Gehirn & Nerven
TIA: Warnschuss im Gehirn
Veröffentlicht am:04.05.2023
4 Minuten Lesedauer
Bei einer Transitorischen Ischämischen Attacke, kurz TIA, wird ein Teil des Gehirns für kurze Zeit nicht mit Blut versorgt. Eine TIA ist häufig Vorbote eines größeren Schlaganfalls. Umso wichtiger ist es, sie sofort zu erkennen und zu handeln.
TIA: Was ist eine Transitorische Ischämische Attacke?
Bei einer Transitorischen Ischämischen Attacke (TIA) wird ein Teil des Gehirns vorübergehend nicht durchblutet. Durch den Blutmangel wird die betroffene Hirnregion weder mit Sauerstoff noch mit Nährstoffen versorgt. Das führt dazu, dass neurologische Funktionen wie die Bewegungsfähigkeit, das Sehen oder die Sprache während der TIA eingeschränkt sind oder vollständig ausfallen.
Die TIA wird umgangssprachlich auch als Mini-Schlaganfall bezeichnet – aus gutem Grund: Die Symptome und Ursachen einer TIA stimmen tatsächlich mit denen eines Schlaganfalls weitgehend überein. Der wesentliche Unterschied ist, dass die Beschwerden bei einer TIA laut der offiziellen Definition nach spätestens 24 Stunden wieder abklingen. Oft ist das sogar schon nach wenigen Minuten der Fall.
TIA niemals unterschätzen!
Das Risiko, einen „richtigen“ Schlaganfall zu erleiden, ist in den ersten 24 bis 48 Stunden nach einer TIA am größten. Daher ist es unbedingt notwendig, bei Schlaganfallsymptomen die Notrufnummer 112 zu wählen – auch wenn diese nach kurzer Zeit abgeklungen sind.
Ursachen und Symptome einer TIA
Ursache einer Transitorischen Ischämischen Attacke ist ein vorübergehender Verschluss einer Arterie des Gehirns, meist durch ein Blutgerinnsel. Dieses kann beispielsweise im Bereich des Halses oder des Herzens entstehen, sich lösen und über die Blutbahn ins Gehirn gelangen. Es gibt verschiedene Faktoren, die das TIA-Risiko erhöhen und auch den Risikofaktoren für Schlaganfälle entsprechen. Dazu gehören unter anderem:
- Übergewicht und Adipositas
- ein gestörter Zuckerstoffwechsel (Diabetes mellitus)
- Vorhofflimmern
- Bluthochdruck
- hormonelle Verhütungsmittel wie die Anti-Baby-Pille
Eine Transitorische Ischämische Attacke zeigt sich mit typischen akuten Symptomen, die auch bei einem Schlaganfall auftreten. Dazu gehören:
- Gefühlsstörungen in Form von Kribbeln oder einem Taubheitsgefühl in einem Arm, einem Bein oder einer Hälfte des Körpers
- Lähmungserscheinungen in einem Bein, einem Arm oder einer Körperhälfte
- Sprach- und Sprechstörungen
- Schwindel, damit einhergehend: unsicherer Gang, Schwanken, Drehgefühl
- vorübergehendes Doppeltsehen
- einseitige Erblindung, medizinisch Amaurosis fugax genannt
Bei einer TIA treten all diese Symptome nur für einen kurzen Zeitraum auf und bilden sich dann vollständig wieder zurück. Bei manchen Betroffenen kann es während einer Transitorischen Ischämischen Attacke zusätzlich zu Kopfschmerzen kommen. Ansonsten verläuft die TIA in der Regel völlig ohne Schmerzen. Das Fehlen von Schmerzen sowie die kurze Dauer führen dazu, dass viele Betroffenen die TIA nicht ernst nehmen – eine potentiell gefährliche Fehleinschätzung.
Wie wird eine TIA festgestellt?
Eine TIA ist ein medizinischer Notfall: Die Betroffenen sollten den Notruf wählen, damit sie umgehend in einem Krankenhaus untersucht und behandelt werden können. Dort werden sie meist auf eine Spezialstation gebracht, die sogenannte Stroke-Unit, wo abgeklärt wird, woher die Symptome stammen und worum es sich handelt.
Wenn die Symptome noch bestehen, ist zunächst von einem Schlaganfall auszugehen. Haben sich die Symptome bereits zurückgebildet, wenn der oder die Betroffene in der Klinik eintrifft, müssen sich Ärzte und Ärztinnen hauptsächlich auf die genauen Angaben der Betroffenen oder ihrer Angehörigen verlassen, die die Symptome schildern. Eine bereits rückgebildete TIA sowie dadurch möglicherweise entstandene Veränderungen des Hirngewebes lassen sich durch bildgebende Verfahren, wie zum Beispiel eine Kernspintomografie (MRT) nur dann feststellen, wenn sie länger als einige Minuten andauerten. In der einfachen Computertomografie (CT) finden sich meist keine Auffälligkeiten.
Beide Verfahren bieten jedoch die Möglichkeit, Gefäßverschlüsse durch MR-Angiografie oder CT-Angiografie nachzuweisen – was wichtig ist, wenn deutliche Schlaganfallsymptome bestehen. Auch mithilfe eines Ultraschalls können Fachleute die Arterien untersuchen, die das Gehirn versorgen.
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Wie sieht die Behandlung nach einer TIA aus?
Im Akutfall, bei noch bestehenden Symptomen, werden die betreuenden Ärzte und Ärztinnen das strukturierte Vorgehen einer Schlaganfallbetreuung wählen. Das heißt, es ist schnellstmöglich zu klären, ob der Patient oder die Patientin für eine gerinnselauflösende medikamentöse Behandlung (sogenannte Lyse) und/oder für die mechanische Entfernung des Gerinnsels mittels Katheter in einem spezialisierten Zentrum (Thrombektomie) in Frage kommt.
Da bei einer TIA meist kleinere Blutgerinnsel die Hirnarterien blockieren, die sich selbst auflösen, können die Patienten beim Eintreffen in der Klinik wieder asymptomatisch sein.
Die Wahrscheinlichkeit, nach einer TIA einen gefährlichen Schlaganfall zu erleiden, ist erhöht. Daher geht es bei der Behandlung insbesondere darum, die individuellen Risikofaktoren für einen Schlaganfall festzustellen und zu verringern. Dazu gehört zum Beispiel, die Therapie einer eventuell bestehenden Diabetes-Erkrankung zu überprüfen, erhöhten Blutdruck zu senken oder andere Erkrankungen, die das Schlaganfall-Risiko steigern, zu behandeln. Gegebenenfalls kommen dauerhaft gerinnungshemmende Medikamente zum Einsatz.
Leben nach einer TIA
Um einem Schlaganfall vorzubeugen, sollten Sie Ihren Lebensstil nach einer TIA auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls verändern – denn eine TIA ist im Grunde eine Warnung des Körpers. Es gibt eine Reihe von Schlaganfall-Risikofaktoren, die Sie selbst ausschalten können:
- Reduzieren Sie möglicherweise bestehendes Übergewicht.
- Geben Sie das Rauchen auf.
- Trinken Sie keinen oder nur sehr wenig Alkohol.
- Vermeiden Sie Dauerstress.
- Setzen Sie auf eine ausgewogene Ernährung: Essen Sie abwechslungsreich mit viel Gemüse und Obst und lassen Sie sich gegebenenfalls individuell beraten.
- Bewegen Sie sich regelmäßig und treiben Sie Sport: Fachleute empfehlen Risikopatienten und -patientinnen mindestens 150 Minuten mäßige oder 75 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche.