Zum Hauptinhalt springen
AOK WortmarkeAOK Lebensbaum
Gesundheitsmagazin

Haut & Allergie

Kälteurtikaria – was steckt hinter einer „Kälteallergie“?

Veröffentlicht am:24.01.2024

4 Minuten Lesedauer

Die „Kälteallergie“ – oder besser: Kälteurtikaria – ist eine seltene und noch nicht vollständig erforschte Erkrankung . Was man über die Krankheit weiß, welche Beschwerden möglich sind und was Betroffenen hilft.

Eine Frau, die sich im Winter draußen mit dicker Winterjacke, Mütze, Handschuhen und Schal vor den kalten Temperaturen schützt.

© iStock / PeopleImages

Kälteallergie – trotz ihres gebräuchlichen Namens keine Allergie

Menschen mit einer Kälteurtikaria reagieren mit juckendem Hautausschlag auf niedrige Temperaturen. Bei Kontakt mit kalter Luft oder Wasser aber auch mit kalten Gegenständen, Speisen oder Getränken bilden sich bei Betroffenen innerhalb von Minuten an einzelnen Stellen oder am ganzen Körper juckende Quaddeln. Der medizinische Überbegriff für eine solche plötzliche Quaddelbildung ist Urtikaria, Nesselausschlag oder Nesselsucht; „Nessel“ deshalb, weil die Quaddeln an denen ähneln, die bei Kontakt mit Brennnesseln entstehen können.

Wie entsteht eine Kälteurtikaria?

Bei der Kälteurtikaria werden durch den Kältereiz bestimmte Immunzellen in der Oberhaut, die Mastzellen, aktiviert. In den Mastzellen ist unter anderem der Botenstoff Histamin gespeichert, der durch die Aktivierung freigesetzt wird. Histamin verursacht im betroffenen Hautareal eine Gefäßerweiterung sowie eine Flüssigkeitsansammlung im umliegenden Gewebe. Dadurch entstehen die typischen Hauterscheinungen. Warum Kälte bei einigen Menschen die Mastzellen anspricht, ist unklar. Manchmal ist eine Infektion mit Viren oder Bakterien, eine Medikamentenunverträglichkeit, eine bösartige Bluterkrankung wie Leukämie oder eine Immuntherapie vorausgegangen. Eine neuere Studie liefert Hinweise auf eine vererbte Form der Kälteurtikaria. Demnach hat ein Teil der Erkrankten eine genetische Veranlagung. Typisch für diese erbliche Form ist, dass die Erkrankung ein Leben lang bestehen bleibt.

Das unterscheidet die Kälteurtikaria von einer Allergie

Eine Allergie ist eine Immunreaktion des Körpers mit der Bildung von Antikörpern. Diese richten sich gegen Fremdstoffe, die sogenannten Allergene, beispielsweise Blütenpollen oder Katzenhaare. Das passiert bei der Kälteurtikaria in dieser Form nicht. Kälte oder Wärme sind keine Fremdstoffe, die mit dem Körper in Berührung kommen, sondern physikalische Reize. Fachkreise diskutieren, dass es sich bei der Kälteurtikaria um eine Reaktion des Immunsystems auf durch Kälte hervorgerufene sogenannte Autoallergene handelt. Eine „klassische“ Allergie wie Heuschnupfen ist eine Kälteurtikaria dadurch aber nicht.

Merkmale der Kälteurtikaria

Die Kälteurtikaria ist eher selten. In Europa sind weniger als 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung betroffen. Generell kommt die Kälteurtikaria häufiger in nördlichen Klimazonen als in südlichen Breitengraden vor. Meistens sind junge Erwachsene betroffen und darunter Frauen öfter als Männer. Ein weiteres typisches Merkmal ist, dass sich bei vielen Erkrankten die Krankheit nach ein paar Jahren von selbst wieder legt. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer liegt bei vier bis fünf Jahren. Interessant ist außerdem, dass Menschen bei ganz unterschiedlichen Temperaturen anfangen, Symptome zu entwickeln. Manche reagieren schon auf eine Abkühlung der Haut auf 30 Grad, andere erst auf Außentemperaturen unter vier Grad.

Passende Artikel zum Thema

Symptome einer Kälteurtikaria und Diagnose

Schon kurz nachdem die Haut einem Abfall der Lufttemperatur oder anderen Kälteeinflüssen ausgesetzt war, setzen die Symptome ein. Feuchte und windige Bedingungen machen Beschwerden wahrscheinlicher oder können sie verstärken. In der Regel halten die akuten Beschwerden rund zwei Stunden an.

Außer den charakteristischen Quaddeln, die meist direkt an der Stelle des Kältekontaktes auftreten, sind folgende Symptome möglich:

  • Anschwellen der Hände bei Kontakt mit kalten Gegenständen
  • Anschwellen der Lippen beim Verzehr kalter Speisen oder Getränke
  • Kopf- und Gelenkschmerzen

Wann es zu schweren Symptomen kommen kann

Die Symptome einer Kälteurikaria können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Einige Betroffene reagieren nur geringfügig auf Kälte, während andere schwere Reaktionen zeigen. Gefährlich kann eine Kälteurtikaria werden, wenn der ganze Körper oder große Bereiche des Körpers plötzlicher Kälte ausgesetzt sind – zum Beispiel bei einem Sprung ins kalte Wasser. Im schlimmsten Fall kommt es dabei zu Herzrasen, dem Anschwellen von Gliedmaßen oder Rumpf, Bewusstlosigkeit und einem lebensbedrohlichen Schock. Auch der Konsum von kalten Speisen und Getränken kann Risiken bergen, da Zunge und Rachen anschwellen und in der Folge die Atmung erschweren können.

So wird eine Kälteurtikaria diagnostiziert

Bei Verdacht auf Kälteurtikaria versuchen Ärzte und Ärztinnen nicht nur, die Erkrankung anhand der Quaddelbildung nachzuweisen, sondern auch für jeden Einzelfall die persönliche Schwellentemperatur zu ermitteln, ab der Reaktionen auftreten. Das kann zum Beispiel über Kontakttests mit Behältern geschehen, die mit Flüssigkeiten von unterschiedlicher Temperatur gefüllt sind oder mittels spezieller Testgeräte, an denen sich die Temperatur jeweils einstellen lässt. Der persönliche Schwellenwert ist wichtig für die individuellen Vorsichtsmaßnahmen und Alltagsempfehlungen.

Eine Person, von der man nur die Füße sieht, steht am Beckenrand eines Außenpools und prüft vorsichtig mit einem Fuß die Wassertemperatur.

© iStock / Alberto van Herckenrode

Menschen, die von Kälteurtikaria betroffen sind, können bei unterschiedlich niedrigen Temperaturen Symptome entwickeln. So reagieren einige bereits auf eine Abkühlung der Haut auf 30 Grad.

Wie wird eine Kälteurtikaria behandelt und was kann man selbst tun?

Obwohl die Kälteurtikaria keine Allergie ist, kommen bei akuten Beschwerden Medikamente zum Einsatz, die von der Behandlung von Allergien bekannt sind: sogenannte Antihistaminika – schließlich spielt auch bei der Kälteurtikaria das Hormon Histamin eine entscheidende Rolle. Falls Antihistaminika nicht wirken, kommt auch eine Therapie mit Antikörpern, wie zum Beispiel mit Omalizumab, in Frage.

Der wichtigste Behandlungsansatz ist aber das Vermeiden von Kälte. Wenn Sie unter Kälteurtikaria leiden, sollten Sie – unter Beachtung Ihrer persönlichen Schwellentemperatur – Folgendes beachten:

  • auf kalte Speisen oder Getränke verzichten
  • geeignete Kleidung bei Kälte, dabei auch Gesicht und Hände nicht vergessen
  • kein Bad in kaltem Wasser. Wenn Sie schwimmen gehen, tauchen Sie gegebenenfalls zuerst Ihre Hand ins Wasser und prüfen Sie, ob Sie eine Hautreaktion bemerken.

Möchten Sie im heißen Sommer oder im Urlaub nicht auf ein erfrischendes Bad im Meer oder Pool verzichten, ist unter Umständen und nach ärztlicher Absprache die vorbeugende Einnahme eines Antihistaminikums möglich.

Exklusiver Service für AOK-Versicherte mit verständlichen Antworten auf medizinische Fragen

Waren diese Informationen hilfreich für Sie?

Noch nicht das Richtige gefunden?