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Gesundheitsmagazin

Gehirn & Nerven

Was machen Sympathikus und Parasympathikus?

Veröffentlicht am:26.07.2023

6 Minuten Lesedauer

Sympathikus und Parasympathikus sind Teile des Nervensystems. Der Sympathikus steigert die körperliche Leistungsfähigkeit bei Beanspruchung und der Parasympathikus stellt in Ruhephasen grundlegende Aufgaben wie die Verdauung in den Fokus.

Ein junger Mann entspannt mit geschlossenen Augen und Kopfhörern auf den Ohren in einem Sessel.

© iStock / Adene Sanchez

Das menschliche Nervensystem

Herz-Kreislauf-System, Skelett, Muskulatur, Atmungs- oder Verdauungsorgane: Die unterschiedlichen Organsysteme im menschlichen Körper arbeiten für körperliche Funktionen wie Verdauung oder Bewegung koordiniert zusammen. Daran ist auch das Nervensystem beteiligt. Es ist hochkomplex und setzt sich aus Abermilliarden Nervenzellen, den Neuronen, zusammen. Allein im Gehirn gibt es davon rund 100 Milliarden. Jedes Neuron hat unterschiedliche faserartige Fortsätze: zum einen die Dendriten, mehrere kurze Fortsätze, mit denen die Nervenzelle Signale empfängt, und zum anderen das Axon, das Signale weiterleitet und auch mal über einen Meter lang sein kann. Die Kontaktpunkte zwischen Dendriten und Axonen sind die Synapsen.

Das Nervensystem steuert körperliche Prozesse und überwacht den Status des Organismus. Außerdem nehmen wir mit dem Nervensystem die Umwelt wahr. In Augen, Ohren, Nase, Zunge und Hautsensoren verarbeiten Nervenzellen Sinnesreize. Das Nervensystem gibt die Information an das Gehirn weiter, das Empfindungen wie Wohlgefühl oder Schmerz generiert. Bei Bedarf werden notwendige Reaktionen ausgelöst: etwa schnelle Bewegungen, um die Hand zurückzuziehen, die an etwas Heißes fasst; oder ein überlegtes Ausweichen, wenn das Auge ein Hindernis gemeldet hat.

Aufbau des Nervensystems

Alle Teile des Nervensystems hängen zusammen. Dennoch unterscheidet man zum besseren Verständnis zwischen dem zentralen und peripheren Nervensystem.

  • Das zentrale Nervensystem besteht aus den Nerven in Gehirn und Rückenmark. Es liegt geschützt im Schädel und im Wirbelkanal der Wirbelsäule.
  • Das periphere Nervensystem umfasst alle anderen Nervenbahnen im Körper.

Die Unterscheidung in zentral und peripher bezieht sich auf die Lage der Nerven im Körper. Eine weitere Unterscheidung beruht auf den Funktionen des Nervensystems.

  • Das willkürliche oder somatische Nervensystem lenkt Vorgänge im Körper, die wir bewusst über unseren Willen beeinflussen: Aktionen wie Greifen, Laufen, Sprechen oder das Lesen dieses Artikels.
  • Das unwillkürliche, auch autonome oder vegetative Nervensystem ist für Prozesse verantwortlich, die unabhängig von unserem Willen ablaufen. Es kontrolliert Organfunktionen, die wir nicht bewusst steuern, etwa von Leber oder Darm. Damit steuert es lebenswichtige Körperfunktionen wie Verdauung, Stoffwechsel, Herzschlag und Atmung. Zwischen Gehirn und peripherem Nervensystem werden Mitteilungen ausgetauscht. Das vegetative Nervensystem passt körperliche Funktionen entsprechend an – es löst beispielsweise bei voller Blase Harndrang aus, oder führt zur Bildung von Schweiß zur Abkühlung des Körpers bei Hitze.

Parasympathikus und Sympathikus im vegetativen Nervensystem

Das vegetative Nervensystem lässt sich weiter einteilen in das sympathische Nervensystem (Sympathikus) und das parasympathische Nervensystem (Parasympathikus). Sympathikus und Parasympathikus werden oft als Gegenspieler bezeichnet. Einfach ausgedrückt: Das sympathische Nervensystem reguliert die Organfunktionen in Stresssituationen oder bei Aktivität und das parasympathische Nervensystem in Entspannungsphasen. Zum vegetativen Nervensystem zählt außerdem noch das enterische Nervensystem, das Nervensystem des Darms. Es besteht aus einem Nervengeflecht in der Darmwand und reguliert den Darm weitgehend unabhängig.

Der Sympathikus stimuliert, der Parasympathikus beruhigt

Wenn das autonome Nervensystem bestimmte Informationen über den Körperstatus und äußere Bedingungen erhalten hat, reagiert der sympathische Teil mit der Anregung von entsprechenden Körperprozessen – oder der parasympathische mit deren Hemmung: Der Sympathikus erhöht bei Gefahr Herzschlag und Atemtätigkeit und verbessert die Durchblutung – das steigert die körperliche Leistungsfähigkeit, die zur Flucht oder Verteidigung notwendig ist. Gleichzeitig hemmt der Sympathikus Vorgänge wie die Verdauung, die bei Gefahr nicht hilfreich sind. Wenn wir entspannt sind, verlangsamt der Parasympathikus den Herzschlag und beruhigt die Atmung.

Nicht nur Gegenspieler, sondern auch Ergänzung

Beim Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus geht es darum, dass immer diejenigen Körperfunktionen Vorrang erhalten, deren Aktivität in einer jeweiligen Situation am sinnvollsten ist. Die beiden Systeme wirken also nicht unbedingt entgegengesetzt, sondern können sich in manchen Funktionen ergänzen. Sie arbeiten zusammen, um den Körper im Gleichgewicht zu halten. Der Sympathikus übernimmt so lange die Führung, wie es nötig ist, um eine Stresssituation zu meistern. Dann schaltet sich das parasympathische Nervensystem ein und führt den Organismus in den „Normalbetrieb“ zurück.

Wie funktionieren Sympathikus und Parasympathikus?

Sympathische Nervenzellen befinden sich im Rückenmark im mittleren Bereich der Wirbelsäule und die parasympathischen im oberen und unteren Bereich. Von hier gehen Signale an die sogenannten Ganglien aus. Ganglien sind Anhäufungen von Nervenzellkörpern im peripheren Nervensystem. Die Ganglien sind außerdem über Axone mit den inneren Organen verbunden. Die meisten sympathischen Ganglien befinden sich in der Nähe des Rückenmarks. Viele von ihnen verbinden sich zu einem Ganglienstrang, der parallel zum Rückenmark verläuft. Die parasympathischen Nervenzellen werden hingegen erst kurz vor den Zielorganen über Ganglien zusammengeschaltet.

Über die Ganglien sind die Nervenzellen des Sympathikus und Parasympathikus jeweils untereinander sowie mit den einzelnen Organen vernetzt. Um Signale übertragen zu können und die Organe zu verstärkter oder verminderter Aktivität anzuregen, sind chemische Botenstoffe notwendig: sogenannte Neurotransmitter. Die wichtigsten Transmitter bei der Kommunikation von Sympathikus, Parasympathikus und Organen sind Acetylcholin und Noradrenalin. Letzteres wirkt stimulierend und Acetylcholin überwiegend hemmend. Acetylcholin spielt bei der parasympathischen Signalübertragung die Hauptrolle. Es kommt zwar auch bei der Kommunikation in den sympathischen Ganglien zum Einsatz, für die Signalübertragung an die Organe setzen aber die meisten sympathischen Fasern Noradrenalin frei.

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Störungen des sympathischen oder parasympathischen Systems

Eine Störung des vegetativen Nervensystems gefährdet den ordnungsgemäßen Ablauf lebenswichtiger körperlicher Prozesse. Bei Schädigung der Nerven oder des Gehirns kann es daher zu Störungen des vegetativen Nervensystems kommen.

Ursachen einer vegetativen Störung

In vielen Fällen lässt sich bei einer Störung des vegetativen Nervensystems keine konkrete Ursache ausmachen. Mögliche auslösende Krankheiten sind:

  • Diabetes mellitus: Ein unbehandelter oder schlecht eingestellter Diabetes mellitus kann das Nervensystem schädigen. Ein Beispiel ist der Blutdruckabfall beim Aufstehen (orthostatische Hypotonie), wenn infolge eines Diabetes Nerven geschädigt sind, die normalerweise beim Stehen einen blutdrucksteigernden Reflex auslösen.
  • Verletzungen vor allem in der Nähe des Rückenmarks, bei denen Verbindungen im Nervensystem beschädigt werden können
  • Horner-Syndrom, eine Störung des Sympathikusanteils, der unter anderem die Augen nervlich anbindet
  • Tumor des Nebennierenmarks (Phäochromozytom), wodurch zu viele Neurotransmitter freigesetzt werden, die zu einer kaum zu senkenden Erhöhung des Blutdrucks führen
  • virale oder bakterielle Infektionen
  • Multisystematrophie, eine Erkrankung, die viele Systeme betrifft, darunter auch das autonome Nervensystem
  • genetisch bedingte oder erworbene Erkrankungen wie Amyloidose

Eine ausgewogene Ernährung unterstützt das Gleichgewicht der Aktivität von Sympathikus und Parasympathikus, übermäßiger Konsum von Alkohol kann Sympathikus und Parasympathikus beeinträchtigen.

Symptome bei einer vegetativen Störung

Eindeutige Krankheitszeichen bei Problemen mit dem vegetativen Nervensystem gibt es nicht. Mögliche Auffälligkeiten sind:

  • Schwindel oder Ohnmacht beim Aufstehen
  • Herzrhythmusstörungen
  • schnelle oder sehr langsame Herzfrequenz im Ruhezustand
  • herabhängendes Augenlid (Ptosis)
  • sexuelle Funktionsstörungen beim Mann: Erektionsprobleme oder schmerzhafte Dauererektion (Priapismus)
  • übermäßige (Hyperhidrose) oder stark verminderte Schweißbildung (Anhidrose)
  • Verdauungsstörungen wie Verstopfung oder Durchfall
  • Schluckbeschwerden (Dysphagie)
Eine junge Frau stützt sich während einer Schwindelattacke mit der rechten Hand an einer Zimmerwand ab, mit links greift sie sich an den Kopf.

© iStock / bymuratdeniz

Häufig Benommenheit, Schwindel oder sogar Ohnmachtsanfälle beim Aufstehen können auf eine Störung des vegetativen Nervensystems hinweisen.

Wie werden Störungen des vegetativen Nervensystems festgestellt und behandelt?

Wenn Ihr Arzt oder Ihre Ärztin eine Störung des sympathischen oder parasympathischen Systems vermutet, können einige Verfahren Aufschlüsse geben:

  • Blutdruck- und Pulsmessung in Ruhe unter Belastung
  • Elektrokardiogramm (EKG) zur Beurteilung des Herzrhythmus und der Herzfrequenz
  • Blutuntersuchung (zum Beispiel ist ein Übermaß an Neurotransmittern nachweisbar)
  • weitere spezielle Tests je nach Symptomatik

Eine typische Behandlungsform bei vegetativen Störungen gibt es nicht. Liegt eine andere Erkrankung zugrunde, wird diese behandelt. Wenn keine Grunderkrankung ausgemacht werden kann oder diese nicht heilbar ist, konzentriert sich die Behandlung auf die Symptomlinderung, zum Beispiel die Blutdruckstabilisierung bei orthostatischer Hypotonie.

Das vegetative Nervensystem kann willentlich nicht beeinflusst werden. Aber eine ausgewogene Ernährung und ein insgesamt gesunder Lebensstil unterstützen die Funktionen von Sympathikus und Parasympathikus.

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