Herz & Kreislauf
Herzinfarkt bei Frauen: Schlagen Frauenherzen anders?
Veröffentlicht am:16.01.2025
5 Minuten Lesedauer
Der Herzinfarkt galt lange Zeit als typische Männerkrankheit. Dabei erleiden immer mehr Frauen einen Herzinfarkt. Häufig wird er als solcher nicht oder nicht rechtzeitig erkannt. Denn die Symptome können bei Frauen untypisch sein.
Auf Risikofaktoren achten
Frauen holen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf: Im Vergleich zu vor 20 Jahren steigt bei ihnen die Zahl der Herzinfarkte im jungen bis mittleren Alter leicht an. In der Altersgruppe der 25- bis 54-Jährigen ist die Herzinfarktrate und bei den 25- bis 64-Jährigen die Zahl der erneuten Infarkte gestiegen – während sie bei Männern in diesen Altersgruppen sinkt. Experten und Expertinnen vermuten die Ursache darin, dass Frauen inzwischen häufiger rauchen. Weitere Risikofaktoren bei Frauen sind Übergewicht, erhöhte Blutfettwerte, Diabetes, ein regelmäßiger und übermäßiger Alkoholkonsum, Stress und Depressionen.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache bei Frauen
In Wahrheit war bei Frauen die Koronare Herzkrankheit im Jahr 2021 die häufigste Todesursache. Rund 33.400 Frauen starben an der KHK, an einem Mammakarzinom 18.500. Der gefürchtete Brustkrebs führt bei Frauen also viel seltener zum Tod als die Koronare Herzkrankheit. Frauen erkranken im Durchschnitt etwa 10 bis 15 Jahre später als Männer an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung – zeitlich einhergehend mit dem Abfall des Östrogenspiegels nach der Menopause. Das Alter, in dem Frauen an einem Herzinfarkt oder der Koronaren Herzkrankheit sterben, liegt um etwa 9 Jahre höher als bei Männern – im Durchschnitt bei 81 Jahren.
Die Symptome einer Herzkrankheit können bei Männern und Frauen unterschiedlich sein
Plötzliche Bauchschmerzen, Erbrechen, Übelkeit – treten bei Frauen diese Beschwerden auf, denken viele an eine Reizung des Magens. Diese Beschwerden können aber auch auf die Koronare Herzkrankheit oder einen Herzinfarkt hinweisen. Manche Patientinnen haben solche unspezifischen Anzeichen statt der „üblichen“ Schmerzen in der linken Brust. Weil die Symptome vieler Herzerkrankungen bei Frauen untypisch sein können, werden sie von den Betroffenen, von deren Angehörigen und selbst von medizinischem Personal nicht immer sofort richtig gedeutet. Dadurch erhalten Frauen oft nicht rechtzeitig Hilfe.
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„Auch bei scheinbar untypischen Beschwerden sollten Frauen daher an ihr Herz denken und lieber einmal zu früh als zu spät den Notruf wählen“, rät die Kardiologin Vera Regitz-Zagrosek, Seniorprofessorin am Institut für Geschlechterforschung in der Medizin an der Berliner Charité. Es werde immer deutlicher, dass es Unterschiede zwischen den Erkrankungen bei Männern und Frauen gibt. „Jetzt müssen wir herausfinden, wie sich die Geschlechter genetisch, hormonell und in ihrem Stoffwechsel unterscheiden – und was das für die Behandlung bedeutet.“ Forscherinnen des Instituts für Medizinische Biometrie und Statistik der Universität zu Lübeck sind beispielsweise zu der Erkenntnis gelangt, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei Herzkrankheiten nicht auf das X-Chromosom zurückzuführen sind. Vielmehr gehen sie mittlerweile davon aus, dass Hormone, Ernährung und Lebensstil die entscheidende Rolle bei Herzerkrankungen spielen.
Anzeichen einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) oder eines Herzinfarkts bei Frauen
Da Frauen in manchen Fällen andere Anzeichen für einen Herzinfarkt erleben als Männer, besteht die Gefahr, dass die Erkrankung nicht als solche erkannt wird und in einer akuten Situation zu spät Hilfe gerufen wird. Kennzeichen eines Infarkts bei Frauen können sein:
- ein Druck- und Engegefühl in der Brust
- Schmerzen im Oberbauch, Rücken, Nacken, Kiefer und Hals
- plötzliche starke Übelkeit und Schwäche oder Müdigkeit
- häufiges Erbrechen
- Atemnot oder Kurzatmigkeit
Die Beschwerden treten in der Regel plötzlich auf. Beobachten Sie diese bei sich oder anderen Menschen, sollten Sie immer sofort den Notruf 112 wählen!
Die folgenden Symptome können bei Frauen auf eine Koronare Herzkrankeit (KHK) hindeuten:
- Atemnot ohne linksseitige Brustschmerzen
- wiederkehrendes Völlegefühl oder Rückenschmerzen
- schnelle Ermüdung, Ruhebeschwerden und geringere körperliche und psychische Belastbarkeit
Lassen Sie diese Symptome von Ihrem Hausarzt abklären.
„Selbst bei scheinbar untypischen Beschwerden sollten Frauen an ihr Herz denken und lieber einmal zu früh als zu spät den Notruf wählen.“
Vera Regitz-Zagrosek
Kardiologin und Senior Professorin am Institut für Geschlechterforschung in der Medizin an der Berliner Chartité
Warum ist geschlechtsspezifische Medizin wichtig?
Als Studienteilnehmerinnen waren Frauen in der klinischen Forschung lange Zeit unterrepräsentiert. Man fürchtete unter anderem, dass die Studienergebnisse etwa durch die weiblichen hormonellen Schwankungen verfälscht werden könnten. Auch heute noch seien Studien in der Herz-Kreislauf-Forschung auf Männer ausgerichtet, so die Expertin Vera Regitz-Zagrosek von der Charité. Die Ergebnisse der Studien werden dann auf Frauen übertragen – ohne die geschlechtsspezifischen Unterschiede zu beachten. Heute weiß man allerdings, dass es sehr wohl eine Rolle spielt, ob jemand männlich oder weiblich ist. Je nach Geschlecht unterscheiden sich Krankheiten in Entstehung, Verlauf und Prognose teilweise. Deshalb müssen auch die Behandlungsmöglichkeiten dannach ausgerichtet werden.
Viele Medikamente – auch solche für das Herz – wirken bei Frauen anders oder müssen anders dosiert werden. Der weibliche Hormonzyklus, die unterschiedliche Körperfettverteilung bei Mann und Frau sowie das höhere Lebensalter, in dem Herzerkrankungen bei Frauen auftreten, sorgen für andere Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten.
Tipps: So können Sie einem Herzinfarkt vorbeugen
- Achten Sie bereits in jungen Jahren auf einen herzgesunden Lebensstil. Dies gilt insbesondere für die Risikofaktoren Rauchen, Übergewicht, Diabetes, erhöhte Blutfettwerte, übermäßiger Alkoholgenuss, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel.
- Verzichten Sie aufs Rauchen. Es erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen noch stärker als bei Männern.
- Ernähren Sie sich gesund und ausgewogen, orientiert an der Mittelmeerküche. Sie ist gut fürs Herz und beugt Übergewicht vor, einem der wesentlichen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Bewegen Sie sich regelmäßig. Schon mit wöchentlich dreimal 20 Minuten Ausdauersport, etwa Laufen, Radfahren, Nordic Walking, Wandern oder Schwimmen, tun Sie Ihrem Herz etwas Gutes.
- Versuchen Sie Stress zu vermeiden, denn Stresshormone begünstigen die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Entspannungsmethoden wie Yoga oder Autogenes Training können helfen, Stress abzubauen.
- Zu viel Alkohol schädigt das Herz. Frauen sollten durchschnittlich nicht mehr als 0,1 Liter Wein oder 0,25 Liter Bier pro Tag trinken und an mindestens zwei Tagen pro Woche gar keinen Alkohol zu sich nehmen.