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Gesundheitsmagazin

Gehirn & Nerven

Einfluss von Technologien auf die Leistungsfähigkeit des Gehirns

Veröffentlicht am:25.02.2025

5 Minuten Lesedauer

Bei vielen Menschen haben moderne Technologien einen festen Platz im Alltag und nehmen Denkprozesse ab, die sonst das Gehirn erledigen würde. Doch welche Folgen hat der Einsatz der cleveren Helfer, büßen wir dadurch vielleicht sogar Fähigkeiten ein?

Ein Mann lenkt mit einer Hand ein Auto und bedient mit der anderen Hand die Navigation auf einem Handy.

© iStock / simon2579

Das Gehirn ist auf permanentes Lernen ausgelegt

Um zu verstehen, wie Technologien womöglich die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinflussen, ist zunächst ein Blick in den Kopf nötig, oder genauer gesagt: auf das dort stattfindende Lernverhalten. Das Gehirn ist ein faszinierendes Organ. Es besteht aus verschiedenen Regionen, die jeweils mit unterschiedlichen Aufgaben betraut sind. Für das Lernen spielen die gehirneigenen Synapsen eine entscheidende Rolle. Davon gibt es im Gehirn unzählige, sie sind die Verbindungsstelle zwischen den Nervenzellen und ermöglichen so den Austausch elektrischer Signale. Synapsen leiten die Signale aber nicht einfach nur weiter: Sie bestimmen auch, wie stark oder schwach das Signal ausfällt. Experten und Expertinnen sprechen von synaptischer Plastizität – ohne diese Fähigkeit des Gehirns wäre Lernen im wahrsten Sinne des Wortes undenkbar. Um eine bestimmte Fähigkeit zu erlangen und auszubauen, ist eine häufige Wiederholung wichtig. Nur so stellt sich der Lerneffekt ein. So können Personen, die oft mit dem Ball trainieren, mit der Zeit zielsicherer werfen, ein Kurierfahrer kann durch die Arbeit sein Ortsgedächtnis optimieren. Somit kann man das Gehirn tatsächlich wie eine Art Muskel trainieren. Spannend ist, dass sich das Gehirn ein Leben lang neu- und umstrukturiert – das geschieht durch Erfahrungen, die Personen nicht nur durch das Lernen, sondern unter anderem auch durch Belohnungen sammeln.

Machen Technologien das Gehirn weniger leistungsfähig?

Seit mittlerweile drei Jahrzehnten prägen digitale Technologien unseren Alltag. Menschen jeden Alters nutzen Plattformen oder Geräte zur Kommunikation und Information. Dank Smartphone und Navigationsgerät können sie ihrem Wissensdurst und Informationsbedürfnis praktisch von überall nachgehen. Zusätzlich liefern Anwendungen mit künstlicher Intelligenz wie ChatGPT neue Impulse. All diese Technologien stellen enorme Informationsmengen zur Verfügung, helfen bei ihrer Verarbeitung und vernetzen Menschen miteinander. Da sich das Leben für viele Personen immer mehr in der Online-Welt abspielt, haben sich Forschende damit beschäftigt, wie Technologien das Gehirn und das Verhalten verändern können. Ein recht neuer Begriff in Verbindung mit Technologien ist die sogenannte „Digitale Demenz“. Er drückt aus, dass bei Personen kognitive Fähigkeiten (Kommunikationsfähigkeit, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Entscheidungsfähigkeit) nachlassen, wenn sie übermäßig viel digital unterwegs sind. Gründe dafür gibt es einige. Ein Beispiel: Wenn Personen ihre Termine in der Kalenderfunktion des Smartphones verwalten, müssen sie sich nicht selbst erinnern – eine Technologie-Abhängigkeit, selbst bei einfachen Aufgaben, kann langfristig zu einer verminderten Leistung beim Gedächtnisabruf führen. Studienergebnisse legen zudem nahe, dass digitale Tools wie Smartphones und soziale Medien eine Teilaufmerksamkeit begünstigen. Das geschieht durch dauerhafte Ablenkungen, hervorgerufen durch ständige Benachrichtigungen oder permanentes Scrollen. Betroffene „tauchen“ dann nicht mehr in eine Aufgabe ein, sondern beschäftigen sich oberflächlich mit mehreren gleichzeitig. Wer dauerhaft teilaufmerksam ist, bei dem können die Produktivität und das Gedächtnis nachlassen.

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Bei Technologien gibt es nicht nur schwarz oder weiß

Wie eingangs erwähnt, sind Wiederholungen und eine regelmäßige Nutzung bestimmter Fähigkeiten wichtig, um in gewissen Bereichen leistungsfähig zu bleiben (Stichwort: „Synaptische Plastizität“). Damit stellt sich die Frage, ob Technologien das Gehirn grundsätzlich negativ beeinflussen. Schließlich nehmen sie Personen viel kognitives Training ab, das sie sonst selbst erledigen würden. Tatsächlich zeigen Studien, dass beispielsweise die Verwendung eines Navigationsgeräts mit der Zeit zu einem Rückgang des räumlichen Gedächtnisses führt. Doch die gute Nachricht ist, dass die Fähigkeiten, in diesem Fall zur Navigation, nicht verloren sind, sondern mit genügend Training wiederbelebt werden können.

Technologien sind aber nicht grundsätzlich schlecht zu bewerten, es kommt auf die Auswahl an. So gibt es durchaus Online-Anwendungen, die neuronale Schaltkreise anregen und so die Hirnleistungen verbessern, einen wohltuenden Schlaf ermöglichen oder andere positive Effekte auf die Gehirngesundheit ausüben. Technologien bieten auch erweiterte Möglichkeiten, um zu lernen – selten war es so einfach, eine neue Sprache einzustudieren. Außerdem können sie soziale Kontakte über weite Distanzen hinweg unterstützen. Und manchmal lösen sie sogar Probleme, die sie selbst geschaffen haben. So kann die Suche im Internet zu einer Fülle an Informationen führen, die die Entscheidungsfindung erschweren oder unmöglich machen – indem Programme mit künstlicher Intelligenz umfangreiche Datensätze analysieren, vereinfachen sie wiederum den Entscheidungsprozess.

Eine Frau sitzt an einem Schreibtisch und notiert etwas auf einem Zettel. Vor ihr steht eine Sanduhr.

© iStock / FabrikaCr

Während einer digitalen Pause können die eigenen Fähigkeiten gestärkt werden.

Erworbenes und aktives Wissen bleiben weiterhin wichtig

Wenn Suchmaschinen im Handumdrehen Antworten bereitstellen und Programme Datensätze analysieren, wie wichtig ist es dann noch, das Gedächtnis zu trainieren beziehungsweise die eigene Gehirnleistung zu steigern? Hirnforschende betonen in dem Zusammenhang, dass aktives Wissen weiterhin unabdingbar ist. Schließlich müssen die von der Technologie bereitgestellten Daten hinterfragt, eingeordnet und kombiniert werden – nur so wird aus Informationen Wissen und in einem Geflecht mit anderen Wissensbereichen Bildung. Menschen können sich so auch mit kritischen Inhalten, beispielsweise in sozialen Medien, befassen.

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Tipps, um das Gehirn trotz und mit Technologien zu trainieren

Gedächtnistraining findet jeden Tag statt, bewusst und unbewusst. Wer sich gezielt Zeit für die Förderung der Gehirnleistungen nehmen möchte, kann das mit speziellen Apps tun. Ob tatsächlich ein Effekt eintritt, hängt aber stark von den App-Inhalten ab und kann nicht pauschal beantwortet werden. Personen können ihr Gehirn zudem trainieren, indem sie bewusst auf Technologien wie den Smartphone-Kalender oder den Taschenrechner verzichten – so kommen die grauen Zellen wieder in Schwung. Auch mit Tanzen, Musizieren, Lesen oder Bewegung bringen Menschen geistige Fitness in ihren Alltag.

5 Tipps, um negative Einflüsse von Technologien auf das Gehirn zu reduzieren

Mit den folgenden Strategien lassen sich die Vorteile technologischer Einflüsse nutzen und mögliche Nachteile, wie abnehmende Produktivität, minimieren.

  1. Digitale Entgiftung: Technologiefreie Zeiten oder Alternativen wie ein klassisches Taschenbuch helfen, kognitive Funktionen zurückzugewinnen – idealerweise mit festen Detox-Zeiten, zum Beispiel nach 19 Uhr oder sonntags.
  2. Technologien achtsam verwenden: Jeder Mensch kann sich bewusst entscheiden, wann, wo und wie er Technologien einsetzt. Das kann so aussehen, dass jemand für lange Strecken das Navigationsgerät nutzt, sich bei Zielen in der Umgebung aber anstrengt, den Weg selbst zu finden. Auf diese Weise fördert man gesündere Gewohnheiten.
  3. Sich bewegen: Körperliche Aktivität tut Körper sowie Geist gut – Bewegung verbessert nicht nur die Schlafqualität, sondern kann auch die kognitiven Leistungen optimieren5 und beim Abschalten helfen.
  4. Medienkompetenz entwickeln: Um die digitalen Fähigkeiten auszubauen, gibt es spezielle Schulungen, zum Beispiel in der Volkshochschule. Bei der Medienkompetenz geht es darum, die Technologien verantwortungsvoll einzusetzen und die eigenen digitalen Gewohnheiten zu reflektieren. Dabei können auch Smartphone-Tools helfen, die einen Überblick über die Mediennutzung geben.
  5. Aufmerksamkeitswecker stellen: Um bei der Sache zu bleiben und sich durch digitale Einflüsse nicht ablenken zu lassen, können Personen beispielweise eine „Eieruhr“ stellen. Erst nach dem Klingeln widmen sich Anwendende einer anderen Aufgabe und erhöhen durch das Vermeiden von Multitasking, dass die Konzentration schwindet.

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