Haut & Allergie
Was ist eine Steißbeinfistel (Sinus pilonidalis)?
Veröffentlicht am:02.01.2024
4 Minuten Lesedauer
Bei einer Steißbeinfistel bilden sich Hohlräume im Gewebe im Gesäßbereich, die sich entzünden können. Manchmal gibt es keine Beschwerden und eine Behandlung ist nicht notwendig. Kommt es zu einer Infektion, ermöglicht nur eine OP eine vollständige Abheilung.
Wie ensteht eine Steißbeinfistel?
Eine Steißbeinfistel wird in der Fachsprache Sinus pilonidalis, Pilonidalsinus, Pilondalzyste oder Haarnestfistel genannt. Es handelt sich um eine Hohlraumbildung mit möglicher Entzündung im Unterhautfettgewebe der oberen Gesäßfalte auf Höhe des Steißbeins. Die Erkrankung hat jedoch nichts mit dem Steißbein selbst zu tun, auch wenn der volkstümliche Name „Steißbeinfistel“ das vermuten lässt.
Bei einem Sinus pilonidalis dringen abgebrochene Körperhaare in die Haut ein. Reibung und Bewegung treiben diese Haare tiefer ins Unterhautfettgewebe. Unterstützt wird der Prozess von den Hornschuppen der Haare, die wie kleine Widerhaken dafür sorgen, dass die Haare nicht wieder aus der Öffnung hinausgelangen. Im Unterhautfettgewebe entsteht um diese Haare herum im Rahmen einer Fremdkörperreaktion eine Kapsel oder ein Hohlraum (Sinus). Wenn es hier zu einer Infektion mit Bakterien kommt, bildet sich ein Abszess: eine Eiteransammlung in einem Gewebehohlraum. Außerdem entstehen Fisteln: kleine neue geschaffene Gänge im Gewebe, aus denen Sekret austritt.
Wie häufig sind Steißbeinfisteln und wer ist gefährdet?
Ein Sinus pilonidalis kommt relativ oft vor. Die jüngsten Zahlen zur Krankheit in Deutschland stammen aus dem Jahr 2012. Danach erkranken jährlich 48 von 100.000 Einwohnern und Einwohnerinnen an einer Steißbeinfistel. Schweißbildung und vor allem starke Behaarung begünstigen die Krankheit. Deshalb sind Männer mehr als doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Steißbeinfisteln treten am häufigsten im Alter von 15 bis 30 Jahren auf. In der Pubertät kann eine Steißbeinfistel leicht entstehen, weil die verstärkte Talgdrüsenproduktion Verstopfungen von Poren und Entzündungen begünstigt. Fachleute nennen weitere Risikofaktoren:
- dickes Unterhautfettgewebe bei Übergewicht und Adipositas
- tiefe Gesäßfalte
- sitzende Tätigkeiten
- enge, luftundurchlässige Kleidung
- genetische Veranlagung
Formen der Steißbeinfistel
- symptomfreier (nichtinfektiöser) Sinus pilonidalis: Betroffene haben keine Beschwerden, weil es zu keiner eitrigen Entzündung kommt. Wo Haare in die Haut eingedrungen sind, lassen sich Öffnungen erkennen, die großen Hautporen ähneln. Ein symptomfreier Sinus pilonidalis kann jahrelang oder sogar ein Leben lang bestehen, ohne Probleme zu verursachen.
- akuter Sinus pilonidalis: Entzündung mit Abszess- und Fistelbildung sowie manchmal austretendem Sekret
- chronischer Sinus pilonidalis: ständige oder wiederkehrende flüssig-eitrige Absonderungen aus den Fisteln
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Symptome bei einer Steißbeinfistel und Diagnose
Bei einem akuten Sinus pilonidalis kommt es zu folgenden Krankheitszeichen:
- Schmerzen im Bereich des Steißbeins oder der Gesäßfalte
- Schwellung in Form einer Beule am oberen Rand der Gesäßfalte
- Die Beule ist gerötet, warm und druckempfindlich
- manchmal Austritt von eitrig-blutigem Sekret mit oft fauligem Geruch
- in einigen Fällen Fieber, Schüttelfrost
Der Abszess kann platzen, so dass sich der ganze eitrige Inhalt auf einmal entleert.
Vor allem, wenn eine Steißbeinfistel nicht behandelt wird, können Entzündungen dauerhaft sein oder immer wiederkehren. Da bei einem chronischen Sinus pilonidalis das Sekret über bereits bestehende Fisteln abfließen kann, kommt es bei dieser Form selten zu Schwellungen und Schmerzen. Stattdessen ist ein beständiger leichter Austritt von Flüssigkeit aus den Fistelöffnungen typisch.
Bei einer Schwellung, Schmerzen oder Sekretabsonderung in der Gesäßfalte muss ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden. Das kann die Hausärztin oder der Hausarzt sein, wenn aber starke Schmerzen oder sogar Fieber auftreten, empfiehlt sich der Weg in die Notaufnahme. Die typischen Symptome einer akut entzündeten Steißbeinfistel lassen sich leicht bei einer Untersuchung der Haut oberhalb oder in der Gesäßfalte erkennen. Bei einem chronischen Sinus pilonidalis tritt bei Druck auf die sichtbaren Fistelausgänge Flüssigkeit aus. Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) sind für die Diagnose einer Steißbeinfistel daher selten erforderlich.
Wie lässt sich eine Steißbeinfistel behandeln?
Eine asymptomatische Steißbeinfistel wird meist nur zufällig entdeckt. Eine Behandlung ist zwar nicht erforderlich, ihre Entwicklung sollte aber regelmäßig kontrolliert werden.
Symptomatische entzündete Steißbeinfisteln heilen nicht von selbst ab und müssen immer behandelt werden. Eine Heilung ist nur durch einen operativen Eingriff möglich. Andere begleitende Behandlungsformen wie die Gabe von Antibiotika oder schmerzstillenden und entzündungshemmenden nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen können die Beschwerden lindern, beseitigen aber die Erkrankung nicht.
Operative Eingriffe werden sowohl bei akuten als auch chronischen Steißbeinfisteln durchgeführt. Bei chronischen Verläufen operieren Ärzte und Ärztinnen in der Regel die gesamte Steißbeinfistel mit allen Hohlräumen und Gängen komplett heraus. Bei akuten Abszessen ist es manchmal zunächst ausreichend, den Abszess nur aufzuschneiden und die Hohlräume zu entleeren und zu säubern. Allerdings besteht die Gefahr, dass es zu einer erneuten Entzündung kommt. Deswegen wird üblicherweise einige Tage nach der Öffnung des Abszesses und dem Abklingen der akuten Entzündung die Steißbeinfistel entfernt.
Vollständige Entfernung der Steißbeinfistel
Chirurgen und Chirurginnen markieren zunächst die Fistelgänge, meistens mit einer speziellen blauen Lösung. Anschließend schneiden sie das eingefärbte Gewebe vollständig heraus. Diese Operation wird sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt. Je nach Größe und Beschaffenheit der Wunde gibt es verschiedene Methoden des Wundverschlusses. Davon hängt ab, wie lange die Wundheilung dauert. Die am häufigsten angewendete Methode stellt die offene Wundheilung dar, bei der die Wunde langsam von selbst verheilt. Der Heilungsprozess ist in diesem Fall langwierig, dafür hat man aber seltener Wundheilungsstörungen und Wundinfekte.
Minimalinvasive Methoden
Es gibt außerdem sogenannte minimalinvasive Eingriffe, die mit nur kleinen Einschnitten auskommen, sich aber nur für kleine Befunde eignen. Zum Beispiel gibt es das „Pit Picking“ und die „Sinusektomie“. Beide Verfahren konzentrieren sich auf einzelne Fistelgänge („Pits”), die herausgeschnitten werden. Die Fisteln verschließen sich später durch Narbenbildung, wodurch ein Wiedereindringen von Bakterien verhindert werden soll. Bei minimalinvasiven Eingriffen besteht eine größere Gefahr eines Rückfalls als bei einer vollständigen Entfernung.
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