Haut & Allergie
Allergische Reaktion nach Alkoholkonsum: Welche Symptome gibt es bei einer „Alkoholallergie“?
Veröffentlicht am:07.01.2022
3 Minuten Lesedauer
Dem Alkoholrausch folgt oft ein starker Kater am nächsten Morgen. Manchmal löst aber bereits ein Glas Wein Beschwerden aus – das kann womöglich an einer allergischen Reaktion oder Alkoholunverträglichkeit liegen. Was steckt dahinter?
Gibt es eine Alkoholallergie?
Schon nach wenigen Schlucken eines ethanolhaltigen Getränks brummt der Schädel, die Nase schwillt zu oder sie beginnt zu triefen. Viele Menschen vermuten bei den Symptomen, sie hätten eine Alkoholallergie. Das liegt nahe, denn ihre Beschwerden erinnern an den alljährlichen Heuschnupfen und bundesweit leiden etwa 20 Millionen Menschen an Allergien.
Doch die Sachlage ist komplizierter. Nicht Ethanol steckt hinter den Beschwerden. Vielmehr lösen andere Inhaltsstoffe in Rotwein, Weißwein oder Bier die Symptome aus, allen voran Histamin. Das Molekül bildet sich, wenn die weit verbreitete Aminosäure Histidin abgebaut wird, etwa bei der alkoholischen Gärung. Bei Allergikern kann durch Ethanol aber auch Histamin freigesetzt werden. Über beide Wege kommt es zu einer Histaminflut, die dann die typischen allergischen Beschwerden nach dem Alkoholkonsum auslöst. Gesunde Menschen merken davon nichts. Bei Allergikern führt Histamin jedoch zu körperlichen Reaktionen.
Auch andere Inhaltsstoffe wie zum Beispiel Schwefelverbindungen, die in Weinen vorkommen, können allergische Beschwerden auslösen. Kann Alkohol bei Menschen, die von anderen Allergien betroffen sind, allergische Reaktionen verstärken? Auch das scheint der Fall zu sein: Wie Studien zeigen, sind Allergiker nach Alkoholgenuss häufiger von allergischen Beschwerden geplagt als Allergiker, die keinen Alkohol konsumiert haben.
Alkoholunverträglichkeit: Welche Ursachen gibt es?
Andere Menschen reagieren nach dem Konsum geringer Mengen alkoholhaltiger Getränke nicht mit allergieartigen Beschwerden. Bei ihnen kommt es zu einem sogenannten Flush. Das Gesicht rötet sich, Betroffene schwitzen stark und ihr Herz beginnt zu rasen. Manche berichten auch von Atemnot, Kreislaufproblemen, Übelkeit oder Durchfall.
Asiaten sind davon besonders häufig betroffen. Forschende haben dafür eine Erklärung gefunden: Der menschliche Körper baut Alkohol im ersten Schritt mit dem Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH) ab. Es entsteht Acetaldehyd, das für den Körper sehr schädlich ist. Im zweiten Schritt wird Acetaldehyd mittels eines Enzyms mit dem komplizierten Namen Acetaldehyddehydrogenase (ALDH) in Essigsäure umgewandelt. Im letzten Schritt wird Essigsäure zu Kohlendioxid und Wasser umgewandelt und schließlich ausgeschieden.
Untersuchungen des Erbguts zeigen, dass im Körper von Menschen asiatischer Herkunft weniger Acetaldehyddehydrogenase (ALDH) gebildet wird. Alkohol, insbesondere das schädliche Acetaldehyd, reichert sich an und verursacht die charakteristischen Beschwerden deutlich früher als bei Europäern. Die Mutation ist im Südosten Chinas sehr häufig zu finden, hier tritt sie bei bis zu 99 Prozent der Einwohner auf. In Westchina tragen etwa 60 bis 70 Prozent aller Menschen solche Veränderungen im Erbgut, während in Tibet nur 14 Prozent diese Auffälligkeit zeigen.
Auch zur Frage, warum es gerade im Erbgut von Asiaten solche Veränderungen gibt, haben Forschende etwas in Erfahrung gebracht. Analysen zeigen, dass es vor etwa 7.000 bis 10.000 Jahren zu einer Veränderung im Erbgut gekommen ist. In diesem Zeitraum haben die Menschen begonnen, Reis als Grundnahrungsmittel anzubauen. Das Grundnahrungsmittel wurde fermentiert, um es haltbarer zu machen. Dabei entsteht Ethanol. Insofern hat die Mutation empfindliche Menschen geschützt. Denn die körperlichen Symptome treten quasi als Warnzeichen auf, bevor Organe Schaden nehmen. Die Menschen hatten dadurch einen Überlebensvorteil und pflanzten sich eher fort. So konnte sich diese Genvariante über die Jahrhunderte in das Erbgut vieler Asiaten einschreiben.
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Warum führen bestimmte Medikamente zu einer Alkoholunverträglichkeit?
Es gibt aber noch einen weiteren Grund für eine Alkoholunverträglichkeit, nämlich Arzneimitteltherapien. Grundsätzlich gilt: Wer Medikamente einnimmt, sollte ganz auf Alkohol verzichten. Es gibt unzählige Wechselwirkungen zwischen Ethanol und Arzneistoffen.
Recht bekannt ist der sogenannte Disulfiram-Effekt. Disulfiram, ein Arzneistoff, hemmt die Acetaldehyddehydrogenase. Ähnlich wirken Griseofulvin, Nifuratel, Nitroimidazole und Ketoconazole. Trinken Patienten dennoch Alkohol, reichert sich Acetaldehyd als Abbauprodukt in der Leber an. Es verursacht die typischen Flush-Beschwerden.
Bei Isoniazid und Protionamid, zwei Medikamenten zur Behandlung der Tuberkulose, gehen Forschende davon aus, dass das Leberenzym CYP2E1 gehemmt wird. Der Körper baut Ethanol dadurch langsamer ab und die Alkoholwirkung wird verstärkt. Das führt zu Symptomen, die an Alkoholvergiftungen erinnern, obwohl Patientinnen oder Patienten nur geringe Mengen konsumiert haben.
Was tun bei einer Alkoholunverträglichkeit?
Treten plötzlich und unerwartet Beschwerden auf, sollte immer ein Arzt zurate gezogen werden. Lautet die Diagnose Alkoholunverträglichkeit, bleibt Betroffenen erst mal nur, ihren Konsum stark einzuschränken oder ganz auf ethanolhaltige Getränke zu verzichten. Das gilt auch, falls Wechselwirkungen mit Arzneistoffen die Beschwerden ausgelöst haben. Auch wenn diese Form der Intoleranz im Gegensatz zu einer genetischen Ursache reversibel ist, also rückgängig gemacht werden kann. Nehmen Betroffene die Medikamente nicht mehr ein, ist der Abbau von Alkohol wieder möglich. Grundsätzlich ist während der Einnahme von Medikamenten ein Alkoholverzicht ratsam.