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Gesundheitsmagazin

Herz & Kreislauf

Welche gerinnungshemmenden Medikamente gibt es?

Veröffentlicht am:14.03.2023

4 Minuten Lesedauer

Gerinnungshemmer senken das Schlaganfallrisiko. Seit einiger Zeit gibt es eine neue Generation von diesen Medikamenten. Worin unterscheiden sie sich von den herkömmlichen Gerinnungshemmern und wem ist der Umstieg zu empfehlen?

Ein älterer Mann wird von einer Ärztin zu Gerinnungshemmern beraten.

© iStock / Charday Penn

Was sind Gerinnungshemmer und worauf muss geachtet werden?

Vorhofflimmern ist eine besondere Form der Herzrhythmusstörung. Patienten mit dieser Erkrankung haben langfristig ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Viele Patienten und Patientinnen mit Vorhofflimmern bekommen deshalb Gerinnungshemmer verschrieben. Sie sollen verhindern, dass das Blut zu schnell gerinnt, und so das Risiko für einen Schlaganfall senken. Seit Langem werden zu diesem Zweck sogenannte Vitamin-K-Antagonisten (VKA) eingesetzt, zum Beispiel Marcumar® oder Falithrom®. Vor einigen Jahren kam mit den sogenannten neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) eine neue Generation von Gerinnungshemmern auf den Markt.

Gerinnungshemmer im Vergleich

Vitamin-K-Antagonisten (Marcumar u. a.)Neue orale Antikoagualanzien (NOAK)
Wirkzeit3-7 Tagewenige Stunden
EinnahmeVKAs müssen täglich zuverlässig eingenommen werden. Die Dosis des Medikaments wird den Blutwerten angepasst. Dadurch sind die Patienten immer optimal eingestellt.NOAKs müssen täglich zuverlässig in gleichbleibender Dosierung eingenommen werden.
SchutzwirkungDie Medikamente bieten einen stabilen Schutz. Die Wirkung hält noch an, wenn eine Tablette vergessen wird. Nach 160 Stunden ist noch ungefähr die Hälfte der eingenommenen Medikamentendosis im Blut.Die Medikamente bieten einen stabilen Schutz. Die Wirkung lässt allerdings schnell nach. Schon nach 5-17 Stunden ist nur die Hälfte des Wirkstoffes im Blut vorhanden. Das Risiko kann schon bei einmaliger Nichteinnahme erhöht sein.
MonitoringDer Blutgerinnungsfaktor (INR-Wert) wird einmal pro Woche durch den Patienten oder die Patientin oder alle 3-4 Wochen (bei sehr stabiler Einstellung sind auch längere Intervalle möglich) durch den Arzt oder die Ärztin gemessen, bei Fieber alle 2-3 Tage.Eine regelmäßige Kontrolle des Spiegels der NOAKs ist derzeit nicht möglich.
Sonstige KontrollenEmpfehlung zur regelmäßigen Überprüfung der Leberfunktion.Regelmäßige Überprüfung der Leber- und Nierenfunktion. Bei beeinträchtigter Nierenfunktion soll diese alle 3 bzw. 6 Monate kontrolliert werden.
NotfallBei einer akuten Blutung kann der Gerinnungsstatus einfach und schnell gemessen werden. Zum Einsatz von Gegenmitteln liegen jahrelange Erfahrungen vor.Die Gerinnung kann nur abgeschätzt werden. Spezielle Tests zur Bestimmung des Spiegels der NOAKs sind nicht für alle Präparate vorhanden. Ein Gegenmittel ist derzeit nur bei Pradaxa vorhanden. Erfahrungen dazu gibt es kaum.
Probleme bei der EinnahmeVitamin-K-haltige Nahrungsmittel, z. B. Gemüse wie Grünkohl sowie grüne Salate, beeinflussen die Wirkung des Medikaments, wenn sie in großen Mengen gegessen werden.Klären Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, ob Sie Medikamente einnehmen, bei denen es zu Wechselwirkungen kommen kann.
Erfahrungswerte bei dauerhafter EinnahmeDauerhafte Einnahme ist jahrzehntelang erprobt und bekannt.Es liegen noch nicht ausreichend Erkenntnisse über Folgen bei jahrelanger Einnahme vor, um dies abschließend beurteilen zu können.
Nicht einzusetzen beischwer einstellbaren Patienten oder Patientinnen, Überempfindlichkeit bzw. Unverträglichkeit mit VKA (dann NOAK)eingeschränkter Nierenfunktion, künstlichen Herzklappen (dann VKA)

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Welche Vorteile haben die VKAs?

Bei den neuen Gerinnungshemmern, den NOAKs, lässt die Schutzwirkung schneller nach als bei den herkömmlichen Gerinnungshemmern, den VKAs. Die Kontrolle des Gerinnungsstatus durch den Arzt oder die Ärztin entfällt, ist aber auch nicht möglich. Dagegen werden bei der VKA-Therapie regelmäßige Kontrollen durchgeführt und ermöglichen dadurch eine individuelle Dosierung. Viele fühlen sich dadurch sicherer, auch weil der Gerinnungsstatus bei Blutungen leichter ermittelt werden kann. Das erhöht auch die Sicherheit im Notfall. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung raten deshalb, bei Patienten und Patientinnen, die gut auf Vitamin-K-Antagonisten eingestellt sind, das Medikament keinesfalls zu wechseln.

„Insgesamt ergeben sich aus Sicht der DEGAM für Patienten, die (…) mit VKA gut zu behandeln sind, keine Vorteile aus einer Therapie mit NOAK.“

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
(DEGAM)

Patienten und Patientinnen, die während eines Krankenhausaufenthalts auf NOAK umgestellt worden sind, sollten besser wieder auf VKA eingestellt werden, allerdings nicht auf eigene Faust, sondern nur in Abstimmung mit dem Arzt oder der Ärztin. NOAKs sind nur dann zu empfehlen, wenn Probleme mit der Einstellung der optimalen Blutgerinnung unter VKA auftreten oder wenn bei einer Behandlung mit VKA ein erhöhtes Risiko für Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln besteht.

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Einnahme von Gerinnungshemmern: Was ist zu beachten?

  • Achten Sie auf die regelmäßige Einnahme. Schon eine vergessene Tablette kann den Schutz vor Blutgerinnseln senken.
  • Klären Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, was zu tun ist, wenn Sie doch mal die Einnahme einer Tablette vergessen haben. Nehmen Sie keinesfalls beim nächsten Mal die doppelte Dosis des Medikaments ein. Das kann zu starken Blutungen führen.
  • Wenn Sie weitere Medikamente einnehmen, besprechen Sie Ihren Medikationsplan mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin. So beugen Sie möglichen Wechselwirkungen vor. Die können eintreten, wenn Sie neben dem Gerinnungshemmer zum Beispiel auch Antibiotika, Psychopharmaka, Mittel gegen Magengeschwüre, aber auch pflanzliche Arzneimittel einnehmen!
  • Vorsicht ist bei Schmerzmitteln geboten, auch den frei verkäuflichen. Einige von ihnen, zum Beispiel Acetylsalicylsäure oder Diclofenac, können unerwünschte Blutungen auslösen. Sprechen Sie dazu mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.
  • Führen Sie immer den Medikamentenpass mit! Im Notfall wissen helfende Personen dann sofort, welchen Gerinnungshemmer Sie in welcher Dosis einnehmen.
  • Bei der Einnahme von Gerinnungshemmern tragen Sie ein erhöhtes Blutungsrisiko. Beachten Sie dies unter anderem bei Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko.
  • Behalten Sie unbedingt Ihre Blutdruckwerte im Blick.
  • Besonders wichtig bei der Einnahme von NOAK ist die ärztliche Überwachung der Nierenfunktion, um gegebenenfalls die Dosis anzupassen.
Eine Frau nimmt eine Tablette (ein Gerinnungshemmer) aus einer Medikamentenschachtel.

© iStock / FilippoBacci

Bei Gerinnungshemmern ist es sehr wichtig, die Tabletten regelmäßig einzunehmen.

Die AOK an Ihrer Seite

Bei welchen Anzeichen sollten Sie zum Arzt oder zur Ärztin gehen?

Blutungen sind die häufigsten Nebenwirkungen von Gerinnungshemmern. Bei diesen Anzeichen sollten Sie möglichst bald ärztlichen Rat suchen:

  • starkes, anhaltendes Nasen- oder Zahnfleischbluten
  • großflächige Blutergüsse
  • rot verfärbter Urin
  • Blutspuren im Stuhl (dunkelrot/schwarz verfärbt)
  • Blutspuren in Erbrochenem

Starke, plötzlich auftretende Kopfschmerzen, insbesondere in Verbindung mit Sehstörungen, Schwindel, Lähmungen oder Empfindungsstörungen können Anzeichen einer Gehirnblutung sein. Rufen Sie sofort den Rettungsdienst über 112!

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