Gerinnungsprodukte zur Wiederherstellung beziehungsweise Stabilisierung der Blutgerinnung
Es gilt: Je kürzer der Schockzustand andauert, desto weniger Schaden nehmen Gewebe und Organe. Schnelles Handeln und eine schnelle Behandlung im Krankenhaus bei bereits kleinsten Anzeichen eines Schocks sind deshalb extrem wichtig – sie können Leben retten.