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Gesundheitsmagazin

Haut & Allergie

Desensibilisierung: Endlich allergiefrei werden

Veröffentlicht am:05.08.2021

5 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 17.04.2025

Die Desensibilisierung, auch Hyposensibilisierung genannt, eignet sich für die Behandlung verschiedener Allergien. Wie eine Desensibilisierung funktioniert und wann sie sinnvoll ist, verrät Prof. Dr. Karl-Christian Bergmann.

Ein Mann steht im Wald und streckt die Arme weit aus – er kann frei atmen dank Desensibilisierung.

© iStock / damircudic

Hyposensibilisierung: Hilfe für Allergiker und Allergikerinnen

Mehr als 23 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einer Allergie. Vielen von ihnen hilft bei Heuschnupfen, einer Hausstaub-, Insektengift- oder Tierallergie eine Desensibilisierung, auch Hyposensibilisierung genannt. Das ist eine spezifische Immuntherapie, bei der versucht wird, dem Körper beizubringen, anders auf die Allergieauslöser (Allergene) zu reagieren. Betroffenen werden Extrakte mit dem Allergen entweder gespritzt (subkutane Immuntherapie) oder in Tablettenform (sublinguale Immuntherapie) verabreicht. Das Ziel: Die Symptome mittel- und langfristig verringern.

Eine Allergie heilen kann die Therapie zwar nicht, aber durch sie kann ein langsames Gewöhnen an das Allergen gelingen. Juckende Augen und Schnupfnasen haben damit eine echte Chance auf Beschwerdelinderung, wie Prof. Bergmann, Allergologe und Vorsitzender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst, weiß.

Prof. Bergmann, wie funktioniert eine Desensibilisierung?

Der Begriff Desensibilisierung ist veraltet, man spricht heute besser von einer Allergien-spezifischen Immuntherapie. Dabei wird das Allergen, zum Beispiel das Birkenpollen-Allergen, unter die Haut gespritzt oder über den Mund in Form von Tropfen oder Tablette aufgenommen. Der Körper entwickelt dann Antikörper spezifisch für das Allergen. Die haben eine schützende Wirkung und es finden Veränderungen in den Immunzellen statt. Beides führt zu einer Art Gewöhnung an das Allergen, sodass keine allergischen Reaktionen mehr auftreten.

„Bei einer Desensibilisierung entwickelt der Körper Antikörper, die eine schützende Wirkung haben.“

Prof. Dr. Karl-Christian Bergmann
Allergologe und Vorsitzender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst

Hyposensibilisierung oder Desensibilisierung: Welcher Begriff ist korrekt?

Für die Hyposensibilisierung gibt es verschiedene Begriffe. In der Medizin nennt sich diese Behandlungsform Allergen-Immuntherapie (AIT). Weitere Bezeichnungen sind spezifische Immuntherapie (SIT) und allergenspezifische Immuntherapie (ASIT). 

Der Begriff Desensibilisierung ist dagegen nicht mehr aktuell. Umgangssprachlich ist auch von Allergen-Impfung die Rede, auch wenn es sich nicht um eine Impfung handelt.

Wann sollte eine Desensibilisierung gestartet werden?

Eine Immuntherapie sollten Betroffene beginnen, wenn

  • die Diagnose gesichert ist,
  • die Krankheit nicht länger als fünf bis zehn Jahre besteht und
  • der Patient oder die Patientin einverstanden damit ist, die Extrakte regelmäßig einzunehmen.

Insbesondere zur Verhinderung von Asthma ist die Immuntherapie geeignet. Aus dem allergischen Schnupfen geht häufig ein allergisches Asthma hervor, was die Immuntherapie verhindert.

Kann mit einer Hyposensibilisierung jede Allergie behandelt werden?

Die Immuntherapie ist geeignet für Allergien, die durch das Einatmen von Allergenen entstanden sind. Das sind beispielsweise Pollen, Tierhaare oder Milbenallergene. Aber auch eine Allergie gegen Bienen- und Wespengift kann mit der Immuntherapie sehr gut behandelt werden. Die Immuntherapie gegen Lebensmittelallergien ist noch in der Entwicklung.

  • Neue Immuntherapien gegen eine Lebensmittelallergie

    Manchmal entwickelt sich eine Allergie auf bestimmte Nahrungsmittel, die für Betroffene sehr belastend sein. Neue Therapieansätze sind deshalb gefragt. Erfolgversprechende Ansätze gibt es bereits gegen eine Erdnussallergie.

  • Orale Immuntherapie

    Eine der neuen Therapieformen ist die Orale Immuntherapie (OIT). Dabei soll sich der Körper langsam an das Allergen gewöhnen. Es wird nicht gespritzt, sondern oral aufgenommen. Zu Beginn der Behandlung können jedoch Nebenwirkungen auftreten, zum Beispiel im Mund oder Rachenraum. Das weitere Vorgehen sollte dann mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin abgesprochen  werden.

  • Epikutane Immuntherapie

    Einen anderen Ansatz verfolgt die epikutane Immuntherapie (EPIT). Ein Pflaster, das 250µg Erdnussprotein enthält, wird auf die intakte Haut an Rücken oder Arm geklebt. Nach 24 Stunden wird es durch ein neues Pflaster ausgetauscht. Aktuell laufen weitere Studien mit einer größeren Zahl an Teilnehmenden.

Hyposensibilisierung mit Tabletten, Spritzen oder Tropfen – was ist besser?

Es gibt Hinweise aus Studien, die darauf hindeuten, dass Injektionen möglicherweise besser wirken – einen großen Unterschied zu Tabletten oder Tropfen gibt es aber nicht. Von daher können Patientinnen und Patienten selbst entscheiden, welche Behandlungsform sie wünschen.

Wie stehen die Chancen, durch eine Hyposensibilisierung beschwerdefrei zu werden?

Die Chancen auf eine Beschwerdefreiheit oder deutliche Verringerung der Symptome durch eine Hyposensibilisierung sind hoch.

Ein Mann mit Allergie steht an einem Feld und niest in ein Taschentuch.

© iStock / Nikola Stojadinovic

Desensibilisierung ist geeignet für Allergien, die durch das Einatmen von Allergenen entstehen.

Desensibilisierung: Welcher Arzt bietet sie an?

Die Immuntherapie kann durch alle Ärztinnen und Ärzte angeboten werden, die genügend Erfahrung mit dieser Behandlung haben. Das sind in der Regel Allergologen, Kinderärzte, Hautärzte und Lungenärzte. Aber auch Allgemeinärzte können sich bei entsprechender Erfahrung an der Immuntherapie beteiligen beziehungsweise diese anbieten.

Wann sollte eine Hyposensibilisierung abgebrochen werden?

Es lohnt sich, die Immuntherapie über drei Jahre fortzusetzen, da dann die besten Erfolge erzielt werden. Abgebrochen werden sollte sie nur dann, wenn es zu Nebenwirkungen gekommen ist. Auch eine Schwangerschaft oder sonstige Umstände können den Abbruch einer Hyposensibilisierung erfordern.

Hyposensibilisierung: Nebenwirkungen und Risiken

Dem Körper werden bei einer Hyposensibilisierung Allergenextrakte zugeführt, sodass es zu leichten allergischen Reaktionen kommen kann. In der Regel fallen die Nebenwirkungen aber nur leicht aus und klingen nach kurzer Zeit ab.

Mögliche Nebenwirkungen sind zum Beispiel Niesen, tränende Augen und leichte asthmatische Symptome. Schwellungen und Juckreiz im Mund, Hautausschlag rund um die Einstichstelle der Spritze sowie Kopfschmerzen und Müdigkeit sind möglich.

Sollten die Nebenwirkungen stärker ausfallen, reduziert der Arzt oder die Ärztin die Dosis. In seltenen Fällen (etwa 1:1.000) kann es zu einem anaphylaktischen Schock kommen. Deshalb müssen Patientinnen und Patienten nach der Behandlung eine halbe Stunde in der Praxis warten, um im Notfall sofort medizinisch behandelt werden zu können.

Wer übernimmt die Kosten für die Hyposensibilisierung?

Die gesetzliche Krankenversicherung und die privaten Versicherer übernehmen die Kosten für die Immuntherapie.

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Das Robert Koch-Institut gibt an, dass über 20 Prozent aller Kinder und mehr als 30 Prozent der Erwachsenen mindestens eine allergische Erkrankung entwickeln. Seit den 1970er Jahren haben solche Erkrankungen in Ländern mit westlichem Lebensstil stark zugenommen und sich im vergangenen Jahrzehnt auf hohem Niveau stabilisiert. Auch derKlimawandel hat einen Einfluss auf die Häufigkeit, das Auftreten und die Schwere allergischer Erkrankungen.

Allergien sind somit weit verbreitet, was dazu führt, dass die Symptome häufig verharmlost werden. Für Allergiker und Allergikerinnen sind sie in den beschwerdeintensiven Monaten eine große Belastung. Um Allergiesymptome loszuwerden, ist zu Beginn eine eingehende Diagnostik besonders wichtig. Sie liefert auch Informationen dazu, ob eine Immuntherapie sinnvoll ist oder infrage kommt.

Bei Kindern ist eine Hyposensibilisierung in der Regel erst ab fünf Jahren empfehlenswert. Manchmal wird auch ganz davon abgeraten. Eine Hyposensibilisierung eignet sich nicht für Patienten und Patientinnen, die ACE-Hemmer einnehmen. Auch bei bestimmten Schilddrüsenerkrankungen oder schweren Grunderkrankungen wie Krebs, AIDS und Tuberkulose kommt sie nicht infrage.

Die AOK unterstützt Allergiepatienten und -patientinnen mit fundierten Untersuchungen. Dazu zählen Testverfahren, um die Allergie festzustellen, wie Provokationstest, Pricktest, Epikutantest und Co. Zudem werden Kosten für verschreibungspflichtige Allergiemedikamente übernommen. Versicherte haben die Möglichkeit, sich zu der Hyposensibilisierung bei ihrer AOK zu informieren.

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